Leitsatz (amtlich)
Das Halten eines sog. Abgleitkippers, der von einem privaten Müllabfuhrunternehmer zur Abfuhr von Gewerbe- und Industriemüll in absetzbaren Müllbehältern verwendet wird, ist nicht gemäß § 2 Nr. 3a KraftStG von der Kraftfahrzeugsteuer befreit.
Normenkette
KraftStG 1972 § 2 Nr. 3a
Tatbestand
Der Kläger, ein Müllabfuhrunternehmer, verwendet zur Abfuhr von Gewerbe- und Industriemüll einen für ihn zugelassenen sog. Abgleitkipper (vom Kläger auch als "LKW mit Wechselbehälter" oder als "Container-Lift-System" bezeichnet). Das Fahrzeug kann Gleitbehälter mit einem Inhalt von 10 bis 40 cbm und einer Nutzlast von 10t aufnehmen, transportieren und absetzen. Es hat mehr als zwei Achsen und ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 22 000 kg. Der Kläger ist der Ansicht, das Halten dieses Fahrzeugs sei gemäß § 2 Nr. 3a Satz 3 KraftStG von der Steuer befreit, denn er verwende das Fahrzeug ausschließlich zur Müllabfuhr. Das FA teilte diese Ansicht nicht und setzte durch Bescheid vom 2. Februar 1973 die Kraftfahrzeugsteuer auf 1578,70 DM (bei vierteljährlicher Entrichtung) fest.
Die Klage wies das FG ab. Das Halten des Fahrzeugs sei nicht gemäß § 2 Nr. 3a KraftStG steuerfrei, weil das Fahrzeug nach seiner Bauart und den besonderen mit ihm fest verbundenen Einrichtungen nicht nur für die Müllabfuhr geeignet und bestimmt sei. In dem offenen Behälter des "Abgleitkippers" könnten nicht nur Müll, sondern auch andere Güter, z. B. Sand, Kies, Steine, Kohle, Strohballen, Torf, geschnittenes Holz und dgl. befördert werden. Falls - wie der Kläger behaupte - ein FA in "vergleichbaren Fällen die Steuerbefreiung ausgesprochen" habe, sei das gesetzwidrig. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe es nicht.
Der Kläger rügt mit der Revision die unrichtige Anwendung des § 2 Nr. 3a KraftStG. Diese Vorschrift sei "im Sinne einer modernen technisierten Müllabfuhr" und unter Berücksichtigung des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (BGBl I, 873) so auszulegen, daß auch "die für die moderne Müllbeseitigung neuerdings angebotenen technisch anders konzipierten Kraftfahrzeuge" begünstigt seien. Die Verwendung des Abgleitkippers ermögliche es, die auswechselbaren Müllbehälterzeit- und kostensparend zu verwenden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Halten des Abgleitkippers sei nicht steuerfrei, weil - wie die Verkehrsteuerreferenten des Bundes und der Länder in ihrer Besprechung vom 19. bis 21. September 1972 festgestellt hätten (Verfügung der Oberfinanzdirektion Stuttgart vom 7. März 1973 S 6220 A - 13 - St 23, Finanz-Rundschau 1973 S. 290) - bei abnehmbaren Müllcontainern eine feste Verbindung mit dem Fahrzeug fehle. Im übrigen könne in den abnehmbaren Behältern nicht nur Müll befördert werden. Der Rationalisierungseffekt bei Containern treffe auf alle Verladungs- und Transportmöglichkeiten gleichmäßig zu und sei keine Besonderheit der Müllbeseitigung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß das Halten des Abgleitkippers der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 5 KraftStG) und hat ohne Rechtsirrtum die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 2 Nr. 3a Satz 3 KraftStG nicht für gegeben erachtet. Nach dieser Vorschrift ist von der Steuer u. a. befreit das Halten von Fahrzeugen, die zur Müllabfuhr verwendet werden, vorausgesetzt, daß sie nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit ihnen fest verbundenen Einrichtungen nur für Müllabfuhr geeignet und bestimmt sind. Diese Voraussetzungen erfüllt der vom Kläger gehaltene Abgleitkipper schon deshalb nicht, weil die Gleitbehälter (Container) nicht mit dem Fahrzeug fest verbunden, sondern auswechselbar sind. Es kann infolgedessen dahingestellt bleiben, ob der Abgleitkipper "nur" für die Müllabfuhr geeignet ist und ob die Begriffe "Müllabfuhr" (§ 2 Nr. 3a KraftStG) und "Abfallbeseitigung" (§ 1 Abs. 2 des Abfallbeseitigungsgesetzes) inhaltsgleich sind.
Eine Erweiterung der Befreiungsvorschrift in dem vom Kläger erstrebten Umfang wäre nicht mehr Gesetzesauslegung, sondern Gesetzesänderung. Hierfür sind die Finanzverwaltungsbehörden und die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit nicht zuständig (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 71176 |
BStBl II 1975, 96 |
BFHE 1975, 484 |