Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ermittlung der Unangemessenheit von Aufwendungen i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG
Leitsatz (NV)
1. Für die Höhe eines angemessenen Aufwandes gibt es keine festen Grenzen (Anschluß an BFH-Urteile vom 8. 10. 1987 IV R 5/85, BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853, und vom 26. 1. 1988 VIII R 139/86, BFHE 153, 4, BStBl II 1988, 629).
2. Zur Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen ist darauf abzustellen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.
3. Es steht mit dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht in Einklang, nur ausgehend von der Höhe des Umsatzes und des Gewinns auf die Angemessenheit von Aufwendungen zu schließen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 7; BerlinFG § 14
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin betrieb ein Baugeschäft. Im Jahre 1980 kaufte sie einen Mercedes- Benz 500 SEL zum Preis von knapp 80 000 DM, den sie ihrem im Betrieb angestellten Sohn sowohl zur betrieblichen als auch zur privaten Nutzung überließ. Der betriebliche Aufgabenbereich des Sohnes umfaßte hauptsächlich die Beschaffung von Aufträgen und die Durchführung und Überwachung von Bauvorhaben.
Das FA anerkannte nur 50 000 DM als angemessene Anschaffungskosten der Klägerin i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG. Die Klage hatte Erfolg. Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG können bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern, die zum Anlagevermögen einer in Berlin (West) belegenen Betriebsstätte gehören und bei denen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 BerlinFG vorliegen, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren an Stelle der nach § 7 EStG zu bemessenden Absetzung für Abnutzung (AfA) erhöhte Absetzungen bis zur Höhe von insgesamt 75 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht in einer den erkennenden Senat bindenden Weise festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die Klägerin im Streitjahr 1980 einen Mercedes anschaffte. Hierbei handelt es sich um ein abnutzbares Wirtschaftsgut. Die Klägerin verwendete den Mercedes überwiegend für Zwecke ihres in Berlin belegenen Betriebes. Damit wurde der Mercedes Betriebsvermögen des in Berlin (West) belegenen Betriebes. Das FG hat allerdings nicht festgestellt, daß der Mercedes mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung in einer in Berlin (West) belegenen Betriebsstätte der Klägerin verblieb. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 19. November 1984 ist neues tatsächliches Vorbringen, das der erkennende Senat als Revisionsgericht nicht mehr berücksichtigen darf. Damit können die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 BerlinFG für den Streitfall revisionsrechtlich nicht abschließend beurteilt werden. Dieser Mangel zwingt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. November 1971 VIII R 37/68, BFHE 104, 277, BStBl II 1972, 349, und vom 19. Juni 1979 VIII R 69/77, BFHE 128, 319, BStBl II 1980, 17, Nr. 2 der Gründe). Es ist allein Sache des FG, die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zu treffen.
2. Aus Gründen der Prozeßökonomie weist der erkennende Senat für den zweiten Rechtszug auf folgendes hin:
a) Das FG hat zutreffend § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG auch im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG angewendet. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG treten die erhöhten Absetzungen an die Stelle der nach § 7 EStG zu bemessenden AfA. Dabei geht die Vorschrift davon aus, daß sowohl der AfA nach § 7 EStG als auch den erhöhten Absetzungen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG dieselben Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage dienen. § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG will nur ein zeitliches Vorziehen der an sich nach § 7 EStG möglichen Absetzungen bewirken. Da aber § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG grundsätzlich den Abzug von AfA gemäß § 7 EStG einschränkt (vgl. BFH- Urteile vom 20. August 1986 I R 29/85, BFHE 147, 525, BStBl II 1987, 108, und I R 80/83, BFH/NV 1987, 91, BStBl II 1986, 904), muß das Abzugsverbot auch beim Ansatz der erhöhten Absetzungen i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG beachtet werden. Bei der Beschränkung der Angemessenheitsprüfung auf den AfA- Betrag muß jedoch die vom Gesetz gewollte Begünstigung berücksichtigt werden.
b) Das FG ist ferner von der zutreffenden Auffassung ausgegangen, daß es für die Höhe des angemessenen Aufwandes keine festen Grenzen gibt (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1987 IV R 5/85, BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853; vom 13. November 1987 III R 227/83, BFH/NV 1988, 356; vom 26. Januar 1988 VIII R 139/86, BFHE 153, 4, BStBl II 1988, 629). Entgegen der Auffassung des FA kann auch nicht allein aus der Anschaffung eines Fahrzeuges der Spitzenklasse, dessen Anschaffungskosten erheblich über dem Durchschnitt liegen, auf ein persönliches Luxus- oder Repräsentationsbedürfnis des Steuerpflichtigen geschlossen werden. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Neben der Höhe des Umsatzes und des Gewinns kommt es vor allem auf die Bedeutung der Repräsentation gerade durch das angeschaffte Wirtschaftsgut für den Geschäftserfolg an. Andererseits ist auch der Grad der Berührung der privaten Lebensführung zu beachten, der allerdings dadurch gemindert sein kann, daß bei einer tatsächlichen Veräußerung des Wirtschaftsguts ein erheblicher Gewinn zu erwarten und dieser in voller Höhe steuerpflichtig sein wird. Das FG hat jedoch zu der Bedeutung der Repräsentation gerade mit einem Mercedes 500 SEL für den Geschäftserfolg der Klägerin keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es hat letztlich aus der Höhe des Umsatzes und des Gewinns auf die Angemessenheit der erhöhten Absetzungen geschlossen. Dieses Vorgehen steht mit dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht in Einklang. Aufwendungen können auch bei hohen Umsätzen und Gewinnen unangemessen i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 sein. Die Anwendung der Vorschrift kommt deshalb insbesondere in Betracht, wenn die Aufwendungen für den Geschäftserfolg von geringer Bedeutung gewesen sein sollten oder wenn die Anschaffung des teureren Wirtschaftsgutes weniger auf Repräsentations- als auf in der persönlichen Lebensführung liegenden Gründen beruhen sollte.
Fundstellen
Haufe-Index 416125 |
BFH/NV 1989, 362 |