Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Steuerausweis
Leitsatz (NV)
Die Inanspruchnahme einer in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach §14 Abs. 3 Satz 2 UStG setzt voraus, daß diese in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (Anschluß an BFH-Urteil vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531).
Normenkette
UStG 1980 § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 3 S. 2; EWGRL 388/77 Art. 21 Nr. 1 Buchst. c
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war in den Streitjahren (1982 bis 1984) Inhaberin einer Reinigung. Außerdem hatte sie zum 27. Januar 1981 bei der Stadt E einen ... großhandel auf ihren Namen angemeldet.
Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens gegen die Umsatzsteuerbescheide 1982 bis 1984 gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) aufgrund von Feststellungen der Steuerfahndung zu der -- unstreitigen -- Annahme, daß der ... großhandel in den Streitjahren entgegen der gewerberechtlichen Anmeldung tatsächlich nicht von der Klägerin, sondern von deren Schwiegervater B betrieben worden sei. Dementsprechend erließ das FA für den Bereich ... großhandel gegenüber B Umsatzsteuerbescheide 1982 bis 1984, mit denen ihm die entsprechenden Umsätze zugerechnet wurden. Ferner erging gegenüber B in diesem Zusammenhang ein Strafbefehl wegen Umsatzsteuerhinterziehung.
Das FA vertrat nunmehr die Auffassung, die Klägerin schulde die auf die Umsätze des ... großhandels entfallende Umsatzsteuer gemäß §14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG). Obwohl sie insofern nicht selbst unternehmerisch tätig geworden sei, sei ihr zuzurechnen, daß B Rechnungen unter ihrem Namen erteilt habe. Durch die Gewerbeanmeldung auf ihren Namen habe sie B den Betrieb des ... großhandels ermöglicht, davon gewußt und dies geduldet. Nach Hinweis gemäß §367 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) setzte das FA die Umsatzsteuer 1982 bis 1984 durch Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1993 entsprechend gegen die Klägerin fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es führte zur Begründung im wesentlichen aus (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 604):
Die Klägerin schulde die streitigen Umsatzsteuerbeträge nicht nach §14 Abs. 3 UStG, weil sie nicht Ausstellerin der in dem ... großhandel erstellten Rechnungen gewesen sei. Denn es könne nicht festgestellt werden, daß sie unmittelbar an der Rechnungserstellung mitgewirkt habe. Zwar habe sie von B veranlaßte Rechnungserstellungen unter ihrem Namen mittelbar gefördert, indem sie ihm durch die Gewerbeanmeldung ermöglicht habe, ein Unternehmen unter ihrem Namen zu betreiben, wobei sie -- zumal bei einem Großhandel -- auch davon habe ausgehen müssen, daß unter ihrem Namen Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis in den Verkehr gebracht werden würden. Eine solche -- auch bewußte und gewollte -- mittelbare Förderung reiche indes nicht aus, um die Klägerin als Ausstellerin von Rechnungen gemäß §14 Abs. 3 UStG in Anspruch nehmen zu können.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Klägerin nicht nach §14 Abs. 3 UStG als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden kann.
1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§14 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§14 Abs. 3 Satz 2 UStG). Steuerschuldner ist in den Fällen des §14 Abs. 3 UStG der Aussteller der Rechnung.
a) §14 Abs. 3 UStG geht auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zurück. Nach dieser Bestimmung schuldet "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", diese Steuer.
Die Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung durch §14 Abs. 3 UStG enthält einen -- verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden -- Gefährdungstatbestand besonderer Art. Er soll die (in den jeweiligen Alternativen der Vorschrift) unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer verhindern, die eine Gefährdung des Steueraufkommens dadurch herbeiführt, daß der Empfänger der Abrechnung in den Stand versetzt wird, unberechtigt einen Vorsteuerabzug vorzunehmen (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 1988 V R 28/84, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250, unter II. 2., und vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II. 1. a).
b) Nach der im Streitfall allein in Betracht kommenden Vorschrift des §14 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative UStG kann die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person allerdings dann nur in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531). Dies folgt bereits aus der Bedeutung des Wortes "Aussteller" in §13 Abs. 2 UStG.
2. Nach diesen Grundsätzen ist §14 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative UStG im Streitfall auf die Klägerin nicht anwendbar.
Ausweislich der Feststellungen des FG, die auch das FA nicht in Zweifel zieht, hat die Klägerin an der Erstellung von Rechnungen oder Rechnungsformularen nicht aktiv mitgewirkt. Ihr "Tatbeitrag" beschränkte sich darauf, daß sie auf ihren Namen ein -- tatsächlich von B betriebenes -- Gewerbe angemeldet hatte. Dieser Umstand allein berechtigt -- entgegen der Ansicht des FA -- aber nicht, ihr die unter ihrem Namen ausgestellten Rechnungen zuzurechnen (so ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531, unter II. 1.). Dies gilt selbst dann, wenn sie von der Verwendung von auf ihren Namen lautenden Abrechnungen Kenntnis gehabt haben sollte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531, unter II. 2.). Auch davon ist das FG in der Vorentscheidung zutreffend ausgegangen.
Fundstellen
BFH/NV 1999, 525 |
HFR 1999, 287 |
BBK 1999, 389 |