Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschaftsverhältnis als Voraussetzung für die Annahme einer Mitunternehmerschaft
Leitsatz (NV)
1. Eine Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt ein Gesellschaftsverhältnis oder ein damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis voraus; dabei kann es sich auch um eine Innengesellschaft handeln, die nicht nach außen hervortritt und kein Gesamthandsvermögen gebildet hat.
2. Ein Gesellschaftsverhältnis kann nur angenommen werden, wenn sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen und sich verpflichtet haben, die Erreichung dieses Zwecks durch Beiträge zu fördern (§ 705 BGB); als Beiträge zum gemeinsamen Gesellschaftszweck sind auch Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen geeignet.
3. Beschränkt sich der Vertragspartner eines Unternehmensinhabers auf die Erbringung von vereinbarten Leistungen, ohne in weiterer Weise zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks tätig zu werden, so spricht das gegen die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 705
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beigeladene war früher Inhaber eines Einzelunternehmens. Im Dezember 1975 gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau eine GmbH; den hieraus erlangten Stammanteil übertrug er sogleich auf seine Ehefrau. Anschließend verkaufte er sein Unternehmen mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks an die GmbH. Im Gesellschaftsvertrag der GmbH war vorgesehen, daß beim Tod der Ehefrau die Gesellschaft mit dem Beigeladenen fortgesetzt werde, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt nicht Gesellschafter sei; von Erben der Ehefrau sollte er die unentgeltliche Abtretung der Anteile verlangen können. Geschäftsführer der GmbH war der Beigeladene; er erhielt ein Festgehalt von . . . DM monatlich und eine Tantieme von 20 v. H. des Reingewinns.
Mit Vertrag vom 1. Januar 1976 wurde zwischen der GmbH und der Ehefrau des Beigeladenen eine als atypisch stille Gesellschaft bezeichnete Vereinbarung getroffen. Darin ist vorgesehen, daß sich die Ehefrau an der GmbH als stille Gesellschafterin beteiligt. Die Vertragschließenden sollten untereinander eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft bilden, an deren Kapital die GmbH mit 5 000 DM und die Ehefrau mit 50 000 DM beteiligt sein sollten. Gewinn und Verlust sollten im Verhältnis der Kapitalbeteiligungen verteilt werden. Die stille Beteiligung sollte sich auf die Anlagewerte einschließlich der stillen Reserven erstrecken. Ein ausscheidender Gesellschafter sollte nach seinem fortgeführten Kapitalkonto abgefunden werden; ein Firmenwert war dabei nicht zu berücksichtigen (§ 18 des Vertrages).
Ende 1978 übertrug die Ehefrau die Hälfte ihres Stammanteils von 20 000 DM an den Beigeladenen. Ende 1979 übertrug die Ehefrau ihre stille Beteiligung schenkweise zu je 20 000 DM auf ihre Kinder A und B sowie mit 10 000 DM auf ihren Sohn C; dessen Beteiligung wurde auf 20 000 DM aufgestockt und als typisch stille Beteiligung bezeichnet. Die Gesellschaftsverträge zwischen den Kindern und der GmbH wurden aus diesem Anlaß neu gefaßt. Nunmehr war vorgesehen, daß die Beteiligung an der GmbH bestehe. Jeder stillen Gesellschaft wurde 1/3 des Gewinns und Verlustes der GmbH zugewiesen. Innerhalb der stillen Gesellschaft wurden für die GmbH ein Kapitalkonto von 5 000 DM und für den ,,Stillen" ein Kapitalkonto von 20 000 DM eingerichtet; in diesem Verhältnis wurde der auf die stille Gesellschaft entfallende Gewinn und Verlust verteilt. Im Falle der Auseinandersetzung sollte ein Firmenwert nicht berücksichtigt werden; für die atypisch stillen Gesellschafter sollte das Betriebsvermögen mit seinen wahren Werten, für die typisch stillen Gesellschafter mit den Buchwerten angesetzt werden. Für Beschlüsse in Sachen der stillen Gesellschaft sollte die GmbH über vier, der stille Gesellschafter über drei Stimmen verfügen. Seit 1980 ist auch die Ehefrau des Beigeladenen Geschäftsführerin der GmbH.
Der Beigeladene hat sich für einen Bankkredit der GmbH verbürgt und eine Grundschuld für betriebliche Kredite bestellt. In den Streitjahren 1979 und 1980 erhielt er von der GmbH Gehaltszahlungen von jeweils rd. . . . DM, Tantiemen von rd. . . . DM bzw. . . . DM sowie Pachtzahlungen von jeweils rd. . . . DM. Der GmbH verblieb danach noch ein zu verteilender Gewinn von . . . DM bzw. . . . DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah im Streitjahr 1979 neben der GmbH die Ehefrau des Beigeladenen, im Streitjahr 1980 die GmbH und die Kinder des Beigeladenen als Mitunternehmer an und erließ für sie Gewinnfeststellungsbescheide. Nach einer Betriebsprüfung betrachtete das FA auch den Beigeladenen als Mitunternehmer; es änderte deswegen die Gewinnfeststellungen 1979 und 1980 und bezog die Vergütungen des Beigeladenen in die Gewinnfeststellung ein. Nach Erhebung der Klage änderte das FA den Gewinnfeststellungsbescheid und behandelte den Sohn B nicht mehr als Mitunternehmer; die Klägerin machte den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
Gegen das Urteil hat die Klägerin die vom FG zugelassene Revision eingelegt; sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision der Klägerin müssen das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung und die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1979 und 1980 aufgehoben werden.
1. Das FG hat die GbR zu Unrecht als Klägerin im Steuerprozeß angesehen; als Innengesellschaft hätte die GbR - ihre Existenz unterstellt - auch nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311). Klägerin ist demnach ausschließlich die GmbH.
Das FG hätte den Beigeladenen danach nur als Mitunternehmer ansehen können, wenn er ein Gesellschaftsverhältnis mit der Klägerin unterhalten hätte; dies aber ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG zu verneinen.
Mitunternehmer i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist, wer ein Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann. Dies muß durch ein Gesellschaftsverhältnis oder durch ein damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis gewährleistet sein (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 438, BStBl II 1984, 751, 768). Hierbei kann es sich auch um eine Innengesellschaft handeln, die nicht nach außen hervortritt und kein Gesamthandsvermögen gebildet hat.
Das FG hat den Beigeladenen als Mitunternehmer einer GbR betrachtet, an der die Klägerin beteiligt gewesen sei. Eine derartige Gesellschaft hat jedoch nicht bestanden. Im Streitjahr 1979 war die Ehefrau des Beigeladenen als stille Gesellschafterin am Unternehmen der Klägerin beteiligt. Für eine zusätzliche GbR zwischen ihr und der GmbH war daneben kein Platz; die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Einräumung von Kapitalkonten und der Verteilung des Gewinns lassen sich nur auf diese stille Gesellschaft beziehen. Im Streitjahr 1980 bestanden stille Gesellschaften jeweils mit den Kindern des Beigeladenen; in den Gesellschaftsverträgen ist von einer zusätzlich vorhandenen GbR nicht mehr die Rede.
2. Das FG hat ausgeführt, der Beigeladene müsse als Unternehmer angesehen werden, weil er neben den im Dienstvertrag und im Pachtvertrag vereinbarten Leistungen weitere Betriebsgrundlagen zur Verfügung gestellt habe, weil er zumindest in den Streitjahren den erzielten Gewinn abgeschöpft und ein Mitsprache- und Mitwirkungsrecht in Anspruch genommen habe, wie es einem leitenden Angestellten nicht zukomme. Diese Ausführungen ergeben jedoch nicht, daß zwischen dem Beigeladenen und der GmbH ein Gesellschaftsverhältnis bestanden habe. Das FG hätte dies nur annehmen können, wenn der Beigeladene und die GmbH sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen und sich verpflichtet hätten, die Erreichung dieses Zwecks durch ihre Beiträge zu fördern.
Als maßgebendes Gesellschaftsverhältnis kommt auch für den Beigeladenen nur die Eingehung einer stillen Gesellschaft (§ 230 des Handelsgesetzbuches - HGB - n. F., § 335 HGB a. F.) in Betracht. Als Beitrag zum gemeinsamen Gesellschaftszweck wären auch die von ihm erbrachten Dienstleistungen und die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks geeignet; die in Form der Tantieme vereinbarte Ergebnisnisbeteiligung würde auch die für die Annahme einer stillen Gesellschaft unerläßliche Beteiligung am Gewinn des Unternehmens darstellen (§ 231 HGB n. F., § 336 HGB a. F.).
Andererseits läßt sich nicht übersehen, daß es den Beteiligten freisteht, ihre Leistungen auch im Wege von Austauschverträgen zu erbringen. Sind derartige Leistungen vereinbart und beschränken sich die Vertragspartner auf die Erbringung der vereinbarten Leistungen ohne in weiterer Weise zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks tätig zu werden, spricht dies, wie der Senat in seinem Urteil vom 22. Oktober 1987 IV R 17/84 (BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62) näher erläutert hat, gegen die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses. In diesem Zusammenhang ist auch nicht ausschlaggebend, daß der Beigeladene als angestellter Geschäftsführer der Klägerin eine Tantieme erhalten hat; leitenden Angestellten werden auch sonst gewinnabhängige Bezüge eingeräumt, um sie am Unternehmenserfolg zu interessieren. Angesichts dieser Sachlage hat der Senat eine stille Gesellschaft zwischen den Vertragsbeteiligten nur angenommen, wenn der Vertragspartner über die vertraglich geschuldeten Leistungen hinaus weitere Betriebsgrundlagen zur Verfügung gestellt oder für das Unternehmen eingesetzt hat (Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389). In einem solchen Fall stellen sich die vereinbarten Leistungen lediglich als Bestandteil zur Erfüllung einer übergeordneten gemeinsamen Aufgabe dar. Hiervon kann im Streitfall aber nicht die Rede sein.
Als zusätzliche Leistung des Beigeladenen kommt allenfalls die Stellung von Sicherheiten für Kredite der GmbH in Betracht. Sie hat jedoch geringes Gewicht und erwies sich offenbar vor allem wegen der Zurückbehaltung des Betriebsgrundstücks beim Verkauf des Unternehmens an die GmbH als erforderlich. Auch sonst machen Gläubiger die Gewährung von Krediten an eine GmbH häufig von der Stellung von Sicherheiten durch ihre Gesellschafter abhängig, wenn die Gesellschaft nicht über hinreichendes Vermögen verfügt; die Gewährung solcher Sicherheiten allein führt nicht dazu, daß ein zwischen den Gesellschaftern und der GmbH vereinbartes Dienst- oder Pachtverhältnis als Bestandteil einer stillen Gesellschaft mit der GmbH anzusehen ist.
3. Bei der anzustellenden Gesamtwürdigung kann auch der Höhe der Bezüge aus den geschlossenen Verträgen Bedeutung zukommen; lassen sie sich nicht als Gegenleistung für eine übernommene Sachleistung erklären, kann darin ein Anhaltspunkt für ein Gesellschaftsverhältnis liegen. Insoweit bietet der Streitfall aber keine Besonderheiten. Auch nach der Auffassung des FG ist das dem Beigeladenen aus dem Dienstvertrag und dem Pachtverhältnis zustehende Entgelt angemessen. Doch hat das FG darauf abgestellt, daß sich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens im wesentlichen in der Person des Beigeladenen verwirklicht habe und dies für seine Eigenschaft als Mitunternehmer spreche. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Wäre das vereinbarte Entgelt auch für die Leistungen eines Dritten aufzubringen gewesen, hat es keine Bedeutung, daß der GmbH nur noch ein geringer verteilbarer Gewinn verblieb (vgl. Urteil in BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62); Anhaltspunkte für ein Gesellschaftsverhältnis bestehen dann nicht.
Im Streitfall ist es zudem bedeutsam, daß der Klägerin in den Vorjahren 1977 und 1978 noch rund 57 000 DM bzw. 42 000 DM als verteilbarer Gewinn verblieben sind, die Gewinnsituation in den Streitjahren also durch die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung der Klägerin bedingt war. Ebensowenig läßt sich für ein Gesellschaftsverhältnis der vom FG hervorgehobene Umstand anführen, daß der Beigeladene seit 1979 Gesellschafter der Klägerin war und daß der Klägerin in den Gesellschaftsverträgen mit den Kindern des Beigeladenen ein Mehrfachstimmrecht zugebilligt war. Diese Umstände können allenfalls für die Frage Bedeutung haben, ob eine rechtlich vorhandene stille Gesellschaft als typisch oder atypisch im steuerrechtlichen Sinne anzusehen ist; sie besagen jedoch nichts für die Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses.
Der Senat hat nach Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit entschieden, da die Aussonderung die Vergütung des Beigeladenen aus dem Gewinn der Mitunternehmerschaft auch eine Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung erforderlich macht. Ob die Kinder des Beigeladenen zu Recht als Mitunternehmer angesehen worden sind, obwohl sie bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft nicht am Geschäftswert des Unternehmens beteiligt sein sollen (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 1981 IV R 61/78, BFHE 134, 261, BStBl II 1982, 59) und ob die in den Gesellschaftsverträgen vorgesehene Gewinnverteilung eine verdeckte Gewinnausschüttung zu Lasten der Klägerin beinhaltet, kann nicht beurteilt werden, da dies nicht Gegenstand des Klageverfahrens war.
Fundstellen
Haufe-Index 417312 |
BFH/NV 1991, 661 |