Leitsatz (amtlich)
Die Gesellschafter einer GbR haften nicht nur für die Umsatzsteuerschulden der Gesellschaft, sondern auch für die damit zusammenhängenden Säumnis- und Verspätungszuschläge (Anschluß an BFH, Urteil vom 23.Oktober 1985 VII R 187/82, BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156).
Orientierungssatz
1. Die Haftung des Gesellschafters einer GbR als Gesamtschuldner für Steuerschulden der GbR ergibt sich aus dem Rechtsgedanken der §§ 421, 427 BGB (Festhaltung an BFH-Rechtsprechung; vgl. Literatur).
2. Die gemäß § 191 Abs. 1 AO 1977 durch Haftungsbescheid geltend zu machende Haftung umfaßt die steuerlichen Nebenleistungen mit (Festhaltung an BFH-Urteil vom 24.2.1987 VII R 4/84).
3. In § 191 AO 1977 werden ausschließlich die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß von Haftungsbescheiden und Duldungsbescheiden und die Form dieser Bescheide geregelt. Die materiell-rechtlichen Haftungsvoraussetzungen sind nicht dieser Norm, sondern den steuerlichen oder zivilrechtlichen Vorschriften zu entnehmen.
Normenkette
AO 1977 § 191; BGB §§ 427, 421
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zusammen mit L Gesellschafter einer gewerblich tätigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Das Gewerbe der GbR wurde zum 22.Dezember 1980 bei den zuständigen Behörden abgemeldet.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nahm den Kläger, ebenso wie den Mitgesellschafter L, wegen rückständiger Umsatzsteuer 1978 bis 1980 in Höhe von 32 950,05 DM zuzüglich Verspätungszuschlägen (5 239 DM) und Säumniszuschlägen (12 762 DM) durch Haftungsbescheid vom 14.August 1984 in Form der Einspruchsentscheidung vom 13.März 1985 in seiner Eigenschaft als Gesellschafter in Haftung. Der Haftungsbescheid wurde auf § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. §§ 718, 421, 427 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestützt.
Das Finanzgericht (FG) wies die mit dem Ziel der Aufhebung des Haftungsbescheids erhobene Klage ab. Es führte unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 23.Oktober 1985 VII R 187/82 (BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156) aus, daß sich die Haftung eines Gesellschafters für Umsatzsteuerschulden einer GbR aus § 191 Abs.1 AO 1977 i.V.m. §§ 421, 427 BGB ergebe. Entgegen der Auffassung des Klägers komme es nach dem Haftungsbegriff i.S. des § 191 Abs.1 AO 1977 lediglich darauf an, daß die Gesellschafter kraft Gesetzes für die Steuerschuld der GbR einzustehen hätten. Das sei hier der Fall. Für die steuerlichen Nebenleistungen --hier: Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge-- gelte dies für die Haftung sinngemäß, obwohl § 191 Abs.1 AO 1977 sich seinem Wortlaut nach nur auf Steuern, also nicht ausdrücklich auch auf steuerliche Nebenleistungen beziehe. Die Vorschrift sei jedoch auf die Nebenleistungen analog anwendbar.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt unrichtige Anwendung von § 191 AO 1977 i.V.m. § 427 BGB.
Der Kläger vertritt unter Hinweis auf das Urteil des FG München vom 20.Juni 1985 XIII 29/84 AO 1, 2 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1985, 537) die Auffassung, daß eine GbR keine Zivilrechtsfähigkeit besitze, und demgemäß eine zivilrechtliche Schuldnerschaft der Gesellschaft nicht möglich sei und auch eine zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter ausscheiden müsse. Es entstehe nur eine echte Schuldnerschaft, bezogen auf die Gesamtheit der Gesellschafter.
Bereits der Gesetzgeber der Reichsabgabenordnung (AO) 1919/1931 sei davon ausgegangen, daß es Gesellschaftsschulden der GbR nicht gebe, sondern lediglich Gesellschafterschulden. Deshalb hätten die §§ 93 AO 1919 und 113 AO 1931 auf die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts abgestellt.
Eine entsprechende Regelung enthalte § 191 AO 1977 nicht, weil --wie der Bundesfinanzhof (BFH) in dem genannten Urteil in BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156 ausgeführt habe-- der Gesetzgeber unterstellt habe, daß sich die Haftung der Gesellschafter kraft Gesetzes bei Gesellschaftern einer GbR unmittelbar aus § 427 BGB ergebe. Dieser Auffassung könne jedoch nicht zugestimmt werden.
§ 427 BGB stelle keine Haftungsnorm dar. Die Vorschrift setze vielmehr voraus, daß sich mehrere Schuldner durch Vertrag zu einer teilbaren Leistung verpflichtet hätten. Liege diese Voraussetzung vor, so hafteten die Schuldner im Zweifel als Gesamtschuldner. Es gehe also in § 427 BGB nicht um die Frage, ob die Schuldner hafteten, sondern wie sie hafteten, wenn sie aufgrund eines gemeinschaftlich abgeschlossenen Vertrages in Anspruch genommen würden. Die Anwendung des § 427 BGB setze also einen anderen Haftungstatbestand als den aufgrund gesetzlicher Schuldnerschaft voraus. Dieser Standpunkt sei auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Haftung der GbR-Gesellschafter im Fall der ungerechtfertigten Bereicherung der Gesellschaft (§ 812 BGB) zu entnehmen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Das FG ist zutreffend von der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids ausgegangen. Es ist der Auffassung, das FA habe den Kläger für die Umsatzsteuerschulden einschließlich der Nebenleistungen der GbR als Gesamtschuldner zusammen mit L nach § 191 Abs.1 AO 1977 i.V.m. §§ 421, 427 BGB zu Recht als Haftenden in Anspruch genommen. Aus dem Auftreten der in der GbR gemeinschaftlich verbundenen Gesellschafter im Rechtsverkehr entstehe kraft Steuerrechts die Umsatzsteuerschuld als "teilbare" Schuld der GbR, für die die Gesellschafter einzustehen hätten.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung befindet sich sowohl hinsichtlich der eigentlichen Umsatzsteuerschuld als auch der damit zusammenhängenden Nebenleistungen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
1. Danach kann gemäß § 191 Abs.1 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Diese Vorschrift umfaßt auch die Haftungsansprüche nach zivilem Recht, so daß insoweit gegenüber der früheren Regelung in § 113 AO 1931 keine Änderung eingetreten ist. Für den Haftungsbegriff in § 191 Abs.1 AO 1977 kommt es lediglich darauf an, daß die Gesellschafter kraft Gesetzes für die Steuerschuld der GbR einzustehen haben. Die Haftung des Gesellschafters einer GbR als Gesamtschuldner für Steuerschulden der GbR ergibt sich aus dem Rechtsgedanken der §§ 421, 427 BGB (Senatsurteil in BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156; Senatsbeschluß vom 4.Februar 1986 VII B 87/83, BFH/NV 1986, 380). Dieser Rechtsauffassung wird im Schrifttum überwiegend --zumindest im Ergebnis-- gefolgt (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., vor § 69 AO 1977 Tz.19 ff.; v.Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9.Aufl., Stand Juni 1988, vor § 69 AO 1977 Tz.39; Halaczinsky in Koch, Abgabenordnung, 3.Aufl., 1986, § 191 Rdnr.3; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15.Aufl., 1987, vor § 69 mit § 77 AO 1977 Anm.II 2 a; Tiedtke, Die Haftung der Gesellschafter für die Umsatzsteuerschuld der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1986, 415; ders., Haftung der Gesellschafter für die Umsatz- und Grunderwerbsteuerschuld einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Betriebs-Berater --BB-- 1987, 1745; Buciek, Die Haftung der BGB-Gesellschafter für Steuerschulden der Gesellschaft, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1986, 370; Hundt-Eßwein, Besteht wirklich ein steuerliches Haftungsvakuum bei der BGB-Gesellschaft?, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1987, 1804; a.A.: Preißer, Steuerliches Haftungsvakuum bei der BGB-Gesellschaft, NJW 1986, 3188; Schneider, Zur Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts für Umsatzsteuerschulden, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1986, 362).
2. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest.
a) Die Revision ist der Auffassung, eine Haftung des Gesellschafters einer GbR komme schon deshalb nicht in Betracht, weil in § 191 AO 1977 --anders als in § 113 AO 1931-- nicht auf die sinngemäße Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften verwiesen wird. Dazu hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 145, 13, 15, BStBl II 1986, 156 entschieden, daß gleichwohl eine Änderung der Rechtslage nicht eingetreten ist. Schon unter der Geltung des § 113 AO 1931, der dem § 93 AO 1919 entsprach, und nach Einführung des § 191 AO 1977 war und ist anerkannt, daß der Gesellschafter einer GbR für die Umsatzsteuerschuld der Gesellschaft haftet. Die Gesellschaft ist Unternehmerin (§ 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) und Steuerschuldnerin (§ 13 Abs.2 UStG). Sie ist umsatzsteuerlich also ein (steuerrechtsfähiges) Rechtssubjekt (so schon Reichsfinanzhof --RFH-- im Urteil vom 8.Mai 1936 V A 192/35, RStBl 1936, 598). Tiedtke (a.a.O.) weist deshalb zu Recht darauf hin, daß der Verweis auf die sinngemäße Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften lediglich den Sinn gehabt habe, der unterschiedlichen Rechtslage hinsichtlich der Rechtsfähigkeit einer GbR im Steuerrecht und Zivilrecht Rechnung zu tragen. Nach damaligen Vorstellungen war die Gesellschaft zivilrechtlich --anders als im Steuerrecht-- nicht rechtsfähig, weshalb es streng genommen keine Schuld der Gesellschaft geben konnte. Schuldner oder Gläubiger einer GbR konnten nur die Gesellschafter selbst sein. Da aber dennoch auch zivilrechtlich ein Unterschied zwischen Gesellschaftsschuld und Gesellschafterschuld gemacht wurde und zwischen Gesellschaftsschuld und Gesellschafterschuld, z.B. für die Vollstreckung, streng getrennt wurde, war die Verweisung auf die sinngemäße Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften nicht erforderlich. Dementsprechend ist es auch unerheblich, daß § 191 AO 1977 nicht mehr auf die sinngemäße Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften abstellt.
b) Mit dem Einwand, die GbR besitze zivilrechtlich keine Rechtsfähigkeit, weshalb sowohl eine zivilrechtliche Schuldnerschaft der GbR als auch die Haftung ihrer Gesellschafter ausgeschlossen sei, verkennt die Revision weiterhin den Haftungsbegriff des § 191 AO 1977 und die Bedeutung des § 427 BGB. In § 191 Abs.1 AO 1977 ist lediglich bestimmt, daß jemand durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, wenn er kraft Gesetzes für eine Steuerschuld haftet. Die Haftungsansprüche können sich sowohl aus dem Steuerrecht als auch aus dem Zivilrecht ergeben (Senatsurteil vom 31.Mai 1983 VII R 7/81, BFHE 138, 416, 418, BStBl II 1983, 545). Daraus folgt jedoch nicht, daß die Haftung nach zivilrechtlichen Grundsätzen eine zivilrechtliche Schuldnerschaft voraussetzt. Die Vorschrift des § 191 Abs.1 AO 1977 soll ihrem Sinn und Zweck nach eine Inanspruchnahme des Haftungsschuldners durch Verwaltungsakt auch dann ermöglichen, wenn Inhalt oder Natur des gesetzlichen Haftungsanspruchs ohne diese Regelung zu einer anderen Art der Geltendmachung des Haftungsanspruchs, etwa durch Zivilklage, führen würde.
c) Unter welchen Voraussetzungen die Gesellschafter einer GbR mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten, die im Namen der Gesellschaft begründet worden sind, einzustehen haben, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Eine dem § 128 des Handelsgesetzbuches (HGB) entsprechende Vorschrift, daß die Gesellschafter unmittelbar persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, kennt das bürgerliche Recht nicht. Der Rechtsgedanke des § 128 HGB kann nicht allgemein auf die GbR übertragen werden, weil es --anders als bei den Personenhandelsgesellschaften-- keine typische GbR mit einer für alle denkbaren Ausgestaltungen einer solchen Gesellschaft typischen Interessenlage gibt (BGH-Urteil vom 30.April 1979 II ZR 137/78, NJW 1979, 1821; Oberlandesgericht --OLG-- Hamm, Urteil vom 7.Dezember 1984 20 U 151/84, NJW 1985, 1846; Ulmer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., Bd.3, § 714 Rdnr.27, 28).
Auch der erkennende Senat geht, was der Kläger verkennt, davon aus, daß die in Zusammenhang mit der Gesellschafterhaftung wiederholt angeführte Vorschrift des § 427 BGB nichts über die Begründung der Verpflichtung aussagt, sondern lediglich für den Fall einer bereits bestehenden Verpflichtung einer Mehrzahl von Schuldnern als Auslegungsregel die Entstehung von Gesamtschulden vorsieht (Ulmer, a.a.O., § 714 Rdnr.23; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 1.Bd., 1.Teil, Die Personengesellschaft, § 16 IV 1, S.314, 315). Die Haftung des Gesellschafters einer GbR für Steuerschulden der Gesellschaft ergibt sich --ohne daß es einer haftungsbegründenden Analogie bedürfte-- unmittelbar aus den gleichen Grundsätzen, die für die entsprechende zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter maßgebend sind, nämlich aus gemeinsamer Tatbestandsverwirklichung. Dabei braucht der Senat nicht abschließend zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die gesamthänderische Haftung stets bei unternehmerischer Betätigung der GbR zu bejahen ist (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 1986, S.1343 ff.), oder ob der Zugriff auf das private Vermögen der Gesellschafter schon aus dem Wesen der Gesamthand (so Flume, a.a.O., § 16 IV 3, S.326 f.) herzuleiten ist oder ob die Gesellschafter oder ihre Geschäftsführer beim Handeln namens der Gesellschaft im Zweifel nicht nur eine Haftung (Schuld) der Gesamthand, sondern daneben auch eine solche der Gesellschafter persönlich begründen ("Theorie der Doppelverpflichtung", so Ulmer, a.a.O., § 714 Rdnr.24, mit Darstellung des Meinungsstandes). Alle Auffassungen kommen in den hier maßgebenden Fällen der Gesellschafterhaftung für gesetzliche Gesamthandsschulden zu einer gesamtschuldnerischen Haftung des Gesellschafters persönlich (Flume, a.a.O., § 16 IV 6, S.339 ff.; Ulmer, a.a.O., § 714 Rdnr.45; Karsten Schmidt, a.a.O., S.1343 ff.).
Der Senat befindet sich mit seiner Beurteilung im Ergebnis in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Zivilsachen zur Gesellschafterhaftung bei gesetzlichen Schuldverhältnissen (vgl. Reichsgericht --RG--, Urteil vom 19.Dezember 1907 VI.178/07, RGZ 67, 260; BGH-Urteile vom 15.Oktober 1973 II ZR 149/71, BGHZ 61, 338; vom 16.März 1983 VIII ZR 346/81, NJW 1983, 1905, und vom 12.November 1984 II ZR 96/84, NJW 1985, 1828), der er sich schon mit seinem Urteil in BFHE 145, 13, BStBl II 1986, 156 angeschlossen hatte. Die Haftung des Gesellschafters einer GbR als Gesamtschuldner resultiert aus der gemeinsamen Tatbestandsverwirklichung, insbesondere aus dem gemeinsam gewollten Eingehen rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen. Die Gesellschafter werden dem Zugriff der Gläubiger der Gesellschaft ausgesetzt, weil sie als Partner im Rechtsverkehr den Kontakt mit Dritten suchen (Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 69 AO 1977 Tz.19). Auch im Steuerrecht handelt es sich, wie in den zivilrechtlich entschiedenen Fällen der Bereicherungs- und Deliktshaftung, um gesetzliche Schuldverhältnisse, deren Besonderheit nur darin besteht, daß sie öffentlich-rechtlicher Natur sind. Entsteht der bereicherungsrechtliche Anspruch kraft Gesetzes, wenn Vermögensverschiebungen vom Gläubiger an die Gesamtheit der Gesellschafter der GbR rechtsgrundlos erfolgt sind (§ 812 Abs.1 Satz 1 BGB), so handelt es sich im Steuerrecht ebenso um Verbindlichkeiten, die --wie die Umsatzsteuer (§ 13 Abs.1 UStG)-- kraft Gesetzes entstehen. Bereicherungsrechtliche Ansprüche haben in der Regel einen rechtsgeschäftlichen Hintergrund; ein solcher ist auch in den Fällen der vorliegenden Art gegeben. Denn die Umsatzsteuerschuld entsteht aufgrund einer Leistung oder Lieferung --von den Ergänzungstatbeständen des § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 und des Abs.1 Nr.2 UStG abgesehen--, die in und zur Erfüllung eines Rechtsgeschäfts erbracht werden (Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 69 AO 1977 Tz.19). Auch die hinter dem Leistungsaustausch stehenden Rechtsgeschäfte sind von den Gesellschaftern der GbR gemeinschaftlich (mit-)begründet worden, denn die unternehmerisch tätige GbR dient der gemeinschaftlichen Teilnahme am Rechtsverkehr. Somit liegt auch steuerrechtlich eine gemeinsame Verwirklichung des haftungsbegründenden (steuerlichen) Tatbestandes vor. Der für die Entscheidung des BGH in BGHZ 61, 338 ausschlaggebende Grundgedanke, der sachliche Zusammenhang des bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit einem Rechtsgeschäft (vgl. dazu Anmerkung von Reinhardt in Juristenzeitung --JZ-- 1974, 768, 769), ist gleicherweise steuerrechtlich relevant.
Nach alledem könnte es sich nur noch darum handeln, ob ausnahmsweise nach den Umständen des Einzelfalles eine Beschränkung der Haftung von Gesellschaftern einer unternehmerisch tätigen GbR für Steuerschulden der GbR in Betracht kommt. Die zivilrechtliche Rechtsprechung kennt Fälle verdeckter Haftungsbeschränkungen (vgl. dazu Karsten Schmidt, a.a.O., S.1346 f., mit Nachweisen). Für die Steuerhaftung scheidet diese Möglichkeit aus. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Haftungsvorschriften der AO 1977 keine Einschränkung der Gesellschafterhaftung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand beabsichtigt hat.
Die von der Revision vertretene Rechtsauffassung würde dazu führen, daß mangels einer ausdrücklichen Vorschrift in der AO 1977, die der früheren Vorschrift des § 113 AO entspräche, eine Steuerhaftung der Gesellschafter einer GbR grundsätzlich zu verneinen wäre. Dies würde bedeuten, daß die Gesellschafter einer GbR, sofern diese (partiell) Steuersubjekt ist, haftungsrechtlich wie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder Mitglieder einer anderen juristischen Person zu behandeln wären. Es liegt auf der Hand, daß ein solches Ergebnis mit dem Wesen einer Personengesellschaft und deshalb mit Grundprinzipien der Rechtsordnung in Widerspruch stünde.
3. Das FG hat zu Recht die Haftung des Klägers auch für die Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge bejaht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 24.Februar 1987 VII R 4/84 (BFHE 149, 125, BStBl II 1987, 363) entschieden, daß die gemäß § 191 Abs.1 AO 1977 durch Haftungsbescheid geltend zu machende Haftung die steuerlichen Nebenleistungen mitumfaßt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung ebenfalls fest. In § 191 AO 1977 werden ausschließlich die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß von Haftungs- und Duldungsbescheiden und die Form dieser Bescheide geregelt. Die materiell-rechtlichen Haftungsvoraussetzungen sind nicht dieser Norm, sondern den steuerlichen oder zivilrechtlichen Vorschriften zu entnehmen. Die Verfahrensvorschrift des § 191 AO 1977 ist hinsichtlich der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners für steuerliche Nebenleistungen auch außerhalb der Fälle der Geschäftsführerhaftung nach § 69 AO 1977 sinngemäß anzuwenden. Da in der Haftung des Gesellschafters einer GbR für Steuerschulden der Gesellschaft ebenso wie in der Haftung der Gesellschafter anderer Personengesellschaften nach § 128 HGB --zumindest steuerrechtlich-- sämtliche auf Zahlung gerichteten Verbindlichkeiten der Gesellschaft ohne Rücksicht auf ihren steuerlichen Entstehungsgrund einzubeziehen sind, hat das FA seinen Haftungsanspruch im Streitfall zutreffend auch auf die steuerlichen Nebenleistungen erstreckt und diesen Anspruch durch Haftungsbescheid geltend gemacht. Die dazu vom FG getroffenen Feststellungen sind nicht zu beanstanden. Die Revision konnte somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 62707 |
BFH/NV 1989, 45 |
BStBl II 1989, 952 |
BFHE 158, 1 |
BFHE 1990, 1 |
BB 1989, 2467-2468 (LT1) |
DStR 1989, 686 (K) |
HFR 1990, 5 (LT) |