Entscheidungsstichwort (Thema)
Noch ausstehende Eintragung in die Handwerksrolle kein Hindernis für InvZul in den neuen Bundesländern
Leitsatz (NV)
1. Die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a, 1. Alternative InvZulG 1993 ist jedenfalls für eine Übergangszeit auch dann zu gewähren, wenn die Eintragung in die Handwerksrolle von dem schon tätigen Unternehmen bereits vor Beginn des Investitionsjahres beantragt, aber erst während des laufenden Investitionsjahres von der Handwerkskammer vorgenommen wurde (Anschluß an BFH-Urteil vom 12. November 1996 III R 17/96, BFH/NV 1997, R 226).
2. Die o. g. erhöhte Investitionszulage kommt nur für Wirtschaftsgüter in Betracht, die nach dem 31. Dezember 1992 bestellt worden sind.
Normenkette
InvZulG 1993 § 3 S. 1 Nr. 3, S. 4, § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine am 15. Dezember 1992 gegründete GmbH, betreibt ein Steinsetz- und Straßenbauunternehmen. Aufgrund eines entsprechenden Antrags vom 15. Dezember 1992 wurde sie am 7. Juni 1993 mit dem Gewerbe "Straßenbau" in die Handwerksrolle eingetragen. Dieses Gewerbe umfaßt auch Steinsetz (= Pflaster)arbeiten (vgl. die Gewerbekennzahl 45.23.1 gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige durch das Statistische Bundesamt, Ausgabe 1993).
Entgegen dem Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage für das Jahr (= Wirtschaftsjahr) 1993 (Streitjahr) in Höhe von 20 v. H. ihrer Aufwendungen für die Anschaffung verschiedener Wirtschaftsgüter in Höhe von ... DM setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die Investitionszulage für bis zum 7. Juni 1993 getätigte Anschaffungen in Höhe von 8 v. H. von ... DM und von diesem Zeitpunkt an mit 20 v. H. von ... DM fest. Die Aufwendungen für den Erwerb weiterer Wirtschaftsgüter wurden vom FA mit der Begründung gänzlich unberücksichtigt gelassen, die angeschafften Gegenstände seien i. S. des Gesetzes nicht neu oder nicht beweglich.
Das Finanzgericht (FG) wies die gegen die nicht durchgängige Anwendung des Zulagensatzes von 20 v. H. gerichtete Klage ab. Es führte zur Begründung aus: Die Eintragung in die Handwerksrolle sei Tatbestandsmerkmal für die erhöhte Zulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a, 1. Alternative des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993. Dieses Merkmal müsse bei der Tatbestandsverwirklichung, d. h. bereits bei der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter, vorliegen. Da im Streitfall die Eintragung erst am 7. Juni 1993 vorgenommen worden sei, stehe der Klägerin die erhöhte Zulage nur für die ab diesem Zeitpunkt durchgeführten Anschaffungen zu.
Daß die Klägerin schon ein eintragungsfähiges Handwerk ausgeübt habe, sei unerheblich, da das InvZulG an die tatsächliche Eintragung anknüpfe. Die Eintragung könne nicht mit rückwirkender Kraft vorgenommen werden. Ob einem Ereignis steuerliche Wirkung für die Vergangenheit zukomme, ergebe sich aus den Steuergesetzen. Für die Eintragung in die Handwerksrolle fehle eine entsprechende Regelung.
Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Anwendung des erhöhten Zulagensatzes im gesamten Streitjahr 1993. Sie führt aus: Die Eintragung in die Handwerksrolle könne bei einer GmbH erst nach der Eintragung in das Handelsregister bewirkt werden. Für die Eintragung in das Handelsregister wiederum sei eine gutachterliche Stellungnahme der Handwerkskammer erforderlich. Die Aneinanderreihung von Verwaltungsakten ganz unterschiedlicher Fachbehörden habe in der Praxis zur Folge, daß bei gleichen Voraussetzungen für die Eintragung unterschiedliche Eintragungszeitpunkte entstünden. Hierdurch ergebe sich eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung von Handwerkern, bei denen diejenigen begünstigt würden, die zufällig in einer Gemeinde mit personell gut ausgestatteten Behörden ansässig seien oder aber den Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen schneller als andere erbringen könnten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Investitionszulage für 1993 auf ... DM (= 20 v. H. von ... DM) festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzu weisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung der erhöhten Zulage für die im Zeitraum 1. Januar bis 6. Juni 1993 getätigten Investitionen zu Unrecht im Hinblick auf die damals noch ausstehende Eintragung des Unternehmens in die Handwerksrolle verneint. Andererseits genügen die Feststellungen des FG nicht für eine abschließende Entscheidung der Frage, ob der Klägerin die erhöhte Zulage insbesondere auch für die schon im ersten Monat des Streitjahres 1993 gelieferten Wirtschaftsgüter zusteht.
1. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a, 1. Alternative InvZulG 1993 beträgt die Investitionszulage 20 v. H. der Bemessungsgrundlage, wenn sie Wirtschaftsgüter betrifft, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs eines Gewerbetreibenden, der in die Handwerksrolle eingetragen ist, gehören und in einem solchen Betrieb verbleiben.
Entgegen der Rechtsauffassung des FG ist diese Regelung nicht dahin zu verstehen, daß der investierende Betrieb für die Gewährung der erhöhten Zulage in jedem Fall schon im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wirtschaftsgüter in die Handwerksrolle eingetragen sein muß. Die erhöhte Investitionszulage nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a, 1. Alternative InvZulG 1993 ist jedenfalls für eine Übergangszeit auch dann zu gewähren, wenn die Eintragung in die Handwerksrolle von dem schon tätigen Unternehmen bereits im Investitionsjahr beantragt, aber erst im Folgejahr von der Handwerkskammer vorgenommen wurde. Die Klägerin wurde noch im selben Kalenderjahr (= Wirtschaftsjahr), in dem sie die fraglichen Investitionen vor genommen hat, in die Handwerksrolle eingetragen. Jedenfalls bei einer solchen Gestaltung sind die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Investitionszulage gegeben. Wegen der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im Abschnitt 1 der Entscheidungsgründe des Senatsurteils vom 12. November 1996 III R 17/96 (BFHE 182, 230) verwiesen.
2. Die Gewährung der erhöhten Investitionszulage hängt wegen der Bezugnahme in § 5 Abs. 2 Satz 1 auf § 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1993 ferner davon ab, ob die fraglichen, vom FA nur mit einer Zulage in Höhe von 8 v. H. begünstigten Wirtschaftsgüter nach dem 31. Dezember 1992 bestellt worden sind (§ 3 Satz 1 Nr. 3a i. V. m. Satz 4 InvZulG 1993). Die hierzu notwendigen Feststellungen sind vom FG noch nachzuholen.
Fundstellen
Haufe-Index 422209 |
BFH/NV 1997, 710 |