Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung, ob und von welchem Zeitpunkt ab eine Konzession nach § 30 GewO notwendig und zu erteilen ist, fällt ausschließlich in die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde. Sie ist maßgebend für die Steuergerichte bei der Anwendung des § 42 Abs. 5 UStDB.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 15b; UStDB § 42 Abs. 5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger), ein Facharzt, betreibt neben seiner Praxis seit Jahren die Privatklinik in Bad ... Der Regierungspräsident hat ihm am 24. Dezember 1946 "auf Grund des § 30 der Reichsgewerbeordnung (GewO) nach Maßgabe des angehefteten Plans die Genehmigung zum Weiterbetrieb der Privatklinik in Bad ..." unter bestimmten Bedingungen erteilt. Mit Vertrag vom 17. Januar 1955 pachtete er ab 1. Januar 1955 das Kur- und Pensionshaus, später als "Kursanatorium" bezeichnet, das etwa 2 km von der Privatklinik entfernt liegt.
Am 5. Februar 1955 beantragte der Steuerpflichtige bei der zuständigen Verwaltungsbehörde eine Konzession für das "Kursanatorium". Auf seine Anfrage vom 25. August 1955 nach dem Stand des Konzessionsverfahrens teilte ihm der Regierungspräsident mit, daß der Antrag dem Baudezernat zur Stellungnahme vorliege und daß der Zeitpunkt der Konzessionserteilung noch nicht übersehbar sei. Mit der Urkunde vom 14. Februar 1958 erhielt der Steuerpflichtige unter bestimmten Auflagen die Genehmigung zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt unter der Bezeichnung "Kursanatorium".
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte im Steuerbescheid 1956 und in der Einspruchsentscheidung für die Umsätze aus der Tätigkeit des "Kursanatoriums" die nach § 4 Nr. 15b UStG begehrte Steuerfreiheit, weil für den Veranlagungszeitraum 1956 eine Konzession noch nicht vorgelegen habe. Diese sei erst am 14. Februar 1958 erteilt worden und habe nach Auskunft der zuständigen Verwaltungsbehörde keine rückwirkende Kraft.
Auf die Berufung, in der sich der Steuerpflichtige u. a. auf das - amtlich nicht veröffentlichte - Urteil V 250/58 vom 17. Dezember 1959 (abgedruckt bei Knorr, Das Steuerrecht der Krankenanstalten, 1962, Anhang II S. 158 ff.) bezog, erkannte das FG nach Beiziehung der Konzessionsakten, die es zum Gegenstand des Verfahrens machte, durch Zwischenurteil dahin gehend, daß die am 24. Dezember 1946 für die Privatklinik erteilte Konzession nicht ausreiche, um die Steuerfreiheit der Umsätze aus der Tätigkeit des "Kursanatoriums" zu begründen. Da sich nach den Akten des Regierungspräsidenten bei der Prüfung des Antrags vom 5. Februar 1955 bau- und feuerpolizeiliche Beanstandungen ergeben hätten, deren Beseftigung vor Erteilung der Konzession verlangt worden sei, habe die Verwaltungsbehörde dem Steuerpflichtigen die Genehmigung erst nach Behebung der Hinderungsgründe erteilt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die nach §§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO als Revision zu behandelnde Rb. kann keinen Erfolg haben.
Der Senat ist nach § 118 Abs. 2 FGO an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, weil Revisionsgründe dagegen nicht vorgebracht worden sind. Eine Verletzung von Bundesrecht (§ 4 Nr. 15b UStG in Verbindung mit § 42 Abs. 5 UStDB) ist nicht ersichtlich.
Die Vorinstanz ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH zutreffend davon ausgegangen, daß Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15b UStG u. a. eine Konzession der höheren Verwaltungsbehörde nach § 30 GewO ist. Eine Genehmigung für das "Kursanatorium" wurde erst am 14. Februar 1958, und zwar ohne rückwirkende Kraft, erteilt. Das FG ist ferner ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, daß die dem Steuerpflichtigem am 24. Dezember 1946 zum Weiterbetrieb der Privatklinik erteilte Konzession nach dem gegebenen Sachverhalt nicht ausreicht, um die Voraussetzung des § 42 Abs. 5 UStDB für die Steuerfreiheit der Umsätze aus der Tätigkeit des "Kursanatoriums" zu erfüllen.
Die Entscheidung, ob und von welchem Zeitpunkt ab eine Konzession nach § 30 GewO notwendig und zu erteilen ist, fällt ausschließlich in die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil V 12/63 vom 14. Juli 1966, BFH 86, 669, BStBl III 1966, 614) haben die Steuergerichte nicht zu prüfen, ob die Verwaltungsbehörde die Genehmigung zu Recht oder zu Unrecht erteilt hat und von welchem Zeitpunkt ab Rechtswirkungen begründet werden können. Der von der Behörde vorgesehene Tag ist auch für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebend. Wenn also, wie im gegebenen Fall, von der höheren Verwaltungsbehörde im Sinne des § 30 Abs. 1 GewO für ein räumlich weit entfernt liegendes, nicht als geschlossene Unterabteilung einer bereits genehmigten Krankenanstalt anzuerkennendes Haus eine besondere Konzession für erforderlich gehalten wird, ist diese Entscheidung der Konzessionsbehörde für die Steuergerichte bindend. Erst mit der Erteilung der Genehmigung ist die Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15b UStG i. Verb. mit § 42 Abs. 5 UStDB erfüllt.
Das vom Steuerpflichtigen zur Begründung seiner Berufung angeführte Urteil V 250/58 vom 17. Dezember 1959 rechtfertigt die von ihm begehrte Steuerbefreiung nicht. Die Ausführungen in dieser Entscheidung sind nicht dahin gehend zu verstehen, daß in jedem Fall eine einem Unternehmer gegenständlich beschränkt erteilte Genehmigung diesen berechtigt, für eine an irgendeinem inländischen Ort errichtete Privatkrankenanstalt die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 15b UStG in Anspruch zu nehmen. Die damals gewählte Fassung: "Solange der Unternehmer die Konzession besitzt, ist die Voraussetzung des § 42 Abs. 5 UStDB erfüllt" war durch den Sachverhalt geboten und entsprach der Rechtslage. Sie darf aber nicht aus dem Zusammenhang herausgegriffen und in einer vom Steuerpflichtigen angestrebten Art verallgemeinert werden.
In erster Linie hat der Senat in dem Urteil V 250/58 vom 17. Dezember 1959 übereinstimmend mit der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil I 86/55 U vom 8. November 1955, BFH 62, 50, BStBl III 1956, 20) nochmals zum Ausdruck gebracht, daß die Erteilung oder der Entzug einer Konzession in die ausschließliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde fällt und von den Steuergerichten nicht zu prüfen ist. Der vom Steuerpflichtigen zitierte Satz ist für einen Fall ausgesprochen worden, in dem zunächst weder der Konzessionsträger noch die die Konzession verleihende Behörde bei der Erweiterung eines Krankenanstaltsbetriebs auf nicht konzessionierte Räume durch Antragstellung oder Entzug tätig geworden sind. Die höhere Verwaltungsbehörde hatte sogar die Erweiterung zunächst jahrelang gebilligt und sodann, etwa vier Jahre später, die Genehmigung rückwirkend erteilt bzw. erweitert. Im übrigen handelte es sich um in unmittelbarer Nähe liegende Nebenhäuser (Dependancen), die geschlossene Unterabteilungen darstellten und zusammen mit dem Sanatorium in wirtschaftlicher, pflegerischer und medizinischer Hinsicht als Einheit anzusehen waren.
Der hier vorliegende Sachverhalt entspricht dem damals zu entscheidenden nicht und ist auch nicht gleich oder ähnlich gelagert. Im gegebenen Fall hielten sowohl der Steuerpflichtige, wie aus dem Antrag vom 5. Februar 1955 und der Anfrage vom 25. August 1955 ersichtlich ist, als auch der Regierungspräsident, wie dem Zwischenbescheid vom 1. September 1955 und der unter Auflagen erteilten Genehmigung vom 14. Februar 1958 zu entnehmen ist, eine besondere Konzession zum Betrieb des von der Privatklinik räumlich weit entfernt liegenden "Kursanatoriums" von Anfang an für erforderlich. Diese Entscheidung bindet die Steuergerichte. Die nachgesuchte Genehmigung ist dem Steuerpflichtigen zunächst bis zur Behebung bau- und feuerpolizeilicher Mängel versagt und erst nach Behebung dieser Hinderungsgründe am 14. Februar 1958 für die Zukunft erteilt worden.
Da dem Steuerpflichtigen im Jahr 1956 als Unternehmer der Privatkrankenanstalt "Kursanatorium" für diese die Konzession nach § 30 GewO nicht erteilt worden war und die ihm für die Privatklinik gewährte Genehmigung aus den oben dargestellten Gründen nicht ausreichte, um die Voraussetzungen für das Kursanatorium zu erfüllen, war die Revision des Steuerpflichtigen als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl II 1968, 248 |
BFHE 1968, 547 |