Leitsatz (amtlich)

Ein steuerbarer Leistungsaustausch liegt vor, wenn der Inhaber von Patenten der Gesellschaft, der er als Gesellschafter angehört, seine Patente gegen eine Lizenzgebühr in Höhe eines Hundertsatzes des Betrages der Ausgangsrechnungen der Gesellschaft zur Nutzung überläßt.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1; UStDB 1951 § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) war bis Mitte 1960 Alleininhaber einer Maschinenfabrik. Im Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1960 brachte er die von ihm betriebene Einzelfirma als Komplementär in eine mit seiner Ehefrau als Kommanditistin gebildete KG ein. Durch Gesellschafterbeschluß vom 15. August 1960 wurde eine handelsrechtlich eingetragene GmbH, an der nur der Steuerpflichtige und seine Ehefrau beteiligt waren, als persönlich haftende Gesellschafterin in die KG aufgenommen, wobei die Komplementärbeteiligung des Steuerpflichtigen in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt wurde (GmbH & Co. KG). In einem Zusatzvertrag vom 1. Juli 1961 vereinbarten die Gesellschafter der KG über die Gewinnverteilung folgendes: "Als Gewinnvoraus erhalten die Gesellschafter ihren gemäß § 121 HGB berichtigten Kapitalanteil vorab mit 8 v. H. verzinst mit der Maßgabe, daß bei nicht ausreichendem Gewinn die Verzinsung anteilig zu kürzen ist. Ebenso werden die Darlehen der Kommanditisten verzinst. Der dann noch vorhandene Gewinn wird im Verhältnis der Kapitalanteile aufgeteilt, und zwar sind maßgeblich die Kapitalkonten der jeweils letzten Jahresschlußbilanz."

Der Steuerpflichtige ist Inhaber mehrerer Patente, die er bis Mitte 1960 im Rahmen seiner Einzelfirma verwertet hatte. Am 7. Dezember 1961 schloß der Steuerpflichtige mit der GmbH & Co. KG einen Vertrag, durch den er dieser "die ausschließliche Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von ...anlagen mit Zubehörteilen unter Benutzung sämtlicher Vertragsschutzrechte" erteilte. Als "Gegenleistung" für die Nutzungsrechte hatte die GmbH & Co. KG dem Steuerpflichtigen eine "Entschädigung" von 3 v. H. des Rechnungsbetrages beim Verkauf von Neuanlagen und von 2 v. H. des Rechnungsbetrages bei Ersatzteillieferungen (jeweils abzüglich der Montagekosten) zu zahlen. Von den Lizenzgebühren abgesehen hat der Steuerpflichtige Entgelte für Lieferungen oder sonstige Leistungen im Jahre 1962 nicht vereinnahmt.

Streitig ist, ob die vom Steuerpflichtigen im Jahre 1962 vereinnahmten Lizenzgebühren der Umsatzsteuer unterliegen.

FA und FG haben die Umsatzsteuerpflicht mit der Begründung bejaht, die Lizenzgebühren seien steuerpflichtige Sonderentgelte für Leistungen des Steuerpflichtigen an die GmbH & Co. KG. In der Vorentscheidung wird u. a. ausgeführt, der Steuerpflichtige verkenne das Wesen des nichtsteuerbaren Gesellschafterbeitrages, wenn er es für ausreichend halte, daß die Leistung des Gesellschafters dem Gesellschaftszweck diene und in Zusammenhang mit seinen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen stehe. Echte, nichtsteuerbare Gesellschafterbeiträge seien nur solche Leistungen, die durch die vertraglich vorgesehene Beteiligung an Gewinn und Verlust abgegolten würden. Denn nur in diesem Falle fehle es an einer konkreten Gegenleistung der Gesellschaft und damit an einem steuerbaren Leistungsaustausch. Würden dagegen die Leistungen eines Gesellschafters durch Sonderentgelte abgegolten, so seien sie nicht - wie die echten Gesellschafterbeiträge - auf Leistungsvereinigung, sondern auf Leistungsaustausch gerichtet. Da die Lizenzgebühren dem Vertrag vom 7. Dezember 1961 gemäß auf die Höhe der Ausgangsrechnungen, mithin auf eine gewinnunabhängige Größe, bezogen gewesen seien und für die GmbH & Co. KG einen den Gewinn mindernden Unkostenfaktor dargestellt hätten, habe zwischen dem Steuerpflichtigen und der GmbH & Co. KG ein Leistungsaustausch stattgefunden. Beim Abschluß des Lizenzvertrages hätten sich der Steuerpflichtige und die GmbH & Co. KG insoweit als Unternehmer gegenübergestanden; der Steuerpflichtige hätte den Vertrag ebensogut mit einem fremden Unternehmer abschließen können.

Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO), rügt der Steuerpflichtige die Verletzung von Bundesrecht. Schon die Einzelfirma habe die Patente ausgenutzt und sie in ihren Handels- und Steuerbilanzen ausgewiesen. Diese Einzelfirma, zu deren Betriebsvermögen auch die Patente gehört hätten, habe er, der Steuerpflichtige, laut Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 1960 als Gesellschaftseinlage in die mit seiner Ehefrau gegründete KG eingebracht. Entgegen den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages habe sich an der Beurteilung der Nutzungsüberlassung als gesellschaftliche Leistung nichts Grundlegendes ändern können. Nicht jede Vorwegvergütung für die Überlassung von Wirtschaftsgütern seitens eines Gesellschafters an die Gesellschaft führe - wie sich aus dem Urteil des BFH V 156/59 U vom 30. November 1961 (BFH 74, 194, BStBl III 1962, 73) ergebe - zu einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch. Der gemeinsame Zweck der KG habe erst durch die Einbringung der Nutzungsrechte erreicht werden können.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des Steuerpflichtigen hat keinen Erfolg.

Die Ausführungen des FG zur Frage des Leistungsaustausches zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft, der er angehört, sind nicht zu beanstanden. Die Nutzung und Bilanzierung der Patente durch die frühere Einzelfirma ist für die Entscheidung im Streitfalle ohne Bedeutung. Selbst wenn man aus der Bestimmung des § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 30. Juni 1960, daß der Steuerpflichtige die Einzelfirma als seinen "Kapitalanteil" in die Gesellschaft einbringe, auf eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Übertragung der Lizenz schließen wollte, könnte hieraus für die Auffassung des Steuerpflichtigen, die Lizenzübertragung sei als nichtsteuerbarer Gesellschafterbeitrag anzusehen, nichts hergeleitet werden. Denn Leistungen eines Gesellschafters, denen konkrete Gegenleistungen der Gesellschaft gegenüberstehen, sind - wie in der Vorentscheidung zutreffend ausgeführt wird - grundsätzlich auch dann umsatzsteuerbar, wenn sie den Gesellschaftszweck fördern und der Gesellschafter durch sie seine Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag erfüllt.

Es kommt im Umsatzsteuerrecht in erster Linie nicht darauf an, welche Verpflichtungen Vertragspartner in früheren Jahren übernommen haben, sondern darauf, welche Rechtsverhältnisse im Veranlagungszeitraum, auf den sich der Rechtsstreit bezieht (hier 1962), auf Grund des Sachverhalts bestanden. Der Steuerpflichtige war, wie im Vertrage vom 7. Dezember 1961 ausdrücklich klargestellt wird, trotz des Einbringens seiner Einzelhandelsfirma in die mit seiner Ehefrau gebildete KG (vgl. Vertrag vom 30. Juni 1960) Inhaber der Patente geblieben. Wären die Patente auf die GmbH & Co. KG übergegangen, hätte es des Lizenzvertrages vom 7. Dezember 1961 gar nicht bedurft. Nach dem Lizenzvertrag erhielt der Steuerpflichtige "als Gegenleistung für die Überlassung der ausschließlichen Lizenz" eine Vergütung, die in bestimmten Hundertsätzen (3 bzw. 2 v. H.) des "Brutto-Rechnungsbetrages" (abzüglich der Montagekosten) bemessen war. Die Lizenzgebühren stellten, da sie an den Steuerpflichtigen unabhängig davon zu zahlen waren, ob die Gesellschaft mit Gewinn oder Verlust abschloß, Unkosten dar, die den Gewinn der Gesellschaft minderten. Die Lizenzgebühren waren "Vorwegvergütungen" für die in dem Dulden der Patentausnutzung bestehenden Leistungen des Steuerpflichtigen. Es standen sich mithin Leistung und Gegenleistung in ursächlichem Zusammenhang gegenüber.

Wenn der Steuerpflichtige meint, nicht jede Vorwegvergütung der Gesellschaft an einen Gesellschafter führe zu einem steuerbaren Leistungsaustausch und sich hierbei auf das Urteil des Senats V 156/59 U vom 30. November 1961 (a. a. O.) beruft, so übersieht er, daß in jenem Fallen an den Gesellschafter nicht eine "Vorwegvergütung", sondern ein "Vorweggewinn" ("Gewinnvoraus") gezahlt worden war; denn die Gesellschafter erhielten die vereinbarten Beträge für ihre Gesellschafterleistungen nur, soweit Gewinne vorhanden waren. Der "Gewinnvoraus" ist ein vorweggenommener Teil des Gewinns, die "Vorwegvergütung" ein Teil der Unkosten der Gesellschaft. Der Streitfall ist mit dem Fall des BFH-Urteils V 200/65 vom 18. Juli 1968 (BFH 93, 98, BStBl II 1968, 702) vergleichbar, in dem der Senat wegen Überlassung von Wirtschaftsgütern seitens eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen eine Beteiligung des Gesellschafters am Umsatz der Gesellschaft ebenfalls einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch angenommen hatte.

Da die Vorinstanzen den Steuerpflichtigen mit den streitigen Lizenzgebühren zu Recht zur Umsatzsteuer herangezogen haben, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1970, 233

BFHE 1970, 569

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