Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern Sonstiges Zollrecht
Leitsatz (amtlich)
Montanwachs und Montanwachsbitumen sind nicht mineralölsteuerbar.
Normenkette
MinöStG § 1/1, § 1 Abs. 2 Ziff. 6, § 2/1/6, § 11a; MinöStDV § 3 Nr. 13; ZG § 49/3, § 108/2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat in der Zeit vom 15. bis 30. Juni 1952 Rohmontanwachs zum Verbrauch innerhalb ihres Herstellungsbetriebes entnommen. Die Vorinstanzen haben von der Bfin. für dieses Montanwachs auf Grund von § 1 Abs. 2 Ziff. 6 und § 2 Abs. 1 Ziff. 6 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) in der Fassung des Gesetzes zur änderung des Mineralölsteuergesetzes vom 19. Januar 1951 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1951 I S. 73, Bundeszollblatt - BZBl - 1951 S. 29) in Verbindung mit § 3 Nr. 13 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) in der Fassung der am 15. Juni 1952 in Kraft getretenen Sechsten Verordnung zur änderung der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes vom 6. Juni 1952 (BGBl 1952 I S. 326; BZBl 1952 S. 296) ..... DM Mineralölsteuer verlangt.
Die Bfin. bestreitet die Rechtmäßigkeit dieser Forderung. Sie hat bereits in ihrer sehr eingehenden Anfechtungsbegründung vom 4. Mai 1953 eingewendet, die Bundesregierung sei nach § 11 Buchstabe a MinöStG vom 19. Januar 1951 nur berechtigt, die Begriffsbestimmungen für die in § 1 Abs. 2 des Gesetzes als Mineralöl aufgeführten Waren genau festzulegen, nicht aber den Kreis dieser mineralölsteuerbaren Waren zu erweitern. Die auf Grund des § 11 MinöStG vom 19. Januar 1951 ergangene Sechste Verordnung zur änderung der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes vom 6. Juni 1952 habe dies hinsichtlich der Waren Montanwachs und Montanwachsbitumen getan und sei deshalb insoweit rechtsunwirksam. Sie hat sich auch auf das vor Erlaß der Sechsten Verordnung ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs V z 123/51 U vom 3. April 1952 (Slg. Bd. 56 S. 459, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 177) berufen, nach dem Montanwachs und Montanwachsbitumen nicht mineralölsteuerbar sind.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wiederholt die Bfin. im wesentlichen ihr früheres Vorbringen. Sie betont erneut, die Sechste Durchführungsverordnung habe das bestehende Mineralölsteuerrecht durch die Zuweisung von Montanwachsbitumen und Montanwachs geändert.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Er bestreitet, daß die Sechste Durchführungsverordnung eine änderung des materiellen Steuerrechts darstelle. Es sei "durch diese Verordnung vielmehr nur der Zustand herbeigeführt worden, der auf Grund des Gesetzes allein - also ohne die ebenfalls auf § 11 MinöStG beruhende Vierte Mineralölsteuer- Durchführungsverordnung - bestanden hätte".
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat aus folgenden Gründen Erfolg:
Nach § 1 Abs. 2 Ziff. 6 MinöStG in der Fassung des änderungsgesetzes vom 19. Januar 1951 sind steuerbare Mineralöle außer Paraffin, Weichparaffin und Vaselin die "Waren der Nr. 241 und 249 des Zolltarifs von 1902". Der Zolltarif von 1902 führt unter Nr. 241 nur auf "Erdwachs (Ozokerit), roh, auch umgeschmolzen" und unter 249 nur: "Erdwachs (Ozokerit), gereinigt, und Zeresin (aus Erdwachs hergestellt, auch mit Paraffin versetzt), in Blöcken, Täfelchen oder Kugeln oder in Fässer eingeschmolzen; Wachsstümpfe von gereinigtem Erdwachs und von Zeresin." Diese Fassung der beiden Tarifnummern besteht seit dem Inkrafttreten des Zolltarifs von 1902 am 1. März 1906, bei der Tarifnr. 249 bis auf die hier bedeutungslose spätere Einschaltung "oder in Fässer eingeschmolzen". Montanwachs ist weder roh (Montanwachsbitumen) in Tarifnr. 241, noch gereinigt (= Montanwachs schlechthin) in Tarifnr. 249 genannt. Montanwachs (roh oder gereinigt) ist auch von wesentlich anderer Beschaffenheit als Ozokerit und Zeresin, das durch Raffination aus Ozokerit gewonnen wird. Beide sind nämlich Kohlenwasserstoffe, die aus dem Zerfall der Fettsubstanz prähistorischer Meerestiere entstanden sind. Montanwachs dagegen ist die unveränderte Wachssubstanz teritärer, fossiler Pflanzen, gewonnen aus den durch Verwesung tropischer Landpflanzen entstandenen Braunkohlen (vgl. die Ausführungen des Urteils des Bundesfinanzhofs V z 123/51 U vom 3. April 1952, Slg. Bd. 56 S. 349, BStBl 1952 III S. 177, und das dort angegebene Schrifttum). Damit ist der Kreis der nach § 1 Abs. 2 Ziff. 6 des Gesetzes steuerbaren Waren bzw. Warengruppen der Tarifnrn. 241 und 249 mit Ozokerit, Zeresin und Mischungen beider abgegrenzt. Entsprechend dieser Abgrenzung hat § 3 Nr. 13 MinöStDV in der Fassung der Vierten änderungsverordnung vom 16. Februar 1951 (BGBl I S. 115, BZBl 1951 S. 49) bestimmt: "Warum der in § 1 Abs. 2 Ziff. 6 des Gesetzes bezeichneten Art sind: Ozokerit, Zeresin, Hartparaffin, Weichparaffin, Paraffingatsch, Petrolatum und Vaselin, auch in Mischungen miteinander." Diese Vorschrift hat also mit Ozokerit und Zeresin die sämtlichen Waren der Tarifnrn. 241 und 249 genannt, d. h. das rohe, auch umgeschmolzene Ozokerit der Tarifnr. 241, das gereinigte der Tarifnr. 249 sowie das Zeresin der gleichen Tarifnummer und die Mischung der Waren der Ziff. 13 miteinander. Montanwachsbitumen und Montanwachs sind nicht genannt.
§ 3 MinöStDV ist durch Art. 1 Ziff. 3 der Vierten Verordnung zur änderung der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes vom 16. Februar 1951 von der Bundesregierung auf Grund von § 11 MinöStG neu gefaßt worden (vgl. Einleitung der Verordnung Abs. 1). Durch § 11 a) dieses Gesetzes ist die Bundesregierung ermächtigt worden, die Begriffe des § 1 Abs. 2 zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes durch Rechtsverordnung im einzelnen zu umschreiben. Es ist unbestritten, daß dadurch die Bundesregierung nicht ermächtigt ist, die Vorschriften des § 1 Abs. 2 a. a. O., also den Kreis der steuerbaren Gegenstände, zu ändern oder zu ergänzen. Auch der Bundesminister der Finanzen betont ausdrücklich, daß eine solche Befugnis aus § 11 a nicht hergeleitet werden könne. Eine so weitgehende Ermächtigung würde auch, worauf die Bfin. zutreffend hinweist, nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) unzulässig sein (vgl. von Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz 1953, Anm. 2 zu Art. 80 GG S. 432). Der Bundesminister der Finanzen ist aber im Gegensatz zur Bfin. der Auffassung, daß die Sechste änderungsverordnung vom 6. Juni 1952 (BGBl I S. 326, BZBl 1952 S. 296) sich auch insoweit im Rahmen des Gesetzes hält, als sie Montanwachs und Montanwachsbitumen als steuerbare Mineralöle aufführt. Der Senat kann sich dieser Auffassung aus nachstehenden Gründen nicht anschließen.
Nach der materiell-rechtlichen Vorschrift des § 49 Abs. 3 in Verbindung mit § 108 Abs. 2 des Zollgesetzes (ZG) vom 20. März 1939 dient zur Auslegung des Zolltarifs 1902 das Warenverzeichnis zum Zolltarif. Es trifft auch zu, daß die im Zolltarif von 1902 in den Tarifnrn. 241 und 249 nicht aufgeführten Waren Montanwachsbitumen (Rohmontanwachs) und Montanwachs durch das Warenverzeichnis diesen Tarifnrn. zugewiesen sind, nämlich Montanwachsbitumen der Tarifnr. 241 und Montanwachs der Tarifnr. 249. Es fehlt aber in dem MinöStG vom 19. Januar 1951, das ein Verbrauchsteuergesetz ist (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes), eine Vorschrift, die bestimmt, daß auch diejenigen Waren mineralölsteuerbar sind, die im Wege der Tarifierung über das Warenverzeichnis den in § 1 Abs. 2 Ziff. 6 MinöStG genannten Waren der Nummern 241 und 249 des Zolltarifs (1902) zuzuweisen sind. Infolgedessen gehören nach § 1 Abs. 2 Ziff. 6 des Gesetzes zu den dort aufgeführten Waren der Nrn. 241 und 249 des Zolltarifs von 1902 nur die in diesem Zolltarif selbst genannten Waren, die auch in der Vierten änderungsverordnung zutreffend näher bezeichnet sind. Die Sechste änderungsverordnung, nach der auch die im Zolltarif selbst nicht genannten Montanwachs und Montanwachsbitumen mineralölsteuerbar sind, erweitert damit den Kreis der steuerbaren Gegenstände des Gesetzes, ergänzt insoweit das Gesetz und ist infolgedessen unwirksam, weil das Gesetz dazu die Bundesregierung nicht ermächtigt hat. Es ist also durch die Sechste änderungsverordnung nicht nur der Zustand herbeigeführt worden, der auf Grund des Gesetzes allein - also ohne die ebenfalls auf § 11 beruhende Vierte änderungsverordnung - bestanden hätte. Denn Montanwachs und Montanwachsbitumen sind durch das MinöStG nicht der Mineralölsteuer unterworfen.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren infolgedessen aufzuheben und die Bfin. von den von ihr geforderten Abgaben freizustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 408622 |
BStBl III 1957, 59 |
BFHE 64, 155 |