Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Eine unentgeltliche Zuwendung von Vermögensvorteilen an Gesellschafter einer OHG in Form der Beteiligung an stillen Reserven eines Unternehmens kommt regelmäßig nicht in Frage, wenn die Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft laut Gesellschaftsvertrag nur ihren buchmäßigen Kapitalanteil erhalten.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Strittig ist, ob den Beschwerdegegnern (Bg.) an den Stichtagen vom 1. Januar 1928 und 1. Januar 1931 auf Grund ihrer Gesellschafterbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag vom 22. März 1928 unentgeltlich Vermögensvorteile seitens ihres Vaters und Mitgesellschafters in Form von Beteiligungen an den stillen Reserven des Unternehmens zugeflossen sind. Das Finanzamt hat die Frage bejaht. Es stützt sich hierbei auf den Betriebsprüfungsbericht vom 28. Dezember 1938, demzufolge am 1. Januar 1935 stille Reserven des Unternehmens in Höhe von 185.724 RM vorhanden gewesen sind. Die Bg. bestreiten das Vorliegen einer Schenkung. Sie seien von ihrem in höherem Lebensalter befindlichen Vater als Teilhaber in das Geschäft aufgenommen worden, um diesem ihre Arbeitskraft zu sichern. Der Eintritt als Gesellschafter habe bei der damals bestehenden schwierigen Wirtschaftslage überdies ein erhebliches Risiko für die Bg. wegen ihrer Schuldenhaftung eingeschlossen. Im übrigen seien die vom Finanzamt angenommenen stillen Reserven an den Stichtagen auch gar nicht vorhanden gewesen. Das Finanzgericht hat, ohne auf den Streit der Beteiligten über Vorhandensein und Höhe der stillen Reserven einzugehen, eine schenkungsteuerpflichtige Vermögenszuwendung seitens des Vaters der Bg. an diese in Form der Zuwendung von Anteilen an den stillen Reserven des Geschäfts im Hinblick auf § 9 des Gesellschaftsvertrags vom 22. März 1928 verneint. § 9 des Gesellschaftsvertrags bestimmt, daß der Vater der Bg. in jedem Falle der Beendigung der Gesellschaft das Recht hat, das Geschäft allein zu übernehmen, und daß die anderen Gesellschafter in diesem Falle lediglich die Auskehrung ihrer buchmäßigen Kapitalkonten, festgestellt nach der Buchbilanz auf den 31. Dezember des Austrittsjahres, ohne Berechnung eines Firmenwerts beanspruchen können. Aus dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ergibt sich nach Auffassung des Finanzgerichts, daß die Bg. an den stillen Reserven des Geschäfts nicht teilhaben, da sie im Falle der Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses lediglich ihren buchmäßigen Kapitalanteil nach Maßgabe der Bilanz auf den Jahresschluß des Auflösungsjahres erhalten.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamts rügt unrichtige Rechtsanwendung.
Das Finanzamt ist der Auffassung, daß die Bg. mit Abschluß des Gesellschaftsvertrags eine durch die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses auflösend bedingte Beteiligung an den stillen Reserven erworben haben.
Die Rb. ist unbegründet. Die Auslegung des § 9 des Gesellschaftsvertrags durch das Finanzgericht ist rechtlich einwandfrei. Erhält ein Gesellschafter bei seinem Ausscheiden laut Gesellschaftsvertrag nur seinen buchmäßigen Kapitalanteil, so hat er an den stillen Reserven des Unternehmens regelmäßig keinen Anteil. Diese Mehrwerte der Substanz verbleiben ebenso wie der innere Wert des Unternehmens dem das Geschäft übernehmenden Teilhaber (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen 117, 238, besonders S. 241 unten und 242, Entscheidung des Reichsfinanzhofs V e A 339/27, Slg. Bd. 24 S. 142, besonders S. 144). Der Angriff der Rb. gegen die Vertragsauslegung des Finanzgerichts kann daher nicht durchdringen. An der Vorentscheidung müßte, selbst wenn eine andere Auslegung des Gesellschaftsvertrags möglich wäre, was aber im vorliegenden Falle nicht anzunehmen ist, festgehalten werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407411 |
BStBl III 1952, 176 |
BFHE 1953, 456 |
BFHE 56, 456 |