Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG
Leitsatz (NV)
1. Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 EStG vorliegen, sind zur Inanspruchnahme der Grundförderung für zwei Wohnungen berechtigt, jedoch nicht gleichzeitig für zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Wohnungen (§10e Abs. 4 Satz 2 EStG). Nutzen sie zwei räumlich zusammenhängende Wohnungen zu eigenen Wohnzwecken, steht ihnen die Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG nur für eine Wohnung zu. Die zweite Wohnung kann auch nicht insoweit gefördert werden, als der Höchstbetrag nach §10e Abs. 1 EStG für die erste Wohnung nicht ausgeschöpft ist.
2. Baukindergeld gemäß §34 f Abs. 2 i. V. m. §10 e Abs. 1 EStG steht dem Wohnungseigentümer nur zu, wenn das Kind zu Beginn des Abzugszeitraums noch zu dessen Haushalt gehört hat. Ein Kind gehört nicht mehr zum Haushalt der Eltern, wenn es außerhalb des elterlichen Haushalts in einer Wohnung einen selbständigen Haushalt führt. Unerheblich ist, daß sich die Wohnung in einem Zweifamilienhaus befindet, in dem die Eltern die andere Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzen.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1, 4, § 34f Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie errichteten im Streitjahr 1989 ein als Zweifamilienhaus bewertetes Gebäude, das im August 1989 fertiggestellt wurde (Herstellungskosten: 410 771 DM). In die Erdgeschoßwohnung (107,67 qm) zogen die Kläger ein, in die Obergeschoßwohnung (86,92 qm) der 1962 geborene Sohn mit seiner Lebensgefährtin.
Durch notariellen Vertrag vom 13. März 1989 gewährte der Sohn den Klägern ein -- bis zum Tode des Letztlebenden unkünd bares -- unverzinsliches Darlehen von 70 000 DM. Zur Sicherung der Darlehensschuld bestellten die Kläger für ihren Sohn eine Grundschuld über 70 000 DM an dem Zweifamilienhaus. Der Sohn überwies den Klägern einen Betrag von 51 000 DM, den er in Höhe von 50 000 DM im November 1988 von seiner Großmutter erhalten hatte. Die Restsumme des Darlehens von 19 000 DM zahlte er laut einer von der Klägerin ausgestellten Quittung im April 1989 bar.
Durch weiteren notariellen Vertrag vom 13. März 1989 bestellten die Kläger ihrem Sohn ein lebenslanges "Wohnungsrecht, bestehend in der alleinigen Benutzung sämt licher im Obergeschoß ... gelegenen Räumlichkeiten und eines Kellerraumes ... sowie der Mitbenutzung aller dem gemeinschaft lichen Gebrauch dienenden Teile des Hauses". Ferner enthält der Vertrag folgenden Passus:
"Schuldrechtlich wird zwischen den Vertragsschließenden vereinbart, daß das Wohnungsrecht entgeltlich sein soll. Das von Herrn ... (Sohn) an seine Eltern als Gesamthandsgläubiger zu zahlende Entgelt soll monatlich 200 DM betragen, wobei die Zahlung jeweils bis zum 5. Werktag eines jeden Monats fällig ist."
Grundschuld und Wohnungsrecht wurden in das Grundbuch eingetragen.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger für die eigengenutzte Wohnung im Erdgeschoß einen Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes i. d. F. des Streitjahres 1989 (EStG) geltend. Für die Obergeschoßwohnung erklärten sie einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 10 750 DM (anteilige Schuldzinsen von 1 540 DM sowie Absetzung für Abnutzung -- AfA -- nach §7 Abs. 5 EStG von 9 210 DM). Mieteinnahmen setzten sie nicht an.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) gewährte im Einkommensteuerbescheid für 1989 einen Abzugsbetrag in Höhe von 13 528 DM für die Erdgeschoßwohnung, einen Ausbildungsfreibetrag für den Sohn in Höhe von 1 200 DM sowie eine Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG in Höhe von 600 DM. Den für die Obergeschoßwohnung erklärten Verlust aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte das FA nicht. Der Einspruch der Kläger war erfolglos.
Mit der Klage beantragten die Kläger, anteilige Zinsen und AfA für die Obergeschoßwohnung als Werbungskosten abzuziehen, hilfsweise, die Nutzung der Obergeschoßwohnung als zu eigenen Wohnzwecken dienend anzuerkennen und für das Wohnhaus insgesamt einen Abzugsbetrag von 15 000 DM zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) erkannte den geltend gemachten Verlust aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls nicht an, gewährte jedoch den Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG bis zum Höchstbetrag von 15 000 DM sowie einen erhöhten Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2 100 DM wegen auswärtiger Unterbringung.
Es führte u. a. aus: Stellten Eltern ihrem Kind in Erfüllung einer unterhaltsrecht lichen Verpflichtung eine Wohnung außerhalb des Familienhaushalts unentgeltlich zur Verfügung, sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Nutzung der Wohnung durch das Kind den Eltern als eigene zuzurechnen. Zwar hätten die Kläger ihrem Sohn ein dingliches Wohnungsrecht eingeräumt, das schuldrechtlich als entgeltliches Geschäft vereinbart worden sei. Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft sei aber nicht wie vereinbart durchgeführt worden und deshalb steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Da eine schuldrechtliche Verein barung über die Entgeltlichkeit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eine auflösende Bedingung für die Bestellung des Rechts bilde, sei im Streitfall auch das dingliche Wohnungsrecht steuerrechtlich unbeachtlich. Der Sohn habe die Wohnung daher nicht aufgrund eigenen Rechts genutzt.
Aufgrund seiner Berufsausbildung im Streitjahr 1989 sei der Sohn einkommensteuerrechtlich noch als Kind zu berücksichtigen gewesen. Daher stehe den Klägern nach §33a Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG der erhöhte Ausbildungsfreibetrag wegen auswärtiger Unterbringung zu. Ein Kind sei auswärtig untergebracht, wenn es sowohl räumlich als auch hauswirtschaftlich aus dem Haushalt der Eltern ausgegliedert sei. Unerheblich sei, daß sich der Haushalt der Kläger und der Haushalt des Sohnes in demselben Haus befunden hätten.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es trägt vor:
Da der Sohn einen eigenen Haushalt geführt habe, stehe den Klägern die im Einkommensteuerbescheid für 1992 berücksichtigte Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG nicht zu. Sie sei bis zum Steuerbetrag des angefochtenen Einkommensteuerbescheids für 1989 gegenzurechnen.
Zu Unrecht habe das FG für die Wohnung im Obergeschoß Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG gewährt. Zwar werde eine Wohnung auch dann zu eigenen Wohnzwecken des Eigentümers genutzt, wenn er die Wohnung einem Kind in Erfüllung unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen außerhalb des Familienhaushaltes zur alleinigen Nutzung überlasse (BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 X R 94/91, BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544). Der Sohn habe die Obergeschoßwohnung jedoch nicht allein, sondern zusammen mit seiner Lebensgefährtin bewohnt. Außerdem komme Grundförderung für die Obergeschoßwohnung nicht in Betracht, wenn der Sohn die Wohnung aufgrund eines dinglichen Wohnungsrechts genutzt habe. Das FG habe nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen dürfen, daß die steuerrechtliche Anerkennung der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Entgeltlichkeit des Wohnungsrechts auf lösende Bedingung für die Bestellung des dinglichen Wohnungsrechts gewesen sei.
Das FA beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die -- nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretenen -- Kläger haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat aus anderen als den geltend gemachten Gründen Erfolg.
Das finanzgerichtliche Urteil ist aufzuheben, soweit das FG einen weiteren Betrag von 1 472 DM nach §10 e Abs. 1 EStG wie Sonderausgaben abgezogen hat. Der vom FG berücksichtigte erhöhte Ausbildungsfreibetrag für auswärtige Unterbringung ist mit der vom FA zu Unrecht gewährten Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG zu saldieren, so daß die Klage im Ergebnis in vollem Umfang abzuweisen ist.
1. Zu Unrecht hat das FG die vom FA in Höhe von 13 528 DM gewährte Grundförderung nach §10 e Abs. 1 EStG bis zum Höchstbetrag von 15 000 DM zum Abzug zugelassen.
a) Die Grundförderung nach §10e Abs. 1 und 2 EStG ist objektbezogen. Begünstigt ist die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung (§10e Abs. 1 EStG) oder der Ausbau bzw. die Erweiterung an einer Wohnung (§10e Abs. 2 EStG). Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige die Grundförderung nach §10e Abs. 1 und 2 EStG nur für ein Objekt (Wohnung, Ausbau oder Erweiterung) in Anspruch nehmen (§10e Abs. 4 Satz 1 EStG). Ehegatten, bei denen -- wie im Streitfall -- die Voraussetzungen des §26 Abs. 1 EStG vorliegen, sind zwar zur Inanspruchnahme der Grundförderung für zwei Objekte berechtigt, jedoch nicht gleichzeitig für zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Objekte (§10e Abs. 4 Satz 2 EStG). Werden zwei räumlich zusammenhängende Objekte zu eigenen Wohnzweken genutzt, kann die Grundförderung nach §10e EStG jeweils nur für eine Wohnung gewährt werden. Die zweite Wohnung kann auch nicht insoweit gefördert werden, als der Höchstbetrag nach §10e Abs. 1 EStG für die erste Wohnung nicht ausgeschöpft ist. Denn Förderobjekt ist die einzelne Wohnung. Mehrere selbständige Wohnungen können nicht zu einem Förderobjekt zusammengefaßt werden.
b) Für die von den Klägern bewohnte Erdgeschoßwohnung hat das FA einen Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG in Höhe von 13 528 DM gewährt. Als Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag hat es zutreffend die anteiligen, auf die Erdgeschoßwohnung entfallenden Herstellungskosten sowie die anteiligen Anschaffungskosten für den Grund und Boden (zur Hälfte) zugrunde gelegt.
c) Der Höchstabzugsbetrag von 15 000 DM könnte im Streitfall nur gewährt werden, wenn es sich um ein Einfamilienhaus handelte und die Nutzung der Räume im Obergeschoß durch den Sohn trotz seines dinglichen Wohnungsrechts den Klägern entsprechend den Grundsätzen im Senatsurteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544 als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zuzurechnen wäre. Nach den Feststellungen des FG, die dem Einheitswertbescheid entsprechen, haben die Kläger jedoch ein Zweifamilienhaus errichtet, das im Erdgeschoß und im Obergeschoß jeweils eine selbständige Wohnung enthält. Die Wohnung im Obergeschoß könnte daher allenfalls als zweites, selbständiges Objekt der Kläger gefördert werden. Wegen des räumlichen Zusammenhangs beider Wohnungen scheidet eine gleichzeitige Förderung jedoch aus (§10e Abs. 4 Satz 2 EStG).
d) Der Senat braucht daher im Streitfall weder darüber zu entscheiden, ob eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der Eltern auch dann anzunehmen ist, wenn das unterhaltsberechtigte Kind eine Wohnung der Eltern aufgrund eines von ihnen eingeräumten dinglichen Wohnungsrechts unentgeltlich bewohnt, noch darüber, ob die steuerrecht liche Nichtanerkennung der schuldrecht lichen Vereinbarung über das Entgelt auch die Wirksamkeit der Bestellung des ding lichen Wohnungsrechts beeinflußt.
2. Zu Unrecht hat das FG ferner den Klägern die vom FA im angefochtenen Einkommensteuerbescheid gewährte Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG belassen.
Die Steuerermäßigung steht dem Steuerpflichtigen nur für Kinder zu, die zu seinem Haushalt gehören oder in dem für die Steuerbegünstigung maßgebenden Zeitraum gehört haben, wenn die Zugehörigkeit auf Dauer angelegt ist oder war (§34 f Abs. 2 Satz 2 EStG). Der Sohn hat aber im maßgebenden Begünstigungszeitraum für die Erdgeschoßwohnung nicht mehr zum Haushalt der Kläger gehört, sondern in der Obergeschoßwohnung einen eigenen Haushalt geführt (vgl. auch BFH-Urteil vom 11. August 1993 X R 66/91, BFHE 172, 89, BStBl II 1993, 873).
3. Ob den Klägern der vom FG gewährte erhöhte Ausbildungsfreibetrag wegen auswärtiger Unterbringung (§33a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) zusteht, kann der Senat offenlassen; denn die sich dadurch ergebende Steuerminderung wäre mit der zu Unrecht gewährten Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG zu saldieren. Da die Steuerermäßigung nach §34 f Abs. 2 EStG höher ist als die Steuerminderung durch den erhöhten Freibetrag für auswärtige Unterbringung, ist die Klage auch insoweit abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66440 |
BFH/NV 1998, 159 |
HFR 1998, 183 |