Entscheidungsstichwort (Thema)
Bebautes Grundstück als Gegenstand des Erwerbsvorgangs bei mehreren Personen auf der Veräußererseite
Leitsatz (NV)
- Ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Verträgen, die der Errichtung des Gebäudes dienen, kann unter anderem in den Fällen vorliegen, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Erwerber mit dem Grundstücksverkäufer zeitlich vor dem Kaufvertrag über das Grundstück den Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen hat. Ein Erwerb "aus einer Hand" in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn mehrere Personen auf der Veräußererseite auftreten, die personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind.
- Allein ein abgestimmtes Verhalten der verschiedenen Personen auf der Veräußererseite berechtigt noch nicht zu der Annahme, zwischen den unterschiedlichen Verträgen bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang. Vielmehr bedarf es daneben stets einer weiteren objektiven Klammer zwischen den Verträgen. Diese kann darin bestehen, daß der Erwerber bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages hinsichtlich der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen sollen, der Veräußererseite gegenüber gebunden war, oder daß dem Erwerber aufgrund einer konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im wesentlichen feststehenden Preis (Vertragsbündel) angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur annehmen kann.
- Eine Personengesellschaft kann als Grundstückserwerber auch über Bindungen, die ihre Gesellschafter eingegangen sind, auf ein Bebauungskonzept einer Veräußererseite festgelegt sein, wenn ihre Gesellschafter nicht nur untereinander, sondern im Verhältnis zu den Initiatoren eines Bauherrenmodells auf die Verfolgung eines bestimmten Gesellschaftszwecks festgelegt und insoweit an ein Vertragswerk gebunden sind. Denn (nur) in diesen Fällen wirkt die derart bestehende Bindung der Gesellschafter auf die Entscheidungsmöglichkeiten der Gesellschaft ein, weil die Gesellschaft nicht mehr Entscheidungsfreiheit haben kann als die Gesamtheit ihrer Gesellschafter.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (EFG 1998, 1146) |
Tatbestand
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, ist mit Vertrag vom 3. November 1986 gegründet worden. Gründungsgesellschafter waren die A-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin und B als Kommanditist. Geschäftsführer der A-GmbH sind die Herren C und D. Das Gesellschaftskapital der KG sollte 3,25 Mio. DM betragen und durch Aufnahme neuer Kommanditisten, deren Gesellschaftsbeteiligungen von B treuhänderisch gehalten werden sollten, aufgebracht werden. Gesellschaftszweck der Klägerin ist der Erwerb und die Bebauung eines Grundstücks in E im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues mit einem Wohnhaus sowie dessen Verwaltung und Bewirtschaftung. Die Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin obliegt der A-GmbH. Der Gesellschafterversammlung ist die Entscheidung über die Planung und Durchführung der Baumaßnahme sowie über die Vergabe der wesentlichen Aufträge vorbehalten. Mit einer qualifizierten Mehrheit von 4/5 kann sie eine Änderung des Gesellschaftsvertrages beschließen.
Noch im Dezember 1986 erklärten vier (Treugeber-)Kommanditisten ihren Beitritt zur Klägerin und verpflichteten sich, die vereinbarte Einlage von insgesamt 3,25 Mio. DM zu erbringen. Grundlage der von den (Treugeber-)Kommanditisten abgegebenen, an die A-GmbH gerichteten Beitrittserklärungen waren der Gesellschaftsvertrag sowie ein schriftliches Beteiligungsangebot der A-GmbH, das nach dem Planungsstand vom Oktober 1986 eine Gesamtinvestition in Höhe von 13 317 800 DM vorsah.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. April 1987 kaufte die Klägerin eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 770 qm aus dem in E gelegenen Grundstück X-Straße. Am 15. September 1987 schloß die Klägerin mit der F-GmbH einen Vertrag über die Errichtung eines Wohngebäudes auf dem genannten Grundstück. Der vereinbarte Werklohn betrug 7,4 Mio. DM. Gesellschafterinnen der F-GmbH waren Frau G und Frau H; Geschäftsführer der F-GmbH waren deren Ehemänner, die Architekten G und H.
Am 5. Oktober 1987 wurde der am 9. April 1987 abgeschlossene Grundstückskaufvertrag wieder aufgehoben. Am selben Tage erwarben Frau G und Frau H das Teil-Grundstück X-Straße 1 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GH-GbR).
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 7. Oktober 1987 kaufte die Klägerin von der GH-GbR erneut die noch zu vermessende Teilfläche von ca. 770 qm aus dem Grundstück X-Straße 1. Zusätzlich erwarb sie von der GH-GbR eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 208 qm aus dem Nachbargrundstück X-Straße 2, welches im Eigentum der GH-GbR stand und für die von der Klägerin beabsichtigte Bebauung benötigt wurde. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von insgesamt 1 163 820 DM vereinbart. Die endgültige Höhe des Kaufpreises sollte sich nach dem Vermessungsergebnis sowie nach der Höhe bestimmter, mit der Gründung bzw. Errichtung des Gebäudes zusammenhängender Kosten richten.
Am 20. Oktober 1987 schloß die Klägerin, vertreten durch die A-GmbH, insgesamt weitere acht Verträge ab. Diese betrafen die wirtschaftliche und technische Baubetreuung, Vermittlung der Zwischen- und Endfinanzierung sowie einer Bürgschaft, die Beschaffung öffentlicher Mittel, eine Zinsgarantie sowie die Vermietung des fertiggestellten Gebäudes. Vertragspartner waren jeweils ―einzeln oder zusammengeschlossen― die Herren C und D.
Wegen des Grundstückserwerbs vom 7. Oktober 1987 setzte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) gegen die Klägerin mit der ―den Grunderwerbsteuerbescheid vom 6. Januar 1989 ändernden― Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1995 nach einer Gegenleistung von 11 714 532 DM Grunderwerbsteuer in Höhe von 234 290 DM fest. Dabei rechnete das FA neben dem Grundstückskaufpreis und den mit der F-GmbH vereinbarten Werklohn für die Errichtung des Gebäudes auch den gesamten übrigen, mit der Investitionsmaßnahme zusammenhängenden tatsächlichen Aufwand der Klägerin, insbesondere auch die von der Klägerin aufgrund der Verträge vom 20. Oktober 1987 gezahlten Beträge zur Gegenleistung. Die Steuerfestsetzung erging u.a. hinsichtlich der endgültigen Höhe des Grundstückskaufpreises und der Baukosten vorläufig.
Die Klage, mit der die Klägerin insbesondere geltend machte, sie habe kein bebautes Grundstück als einheitlichen Vertragsgegenstand von der GH-GbR erworben, hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Steuer nach einer Gegenleistung von 10 173 614 DM auf 203 472 DM ermäßigt. Die Klägerin habe ein bebautes Grundstück erworben, weil sich die Veräußererseite, zu der neben der GH-GbR, der F-GmbH sowie den Architekten G und H auch die Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin, die Herren C und D, zu rechnen seien, hinsichtlich des Abschlusses aller Verträge abgestimmt hätten. Neben dem Grundstückskaufpreis von 1 163 820 DM und den vereinbarten Baukosten von 7,4 Mio. DM seien auch die übrigen Aufwendungen der Klägerin zur Gegenleistung zu rechnen. Dies gelte allerdings nicht für die vom FA angesetzten Gebühren für die Posten Vermittlung der Dauerfinanzierung, Eigenkapitalvermittlung, Bauzeitzinsen, Vermietungsgarantie und "Sonstiges".
Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1146 veröffentlicht.
Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.
Die Klägerin rügt unrichtige Anwendung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen sei nicht gegeben. Es sei der Umstand mitzuberücksichtigen, daß die Klägerin das Grundstück bereits durch Vertrag vom 9. April 1987 erworben habe und nur auf ihr Betreiben hin die GH-GbR als Zwischenerwerberin des Grundstücks aufgetreten sei, um eine höhere öffentliche Förderung des Bauvorhabens zu erreichen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Berlin vom 29. Januar 1998 aufzuheben und unter Abänderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 6. Januar 1989 i.d.F der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1995 die Grunderwerbsteuer endgültig auf 15 276 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil des FG Berlin vom 29. Januar 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Es wendet sich mit seiner Revision gegen die Auffassung des FG, die Gebühren für die Posten Vermittlung der Dauerfinanzierung, Eigenkapitalvermittlung, Bauzeitzinsen, Vermietungsgarantie und "Sonstiges" seien nicht in die Gegenleistung einzubeziehen.
Die Klägerin hat zur Revision des FA keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, zur Abänderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 6. Januar 1989 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1995 und zur Klageabweisung im übrigen. Die Revision des FA ist unbegründet.
1. Das FG ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin ein bebautes Grundstück erworben hat. Es hätte jedoch nur den Kaufpreis für das Grundstück sowie die Zahlungen der Klägerin auf Grund des Bauvertrages vom 15. September 1987, nicht aber auch die Verpflichtungen der Klägerin aus den am 20. Oktober 1987 abgeschlossenen sonstigen Verträgen betreffend die Baubetreuung, Finanzierung und Vermietung in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einbeziehen dürfen.
a) Der Grundstückskaufvertrag vom 7. Oktober 1987 ist ein Rechtsvorgang, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Klägerin hat durch diesen Vertrag gegen die Verkäuferin (GH-GbR) einen Anspruch auf Übereignung der in dem Vertrag näher beschriebenen, noch zu vermessenden Grundstücksteilfächen erworben.
Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin bezüglich der größeren der beiden Teilflächen bereits durch Vertrag vom 9. April 1987 einen Anspruch auf Übereignung gegen die Eigentümerin des Grundstücks erlangt hatte. Denn diesen Anspruch, der sich im übrigen auch nicht gegen die GH-GbR richtete, hatte die Klägerin am 5. Oktober 1987 durch die Vertragsaufhebung wieder verloren. Für die Frage der Tatbestandsmäßigkeit des Grundstückskaufvertrages vom 7. Oktober 1987 ist es ―anders als das FG angenommen hat― ohne Bedeutung, ob der Kaufvertrag vom 9. April 1987 durch die Vertragsaufhebung vom 5. Oktober 1987 i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 vollständig rückgängig gemacht wurde. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, änderte dies nichts daran, daß die Klägerin durch den vom FA der Besteuerung unterworfenen Vertrag vom 7. Oktober 1987 einen ihr bis dahin nicht zustehenden Anspruch auf Eigentumsverschaffung an einem inländischen Grundstück erworben hat.
b) Die Steuer für den Rechtsvorgang vom 7. Oktober 1987 bemißt sich nach der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983). Zutreffend hat das FG angenommen, daß im Streitfall neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis auch die Aufwendungen der Klägerin aus dem Bauvertrag mit der F-GmbH vom 15. September 1987 in die Gegenleistung i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG miteinzubeziehen sind, da Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude ist.
Der zur Bestimmung des Umfangs der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs kann sich (auch) aus zwei oder mehreren Verträgen ergeben, wenn ―wie im Streitfall― zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem die Bebauung des Grundstücks betreffenden Vertrag ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, daß der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält. Ein derartiger objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Verträgen, die der Errichtung des Gebäudes dienen, kann u.a. in den Fällen vorliegen, in denen der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Erwerber mit dem Grundstücksverkäufer zeitlich vor dem Kaufvertrag über das Grundstück den Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen hat (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 10. August 1994 II R 29/91, BFH/NV 1995, 260, 261). Ein Erwerb "aus einer Hand" in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn mehrere Personen auf der Veräußererseite auftreten, die personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind (vgl. BFH-Urteile vom 6. Dezember 1989 II R 72/87, BFH/NV 1991, 344, und II R 145/87, BFH/NV 1991, 345).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Aufgrund des Bauerrichtungsvertrages vom 15. September 1987 war die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäfts (7. Oktober 1987) in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung auf dem erworbenen Grundstück nicht mehr frei. Das FG hat auch zutreffend entschieden, daß die Bindung der Klägerin an die Bebauung des Grundstücks der Veräußererseite gegenüber bestand. Denn die Klägerin hat Grundstück und Gebäude "aus einer Hand" erworben, weil die Grundstücksverkäuferin (GH-GbR) und die als Generalunternehmerin mit der Bebauung des Grundstücks beauftragte F-GmbH personell eng miteinander verflochten waren. Hiervon kann ohne weiteres ausgegangen werden, wenn an der grundstücksveräußernden Gesellschaft dieselben Gesellschafter beteiligt sind wie an der Gesellschaft, die zuvor bereits mit der Bebauung des Grundstücks beauftragt wurde.
Eine andere Beurteilung ergäbe sich auch dann nicht, wenn ―wie die Klägerin behauptet― die Aufhebung des Grundstückskaufvertrages vom 9. April 1987, die Weiterveräußerung des Grundstücks an die GH-GbR sowie der hier zu beurteilende Erwerb des Grundstücks von der GH-GbR einem von der Klägerin initiierten Plan entsprachen und der in ihrem Interesse liegenden Erlangung einer möglichst hohen öffentlichen Förderung gedient haben. Diese Umstände ändern nichts daran, daß die Klägerin von der aus der GH-GbR und der F-GmbH bestehenden Veräußererseite als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erlangt hat. Durch die dargestellte Gestaltung wurde der GH-GbR die uneingeschränkte Rechtsmacht über das von der Klägerin für die Verwirklichung ihres Bebauungskonzepts erforderliche Grundstück verschafft, so daß die Klägerin ―angesichts der bereits bestehenden Bindung gegenüber der personell verflochtenen Veräußererseite an die Bebauung des Grundstücks― (nur) ein bebautes Grundstück erworben hat.
c) Nicht gefolgt werden kann allerdings der Auffassung des FG, es bestehe zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den weiteren, am 20. Oktober 1987 mit den Herren C und D abgeschlossenen Verträgen objektiv ein enger sachlicher Zusammenhang, weil sich diese mit der Grundstücksverkäuferin und der Generalunternehmerin abgestimmt und auf den Abschluß aller Verträge hingewirkt hätten. Das FG hat insoweit verkannt, daß nach der Rechtsprechung des BFH zum sogenannten einheitlichen Vertragsgegenstand allein ein abgestimmtes Verhalten der verschiedenen Personen auf der Veräußererseite noch nicht zu der Annahme berechtigt, zwischen den unterschiedlichen Verträgen bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang. Vielmehr bedarf es daneben stets einer weiteren objektiven Klammer zwischen den Verträgen. Diese kann darin bestehen, daß der Erwerber bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages hinsichtlich der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen sollen, der Veräußererseite gegenüber gebunden war (vgl.BFH-Urteile vom 10. August 1994 II R 32/91, BFH/NV 1995, 262, 264, sowie in BFH/NV 1995, 260, 261), oder daß dem Erwerber aufgrund einer konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im wesentlichen feststehenden Preis (Vertragsbündel) angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur annehmen kann (vgl. BFH-Urteile vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl II 1995, 331; vom 8. Februar 1995 II R 19/92, BFH/NV 1995, 823, und vom 28. Mai 1998 II R 66/96, BFH/NV 1999, 75, 76). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall hinsichtlich der Verträge vom 20. Oktober 1987 nicht vor.
Nach den das Revisionsgericht bindenden und mit zulässigen Revisionsrügen nicht angefochtenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) des FG gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Klägerin von den Initiatoren Grundstück, Bebauung und die sonstigen Dienstleistungsverträge als Vertragsbündel einheitlich zu einem feststehenden Preis angeboten wurden. Auch war die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages am 7. Oktober 1987 hinsichtlich der erst später, am 20. Oktober 1987 mit den Herren C und D abgeschlossenen Verträge zivilrechtlich noch nicht gebunden. Sie war zu diesem Zeitpunkt auch nicht ―was ausreichte― nach den Gesamtumständen bereits faktisch der Veräußererseite gegenüber auf den Abschluß dieser Verträge festgelegt gewesen (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 22. September 1993 II R 65/90, BFH/NV 1994, 407, 409). Entsprechende Vereinbarungen, Absprachen oder sonstige Umstände liegen nach den Feststellungen des FG nicht vor. Aus dem Umstand, daß die Klägerin später auf der Grundlage des nach Überzeugung des FG von der Initiatorengruppe entwickelten Bau- und Finanzierungskonzeptes diese Verträge abgeschlossen hat, kann jedenfalls allein nicht geschlossen werden, die Klägerin sei bereits beim Grundstückserwerb an den Abschluß auch dieser Verträge gebunden gewesen. Eine solche Bindung kann auch daraus nicht hergeleitet werden, daß es möglicherweise der Verfolgung des Gesellschaftszwecks der Klägerin entsprochen hat, entsprechende Baubetreuungs-, Finanzierungs- und sonstige Dienstleistungsverträge abzuschließen. Denn bei der Festlegung des Gesellschaftszweckes handelt es sich um einen internen Willensbildungsakt der Gesellschaft, aufgrund dessen Verpflichtungen gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern) nicht entstehen können.
Aus demselben Grunde kann im Streitfall auch der Einbindung der einzelnen Neugesellschafter in das Vertragskonzept bei ihrem Beitritt zur Klägerin keine entscheidende Bedeutung zukommen. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 28. Juli 1993 II R 66/90 (BFH/NV 1994, 339) und in BFH/NV 1995, 262 hierzu ausgeführt, daß eine Bindung der einzelnen Gesellschafter an ein Vertrags- und Bebauungskonzept (nur) dann zu einer Bindung auch der Gesellschaft führen kann, wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht nur untereinander, sondern auch im Verhältnis zu Dritten (z.B. den Initiatoren) eines Bauherrenmodells auf die Verfolgung eines bestimmten Gesellschaftszwecks festgelegt und insoweit an ein Vertragswerk gebunden sind. Denn (nur) in diesen Fällen wirkt die derart bestehende Bindung der Gesellschafter auf die Entscheidungsmöglichkeiten der Gesellschaft ein, weil die Gesellschaft nicht mehr Entscheidungsfreiheit haben kann als die Gesamtheit ihrer Gesellschafter. Derartige Bindungen der beitretenden Treugeberkommanditisten gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern), z.B. den Initiatoren, liegen im Streitfall hinsichtlich des Abschlusses der Verträge über die Baubetreuung, Finanzierung und Vermietung nicht vor. Mit der schriftlichen Beitrittserklärung haben die Kapitalanleger lediglich den Gesellschaftsvertrag anerkannt. Im Gesellschaftsvertrag gehen die Treugeberkommanditisten keine über die gesellschaftsrechtlichen Bindungen hinausgehenden Verpflichtungen gegenüber Dritten ein. Der Umstand, daß die Initiatoren den Gesellschaftsvertrag vorformuliert und damit den beitretenden Treugeberkommanditisten einen bestimmten Gesellschaftszweck und einen bestimmten Investitionsplan vorgegeben haben, vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Denn dadurch ist keine Verpflichtung gegenüber den Initiatoren zum Abschluß entsprechender Verträge entstanden, und zwar weder seitens der Gesellschafter noch seitens der Gesellschaft (Klägerin). Die Gesellschafter waren im übrigen weder untereinander noch im Verhältnis zu Dritten auf einen bestimmten Gesellschaftszweck endgültig festgelegt. Denn sie wären ―wenn auch nur mit qualifizierter Mehrheit (4/5) in der Gesellschafterversammlung― in der Lage gewesen, durch Änderung des Gesellschaftsvertrages, sich von dem vorgegebenen Gesellschaftszweck und dem Investitionsplan wieder zu lösen, ohne daß dies die Initiatoren etwa über die von ihnen beherrschte Geschäftsführerin der Klägerin hätten verhindern können.
Das auf einer hiervon abweichenden Beurteilung beruhende Urteil des FG ist aufzuheben.
2. Die Sache ist spruchreif.
Die Klage der Klägerin hat teilweise Erfolg. Die Steuer für den Erwerbsvorgang vom 7. Oktober 1987 beträgt (vorläufig) 171 276 DM. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 6. Januar 1989 und die Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1995 sind entsprechend zu ändern; die Klage wird im übrigen abgewiesen.
Gegenstand des Erwerbsvorgangs der Klägerin vom 7. Oktober 1987 ist das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude. Neben dem eigentlichen Grundstückskaufpreis sind deshalb auch die Aufwendungen der Klägerin aus dem Bauvertrag mit der F-GmbH vom 15. September 1987 in die Gegenleistung i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 miteinzubeziehen (vgl. Abschnitt II. 1.).
Die Beteiligten des Kaufvertrages haben einen Kaufpreis für die beiden Grundstücksteilflächen in Höhe von 1 163 820 DM vereinbart (§ 2 Abs. 2 des Kaufvertrages). Die endgültige Höhe des Kaufpreises sollte sich nach dem Vermessungsergebnis sowie nach der Höhe bestimmter, mit der Gründung bzw. Errichtung des Gebäudes zusammenhängender Kosten richten. Solange die Klägerin zur endgültigen Höhe des von ihr entrichteten Kaufpreises keine Angaben macht, ist im Rahmen der nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) wegen dieser Ungewißheit weiterhin vorläufigen Steuerfestsetzung von dem vereinbarten Betrag (1 163 820 DM) auszugehen.
Nach den Feststellungen des FG betrug der von der Klägerin aufgrund des Bauvertrages vom 15. September 1987 zu zahlende Werklohn 7,4 Mio. DM, so daß hier als maßgebliche Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) der Besteuerung ein Betrag von 8 563 820 DM zugrunde zu legen ist.
Da zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den weiteren, am 20. Oktober 1987 mit den Herren C und D abgeschlossen Verträgen objektiv kein enger sachlicher Zusammenhang besteht, kommt eine Einbeziehung der von der Klägerin insoweit geschuldeten Vergütungen in die Steuerbemessungsgrundlage nicht in Betracht. Es bedarf demnach keiner gesonderten Auseinandersetzung mit der Auffassung des FA mehr, die von der Klägerin insoweit geschuldeten Vergütungen seien wegen Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung oder aus anderen Gründen in die Gegenleistung einzubeziehen.
Fundstellen
Haufe-Index 302466 |
BFH/NV 1999, 1507 |
HFR 1999, 1003 |
ZfIR 2000, 575 |