Leitsatz (amtlich)
Der Haftungsanspruch gegen den Steuerhehler aus § 112 AO verjährt erst in zehn Jahren.
Normenkette
AO § 97 Abs. 2, §§ 112, 144 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (HZA) bestrafte den Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch einen rechtskräftig gewordenen Bescheid vom 12. November 1965 wegen Steuerhehlerei im Sinne des § 403 AO a. F.
Es forderte durch einen auf § 112 AO gestützten Steuerhaftungsbescheid vom 2. Dezember 1966 vom Kläger den Betrag, in dessen Höhe nach seiner Auffassung für eingeschmuggelten Rum Zoll, Monopolausgleich und Ausgleichsteuer verkürzt worden waren.
Das FG wies die gegen den Haftungsbescheid erhobene Klage ab.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Das FG hat die Klage gegen den Steuerhaftungsbescheid vom 2. Dezember 1966 zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger ist durch diesen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Der dem Bescheid zugrunde liegende § 112 AO bestimmt, daß derjenige, der eine Steuerhehlerei begeht, für den Betrag haftet, in dessen Höhe Steuereinnahmen verkürzt werden. Das FG ist ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gekommen, daß der Kläger im Januar 1963 eine Steuerhehlerei begangen hat.
Als das HZA den Kläger durch den angefochtenen Steuerhaftungsbescheid vom 2. Dezember 1966 für die von dem Veräußerer des Rums hinterzogenen Eingangsabgaben in Anspruch nahm, war der im Januar 1963 nach § 112 AO durch Begehung der Steuerhehlerei entstandene Haftungsanspruch noch nicht durch Verjährung erloschen. Für die Verjährung gelten nach Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der AO und anderer Gesetze vom 15. September 1965 noch die Vorschriften der früheren Fassung der AO. Zu den "Ansprüchen des Abgabenberechtigten aus Steuergesetzen". die gemäß § 143 AO a. F. der Verjährung unterliegen, gehört auch der Haftungsanspruch, der nach § 112 AO gegen denjenigen entstanden ist, der eine Steuerhehlerei begangen hat. Gegenstand der Haftung des Steuerhehlers ist nach § 112 AO der Betrag, in dessen Höhe der Steuerhinterzieher Steuereinnahmen verkürzt hat, also der hinterzogene Betrag. Da nach § 144 Satz 1 AO a. F. die Verjährungsfrist für "hinterzogene Beträge" zehn Jahre beträgt, muß diese Verjährungsfrist auch für den Haftungsanspruch gegen den Steuerhehler gelten. Der erkennende Senat hält also daher an der bereits vom RFH in dem Urteil vom 19. Mai 1926 IV A 147/26 (RFHE 19, 96) und vom BFH in dem Urteil vom 7. März 1957 Vz 231/56 S (BFHE 64, 616, BStBl III 1957, 231) vertretenen Auffassung fest, daß der Haftungsanspruch gegen den Steuerhehler aus § 112 AO erst in zehn Jahren verjährt. Diese Auffassung wird geteilt von Kühn-Kutter (Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 144 Anm. 3 a und § 149 Anm. 2 AO), Mattern-Meßmer (Reichsabgabenordnung, 1964, § 144 Rdnr. 937 und § 149 Rdnr. 976) sowie von Becker-Riewald-Koch (Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 1963, § 144 Anm. 8 und § 149 Anm. 3 AO). Die Meinung von Hübschmann-Hepp-Spitaler (Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 149 Rdnr. 7 AO) und von Tipke-Kruse (Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 144 Rdnr. 5 Abs. 3 und § 149 Rdnr. 4 AO), die Steuerhehlerei verlängere die Verjährungsfrist nicht auf zehn Jahre, trifft zwar insofern zu, als in § 144 Satz 1 Halbsatz 2 AO a. F. die Verjährung des Steueranspruchs nur bei "hinterzogenen" Beträgen auf zehn Jahre ausgedehnt ist. Dieser Umstand ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Steuerhehlerei begrifflich eine Steuerhinterziehung als Vortat voraussetzt und nach § 112 AO dieselbe Haftungsfolge wie diese auslöst.
Fundstellen
Haufe-Index 71825 |
BStBl II 1976, 394 |
BFHE 1976, 134 |