Leitsatz (amtlich)
1. Das satzungsmäßige Recht der Betriebsangehörigen, an der Mittelverwaltung einer Unterstützungseinrichtung mitzuwirken, ist durch § 56 Abs. 1 Buchst. e des Betriebsverfassungsgesetzes nicht gegenstandslos geworden.
2. Die Verwendung des Vermögens einer aufgelösten Unterstützungseinrichtung muß satzungsmäßig festgelegt werden. Diese Voraussetzung kann nicht durch die Satzungsbestimmung ersetzt werden, daß zur Verteilung des Vermögens die Zustimmung des FA erforderlich ist.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 7; KStDV § 9 Nr. 3, § 11 Nrn. 3-4; GewStG § 3 Nr. 9
Tatbestand
Streitig ist, ob die Satzung einer als GmbH betriebenen Unterstützungseinrichtung den Erfordernissen der §§ 9 bis 11 KStDV entspricht und damit die Voraussetzungen der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG bzw. § 3 Nr. 9 GewStG erfüllt.
Die Revisionsklägerin (Stpfl.) wurde am 1. Juni 1956 unter der Bezeichnung "Unterstützungseinrichtung der H ... GmbH" gegründet und am 10. Juli 1956 von dem Revisionsbeklagten (FA) unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit. Mit Schreiben vom 27. Februar 1959 an die Stpfl. äußerte das FA Bedenken gegen die Steuerbefreiung, die es in einem weiteren Schreiben vom 8. Juli 1959 wie folgt begründete. Durch § 13 der Satzung sei das Recht des Beirats, an der Verwaltung sämtlicher der Kasse zufließenden Beträge mitzuwirken (§ 11 Nr. 3 KStDV), nicht ausreichend gewährleistet. In § 16 der Satzung fehle die in § 11 Nr. 4 KStDV verlangte Beschränkung der Leistungen. In § 18 der Satzung sei die Mußvorschrift des § 9 Nr. 3 KStDV über die Vermögensverwendung bei Auflösung der Unterstützungseinrichtung nicht beachtet worden. Der Steuerberater der Stpfl. versprach im Schreiben vom 28. September 1959, daß die Satzung noch im Laufe des Oktober 1959 geändert werde. Am 25. März 1960 wurde darüber erneut beim FA verhandelt und am 3. Januar 1961 wurde wegen inzwischen eingetretener gesellschaftsrechtlicher Vorgänge nur eine am 3. Mai 1961 in das Handelsregister eingetragene Umbenennung der Unterstützungseinrichtung vollzogen, ohne daß der vom FA beanstandete Inhalt der Satzung davon berührt wurde. Dies geschah erst in notarieller Form am 14. Juni 1962 mit Eintragung im Handelsregister vom 14. Dezember 1962. Das FA versagte der Stpfl. bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1959 und der Festsetzung der Gewerbesteuer 1959 wegen der festgestellten Mängel die Steuerbefreiung. Die dagegen eingelegte Sprungberufung wies das FG aus den gleichen Gründen zurück, aus denen das FA die Steuerbefreiung abgelehnt hatte. Auch der Einwand der Stpfl., ihre Satzung entspreche vollständig der Mustersatzung im "Handbuch der betrieblichen Altersversorung" von Weiß, 4. Auflage 1962, Bd. II S. 608, sei für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Auf die bis einschließlich 1958 gewährte Steuerbefreiung könne sich die Stpfl. ebenfalls nicht berufen. Abgesehen davon, daß dadurch kein Recht auf weitere Gewährung unzulässiger Steuervergünstigungen entstanden sei, stehe diesem Verlangen der Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs entgegen, unter dem diese früheren Steuerbefreiungen gewährt worden seien. Wenn die Stpfl. bis Ende 1959 die Voraussetzungen der §§ 9 bis 11 KStDV erfüllt hätte, wozu ihr genügend Zeit zur Verfügung gestanden habe, wäre sie in den Genuß der Steuerbefreiung gelangt. Tatsächlich sei aber die Satzungsänderung erst am 14. Juni 1962 vorgenommen worden.
Mit der als Revision zu behandelnden Rb. (§ 184 Abs. 2 Nr. 1 FGO) wiederholt die Stpfl. im wesentlichen ihr früheres Vorbringen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Nach § 11 Nr. 3 KStDV muß den Betriebszugehörigen satzungsmäßig und tatsächlich das Recht zustehen, an der Verwaltung sämtlicher Beträge, die der Kasse zufließen, beratend mitzuwirken. Damit wird die steuerliche Vergünstigung von einer bestimmten Art der Mitwirkung abhängig gemacht. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozeßbevollmächtigte der Stpfl. vor dem Senat vorgetragen, daß die inhaltlich nur noch für einige für Kasseneinrichtungen unwichtiger Betriebe bedeutsame Bestimmung des § 11 Nr. 3 KStDV durch den viel weitergehenden § 56 Abs. 1 Buchst. e des Betriebsverfassungsgesetzes - BetrVG - vom 11. Oktober 1952 (BGBl I 1952, 681) überholt und ersetzt, sogar schlechthin nichtig geworden sei. Danach habe der Betriebsrat bei der gesamten Verwaltung der Wohfahrtseinrichtungen mitzubestimmen, wozu auch die Anlage des Kassenvermögens gehöre. Der Senat kann dieser Auffassung nicht folgen. Der Gesetzgeber hat auch nach Inkrafttreten des BetrVG den § 11 Nr. 3 KStDV jahrelang unverändert weiterbestehen lassen und damit zu erkennen gegeben, daß er die Vorschrift nicht für überflüssig erachtet. Auch gegenüber weitergehenden gesetzlichen Regelungen über die tatsächliche Handhabung bei Unterstützungsfällen hat es einen guten Sinn, die Voraussetzungen dazu durch Festhalten in der Satzung zu fordern, wie es § 11 Nr. 3 KStDV für die beratende Mitwirkung der Betriebsangehörigen vorsieht. Diese Mitwirkung ist hier durch die Worte "soweit es erforderlich erscheint" in unzulässiger Weise eingeschränkt worden. Daß der Beirat tatsächlich gebildet wurde und in den wenigen Notfällen, in denen Unterstützung gezahlt wurde, auch in Tätigkeit getreten ist, kann den Satzungsmangel nicht beheben.
2. In § 11 Nr. 4 KStDV ist ausdrücklich vorgeschrieben, daß bei einer Kasse ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger die laufenden Leistungen und das Sterbegeld die in § 10 Abs. 2 und 3 KStDV bezeichneten Beträge nicht übersteigen dürfen. Mit Recht hat hierzu der Prozeßbevollmächtigte der Stpfl. in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, daß § 11 Nr. 4 KStDV im Gegensatz zu Nr. 1 und 3 dieser Vorschrift nur auf die tatsächlichen Leistungen und nicht auf die satzungsmäßige Feststellung ihres Verhältnisses zu den Rechtsansprüchen der Leistungsempfänger nach § 10 Abs. 2 und 3 KStDV abstellt. Es ist demnach unschädlich, daß § 16 der Satzung nur eine Soll-, keine Mußvorschrift enthält. Die Abzugsfähigkeit der Zuwendungen an die Unterstützungseinrichtung setzt nicht voraus, daß die zugrunde liegenden Leistungen in der Satzung festgelegt sind. Da die Zuwendungen und die Leistungen nur teilweise in einem rechnerischen Zusammenhang stehen, ist ihre Aufnahme in die Satzung auch nicht erforderlich (Heißmann, Betriebliche Unterstützungskassen, 3. Aufl. 1966 S. 125). Es wird nur der satzungsmäßige Hinweis auf die steuerlichen Beschränkungen empfohlen, an die sich die Kasse halten muß.
3. In der bloßen Sollvorschrift des § 18 der Satzung liegt nach der Erklärung des Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung deshalb kein Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des § 9 Nr. 3 KStDV über die Verwendung des Vermögens nach Auflösung der Kasse, da die Satzung neben der zugegebenermaßen insoweit unzureichenden Formulierung "soll" ausdrücklich die viel weitergehende Zustimmung des FA zur Vermögensverteilung vorsehe. Sowohl die Mustersatzung im "Handbuch der betrieblichen Altersversorgung", a. a. O., wie auch Heißmann, a. a. O., S. 289, 293, in etwas anderer Formulierung ließen die weitgehende Abhängigkeit von der Zustimmung des FA zu.
Der Senat hält die Forderung des § 9 Nr. 3 KStDV, eine der wichtigsten Voraussetzungen der Körperschaftsteuerfreiheit von Unterstützungskassen satzungsmäßig festzuhalten, für notwendig und unabdingbar. Es genügt nicht, ihre tatsächliche Erfüllung von der Zustimmung des FA abhängig zu machen. Das trifft selbst dann nicht zu, wenn anzunehmen ist, daß das FA seine Zustimmung erteilen würde. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das FA zu einer derartigen Mitwirkung überhaupt verpflichtet wäre.
Von den satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Befreiung der Stpfl. von der Körperschaftsteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG sind demnach die Vorschriften des § 11 Nr. 3 und § 9 Nr. 3 KStDV nicht beachtet worden. Nach Auffassung des erkennenden Senats würde der letzte der beiden Mängel für sich allein schon der Steuerbefreiung entgegenstehen.
Für den streitigen Veranlagungszeitraum 1959 läßt es Abschn. 16 Abs. 1 KStR ausdrücklich genügen, daß den Erfordernissen der §§ 9 bis 11 KStDV am Ende des betreffenden Veranlagungszeitraums entsprochen worden ist. Die Stpfl. ist im Veranlagungszeitraum 1959 durch das FA mehrfach auf die Beseitigung der Satzungsmängel bis Ende des Jahres und die damit eintretende Steuerbefreiung hingewiesen worden. Sie hat erst am 14. Juni 1962, also nach mehr als drei Jahren, zu einem weit über den streitigen Veranlagungszeitraum hinaus liegenden Zeitpunkt die Satzungsmängel behoben. Sie können daher nicht mehr rückwirkend als geheilt angesehen werden.
Fundstellen
BStBl II 1968, 24 |
BFHE 1968, 177 |