Entscheidungsstichwort (Thema)
(Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid für Ermittlung der Einkünfte aus einem eigengenutzten Haus gemäß § 21a Abs. 1 Satz 1 EStG)
Leitsatz (amtlich)
Der Einheitswertbescheid ist hinsichtlich der in ihm getroffenen Artfeststellung für die Ermittlung der Einkünfte aus einem eigengenutzten Haus gemäß § 21a Abs.1 Satz 1 EStG auch dann gemäß § 182 Abs.1 AO 1977 bindend, wenn die Artfeststellung fehlerhaft ist.
Normenkette
AO 1977 § 182 Abs. 1; EStG 1985 § 21a Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 02.11.1987; Aktenzeichen 5 K 140/87) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. In ihrem 1979 errichteten Wohngebäude bewohnen sie die Räume im Erdgeschoß, während sie die Räume im Untergeschoß an die Großmutter des Klägers vermietet haben. Das Grundstück wurde auf den 1.Januar 1980 als Zweifamilienhaus bewertet. Auf den Antrag der Kläger vom 28.Mai 1986 schrieb es der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) auf den 1.Januar 1986 zum Einfamilienhaus fort, weil die Räume im Untergeschoß des Gebäudes keinen Wohnungsabschluß besitzen.
Dementsprechend begehrten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1985) hinsichtlich der selbstgenutzten Wohnung die Anwendung von § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dies lehnte das FA wegen der Artfeststellung Zweifamilienhaus ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegten Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 235 veröffentlichten Urteil statt.
Mit der Revision rügt das FA rechtsfehlerhafte Anwendung des § 21a Abs.1 Satz 1 EStG.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA einen Änderungsbescheid erlassen, in dem die nach dem Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1991 erhöhten Kinderfreibeträge berücksichtigt wurden. Der Bescheid ist im übrigen hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrags vorläufig. Die Kläger haben den Änderungsbescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).
Das FG hat die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung zu Unrecht nach § 21a Abs.1 Satz 1 EStG i.d.F. des Streitjahres ermittelt, obwohl das Grundstück nach dem gemäß § 21a Abs.2 EStG maßgebenden Einheitswertbescheid auf den 1.Januar 1985 noch als Zweifamilienhaus bewertet war.
Dieser Einheitswertbescheid ist hinsichtlich der Feststellung der Grundstücksart und der Höhe des Einheitswerts für die Ermittlung der Einkünfte aus einem eigengenutzten Haus gemäß § 21a Abs.1 Satz 1 EStG nach ständiger Rechtsprechung als Grundlagenbescheid gemäß § 182 der Abgabenordnung (AO 1977) bindend (vgl. dazu Senatsentscheidung vom 12.November 1991 IX R 117/88, m.w.N., BFHE 166, 214, BStBl II 1992, 286). Dies gilt auch dann, wenn der Einheitswertbescheid unrichtig ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1.August 1972 VIII R 99/69, BFHE 107, 18, BStBl II 1972, 882; Senatsentscheidung vom 21.Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210). Es ist dabei grundsätzlich ohne Belang, worauf der Fehler beruht. Einwendungen gegen die Artfeststellung können nur im Verfahren gegen den Einheitswertbescheid geltend gemacht werden. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, auf eine Änderung dieser Feststellung hinzuwirken (§ 22 Abs.3 und 4 Satz 3 Nr.2 des Bewertungsgesetzes --BewG--).
Erweist sich --wie hier-- eine Artfeststellung als Zweifamilienhaus wegen des geänderten Wohnungsbegriffs der neueren Rechtsprechung (seit dem Urteil des BFH vom 5.Oktober 1984 III R 192/83, BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151; vgl. auch BFH-Urteile vom 20.Juni 1985 III R 71/83, BFHE 143, 74, BStBl II 1985, 582, und vom 26.März 1985 III R 104/84, BFH/NV 1986, 12) als rechtswidrig, so kann der Steuerpflichtige die fehlerbeseitigende Artfortschreibung nach § 22 Abs.4 Satz 3 Nr.2 BewG auf den Beginn des Kalenderjahres beantragen (vgl. BFH-Urteile vom 16.September 1987 II R 178/85, BFHE 151, 8, BStBl II 1988, 174, und vom 29.November 1989 II R 53/87, BFHE 159, 215, BStBl II 1990, 149, sowie Hofmann, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1990, 331 ff., m.w.N.).
Soweit der erkennende Senat im Urteil in BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210 eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Artfeststellung anerkannt hat, handelt es sich um den wesentlich anderen Sachverhalt der baulichen Umwandlung eines Einfamilienhauses in ein Zweifamilienhaus.
Das mit diesen Rechtsgrundsätzen nicht im Einklang stehende FG- Urteil kann keinen Bestand haben.
Die Sache ist spruchreif; nach den vorstehenden Ausführungen ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 63693 |
BFH/NV 1992, 51 |
BStBl II 1992, 719 |
BFHE 167, 321 |
BB 1992, 1344 (L) |
DB 1992, 1458-1459 (LT) |
HFR 1992, 472 (LT) |
StE 1992, 384 (K) |