Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Leistungen eines freiberuflichen Tierarztes aus seiner Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt unterliegen der Umsatzsteuer.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 2; UStDB § 19 Abs. 1, 4
Tatbestand
Der Bf. ist selbständiger Tierarzt und außerdem Fleischbeschautierarzt der Gemeinde X. und einiger anderer Gemeinden. Streitig ist, ob auch die Leistungen, die der Bf. als Fleischbeschautierarzt erbracht und für die er im Jahre 1953 ... DM vereinnahmt hat, der Umsatzsteuer unterliegen. Das Finanzamt hat dies bejaht. Einspruch und Berufung des Bf. hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht hat sich zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen auf die bisherige ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs gestützt, wonach ein freiberuflicher Tierarzt, der die amtliche Fleischbeschau ausübt, mit seinen Einnahmen aus dieser Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 493/36 vom 4. Juni 1937, RStBl 1937 S. 935).
Mit der Rb., die das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen hat, rügt der Bf. die unrichtige Anwendung bestehenden Rechts. Er ist der Auffassung, daß er mit den Entgelten aus seiner Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt nicht zur Umsatzsteuer herangezogen werden dürfe, weil diese Tätigkeit nicht gewerblicher oder beruflicher Art, sondern Ausübung der öffentlichen Gewalt sei. Im übrigen sei er als Fleischbeschautierarzt derart in den Organismus der jeweiligen Gemeinde eingegliedert und deren Weisungen unterworfen gewesen, daß er insoweit seine Tätigkeit nicht selbständig, sondern unselbständig ausgeübt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Ziff. 1 Satz 1 UStG). Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG). Diese Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes hat das Finanzgericht zutreffend hinsichtlich der vom Bf. als Fleischbeschautierarzt erbrachten Leistungen als erfüllt angesehen. Insbesondere fehlt es - entgegen der Auffassung des Bf. - weder an dem Merkmal "gewerbliche oder berufliche Tätigkeit" noch an dem Merkmal "selbständig".
Die Leistungen des Bf. als Fleischbeschautierarzt würden dann keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit darstellen und damit von der Umsatzsteuer nicht erfaßt werden, wenn es sich insoweit um Ausübung der öffentlichen Gewalt handelte (§ 2 Abs. 3 UStG). Eine Tätigkeit ist jedoch nur dann Ausübung der öffentlichen Gewalt im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind; es muß eine Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig werden; ihre Tätigkeit muß sich als Erfüllung öffentlich- rechtlicher Aufgaben darstellen (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStDB und Urteil des Bundesfinanzhofs V 281/57 U vom 20. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 490). Im Streitfalle fehlt bereits die erstgenannte Voraussetzung; denn es ist nicht eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern eine natürliche Person - der Bf. - tätig geworden. Die Schlachttier- und Fleischbeschau wurde nicht von den jeweiligen Gemeinden als den Trägern der öffentlichen Gewalt selbst, sondern von dem Bf. als Unternehmer ausgeübt (vgl. § 19 Abs. 4 UStDB). Seine Tätigkeit war beruflich im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG; denn der Bf. hat sie unstreitig nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt.
Ob der Bf. seine Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt selbständig oder unselbständig im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ausgeübt hat, ist nach dem Gesamtbild seiner Stellung, nicht nach einzelnen Merkmalen zu beurteilen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 178/56 U vom 10. September 1957, BStBl 1957 III S. 389, Slg. Bd. 65 S. 408). Im allgemeinen ist eine Tätigkeit, die auf dem Gebiete einer selbständigen Haupttätigkeit liegt, als Ausfluß und Teil dieser selbständigen Tätigkeit anzusehen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs V 88/57 U vom 10. September 1959, BStBl 1959 III S. 437, 438, und V 126/55 U vom 4. Oktober 1956, BStBl 1957 III S. 24, Slg. Bd. 64 S. 65). Auch die Tätigkeit, die der Bf. als Fleischbeschautierarzt ausgeübt hat, muß als Ausfluß und Teil seiner Tätigkeit als selbständiger Tierarzt angesehen werden. Hierfür spricht insbesondere die gesetzliche Regelung, wonach grundsätzlich nur Tierärzte als Beschauer zu bestellen sind (§ 4 Abs. 3 des Fleischbeschaugesetzes in der Fassung vom 29. Oktober 1940, RGBl I S. 1463, in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung des Fleischbeschaugesetzes - DVO - vom 1. November 1940, Reichsministerialblatt - RMBl - 1940 S. 289) und bei längerer Erkrankung oder Abwesenheit des Fleischbeschautierarztes die Stellvertretung in der Schlachttier- und Fleischbeschau auf Antrag dem Tierarzt zu übertragen ist, den der Fleischbeschautierarzt für seine Privatpraxis angenommen hat (§ 10 Abs. 3 DVO). Für diese Betrachtungsweise spricht ferner die Tatsache, daß dem Bf. die Schlachttier- und Fleischbeschau für mehrere Gemeinden übertragen war und er die Beschautätigkeit mit seiner Tätigkeit als selbständiger Tierarzt zeitlich und örtlich weitgehend aufeinander abstimmen konnte. Bei dieser Sachlage würde die Beschautätigkeit des Bf. nur dann als nichtselbständig ausgeübt angesehen werden können, wenn eindeutig festgestellt werden könnte, daß der Bf. insoweit derart in den Organismus einer oder mehrerer Gemeinden eingegliedert war, daß er deren Weisungen insbesondere hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit zu folgen verpflichtet war. Eine solche Weisungsgebundenheit hat das Finanzgericht zutreffend nicht für gegeben erachtet. Der Bf. stützt seine gegenteilige Auffassung unter anderem auf zwei von ihm in Abschrift vorgelegte, je als "Vertrag" bezeichnete Schriftstücke. Nach dem Inhalt des einen dieser Schriftstücke (vom Jahre 1927) wurde der Bf. von der Gemeinde X. "als Fleischbeschauer und Ergänzungsfleischbeschauer dauernd angestellt", durfte jedoch "auf Grund dieses Vertrages keine Besoldungs- und Versorgungsansprüche an die ... Gemeinde stellen", sondern war nur berechtigt, "die anfallenden Schlachtgebühren ... zu erheben". Nach dem Inhalt des anderen Schriftstücks (vom Jahre 1929) wurde dem Bf. "die Ausübung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau in Y. übertragen", wobei sich der Bf. verpflichtete, "diese Schlachtvieh- und Fleischbeschau nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen". Weitere Verträge ähnlichen Inhalts bestanden mit noch anderen Gemeinden. Für die Entscheidung im Streitfalle kann dahingestellt bleiben, ob diese Verträge jeweils als Bestellung oder als Dienstvertrag zu würdigen sind. Erblickt man in ihnen eine Bestellung im Sinne des § 5 des Gesetzes betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900, RGBl S. 547, und des späteren § 4 DVO - hierfür könnte die Tatsache sprechen, daß der Bf. trotz Aufforderung keine besondere Urkunde über seine Bestellung als Fleischbeschautierarzt vorlegen konnte -, so bedeutete dies lediglich die übertragung der in den genannten Vorschriften bezeichneten hoheitlichen Befugnisse auf den Bf. über die Gestaltung des Innenverhältnisses zwischen dem Bf. und dem Träger der Fleischbeschau, auf die es für die Beurteilung der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit des Bf. vor allem ankommt, wäre damit nichts ausgesagt. Sieht man in den Schriftstücken Dienstverträge im Sinne der §§ 611 ff. BGB, so kann aus der vom Bf. übernommenen Verpflichtung, die Beschau nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen, nicht gefolgert werden, der Bf. sei so weitgehend in den Organismus der Gemeinde eingegliedert worden, daß seine Beschautätigkeit als unselbständig ausgeübt angesehen werden müßte.
Zu einer solchen Auffassung vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Bf. nicht zu kommen. Die Umstände, auf die der Bf. in diesem Zusammenhange hinweist, hat größtenteils das Bundessozialgericht in einem Urteil, auf das der Bf. sich beruft (Urteil 10 RV 695/55 vom 21. Januar 1958, Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bd. 6 S. 271), gewürdigt und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Tätigkeit eines nicht festbesoldeten Fleischbeschauers im Lande Nordrhein-Westfalen eine nichtselbständige im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 20. Dezember 1950 (BGBl 1950 S. 791) sei.
Dieser Auffassung kann sich der Senat für das Gebiet der Umsatzsteuer nicht anschließen, wie überhaupt mit Rücksicht auf die Eigengesetzlichkeit der Umsatzsteuer Entscheidungen auf anderen Rechtsgebieten nicht ohne weiteres zum Vergleich herangezogen werden können. So kann für das Gebiet der Umsatzsteuer die Unselbständigkeit des Bf. nicht daraus hergeleitet werden, daß der Bf. gegenüber dem Tierbesitzer, der die Fleischbeschau fordert, seine Tätigkeit nicht verweigern kann, sondern der Anforderung Folge leisten muß, daß er in der Ausübung seiner Tätigkeit der fachlichen Beaufsichtigung durch den beamteten Tierarzt und daneben der Aufsicht der Bestellungsbehörde untersteht (§ 20 Abs. 1 DVO) und daß Disziplinarmaßnahmen gegen ihn zulässig sind (§ 20 Abs. 2 DVO), daß er für einen bestimmten Beschaubezirk bestellt ist (§ 4 des Fleischbeschaugesetzes, §§ 3, 4, 16 DVO) und regelmäßig in diesem wohnen muß (§ 3 Abs. 3 DVO), daß er sich beruflich fortbilden muß (§ 19 der Ausführungsbestimmungen B über die Ausbildung, die Prüfung und die Fortbildung in der Fleischbeschau und Trichinenschau - AB. B -, RMBl 1940 S. 341) und daß er in der Gestaltung der Forderungen aus seiner Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt nicht frei ist. Denn Pflichten und Beschränkungen dieser Art bestehen auch für Angehörige anderer Berufe; die dem öffentlichen Wohle dienen und über deren Selbständigkeit kein Zweifel besteht, z. B. für Hebammen, Bezirksschornsteinfegermeister, Notare (vgl. Hebammengesetz vom 21. Dezember 1938 - RGBl I S. 1893 - und die hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen, die Verordnung über das Schornsteinfegerwesen vom 28. Juli 1937 - RGBl I S. 831 - und die hierzu ergangenen Ausführungsanweisungen, die Notarordnung von Rheinland-Pfalz vom 3. September 1949, GVBl S. 391). Auch daß der Bf. als Fleischbeschautierarzt polizeiliche Aufgaben durchführt und Hoheitsbefugnisse ausübt (§§ 7, 8 des Fleischbeschaugesetzes, § 7 DVO) spricht nicht gegen seine Selbständigkeit; denn auch der Bezirksschornsteinfegermeister beispielsweise übt als Feuerstättenbeschauer polizeiliche Befugnisse aus und ist dennoch selbständig. Die Vorschrift, daß das Dienstverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des Monats endet, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird (§ 11 Abs. 1 Satz 1 DVO), gilt nur für Fleischbeschauer, nicht auch für Fleischbeschautierärzte. Im übrigen deuten solche Vorschriften über Altersgrenzen nicht notwendig auf eine nichtselbständige Tätigkeit hin. Sie finden sich beispielsweise auch bei den erwähnten Berufsgruppen der Hebammen und Bezirksschornsteinfegermeister.
Der Bf. macht geltend, er unterliege als Fleischbeschautierarzt der Angestellten-, Kranken- und Unfallversicherungspflicht. Daraus sei zu schließen, daß er seine Beschautätigkeit unselbständig ausübe. Diese Ansicht kann der Senat nicht teilen; denn der erwähnten Versicherungspflicht unterliegen nicht nur Personen, die in einem abhängigen Dienstverhältnis stehen, sondern unter gewissen Voraussetzungen auch solche, die eine berufliche Tätigkeit selbständig ausüben (vgl. § 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten; Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - AnVNG - vom 23. Februar 1957, BGBl I S. 88; §§ 165, 166 und §§ 537 - 542 der Reichsversicherungsordnung - RVO -).
Das Bundessozialgericht hat in seiner erwähnten Entscheidung die Unselbständigkeit der Fleischbeschauer unter anderem daraus hergeleitet, daß für diese - soweit sie bei öffentlichen Verwaltungen und Betrieben im Sinne des Gesetzes zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben (AOGö) vom 23. März 1934 (RGBl I S. 220) auf Privatdienstvertrag beschäftigt werden - eine Dienstordnung bestehe, wonach bestimmte Vorschriften der Tarifbestimmungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes (ATO), insbesondere über die Gehorsamspflicht (§ 3), auch für den Fleischbeschauer gelten (Nr. 1 der Dienstordnung für Fleischbeschautierärzte ... vom 21. April 1943, Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern - MBliV - 1943 S. 710). Dem vermag der Senat für das Gebiet der Umsatzsteuer nicht zu folgen. Er hat gegen die Rechtsgültigkeit dieser Dienstordnung Bedenken. Die erwähnte Dienstordnung beruht auf § 16 AOGö, das durch das Kontrollratgesetz (KRG) Nr. 56 (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland S. 287) einschließlich aller zusätzlichen und zu seiner Durchführung erlassenen Gesetze, Verordnungen, Bestimmungen und Erlasse aufgehoben worden ist, mit Ausnahme der bestehenden Tarifordnungen. Zu einer hiernach fortgeltenden Tarifordnung gehört aber nach Ansicht des Senats die erwähnte Dienstordnung jedenfalls insoweit nicht, als durch sie eine Gehorsamspflicht für den Beschauer begründet werden sollte, die über seine Berufspflichten hinausgeht. Hierfür bestand um so weniger Anlaß, als die Ausübung der Fleischbeschau erschöpfend durch das Fleischbeschaugesetz und die hierzu ergangene DVO geregelt ist. Die weiteren in Nr. 2 der erwähnten Dienstordnung für geltend erklärten Vorschriften der ATO (§§ 4 - 6 über Schweigepflicht, Verbot der Annahme von Geschenken, Schadenshaftung) sind nicht geeignet, zu erweisen, daß der Bf. die Fleischbeschau nicht selbständig ausgeübt hat. Diese Pflichten sind Erscheinungsformen der vom Bf. übernommenen allgemeinen Verpflichtung, seine amtlichen Obliegenheiten gewissenhaft zu erfüllen (§ 15 DVO). Solche Verpflichtungen obliegen in ähnlicher Weise auch anderen Angehörigen selbständiger Berufe. Wenn ferner in Nr. 3 der erwähnten Dienstordnung vorgesehen ist, den Beschauern "im Falle einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit Dienstbezüge in Höhe der Einnahmen ihres Vertreters bis zur Dauer von drei Tagen" fortzuzahlen, so ist das mit dem Wesen eines unabhängigen Dienstvertrages durchaus vereinbar. Gegen die Auffassung des Bf. spricht im übrigen, daß nach Nr. 2 Satz 3 der Dienstordnung die weiteren Bestimmungen der ATO sowie die Bestimmungen der Tarifordnung A für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst (Angestellte) nicht anzuwenden sind und daß nach Nr. 4 der Dienstordnung die durch Gebührenanteile bezahlten Beschauer nur unbezahlten Urlaub erhalten können.
Daß der Bf. seine Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt unselbständig ausgeübt habe, läßt sich auch nicht mit dem Hinweise darauf begründen, daß er die Entgelte für seine Leistungen nicht unmittelbar vom Besitzer des Schlachttieres oder des Fleisches, sondern von der Gemeinde bekommen hat (vgl. § 10 UStDB).
Der Bf. beruft sich ferner auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. November 1956 - III ZR 40/55 -, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 22 S. 246, in dem der Bundesgerichtshof die Stellung der nichtbeamteten Fleischbeschautierärzte untersucht hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Beziehungen der Fleischbeschautierärzte zu den Trägern der Fleischbeschau nicht privatrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur sind. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhange erwähnt, daß die Fleischbeschautierärzte, insoweit sie die Fleischbeschau ausüben, nicht als freiberuflich Tätige betrachtet werden könnten. Sie seien in der Durchführung ihrer polizeilichen Aufgabe durch ganz eingehende Vorschriften gebunden, sie könnten sich gegenüber dem, der die Fleischbeschau fordert, nicht weigern, ihre Tätigkeit auszuüben, und ferner sei die technische Durchführung der Beschau in Ausführungsbestimmungen und Anweisungen bis ins einzelnste geregelt, so daß für eine eigene Wahl der Untersuchungsmethoden auf Grund wissenschaftlicher Vorbildung und Erfahrung kein Raum sei. Diese Gesichtspunkte führen jedoch nicht dazu, den Bf. umsatzsteuerrechtlich als nichtselbständig anzusehen. Auch die Angehörigen anderer Berufe sind durch Vorschriften, die ihre Berufstätigkeit bis ins kleinste regeln, gebunden, ohne dadurch ihre Selbständigkeit zu verlieren (vgl. die wiederholt erwähnten Berufsgruppen der Hebammen und Bezirksschornsteinfegermeister). Gleiches gilt für den Hinweis, daß sie ihre Tätigkeit auf Anfordern nicht verweigern dürften. Im wesentlichen betrifft dieses Urteil des Bundesgerichtshofs überdies nicht die Frage, ob die Tätigkeit der Fleischbeschautierärzte selbständig oder nichtselbständig ist, sondern die für den vorliegenden Streitfall unwesentliche Frage, ob das Verhältnis der Fleischbeschautierärzte zu den Trägern der Fleischbeschau öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur und welcher Rechtsweg demgemäß für die aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden Ansprüche gegeben ist.
Endlich spricht auch der Hinweis des Bf. auf sein fehlendes Unternehmerwagnis nicht notwendig gegen seine Selbständigkeit. Zwar trifft zu, daß der Bundesfinanzhof es regelmäßig als ein wesentliches Beweisanzeichen für die selbständige Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ansieht, wenn der Leistende ein Unternehmerwagnis trägt. Jedoch setzt der Begriff des Unternehmers im Sinne des UStG die übernahme eines Unternehmerwagnisses nicht voraus; er ist weiter als etwa der Begriff des Gewerbetreibenden im EStG oder in der Gewerbeordnung. Auch wenn deshalb im Einzelfall ein Unternehmerwagnis nicht übernommen ist, folgt daraus nicht notwendig, daß der Leistende die berufliche Tätigkeit nichtselbständig ausübt.
Nach allem ist die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409561 |
BStBl III 1960, 39 |
BFHE 1960, 103 |
BFHE 70, 103 |