Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Mietwohnhaus an Stelle der Ofenheizung eine Zentralheizungsanlage eingebaut, so sind die Kosten Herstellungsaufwand, auch wenn die öfen verbraucht waren.
Eine gesonderte AfA für die Zentralheizungsanlage kann nicht anerkannt werden.
Es ist jedoch zu prüfen, ob wegen der Entfernung der öfen eine außergewöhnliche AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1957 in Betracht kommt.
Normenkette
EStG §§ 9, 21/1/1, § 7 Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Streitig ist, wie ein Betrag von 4549 DM steuerlich zu behandeln ist, den der Bf. für eine Zentralheizungsanlage bezahlt hat, die an Stelle der bisherigen Ofenheizung in seinem Mietwohnhaus im Jahre 1957 eingebaut wurde. In seiner Einkommensteuererklärung ging der Bf. davon aus, daß diese Aufwendung der Herstellungskosten zuzurechnen sei; er hielt jedoch eine von der Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Haus gesonderte Bemessung der AfA von 8 v. H. für angebracht. Das Finanzamt rechnete bei der Einkommensteuerveranlagung den aufgewendeten Betrag dem Einheitswert des Grundstücks zu und berücksichtigte die AfA mit 1 v. H. des so ermittelten Gesamtwerts.
Mit seiner Sprungberufung hielt der Bf. zunächst den Antrag auf gesonderte Berechnung der AfA aufrecht, verlangte dann aber die Absetzung der gesamten Kosten der Zentralheizung als Werbungskosten, da er seine Aufwendungen nunmehr als Erhaltungsaufwand ansah. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht war der Auffassung, daß der Ersatz einer Ofenheizung durch eine Zentralheizung nicht mehr zum laufenden Erhaltungsaufwand rechne. Wenn sich auch durch den Einbau der Zentralheizung das Wesen des Hauses nicht geändert habe, so liege doch eine Substanzmehrung vor. Die gesamte Heizungsanlage stelle gegenüber der Ofenheizung etwas anderes, nämlich eine substantielle Vermehrung dar. Sie könne nicht lediglich als eine Erneuerung der bisherigen Ofenheizung aufgefaßt werden. Es sei auch nicht angängig - wie der Bf. ursprünglich beantragt habe - die AfA in eine solche für den Altbestand des Gebäudes und in eine für die nachträglich eingebaute Heizungsanlage aufzuteilen. Die AfA könne für ein einheitliches Gebäude auch nur einheitlich bemessen werden. Sie sei daher für die Zentralheizung ebenso wie für das Haus mit 1 v. H. anzusetzen.
Der Bf. beantragt mit der Rb., seine Aufwendungen für die Zentralheizung als sofort absetzbaren Erhaltungsaufwand zu berücksichtigen; hilfsweise bittet er, eine nur nach der Nutzungsdauer der Zentralheizungsanlage bemessene, vom Abschreibungssatz für das Gebäude abweichende AfA zuzulassen. Wenn bei einem aus mehreren Teilen bestehenden Wirtschaftsgut ein Teil ersetzt wurde, der einem schnellerem Verschleiß unterlegen habe als die übrigen, so werde dadurch ermöglicht, das Wirtschaftsgut bis zum Ende seiner betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer tatsächlich zu nutzen. Ein solcher Teilersatz sei also eigentlich nicht anderes als eine Reparatur. Jede Reparatur und demgemäß auch jeder Teilersatz bedeute unvermeidlich eine Werterhöhung des Wirtschaftsguts. Die Tatsache der Werterhöhung könne also nicht als Beweisanzeichen dafür gewertet werden, daß nicht Erhaltungs- sondern Herstellungsaufwand vorliege. Erst wenn der Ersatzaufwand im Verhältnis zum Wert des Wirtschaftsgut in seinem ursprünglichen Zustand ungewöhnlich hoch sei und das Wirtschaftsgut in seiner Substanz oder seiner Wesensart verändert worden sei, könne er unter Umständen als Herstellungsaufwand anzusehen sein. Von diesen Gedankengängen gehe der Bundesfinanzhof auch aus in dem Urteil I 173/58 U vom 3. Dezember 1958 (BStBl 1959 III S. 95, Slg. Bd. 68 S. 240). Das Finanzgericht habe dies verkannt. Bei richtiger Anwendung des geltenden Rechts, insbesondere des Grundsatzes, daß der Begriff der Erhaltung weit zu fassen und in Zweifelsfällen nicht Herstellungs- sondern Erhaltungsaufwand anzunehmen sei, hätte das Finanzgericht die streitige Aufwendung als Werbungskosten zum Abzug zulassen müssen. Fall man die Kosten jedoch unter Ablehnung seiner Auffassung als Herstellungsaufwand ansehe, rechtfertigten die Ausführungen des Finanzgerichts nicht die Versagung einer von der Gebäudeabschreibung unabhängigen AfA-Berechnung der Zentralheizungsanlage. Aus § 9 Ziff. 6 und § 7 EStG ergebe sich nicht, daß ein Gebäude nur als Ganzes abgeschrieben werden könne. Im Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 221/36 vom 27. Mai 1936 (RStBl 1936, S. 886, Slg. Bd. 39 S. 277) sei die Zulässigkeit einer gesonderten Abschreibung für Sammelheizungen letzten Endes deswegen abgelehnt worden, weil sie überhaupt kein "einheitliches" Wirtschaftsgut seien, das "einheitlich abgenutzt" werde, denn sie zerfielen in etwa drei Teile mit verschiedener Lebensdauer, nämlich die Kesselanlage, die Rohrleitungen und die Heizkörper. Demgegenüber sei darauf hinzuweisen, daß kein Wirtschaftsgut in allen Teilen gleichmäßig abgenutzt werde. Wenn im Urteil des Bundesfinanzhofs I 200/55 S vom 17. Juli 1956 (BStBl 1956 III S. 316, Slg. Bd. 63 S. 306) ausgeführt werde, daß bei den nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäuden für die verschieden lange nutzbaren Teile eine gesonderte AfA unzulässig sind, so liege hierin eine mit dem EStG nicht zu vereinbarende Einschränkung. In diesem Zusammenhang müsse auch auf den Wandel der Anschauungen hinsichtlich der Modernisierungskosten hingewiesen werden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Aufwendungen eines Hauseigentümers für sein Haus Erhaltungsaufwand, wenn sie dazu dienen, das Haus in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, die Wesensart des Gebäudes nicht geändert wird und keine Verbesserungen über seinen ursprünglichen Zustand hinaus herbeigeführt werden (so zum Beispiel Urteil des Bundesfinanzhofs IV 8/53 U vom 9. Juli 1953, BStBl 1953 III S. 245, Slg. Bd. 57 S. 639). Wenn auch der Einbau einer Zentralheizung an Stelle der Ofenheizung der Erhaltung des ordnungsmäßigen Zustandes des Hauses dient und auch seine Wesensart nicht ändert, so wird dadurch doch eine Verbesserung über seinen ursprünglichen Zustand hinaus herbeigeführt. Daher werden die dadurch entstehenden Kosten allgemein dem Herstellungsaufwand zugerechnet (zum Beispiel das Urteil IV 8/53 U, a. a. O.; Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., S. 659 und S. 1272; Littmann, Das Einkommensteuer-Recht, 6. Aufl., § 21 Bem. 68; Einkommensteuer-Richtlinien 1956 / 1957 Abschn. 157 Abs. 3). Die Ausführungen des Bf. geben dem Senat keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzugehen. Daß dies übrigens auch die Auffassung des Gesetzgebers ist, zeigt die durch das Steueränderungsgesetz 1961 in § 51 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. g vorgenommene Einfügung, durch welche die Bundesregierung ermächtigt wird, durch eine Rechtsverordnung erhöhte Absetzungen "für den Einbau einer Heizungsanlage" zuzulassen; diese Ermächtigung ist nur sinnvoll, wenn diese Aufwendungen nicht bereits als Erhaltungsaufwand sofort in voller Höhe abgesetzt werden können.
Der Bf. kann für das Streitjahr auch mit seinem Hilfsantrag auf Anerkennung einer gesonderten AfA für die Zentralheizung keinen Erfolg haben. Der Senat hat in dem Urteil VI 100/59 U vom 14. Oktober 1960 (BStBl 1960 III S. 493, Slg. Bd. 71 S. 653) neuerdings wiederum entschieden, daß bei den nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäuden nur eine einheitliche AfA möglich ist. Diese Ausführungen treffen auch für den Einbau einer Zentralheizung in ein zum Privatvermögen gehörendes Mietwohngrundstück zu. Die Vorentscheidung steht also auch insoweit in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Die Vorinstanzen haben jedoch nicht beachtet, daß die der einheitlichen Abschreibung unterliegende Substanz des Hauses durch den Einbau der Zentralheizungsanlage nicht nur eine Vermehrung erfahren hat, sondern durch die Entfernung der öfen gleichzeitig auch eine Verringerung. Die Entfernung vorhandener Gebäudeteile ist bei den zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäuden unter Umständen durch eine Teilwertabschreibung zu berücksichtigen (ß 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG). Bei einem Gebäude, das zum Privatvermögen des Eigentümers gehört und dessen Erträge bei ihm im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung steuerlich erfaßt werden, besteht diese im Bilanzsteuerrecht vorhandene Möglichkeit nicht (siehe dazu zum Beispiel die Urteile des Bundesfinanzhofs I 14/ 55 U vom 16. August 1955, BStBl 1955 III S.306, Slg. Bd. 61 S. 283; I 111/54 U vom 31. Januar 1956, BStBl 1956 III S.86, Slg. Bd. 62 S. 230; I 74/58 S vom 2. Juni 1959, BStBl 1959 III S. 323, Slg. Bd. 69 S. 162). Aber auch bei einem zum Privatvermögen gehörenden Gebäude kann eine Wertminderung unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt werden. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1957, der nach § 9 Ziff. 6 EStG auch bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Privatgebäuden zur Anwendung kommt, behandelt außerordentliche Absetzungen wegen außergewöhnlicher technischer order wirtschaftlicher Abnutzungen als Werbungskosten. Die Voraussetzungen für diese Abschreibung können erfüllt sein, wenn von einem Gebäude Teile entfernt werden. Bereits der Reichsfinanzhof hat diese Möglichkeit in dem angeführten Urteil VI A 221/36, a. a. O., angedeutet. Im Interesse einer richtigen Besteuerung kann es tatsächlich geboten sein, bei Privatgrundstücken, die durch die Entfernung von Gebäudeteilen eintretende Wertminderung durch eine außergewöhnliche Absetzung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1957 zu berücksichtigen. Sie kommt im Interesse der Vereinfachung allerdings nur in Betracht, wenn die entfernten Gebäudeteile innerhalb des für die Berechnung der AfA maßgebenden Gebäudewerts nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Ob im Streitfall der Wert der entfernten öfen bei dem für die AfA-Berechnung maßgebenden Einheitswert des Gebäudes auf den 21. Juni 1948 von einiger Bedeutung ist, wurde bisher nicht untersucht. Die Sache ist daher insoweit noch nicht spruchreif. Diese auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Feststellung ist zweckmäßigerweise vom Finanzgericht zu treffen. Die Vorentscheidung wird daher zur Vornahme der erforderlichen Ermittlungen aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, das festzustellen hat, ob im Streitfall wegen der Entfernung der öfen aus dem Haus des Bf. eine außerordentliche Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1957 in Betracht kommt.
Fundstellen
Haufe-Index 410132 |
BStBl III 1961, 401 |
BFHE 1962, 370 |
BFHE 73, 370 |
BB 1961, 924 |
DB 1961, 1182 |