Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Der I. Senat schließt sich zur Frage der Anrechnung des Gewerbeverlustes bei Unternehmerwechsel dem Urteil des IV. Senats IV 666/55 U vom 19. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 210, Slg. Bd. 66 S. 548, an.
Im Fall der Erbfolge liegt keine Unternehmergleichheit zwischen dem Erblasser und den Erben vor. Die vorweggenommene Erbfolge schließt in der Regel die Anrechnung des Gewerbeverlustes dann nicht aus, wenn der übertragende an der Personengesellschaft beteiligt bleibt.
Normenkette
GewStG § 2/5, § 5 Abs. 2, § 10a
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Gewerbesteuerveranlagung der beschwerdeführenden KG für den Erhebungszeitraum 1954 der Gewerbeertrag um die Gewerbeverlust aus den Erhebungszeiträumen 1951 und 1952 gekürzt werden darf. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) war aus der Einzelfirma des Ende Dezember 1953 verstorbenen Kaufmanns X hervorgegangen, der sein Fabrikationsunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1953 in eine KG umwandelte, an der er als persönlich haftender Gesellschafter mit 60 v. H. und seine mit ihm nicht zusammen veranlagten Töchter und Enkel mit zusammen 40 v. H. beteiligt waren. Nach dem Tod des von seiner Ehefrau und den Kommanditisten beerbten Kaufmanns X waren mit Wirkung vom 1. Januar 1954 seine Ehefrau und der Kaufmann Y als persönlich haftende Gesellschafter und seine Töchter und Enkelkinder als Kommanditisten mit nunmehr entsprechend höheren Anteilen an der Bfin. beteiligt.
Die Vorinstanzen haben es abgelehnt, die von dem Einzelkaufmann X erlittenen Gewerbeverluste 1951 und 1952 von dem Gewerbeertrag 1954 der Bfin. abzuziehen. Aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer sei zu entnehmen, daß der Abzug des Gewerbeverlustes nach § 10 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) nur dem Unternehmer selbst zugute kommen dürfe, der ihn erlitten habe, und daß er von der unveränderten Fortführung des Betriebes abhänge. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Aus § 5 Abs. 2 GewStG ergebe sich, daß der Betrieb des Einzelunternehmers X mit Wirkung vom 1. Januar 1953 als eingestellt und der neue Betrieb der KG als eröffnet anzusehen sei. Dieser Wechsel des Unternehmers führe, wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 425/53 U vom 4. Mai 1955 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 185, Slg. Bd. 60 S. 484) ergebe, zur Versagung des Verlustabzugs. Eine unentgeltliche Betriebsübertragung im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge, die nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 37/54 U vom 21. Juni 1954 (BStBl 1954 III S. 243, Slg. Bd. 59 S. 88) den Fortbestand des gleichen Unternehmens rechtfertigen könne, liege nicht vor, weil die Kommanditisten ihre Beteiligungen zum Teil gegen Hingabe ihrer Darlehnsforderungen erworben hätten, so daß im wesentlichen ein entgeltlicher Erwerb vorliege.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.
Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat in dem Urteil IV 666/55 U vom 19. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 210, Slg. Bd. 66 S. 548) zu der Frage Stellung genommen, welche Bedeutung der Vorschrift des § 5 Abs. 2 GewStG bei der Auslegung anderer Vorschriften des GewStG, insbesondere der Bestimmung des für die Anwendung des § 10 a GewStG bedeutsamen Begriffs der Unternehmens- und Unternehmergleichheit beizumessen ist. Er ist der Ansicht, daß sich § 5 Abs. 2 GewStG auf die Regelung der Steuerschuldnerschaft beschränke und daß aus ihm keine Folgerung für die Auslegung des § 10 a GewStG gezogen werden könnten. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß hinsichtlich des verbleibenden Gesellschafters ein Unternehmerwechsel im Sinne des § 10a GewStG 1950 dort nicht vorliegt, wo eine OHG aufgelöst und das Unternehmen durch einen Gesellschafter als Einzelfirma fortgeführt wird. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß die zur Anwendung des § 10 a GewStG notwendige Unternehmergleichheit nicht allein unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 GewStG mit der Begründung verneint werden kann, daß durch die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine KG am 1. Januar 1953 ein anderer Unternehmer den Betrieb übernommen habe und damit ein anderes Steuersubjekt entstanden sei.
Der Senat hat in den Entscheidungen I 37/54 U und I 27/54 U vom 24. August 1954 (BStBl 1954 III S. 323, Slg. Bd. 59 S. 292) bei der Aufnahme des Sohnes in den Betrieb des Vaters im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge keinen Unternehmerwechsel im Sinne des § 10 a GewStG angenommen. Die Entscheidung IV 666/55 U hat diese Grundsätze auch auf die Fälle ausgedehnt, in denen ein fremder Gesellschafter aus einer Personengesellschaft durch Veräußerung seines Geschäftsanteiles an seinen einzigen Mitgesellschafter austritt (Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Einzelfirma). Entsprechendes muß auch dann gelten, wenn ein fremder Gesellschafter durch entgeltlichen Erwerb eines Geschäftsanteiles in eine Einzelfirma eintritt. Zweifelhaft ist die Frage, ob die Grundsätze der Entscheidungen I 37/54 U und I 27/54 U auch auf die Fälle der Erbfolge ausgedehnt werden können, wo also der Unternehmer stirbt und an seine Stelle sein Erbe tritt. Daß aus den beiden Entscheidungen des Senats sich nicht zwangsläufig die Entscheidung der Frage der Erbfolge ergibt, wird auch in der Literatur anerkannt (siehe hierzu Weissenborn, "Ist die Geltendmachung von Gewerbeverlusten an die Person des Gewerbetreibenden geknüpft" und im Gegensatz zu ihm Glöggler, "Der gewerbesteuerliche Verlustabzug bei Gesamtrechtsnachfolge", beide in dem im Forkelverlag erschienenen Erläuterungsbuch zur Gewerbesteuer von Hartmann-Kirmse unter II B 22 a und 22 b, sowie Erläuterungsbuch zum GewStG von Blümich-Boyens-Steinbring-Klein, 6. Aufl. S. 198). Unter Würdigung aller Gesichtspunkte tritt der Senat der Rechtsauffassung bei, die in der mit dem Tod des Unternehmers verbundenen Erbfolge einen Unternehmerwechsel im Sinne des § 10 a GewStG 1950 erblickt. Für die Frage der Personengleichheit sind bei dieser Ansicht, die den Gewerbeverlust in gleicher Weise wie den Verlustabzug des Einkommensteuerrechtes an die Person des Unternehmers knüpft, wirtschaftliche Gesichtspunkte und nahe verwandtschaftliche Beziehungen ohne Bedeutung. Daß die Witwe des früheren Einzelunternehmers X im Erhebungszeitraum 1954 an der Bfin. als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt war, ist deshalb unbeachtlich. Es kommt allein darauf an, daß die an der Bfin. beteiligten Personen nicht mehr mit der Person identisch sind, die in den Erhebungszeiträumen 1951 und 1952 den Verlust erlitten hat und durch ihn belastet worden ist. Die Rechtslage ist beim Gewerbeverlust anders als beim Verlustabzug des Einkommensteuerrechtes. Er wird durch die Haushaltsbesteuerung der Ehegatten und die damit verbundene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 17. Januar 1957 - 1 BvL 4/54 -, BStBl I S. 193) nicht berührt (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 30/54 U vom 7. Mai 1954, BStBl 1954 III S. 252, Slg. Bd. 59 S. 113). Ob die an der Bfin. beteiligte Witwe und die Kommanditisten ihre Beteiligungen aus einer vorweggenommenen unentgeltlichen Erbfolge oder aus einer Verfügung von Todes wegen herleiten, ist unerheblich. Die Verneinung der Unternehmergleichheit führt, wenn auch aus anderen als den von den Vorinstanzen angeführten Gründen, zur Versagung der von dem Kaufmann X erlittenen Gewerbeverluste 1951 und 1952 bei der Gewerbeveranlagung der Bfin. für den Erhebungszeitraum 1954.
Fundstellen
Haufe-Index 409143 |
BStBl III 1958, 426 |
BFHE 1959, 400 |
BFHE 67, 400 |