Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiungserfordernisse einer Unterstützungskasse
Leitsatz (NV)
- Eine Unterstützungskasse in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins genügt auch bereits im Stadium vor Eintragung in das Vereinsregister den Erfordernissen der Rechtsfähigkeit i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG.
- Erbringt die Kasse ihre Leistungen kraft ausdrücklicher Satzungsregelung freiwillig, gewährt sie den Leistungsempfängern i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG keinen Rechtsanspruch. Dass die erbrachten Leistungen schuldbefreiend auf Leistungen angerechnet werden, die das Trägerunternehmen als Arbeitgeber den Begünstigten unmittelbar zugesagt hat, steht dem nicht entgegen.
- Sichert die Kasse ihren sozialen Charakter durch eine Satzung oder einen Leistungsplan, stellt ihr Betrieb nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG dar (Bestätigung des Senatsurteils vom 18. Juli 1990 I R 22-23/87, BFHE 161, 379, BStBl II 1990, 1088).
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 5-6
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 2000, 805) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist eine Unterstützungskasse in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Dieser wurde durch Satzung vom 6. November 1987 errichtet und am 18. Februar 1988 in das Vereinsregister eingetragen. Gemäß § 2 seiner Satzung ist sein ausschließlicher und unabänderlicher Zweck die freiwillige, einmalige, wiederkehrende oder laufende Unterstützung von Betriebsangehörigen oder ehemaligen Betriebsangehörigen der S bei Erwerbsunfähigkeit und im Alter nach Maßgabe der Satzung und der Leistungsrichtlinien. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist ausgeschlossen. Gemäß § 12 der Satzung haben die Leistungsempfänger keinen Rechtsanspruch auf die Kassenleistungen. Ein Rechtsanspruch kann auch durch wiederholte oder regelmäßige Zahlungen weder gegen diesen noch gegen die S begründet werden.
Nach der Betriebsvereinbarung vom 5. November 1987 und dem Leistungsplan des Klägers vom 6. November 1987 gehören zu den Kassenbegünstigten ―unter weiteren, näher bestimmten Voraussetzungen― jene Mitarbeiter der S, die bei In-Kraft-Treten des Leistungsplans ―am 1. November 1987― in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis zu dieser standen oder ein solches Verhältnis begründet und die von der S eine unmittelbare Versorgungszusage erhalten haben. Am 17. November 1987 beschloss der Vorstand des Klägers, vom 1. November 1987 an die bis dahin von der an S aufgrund der Direktzusagen gezahlten Alters- und vorzeitige Altersrenten zu übernehmen. Die Rentenempfänger wurden seitens der S darüber unterrichtet, dass die Zahlungen in der bisherigen Höhe ―jedoch unter Anrechnung gegen die entsprechenden unmittelbar von der S zugesagten Leistungen― erfolgen sollten.
Die S übertrug im Wirtschaftsjahr 1987 für die vom Kläger übernommenen laufenden Versorgungsleistungen auf diesen das nach § 4d des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Deckungskapital in Höhe von 7 657 692 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hielt den Kläger für steuerpflichtig. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) lägen nicht vor.
Die gegen die hiernach für die Streitjahre 1987 und 1988 ergangenen Körperschaftsteuerbescheide gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 805 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, sind nach Maßgabe der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 5 und 6 KStG näher bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise von der Körperschaftsteuer befreit. Im Streitfall sind vom FA im Laufe des Verfahrens eine ganze Reihe von Merkmalen aufgeführt worden, in denen seiner Auffassung nach die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind und an denen die Steuerbefreiung des Klägers scheitert. Der Senat kann diese Annahme nicht bestätigen.
1. Die Unterstützungskasse muss gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG eine rechtsfähige sein. Wird die Kasse, wie der Kläger, in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins geführt, erwirbt dieser seine Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Der Kläger wurde zwar erst am 18. Februar 1988 in das Vereinsregister eingetragen und war bis dahin folglich nicht rechtsfähig (vgl. § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―). Er war bis dahin jedoch bereits den Regeln über den sog. Vorverein unterworfen. Damit ist den mit dem in § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG verankerten Rechtsfähigkeitserfordernis verbundenen Zwecken genügt, nämlich das Kassenvermögen und die Versorgungsleistungen zu sichern und zugleich eine vermögensmäßige Trennung dieses Vermögens von dem Vermögen des Trägerunternehmens zu gewährleisten (vgl. Bott in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Rz. 52; vgl. allgemein zur Zivilrechtslage z.B. Weick in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearbeitung, § 21 Rz. 31 ff., m.w.N.).
2. Die Steuerbefreiung einer Unterstützungskasse erfordert gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG zum Weiteren, dass die Kasse den Empfängern der Leistungen hierauf keinen Rechtsanspruch einräumt. Dies ist im Streitfall kraft ausdrücklicher Satzungsregelung gewährleistet. Alle Zahlungen erfolgen freiwillig mit der Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs. Dass der Kläger im wirtschaftlichen Ergebnis an die Stelle der S tritt, indem seine Leistungen auf die von dieser unmittelbar zugesagten Versorgungsansprüche schuldbefreiend angerechnet werden, ändert daran nichts. Ob und in welchem Umfang die S als Trägerunternehmen hierdurch von eigenen Leistungen befreit wird, ist keine Frage, die den Rechtsanspruch auf die Leistungen des Klägers berührt. Sie kann sich vielmehr nur auf das arbeitsrechtliche Grundverhältnis zwischen der S und den betroffenen Rentnern (vgl. § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 ―BetrAVG―) und in diesem Zusammenhang unter Umständen auf den bilanziellen Ausweis der von der S gemäß § 6a EStG gebildeten Pensionsrückstellung auswirken (vgl. insoweit für den hier gegebenen Fall des Schuldbeitritts Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band II Steuerrecht, 3. Aufl., Rz. 59; vgl. auch für den Fall einer sog. hintereinander geschalteten Versorgung Senatsurteil vom 19. August 1998 I R 92/95, BFHE 187, 12, BStBl II 1999, 387). Folglich kommt es auch nicht auf die von den Beteiligten aufgeworfene Frage an, ob die Leistungsempfänger mit der Anrechnung der Kassenleistungen auf die Rentenansprüche gegenüber der S konkludent einverstanden waren (vgl. § 415 BGB) und ob es eines solchen Einverständnisses überhaupt bedurfte. Es verhält sich insoweit im Ergebnis nicht anders als in Bezug auf die Einstandspflicht des Arbeitgebers für die Kassenleistungen (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. November 1992 I R 61/89, BFHE 169, 369, BStBl II 1993, 185; Höfer, a.a.O., Band I Arbeitsrecht, 4. Aufl., Rz. 103 ff., 172 ff., m.w.N.; Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 5 Rz. 65, m.w.N.; im Ergebnis anderer Ansicht Jost in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 KStG Rz. 22).
3. Es muss gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Satz 1 KStG sichergestellt sein, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt. Da Unterstützungskassen im Unterschied zu Pensionskassen nicht dem Versicherungsaufsichtsgesetz unterfallen, das in seinem § 5 Abs. 2 die Aufstellung eines Geschäftsplans vorschreibt, reicht es aus, wenn die Kasse ihren sozialen Charakter durch eine Satzung oder einen Leistungsplan sichert (Senatsurteil vom 18. Juli 1990 I R 22-23/87, BFHE 161, 379, BStBl II 1990, 1088). Diesem Erfordernis ist im Streitfall genügt. Der Umstand, dass die Kassenleistungen auf die unmittelbar zugesagten Versorgungsansprüche der S angerechnet werden, ist erneut unbeachtlich. Gleichwohl erbringt der Kläger in Einklang mit seiner Satzung originäre Unterstützungsleistungen der betrieblichen Altersversorgung.
4. Der Kläger ist infolge der Leistungsanrechnung schließlich nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KStG überdotiert und deswegen gemäß § 6 Abs. 5 KStG körperschaftsteuerpflichtig. Weder § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KStG noch § 4d EStG verknüpfen die aus diesen Vorschriften abzuleitenden steuerrechtlichen Rechtsfolgen damit, ob durch die Versorgungsleistungen der Unterstützungskasse gleichzeitig Leistungsansprüche aus den Zusagen des Arbeitgebers (als Trägerunternehmen der Kasse) auf die Erbringung von Renten getilgt werden. Die Frage danach, ob dies zulässig ist, betrifft einmal mehr allein das arbeitsrechtliche Grundverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem jeweiligen Versorgungsberechtigten.
5. Weitere Anhaltspunkte, die der Steuerbefreiung des Klägers gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich und werden auch vom FA nicht geltend gemacht.
Fundstellen
Haufe-Index 604586 |
BFH/NV 2001, 1300 |
DStR 2001, 1561 |
DStRE 2001, 1041 |