Entscheidungsstichwort (Thema)
Fertigstellung einer Eigentumswohnung i.S. von § 7 Abs. 5, 5a EStG vor Abgabe der Teilungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Eine Eigentumswohnung ist auch dann bereits mit der Bezugsfertigkeit "fertiggestellt" i.S. von § 7 Abs. 5, 5a EStG, wenn zu diesem Zeitpunkt bürgerlich-rechtlich noch kein Wohnungseigentum begründet und die Teilungserklärung noch nicht abgegeben worden ist.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 5, 5a
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Dok.-Nr. 0139676; EFG 1997, 330) |
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb mit Kaufvertrag vom 29. Januar 1992 eine Eigentumswohnung, nachdem der Verkäufer mit Teilungserklärung vom selben Tage auf der Grundlage der unter dem 13. Januar 1992 erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigung das Gebäude in Eigentumswohnungen aufgeteilt hatte. Das vom Verkäufer errichtete Gebäude war bereits Ende 1991 bezugsfertig.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1992) beantragte der Kläger eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von 7 v.H. nach § 7 Abs. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) zog hingegen nur eine AfA von 2 v.H. nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ab, weil die Eigentumswohnung nicht bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sei.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der Leitsatz der Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 330 abgedruckt.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 7 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 a EStG. Die Fertigstellung einer Eigentumswohnung setze deren rechtliche Existenz voraus. Diese sei im Streitfall erst durch die Abgeschlossenheitsbescheinigung und die Teilungserklärung begründet worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. November 1993 dahin abzuändern, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten (AfA nach § 7 Abs. 5 EStG) von 13 557 DM berücksichtigt werden und die Einkommensteuer auf 4 983 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht die Voraussetzungen der degressiven AfA von 7 v.H. für die Eigentumswohnung des Klägers nicht als erfüllt angesehen.
1. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung können für Gebäude, die Wohnzwecken dienen und vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, unter weiteren hier nicht strittigen Voraussetzungen als AfA im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden drei Jahren Beträge von 7 v.H. der Herstellungskosten oder Anschaffungskosten abgezogen werden. Diese Vorschrift ist u.a. auf Gebäudeteile, die selbständige Wirtschaftsgüter sind, sowie auf Eigentumswohnungen entsprechend anzuwenden (§ 7 Abs. 5 a EStG).
Im Fall der Anschaffung setzt die Regelung voraus, daß das Gebäude, der Gebäudeteil -oder die Eigentumswohnung- bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden ist.
a) Ein Gebäude ist in diesem Sinne dann fertiggestellt, wenn es bezugsfertig, das heißt nach Abschluß der wesentlichen Arbeiten bewohnbar ist (Senatsurteil vom 7. April 1987 IX R 140/84, BFHE 150, 16, BStBl II 1987, 567). Für die Fertigstellung eines ein selbständiges Wirtschaftsgut bildenden Gebäudeteils und einer Eigentumswohnung gilt dasselbe. Eine Eigentumswohnung ist auch dann i.S. von § 7 Abs. 5, 5 a EStG bereits mit der Bezugsfertigkeit fertiggestellt, wenn zu diesem Zeitpunkt bürgerlich-rechtlich noch kein Wohnungseigentum begründet (vgl. § 2 des Wohnungseigentumsgesetzes -WEG-) worden ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Teilungserklärung noch nicht abgegeben ist. Die Regelung des § 7 Abs. 5 i.V.m. Abs. 5 a EStG setzt -gemäß ihrem Zweck, die Erneuerung des Gebäudebestands zu fördern (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808)- lediglich die bautechnische Fertigstellung voraus. Die Unerheblichkeit der bürgerlich-rechtlichen Lage ergibt sich insoweit auch daraus, daß § 7 Abs. 5 a EStG ausdrücklich auch selbständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteile erfaßt, die bürgerlich-rechtlich mit dem übrigen Gebäude dem Eigentümer als ein Vermögensgegenstand zuzurechnen sind. Diese Gebäudeteile bilden steuerrechtlich deshalb eigenständige Wirtschaftsgüter, weil sie in einem gesonderten Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 unter C. II. 3. d). Ein solcher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht für einen als Eigentumswohnung errichteten Gebäudeteil bereits vor der Abgabe der Teilungserklärung und der späteren Begründung des Wohnungseigentums. Ob insoweit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Juli 1996 (BStBl I 1996, 689) eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde liegt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, weil dieses Schreiben allein Baumaßnahmen an einem Dachgeschoß betrifft.
b) Im Fall der Anschaffung einer Eigentumswohnung ist weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der AfA nach § 7 Abs. 5, 5 a EStG, daß der Steuerpflichtige die Wohnung bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft, das heißt die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber erlangt hat (BFH-Urteil vom 28. April 1977 IV R 163/75, BFHE 122, 121, BStBl II 1977, 553). Dies kann bereits vor Abgabe der Teilungserklärung auf schuldrechtlicher Grundlage geschehen.
2. Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 a EStG für die Eigentumswohnung des Klägers nicht erfüllt. Zwar steht die nachträgliche Abgabe der Teilungserklärung im Januar 1992 der Anwendung dieser Vorschriften nicht entgegen. Jedoch hat der Kläger die Ende 1991 fertiggestellte Eigentumswohnung nicht bis zum Ende dieses Jahres angeschafft, weil er erst im Jahr 1992 die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt hat.
Fundstellen
BFH/NV 1999, 1150 |
BStBl II 1999, 589 |
BFHE 188, 299 |
BFHE 1999, 299 |
BB 1999, 1204 |
DB 1999, 1245 |
DStR 1999, 892 |
DStRE 1999, 469 |
DStRE 1999, 469 (Leitsatz) |
HFR 1999, 624 |
StE 1999, 339 |
WPg 1999, 635 |
WPg 1999, 635-636 (Leitsatz) |
FR 1999, 763 |
FR 1999, 763-764 (Leitsatz und Gründe) |
Information StW 1999, 444 (Leitsatz und Gründe) |
LEXinform-Nr. 0551042 |
NJW 1999, 3656 |
Inf 1999, 444 |
GStB 1999, Beilage zu Nr 7 (Leitsatz) |
DWW 1999, 327-328 (Leitsatz und Gründe) |
DNotI-Report 1999, 106 (Leitsatz) |
EStB 1999, 78 |
EStB 1999, 78-79 (Kurzwiedergabe) |
NZM 1999, 1018 |
StuB 1999, 616 (Leitsatz) |
ZfIR 1999, 472 |
ZfIR 1999, 472-473 (Leitsatz und Gründe) |
RdW 2000, 165 |
NWB-DokSt 2000, 613 |