Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Zu den Personenkraftfahrzeugen im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 2 BHG 1962 gehören grundsätzlich Kraftfahrzeuge, die objektiv nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, auch bei Privatfahrten Personen zu befördern.
Kombinationskraftwagen fallen in der Regel jedenfalls dann unter die Personenkraftfahrzeuge im Sinn der genannten Bestimmung, wenn sie nach § 10 KraftStG als Personenkraftwagen zu besteuern sind.
Normenkette
BHG § 21 Abs. 2 S. 2, § 19/2
Tatbestand
Der Revisionskläger beantragte die Gewährung der Investitionszulage gemäß § 21 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) in der Fassung vom 26. Juli 1962 - BHG 1962 - (BStBl I 1962, 997) für die Anschaffung eines ausschließlich betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs vom Typ Opel Caravan (Kombilimousine). Der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag ab, weil es sich um ein Personenkraftfahrzeug handele, das nach § 21 Abs. 2 Satz 2 BHG 1962 von der Investitionszulage ausgeschlossen sei. Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht (VG) auf das Urteil VG XIX A 62/63 vom 5. Dezember 1963, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1964 S. 160. Der Kombinationswagen des Klägers sei als PKW anzusehen und die Investitionszulage zutreffend versagt worden. Daß im Streitfall der Kombinationswagen ausschließlich zur Güterbeförderung verwendet werde, ändere nichts; die Ansicht, es seien nur privatgenutzte PKW von der Investitionszulage ausgeschlossen, finde im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. Wohl auch nach der Verkehrsauffassung seien die aus gängigen Personenwagentypen fast ausschließlich durch Karosserieveränderung entwickelten Kombiwagen zur Gruppe der PKW zu rechnen.
Mit der nach § 184 Abs. 2 FGO als Revision zu behandelnden Rb. wird unrichtige Rechtsanwendung gerügt. Der Kombinationswagen sei ein Fahrzeug eigener Art und weder dem PKW noch dem LKW gleichzustellen, was auch in der Rechtsprechung zur Schichtenbuchverordnung und zum Straßenverkehrsrecht anerkannt sei. Hätte er von der Investitionshilfe ausgeschlossen sein sollen, wäre dies im Gesetz eindeutig ausgesprochen worden. Die Verwendbarkeit im privaten Bereich sei kein geeignetes Abgrenzungsmerkmal; auch LKW und Reisebusse könnten privat genutzt werden. Mindestens müßte aber dann auf die tatsächliche Nutzung abgestellt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Nach § 21 Abs. 2 Satz 2 BHG 1962 sind Personenkraftfahrzeuge von der Investitionszulage ausgeschlossen. Der Begriff der Personenkraftfahrzeuge ist im Gesetz nicht näher erläutert. Im Kraftfahrzeugsteuerrecht wird er in einem weiteren Sinn als der Begriff des PKW gebraucht; er umfaßt Personenkraftfahrzeuge aller Art (vgl. Egly, Kommentar zur Kraftfahrzeugsteuer, 2. Auflage, Abschnitte 2, 22 a (1) und 29). Es kommt hiernach darauf an, in welchen Fällen ein Kombinationswagen als Personenkraftfahrzeug im Sinne des § 21 BHG anzusehen ist. Schon der Begriff des Kombinationswagens ist nicht einheitlich. In der Anlage zur Rechtsverordnung PR 77/52 des Bundeswirtschaftsministers über den Einheitstarif für Kraftfahrzeugversicherungen vom 19. Dezember 1952 (Bundesanzeiger - BAnz - Nr. 250 vom 30. Dezember 1952) werden als Kombinationswagen Kraftfahrzeuge bezeichnet, die zur gleichzeitigen oder wahlweisen Beförderung von bis zu acht Personen und von Gütern bis zu 1 t eingerichtet und als solche zugelassen sind. Nach § 23 Abs. 1 der Straßenverkehrs- Zulassungsordnung (StVZO) in der Fassung vom 6. Dezember 1960 (BGBl I 1960, 897) sind im Auftrag auf Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens als Kombinationswagen zu bezeichnen Kraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 t, wenn sie nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt, sind, im Innenraum - mit Ausnahme des für die Mitnahme von Reisegepäck bestimmten Raums - wahlweise oder gleichzeitig der Beförderung von nicht mehr als acht Fahrgästen und von Gütern zu dienen; das nach der Bauart vorgesehene Herausnehmen oder Anbringen von Sitzplätzen und das Vorhandensein fest eingebauter Sitze neben dem Führersitz berührt die Eigenschaft des Fahrzeugs als Kombinationskraftwagen nicht. Im Sinne des § 7 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 - PBefG 1961 - (BGBl I 1961, 241) gelten Kraftfahrzeuge, die zur gleichzeitigen oder wahlweisen Beförderung von Personen und Gütern als Kombinationskraftwagen nach der StVZO zugelassen sind, wenn sie weniger als vier feste Sitzplätze haben und ihr zulässiges Gesamtgewicht 2 t übersteigt, als LKW. Sie dürfen zu einer genehmigungspflichtigen Personenbeförderung grundsätzlich nicht verwendet werden.
Das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) verwendet den Ausdruck Kombinationskraftwagen nicht, hat aber für steuerliche Zwecke den Begriff des PKW bestimmt. Nach § 10 Abs. 2 KraftStG sind für die Steuerberechnung als PKW solche Kraftfahrzeuge anzusehen, die vier oder mehr Räder haben und nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung, jedoch nicht zur Beförderung von mehr als sieben Personen (einschließlich Kraftfahrzeugführer) geeignet und bestimmt sind; dies gilt auch, wenn mit dem PKW Güter befördert werden. Ein Kraftfahrzeug ist nicht als PKW anzusehen, wenn es nach seinem Aufbau dazu eingerichtet und bestimmt ist, wahlweise oder gleichzeitig Güter zu befördern, und wenn die für die Güterbeförderung verwendbare Nutzfläche größer als 2 1/2 qm ist; zur Nutzfläche gehört auch die Fläche, die durch das Herausnehmen von Sitzplätzen geschaffen wird, nicht aber die Fläche, die innerhalb des Wagenaufbaus zur Reisegepäckbeförderung eingerichtet und bestimmt ist.
Danach bestehen, abgesehen vom allgemeinen Merkmal, daß nach Einrichtung und Bestimmung gleichzeitig oder wahlweise im beschränkten Umfang Personen und Güter befördert werden können, erhebliche Abweichungen in der jeweiligen gesetzlichen Abgrenzung des Kombinationskraftwagens gegenüber anderen Kraftfahrzeugen, insbesondere hinsichtlich ihrer Einreihung unter die PKW bzw. die LKW. Hinzu kommt, daß Fahrzeuge dieser Art in vielerlei Typen auf dem Markt erscheinen (vgl. Linderkamp, Deutsche Verkehrsteuer- Rundschau 1961 S. 161). Ein Kombinationskraftwagen kann deshalb immer nur nach Maßgabe der jeweils anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen beurteilt werden, im Streitfall nach Zweck und Systematik des BHG 1962. Daher muß auch die vom Revisionskläger angeführte Rechtsprechung zum Verkehrsrecht und zur Schichtenbuchverordnung wegen der abweichenden Gesetzeszwecke außer Betracht bleiben.
Durch die Investitionszulage soll die Anschaffung oder Herstellung neuer beweglicher Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens gefördert werden (§ 21 BHG 1962). Der Ausschluß der Personenkraftfahrzeuge bezieht sich deshalb unmittelbar auf solche, die zum betrieblichen Anlagevermögen gehören. Andere Personenkraftfahrzeuge sind schon allgemein dadurch ausgeschlossen, daß sie keine Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens darstellen (vgl. das Urteil des BFH I 150/64 vom 21. Juli 1966, BStBl III 1967, 68). Es kommt danach nicht darauf an, ob ein Personenkraftfahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wird. Das findet seine Bestätigung durch die Erweiterung im § 19 Abs. 2 Satz 2 BHG 1964 (BStBl I 1964, 509), wo mit Wirkung vom Kalenderjahr 1964 ab die Investitionszulage ausdrücklich auf Personenkraftfahrzeuge, die im eigenen Gewerbebetrieb ausschließlich der Beförderung von Personen gegen Entgelt dienen, an Selbstfahrer vermietet oder für Fahrschulzwecke verwendet werden, ausgedehnt worden ist. Es handelt sich hier um eine ausdrückliche Ausnahme vom Grundsatz, daß Personenkraftfahrzeuge auch dann von der Investitionszulage ausgeschlossen sind, wenn sie ausschließlich betrieblich genutzt werden.
Da sich die Hilfeleistung in übereinstimmung mit dem Zweck des BHG 1962, die Wirtschaft in Berlin (West) zu fördern, auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens beschränkt, kann der generelle Ausschluß der Personenkraftfahrzeuge vornehmlich nur darin begründet sein, daß sie im allgemeinen nicht ausschließlich betrieblich, sondern auch privat genutzt werden. Der Sinngehalt der gesetzlichen Regelung erfordert, den Begriff Personenkraftfahrzeuge dahin auszulegen, daß unter ihn grundsätzlich Kraftfahrzeuge fallen, die objektiv nach Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, auch bei Privatfahrten Personen zu befördern. Allerdings wird dabei nicht eine mehr theoretische Möglichkeit, wie bei den vom Revisionskläger angeführten Beispielen des LKW und des Reisebusses, entscheidend sein, sondern in nicht zu kleinlicher Betrachtung der Lebenserfahrung Rechnung zu tragen sein. Es kann angenommen werden, daß Kombinationskraftwagen in der Regel jedenfalls dann unter die Personenkraftfahrzeuge im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 2 BHG 1962 fallen, wenn sie nach § 10 KraftStG als PKW zu besteuern sind. Da es sich im Streitfall um einen solchen Kombinationskraftwagen handelt, ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 412255 |
BStBl III 1967, 66 |
BFHE 1967, 198 |
BFHE 87, 198 |