Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ist der Wert des Streitgegenstandes nicht höher als 200 DM und hat das Finanzgericht die Rechtsbeschwerde nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen, so kann der Bundesfinanzhof die Rechtsbeschwerde nicht von sich aus zulassen.
Normenkette
AO § 286 Abs. 1; FGO § 115/1
Tatbestand
Das Finanzgericht hat durch das angefochtene Urteil in einer Grunderwerbsteuersache wie folgt entschieden:
"Die Berufung wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens fallen der Steuerpflichtigen zur Last.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 108,50 DM festgestellt.
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (ß 286 Abs. 1 und 2 der Reichsabgabenordnung)."
Gegen dieses Urteil hat die Beschwerdeführerin (Bfin.) innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist Rechtsbeschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Nach § 286 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) ist die Rechtsbeschwerde nur dann gegeben, wenn der Wert des Streitgegenstandes höher ist als 200 DM oder wenn das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Das Finanzgericht hat den Wert des Streitgegenstandes auf 108,50 DM festgestellt. Dieser Wert ist, wie sich auf Grund einer Nachprüfung ergeben hat, zutreffend ermittelt worden. Auch die Bfin. hat insoweit Einwendungen nicht erhoben.
Andererseits hat das Finanzgericht die Rechtsmittelbelehrung dahin erteilt, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei. Das Finanzgericht hat somit die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist für den Bundesfinanzhof bindend. Der Bundesfinanzhof ist nicht befugt, wie die Bfin. meint, die Zulassung der Rechtsbeschwerde seinerseits auszusprechen. Die Worte "wenn das Finanzgericht ..." (ß 286 Abs. 1 AO) ergeben unzweideutig, daß für die Zulassung ausschließlich die Finanzgerichte zuständig sind und daß der Bundesfinanzhof die fehlende Entscheidung des Finanzgerichts nicht durch eine eigene Entscheidung ersetzen kann. Auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III A 221/34 vom 15. November 1934 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 1572) wird hingewiesen.
Der erkennende Senat kann somit über das eingelegte Rechtsmittel nicht sachlich entscheiden. Die Rechtsbeschwerde ist vielmehr gemäß § 252 Abs. 1 Satz 2 AO als unzulässig zu verwerfen.
Bemerkt sei, daß die Vorschrift des § 546 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung, nach der eine Revision nur dann stattfindet, wenn sie das Oberlandesgericht in dem Urteil zugelassen hat, im gleichen Sinn ausgelegt wird. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof durch Beschluß IV ZR 29/51 vom 23. April 1951 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 2 S. 16) entschieden, daß der Revisionsrichter eine unterlassene Revisionszulassung nicht von sich aus nachholen kann. Siehe außerdem Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 17. Aufl., 1956, Anm. VI 3 a Abs. 3 zu § 546, und Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 23. Aufl., 1954, Anm. 4 zu § 546 (S. 834).
Fundstellen
Haufe-Index 424085 |
BStBl III 1956, 324 |
BFHE 1957, 333 |
BFHE 63, 333 |