Leitsatz (amtlich)
Veranstaltet ein gemeinnütziger Verein, der auf den Gebieten der Heimatpflege und Heimatkunde (Erhaltung der Gebirgstracht, des Volksgesangs und des Volkstanzes sowie alter Sitten und Gebräuche) die Allgemeinheit fördert, sog. Waldfeste und übernimmt er dabei u.a. selbst die Bewirtung der Besucher, so unterhält er insoweit einen (steuerschädlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein steuerunschädlicher Geschäftsbetrieb (kulturelle oder gesellige Veranstaltung) ist in einem solchen Falle nicht gegeben. Ein bei den Veranstaltungen erzielter Überschuß der Einnahmen über die Unkosten unterliegt der Körperschaftsteuer.
Orientierungssatz
1. Gesellige Veranstaltungen ( § 9 Abs. 1 Nr. 11 GemV) sind dazu bestimmt, der Pflege des Vereinslebens zu dienen. Sie beschränken sich deshalb grundsätzlich auf das Zusammensein der Vereinsmitglieder. Der unbegrenzte Zutritt Vereinsfremder schließt eine steuerliche Vergünstigung aus.
2. NV: Unterhält ein gemeinnütziger Verein einen (steuerschädlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so wird die Körperschaftsteuerpflicht des sich daraus ergebenden Gewinns nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verein den Gewinn für seine satzungsmäßigen Zwecke verwendet.
Normenkette
KStG 1968 § 4 Abs. 1 Nr. 6; GewStG § 3 Nr. 6; StAnpG § 17 Abs. 1, §§ 18, 17 Abs. 3 Nr. 2, § 19; AO 1977 § 14; GemV § 6 Abs. 2; GemV § 9 Abs. 1 Nrn. 9, 11
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bezweckt nach seiner in den Streitjahren (1973 bis 1975) geltenden Satzung ausschließlich die Erhaltung der Gebirgstracht, Erlernung des Volksgesangs und der Schuhplattlertänze sowie die Aufrechterhaltung alter Sitten und Gebräuche (§§ 2 und 3 der Satzung). ...
In den Streitjahren veranstaltete der Kläger in einem Gasthof in ... jährlich etwa 18 bis 20 Heimatabende; dazu hatte jedermann gegen Zahlung eines Unkostenbeitrags freien Zugang. Außerdem richtete der Kläger jährlich zwei bis drei öffentliche und eintrittsfreie Waldfeste aus. Bei diesen Veranstaltungen wurden heimatliches Brauchtum wie Schuhplattlertänze, Volksgesang und Volksmusik dargeboten, und zwar durch Gruppen des Klägers und fremde Gruppen. Die Bewirtschaftung bei den Veranstaltungen hatte für die Heimatabende der Inhaber des Gasthofes, für die Waldfeste der Kläger übernommen. ...
Der Kläger gab in seinen Körperschafts- und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre die Gesamtgewinne als steuerpflichtige Gewinne an und beanspruchte jeweils einen Freibetrag von 5 000 DM wegen Förderung gemeinnütziger Zwecke. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) wertete die Veranstaltungen des Klägers als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, versagte die Steuerbefreiung und setzte die Körperschaftsteuer ... sowie die Gewerbesteuermeßbeträge ... nach Maßgabe der vom Kläger erklärten Gewinne fest.
Die Einsprüche des Klägers gegen diese Bescheide blieben erfolglos. Auf die Klage des Klägers setzte das Finanzgericht (FG) unter Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Körperschaftsteuer sowie die Gewerbesteuermeßbeträge auf je 0 DM fest.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG hat seiner Entscheidung zutreffend das vor dem 1.Januar 1977 geltende Gemeinnützigkeitsrecht (... --altes Gemeinnützigkeitsrecht--) zugrunde gelegt. Dieses Recht ist auch für die Entscheidung des Senats maßgebend.
2. Der Senat teilt die Auffassung des FG, der Kläger habe in den Streitjahren nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Erhaltung der Gebirgstracht, der Erlernung des Volksgesangs und der Schuhplattlertänze sowie der Aufrechterhaltung alter Sitten und Gebräuche gedient und damit gemeinnützige Zwecke (Heimatpflege und Heimatkunde) gefördert (§ 17 Abs.1, Abs.3 Nr.2 StAnpG).
3. Das FG hat zu Unrecht einen (steuerschädlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers (Restauration Waldfeste) verneint.
a) ++/ Körperschaften, die nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen, sind von der Körperschaftsteuer befreit (§ 4 Abs.1 Nr.6 KStG a.F.). Diese sachliche objektive Steuerbefreiung gilt nicht uneingeschränkt: Die Steuervergünstigung wird zwar nicht grundsätzlich dadurch ausgeschlossen, daß ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, wenn im übrigen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben sind; die Steuerbefreiung entfällt jedoch insoweit, d.h. die Körperschaft wird grundsätzlich (nur) mit dem Überschuß der Einnahmen über die Unkosten aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (vgl. § 9 Abs.3 GemV) steuerpflichtig. In diesem Umfange wird die Steuervergünstigung eingeschränkt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß in den Fällen, in denen eine gemeinnützige Körperschaft die Mittel zur Erfüllung ihres gemeinnützigen Satzungszweckes durch Maßnahmen erwirbt, die an sich außerhalb der gemeinnützigen Betätigung liegen, die Steuervergünstigung insoweit versagt werden soll, als ein über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehender Geschäftsbetrieb vorliegt und naturgemäß zu anderen Unternehmen gleicher Geschäftsrichtung mehr oder weniger in Wettbewerb tritt (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 25.Juli 1935 III A 378/34, RStBl 1935, 1493). Nach der Definition in § 6 Abs.2 GemV (jetzt: § 14 der Abgabenordnung --AO 1977--) ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; dabei ist die Absicht, Gewinn zu erzielen, nicht erforderlich. /++
b) Der Kläger hat mit der eigenen Bewirtung der Besucher während der Waldfeste einen (steuerschädlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Er ist mit dem Überschuß der Einnahmen über die Unkosten aus diesem Geschäftsbetrieb körperschaftsteuerpflichtig. Die Voraussetzungen eines steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind im Streitfall gegeben.
(1) Der Kläger ist insoweit selbständig tätig geworden, mit seiner Tätigkeit über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen und hat Einnahmen erzielt. ...
(2) Der Kläger ist in den Streitjahren durch die von ihm betriebene Restauration während der Waldfeste auch nachhaltig tätig geworden. Zum Begriff "nachhaltig" verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem Urteil vom 21.August 1985 I R 60/80 (BFHE 145, 33) unter 2.b) (2) der Entscheidungsgründe. ...
(3) Der Kläger hat sich schließlich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Er hat verschiedene Unternehmen für die Lieferungen der Getränke und Eßwaren ausgesucht, die Bestellungen zu den erforderlichen Zeitpunkten aufgegeben, die Waren abgenommen, sie bereitgestellt und -gehalten, die Rechnungen der Lieferanten entgegengenommen und beglichen, ferner die von den Festbesuchern entrichteten Entgelte an sich genommen und die Vorgänge buchmäßig erfaßt. Der Kläger hat sich damit in vielfältiger Weise im allgemeinen Wirtschaftsleben betätigt. Dies geschah in fast gleicher Weise wie die gewerbliche Betätigung eines Gaststättenbetriebs.
(4) Der von dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers ausgehende Wettbewerb hat sich nicht auf das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß beschränkt. Durch die Übernahme und Führung der Restauration auf den Waldfesten durch den Kläger war das ortsansässige Gaststättengewerbe von der Bewirtung der Festbesucher und den damit verbundenen Geschäften gänzlich ausgeschlossen. Das war zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks, wie er in der Satzung des Klägers festgelegt ist, nicht erforderlich. Zu dessen Darstellung und Verbreitung bedurfte es der Eigenbewirtschaftung durch den Kläger nicht. Die kulturellen Vorführungen i.S. des steuerbegünstigten Zwecks hätten den Festbesuchern auch dargeboten werden können, wenn nicht (ausschließlich) der Kläger, sondern ein steuerlich nicht begünstigter Gastwirt die Restauration auf den Waldfesten betrieben hätte. Das erweisen die von dem Kläger veranstalteten zahlreichen Heimatabende, bei denen die Bewirtschaftung der Inhaber des jeweiligen Gasthofes innehatte, in dem die Veranstaltungen stattfanden.
++/ (5) Ein körperschaftsteuerpflichtiger Gewinn aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb wird im Streitfall nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger den Überschuß der Einnahmen über die Unkosten für seine satzungsmäßigen Zwecke verwendet hat. Die Art der Verwendung der Geldbeträge ändert nichts daran, daß diese Gewinn aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind. /++
c) Der Restaurationsbetrieb des Klägers während der Waldfeste kann auch nicht als steuerlich unschädlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 9 Abs.1 Nr.9 GemV (kulturelle Veranstaltung) steuerfrei bleiben.
Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor. Als Beispiele für kulturelle Veranstaltungen werden in einem Klammerzusatz ausdrücklich Konzerte und Kunstausstellungen genannt. Dem mögen zwar vergleichsweise --losgelöst und unabhängig von dem Restaurationsbetrieb betrachtet-- die Darbietungen der Volksmusik-, Gesangs-, Volkstanz- und Schuhplattlergruppen auf den Waldfesten des Klägers entsprechen. Die Feste haben sich aber nicht auf diese die Allgemeinheit ausschließlich und unmittelbar fördernden Darbietungen zur Heimatkunde und Heimatpflege (vgl. § 17 Abs.1 und 3 Nr.2 StAnpG) beschränkt. Der Kläger hat vielmehr die Festbesucher vor, während und nach diesen kulturellen Darbietungen gegen Entgelt bewirtet. Das steht der Annahme einer kulturellen Veranstaltung i.S. des § 9 Abs.1 Nr.9 GemV entgegen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, daß ohne den Restaurationsbetrieb der steuerbegünstigte Zweck des Klägers nicht hätte erreicht werden können. Dazu kann nicht --wie es das FG getan hat-- darauf verwiesen werden, daß die gesellige Atmosphäre ein nicht unerwünschtes Mittel sei, den Festbesuchern den beherrschenden (gemeinnützigen) Zweck der Feste nahezubringen. Die durch den Restaurationsbetrieb entstehende gesellige Atmosphäre war keine unerläßliche Voraussetzung für eine "kulturelle Veranstaltung" im Sinne des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts. Die gesetzliche Regelung sieht steuerliche Vergünstigungen nur für die kulturelle Veranstaltung als solche, nicht aber für einen damit verbundenen Restaurationsbetrieb vor.
d) Der Restaurationsbetrieb des Klägers während der Waldfeste kann auch nicht als gesellige Veranstaltung (§ 9 Abs.1 Nr.11 GemV) von der Besteuerung ausgenommen werden. Solche Veranstaltungen sind dazu bestimmt, der Pflege des Vereinslebens zu dienen. Sie beschränken sich deshalb grundsätzlich auf das Zusammensein der Vereinsmitglieder. Der unbegrenzte Zutritt Vereinsfremder --wie bei den Waldfesten des Klägers-- schließt eine steuerliche Vergünstigung aus.
Fundstellen
Haufe-Index 60711 |
BStBl II 1986, 92 |
BFHE 145, 40 |
BFHE 1986, 40 |
BB 1986, 720-720 (S) |
DB 1986, 1372-1373 (ST) |
DStR 1986, 166-166 (S) |
DStZ 1986, 63-63 (ST) |
HFR 1986, 197-198 (ST) |
FR 1986, 77-78 (ST) |
Information StW 1986, 118-118 (ST) |