Leitsatz (amtlich)
Die Grunderwerbsteuer ist nachträglich zu erheben, auch wenn die Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen GrESWG wegen Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde nicht eingehalten wurde.
Normenkette
Niedersächsisches GrESWG § 1 Nr. 1 Buchst. a, § 5; Niedersächsisches GrEBauG §§ 3-4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) kaufte ein unbebautes Grundstück in X für 60 000 DM durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7. September 1962, Er erklärte, das Grundstück innerhalb von fünf Jahren mit steuerbegünstigten Wohnhäusern bebauen zu wollen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erhob zunächst nach § 1 Nr. 1 Buchst. a des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaus von der Grunderwerbsteuer (GrESWG) keine Grunderwerbsteuer, setzte diese jedoch mit Bescheid vom 3. Oktober 1968 gemäß § 5 GrESWG fest, nachdem der Kläger innerhalb von fünf Jahren seit dem Erwerb kein steuerbegünstigtes Wohngebäude auf dem Grundstück errichtet hatte. Einspruch und Klage, in denen der Kläger vorgetragen hatte, er habe stets die Absicht gehabt, das erworbene Grundstück fristgerecht im Sinne des Niedersächsischen Gesetzes über die Befreiung des sozialen Wohnungsbaus von der Grunderwerbsteuer zu bebauen, sei aber durch ein anhängiges Flurbereinigungsverfahren daran gehindert worden, wurden als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat ausgeführt, nach den Entscheidungen des BFH vom 28. August 1963 II 138/61 U (BFHE 77, 681, BStBl III 1963, 569), vom 1. August 1967 II 186/63 (BFHE 90, 77, BStBl III 1967, 765) und vom 8. Mai 1968 II 151/64 (BFHE 93, 14, BStBl II 1968, 663) komme es für die Nachversteuerung allein auf die objektive Fristüberschreitung und nicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen an. Die Voraussetzungen des Niedersächsischen Gesetzes über Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes vom 29. Oktober 1962 - GrEBauG - (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1962 S. 217) seien nicht erfüllt, da die Gemeinde keine entsprechenden Maßnahmen nach dem BBauG getroffen habe. Das schwebende Flurbereinigungsverfahren habe keinen Einfluß auf die Frist des § 5 GrESWG.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, die in der Vorentscheidung genannten Urteile des BFH träfen für ihn nicht zu, da in ihnen nur ausgesprochen sei, daß eine Nachversteuerung dann durchzuführen sei, wenn die Bebauung aus persönlichen Gründen im Bereich des Steuerpflichtigen innerhalb der Fünfjahresfrist unterblieben sei. Im Streitfall sei die Bebauung jedoch nicht infolge eines Verschuldens des Klägers, sondern wegen Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde unterblieben. Die unsachgemäße Behandlung seiner Belange durch diese Behörde habe auch die Steuerverwaltung zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Nach § 1 Nr. 1 Buchst. a GrESWG ist der Erwerb eines unbebauten Grundstücks zur Errichtung eines Gebäudes unter den dort bezeichneten Voraussetzungen von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen. Gemäß § 5 desselben Gesetzes unterliegt der Erwerbsvorgang jedoch mit dem Ablauf von fünf Jahren der Grunderwerbsteuer, wenn das Grundstück nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist. Unstreitig ist das Grundstück innerhalb des bezeichneten Zeitraums nicht in der vom Gesetz geforderten Weise bebaut worden.
Zutreffend ist das FG unter Hinweis auf die drei genannten Entscheidungen des Senats davon ausgegangen, die Nachversteuerung hänge lediglich davon ab, daß ein im Gesetz vorgesehener Tatbestand erfüllt sei und finde statt ohne Rücksicht darauf, ob der Steuerpflichtige die Nichterfüllung des begünstigten Zweckes zu vertreten hat oder nicht.
Der Senat hat ferner in der Entscheidung vom 29. September 1965 II 184/62 (HFR 1966, 31) ausgeführt, daß es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen das Grundstück nicht für den begünstigten Zweck verwendet worden ist. Daraus ergibt sich, daß - entgegen der Auffassung des Klägers - auch Umstände, die nicht im Bereich des Steuerpflichtigen liegen und die die rechtzeitige Bebauung verhindern, für den Ablauf der Frist ohne Bedeutung sind und die Nachversteuerung somit auch dann eintreten kann, wenn Maßnahmen aus dem Bereich einer Behörde den Kläger daran hindern, seine Bebauungsabsicht durchzuführen, selbst wenn er auf die Entscheidung der Behörde keinen Einfluß hat. Die Voraussetzungen der §§ 3, 4 GrEBauG, die lediglich im Fall gemeindlicher Maßnahmen nach dem Bundesbaugesetz, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, Steuerbefreiung bzw. Unterbrechung der Fünfjahresfrist vorsehen, sind im vorliegenden Fall - wie das FG richtig ausgeführt hat - nicht erfüllt. Wegen der verschiedenen Behörden und der Unterschiedlichkeit der Zielsetzung sind die Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde (Niedersächsisches Kulturamt Hannover) denen der Gemeinde nach dem Bundesbaugesetz (Verfügungs- und Veränderungssperren, Zurückstellung von Baugesuchen) nicht gleichzusetzen. Auf die Frage, ob vom Kläger nicht zu vertretende Schwierigkeiten bei dem Flurbereinigungsverfahren, welche die Bebauung des Grundstücks innerhalb von fünf Jahren verhindern, Billigkeitsmaßnahmen rechtfertigen, ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht einzugehen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens gemäß § 135 Abs. 2 FGO zu tragen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 121, § 90 Abs. 3 FGO durch Vorbescheid.
Fundstellen
Haufe-Index 70581 |
BStBl II 1973, 802 |
BFHE 1974, 140 |