Leitsatz (amtlich)
Der in § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG für Apotheker vorgesehene steuerbegünstigte Bezug von unvergälltem Branntwein steht Herstellern von Heilmitteln auch dann nicht zu, wenn die Herstellung unter der Aufsicht oder Leitung eines approbierten Apothekers stattfindet.
Normenkette
BrMonG § 84 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin stellt homöopathische Arzneimittel nach dem homöopathischen Arzneibuch her. Betriebsleiter ist der Apotheker X. Der Klägerin war am 10. September 1964 ein Ankauferlaubnisschein erteilt worden, durch den sie die Erlaubnis erhielt, in der Zeit vom 1. Oktober 1964 bis 30. September 1967 jährlich unvergällten Branntwein mit 4 500 Liter Weingeist bei der Bundesmonopolverwaltung (BMV) oder bei Händlern, denen der Verkauf von der Zollbehörde gestattet ist, zu kaufen und innerhalb ihres eigenen Gewerbebetriebs zu pharmazeutischen Zwecken, d. h. zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel nach dem homöopathischen Arzneibuch zu verwenden.
Durch Verfügung vom 23. März 1966, abgesandt am gleichen Tage, widerrief das Hauptzollamt (HZA) die Ankauferlaubnis, weil nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) in der ab 1. Januar 1966 geltenden Fassung nur Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker Anspruch auf den Bezug von unvergälltem Branntwein zum ermäßigten Steuersatz von 850 DM für ein Hektoliter Weingeist hätten, die Abgabe solchen Branntweins an Heilmittelhersteller (außer Apotheken) danach nicht mehr zulässig sei.
Die am 23. März 1967 eingelegte Beschwerde wurde durch Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion (OFD) vom 8. Mai 1967 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klage hatte Erfolg. Die Widerrufsverfügung des HZA vom 23. März 1966 und die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 8. Mai 1967 wurden aufgehoben. Das HZA wurde für verpflichtet erklärt, der Klägerin Steuerermäßigung gemäß § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG zu gewähren.
Mit seiner Revision beantragt das HZA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die gleichen Anträge stellt der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BdF).
Zur Begründung tragen sie vor, daß nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG in der ab 1. Januar 1966 geltenden Fassung unvergällter Branntwein zum medizinisch-pharmazeutischen Sonderpreis nur Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern zustehe. Die Auffassung des Finanzgerichts (FG), daß der Wortlaut dieser Vorschrift unklar sei, weil in ihm monopolrechtliche und steuerrechtliche Tatbestände vermischt seien, stehe im Gegensatz zum Gutachten des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Januar 1954 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 58 S. 486 – BFH 58, 486 –, BStBl III 1954, 97), wo gesagt sei, daß es sich bei der gleichlautenden Vorschrift des § 1 Abschn. I Ziff. 2 im Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes – WiGBl – S. 103) um eine sorgfältige und wohlabgewogene Fassung der Gesetzesbestimmung handle. Das BrMonG enthalte marktordnende und steuerliche Elemente. Auch die historische Entwicklung der Abgabenermäßigung für Heilmittelbranntwein spräche nicht für die Auslegung des FG. Die steuerbegünstigte Verwendung von unvergälltem Branntwein für ärztliche, chirurgische und pharmazeutische Zwecke sei nicht schlechthin zugestanden worden, sondern nur einem beschränkten Bezieherkreis. Die enumerative Aufzählung der Bezugsberechtigten wäre sinnlos, wenn es allein auf den Verwendungszweck angekommen wäre. In der rechtstechnischen Ausgestaltung einer Steuervergünstigung sei der Gesetzgeber frei. Da die in Rede stehende Vorschrift klar sei, bedürfe es keiner Auslegung.
Über die klare Abgrenzung des Bezieherkreises im Gesetz hinaus sei unvergällter Branntwein zum medizinisch-pharmazeutischen Sonderpreis durch sogenannte Milderungserlasse auch Heilmittelfabriken gewährt worden. Diese Milderungserlasse seien immer davon ausgegangen, daß die Vergünstigung ausnahmsweise im Billigkeitswege zugestanden werde. Sie wären sinnlos gewesen, wenn sich die Vergünstigung schon aus dem Gesetz ergeben hätte. Die jahrelange Praxis, die Vergünstigung auch Heilmittelfabriken zu gewähren, könne nicht dazu führen, im Widerspruch zum Gesetz einen Rechtsanspruch zu begründen. Es sei dadurch kein Anspruch aus Gewohnheitsrecht geschaffen worden.
Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG sei nicht zu entnehmen, daß die bisherige Praxis fortgesetzt werden sollte. Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts des Bundesgesetzes habe die Verwaltung nur mehr so verfahren können, wie es der BdF durch Erlaß vom 10. März 1966 (BZBl 1966, 234) angeordnet habe. Unter „Apothekern” im Sinne der in Rede stehenden Vorschrift sei nicht die approbierte Person für sich, sondern nur in bezug zum Apothekenbetrieb zu verstehen. Eine Lösung des Apothekers von der Apotheke würde eine geordnete Steueraufsicht unmöglich machen. Nicht jede beliebige Herstellung von Heilmitteln sollte für die Steuervergünstigung in Betracht kommen, sondern die Tätigkeit, die dem Apotheker von Haus aus zukomme, nämlich die Tätigkeit in der Apotheke und für die Apotheke, wo die Arzneimittel im Einzelverkauf abgegeben würden.
Die Meinung des FG, daß die in dem Gutachten des BFH vom 14. Januar 1964 enthaltene Umschreibung des typischen Berufsbildes eines Apothekers durch § 14 (im Rahmen der §§ 12 ff.) des Arzneimittelgesetzes vom 16. Mai 1961 (BGBl I, 533) überholt sei, gehe fehl Mit dem Arzneimittelgesetz von 1961 sei kein neues Betätigungsfeld für den Apotheker geschaffen worden, das sein Berufsbild geändert haben könnte. Das Gesetz schreibe lediglich als Neuheit vor daß in Arzneimittelherstellungsbetrieben der Herstellungsleiter eine bestimmte Sachkunde haben müsse.
Gegen die hier vorgetragene Auflassung bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gleichheitssatz sei nicht verletzt wenn der steuerbegünstigte Bezug unvergällten Branntweins nur Apothekern, nicht auch Heilmittelfabriken zugestanden werde Es liege insoweit keine Willkür vor, die Regelung sei im Gegenteil sinnvoll. Die in Apotheken hergestellten Heilmittel seien nicht mit den in Heilmittelfabriken hergestellten vergleichbar. Der Apotheker stelle das Heilmittel individuell nach besonderem Rezept her, in den Heilmittelfabriken würden die Heilmittel in Massen produziert. Zwischen Apotheken und Heilmittelfabriken bestünden Unterschiede in den wirtschaftlichen Vorgängen, in den Betriebsverhältnissen, in den Kosten, wodurch sich auch steuerliche Unterschiede ergäben.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Nach § 133 BGB, der auch für die Auslegung von Gesetzen gelte sei bei „Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften”. Bei Zweifeln darüber, wie Gesetze auf dem Gebiet des Verbrauchsteuerrechts auszulegen seien, komme auch der Entstehungsgeschichte eine größere Bedeutung zu.
Das Haushaltssicherungsgesetz (HSG) vom 20. Dezember 1965 (BGBl I 1965, 2065) habe die Bestimmung des § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG wörtlich aus dem Gesetz des Wirtschaftsrates vom 21. Oktober 1948 übernommen, das insoweit mit dem Kontrollratsgesetz (KRG) Nr. 27 vom 10. Mai 1946 übereinstimme. Durch die jeweils wörtliche Übernahme habe dokumentiert werden sollen, daß auch nach dem neuen Gesetz der gleiche Bezieherkreis steuerlich begünstigt werden sollte, der schon nach dem alten Gesetz begünstigt gewesen sei. Das FG habe berechtigte Zweifel angemeldet, ob die fremdsprachlichen Texte des Art. I Nr. 4 KRG Nr. 27 genau übersetzt worden seien. Weitere Zweifel an einer zutreffenden Übersetzung ergäben sich hinsichtlich des Wortes „Apotheker”. Aus der Bedeutung der Worte pharmacist (englisch), pharmacien (französisch) und farmazewt (russisch) sei zu folgern, daß die deutsche Übersetzung „Apotheker” zumindest zu eng, wenn nicht sogar falsch gewesen sei. Eine Übersetzung durch das Wort „Pharmazeut” wäre richtiger gewesen. Es hätten begünstigt werden sollen, Ärzte, Krankenhäuser und Pharmazeuten, d. h. alle, die sich (da der Pharmazeut Fachmann der Pharmazie sei) mit der „wissenschaftlichen Apothekerkunst, mit der Kenntnis der chemischen Zusammensetzung, der Herkunft und der Verfälschung von Arzneimitteln sowie der sachgemäßen Herrichtung der einzelnen Arzneiformen” befaßten. Das aber seien auch die Arzneimittelfabriken, die nach §§ 12 ff. des Arzneimittelgesetzes der behördlichen Herstellungserlaubnis bedürften.
Das Schreiben der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 5. November 1948 (III V 7154–14/48) sei kein Milderungserlaß gewesen, weil er nirgendwo veröffentlicht worden sei. Er habe lediglich eine Klarstellung des tatsächlichen Willens des Gesetzgebers bezweckt, zu der sich die Finanzverwaltung im Hinblick auf den Wortlaut der fraglichen Gesetzesbestimmung veranlaßt gesehen habe. Die unter Einschluß des KRG Nr. 27 mehr als zwanzigjährige Handhabung dieses Erlasses sei zumindest ein Indiz dafür, daß die Belieferung der pharmazeutischen Industrie mit steuerbegünstigtem Branntwein Rechtens gewesen sei und von den zuständigen Behörden als Rechtens angesehen worden sei.
Aus dem Arzneimittelgesetz 1961 hätten sich im Gegensatz zur Auffassung des HZA für den Apotheker völlig neue Rechtsverhältnisse ergeben. So sei der Apotheker z. B. nach dem Arzneimittelgesetz der bevorzugte und prädestinierte Herstellungsleiter für die industrielle Arzneimittelproduktion geworden.
Der Streitfall beweise, daß die vom HZA vertretene Auslegung des § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG zu einer ungleichen Behandlung gleicher Tatbestände führe und daß die Übergänge zwischen der Arzneimittelherstellung innerhalb und außerhalb der Apotheken fließend seien. Die Klägerin verarbeite den Branntwein nicht industriell, sondern wie in Apotheken auf jeweilige Anforderung in Einzelanfertigungen. Sie betreibe keine Heilmittelfabrik im üblichen Sinne. Sie sei nichts anderes als eine homöopathische Abteilung einer Apotheke. Die manuelle Herstellung von homöopathischen Dilutionen in Apotheken sei steuerbegünstigt, die manuelle Herstellung von homöopathischen Dilutionen in den verschiedenen Dispensierstellen der Klägerin dagegen nicht. Wäre der Gesetzgeber von der Rechtsansicht des BdF ausgegangen, hätte er in der Begründung zum HSG zumindest klarstellen müssen, daß sich in Rheinland-Pfalz gegenüber den anderen Bundesländern eine Änderung des Rechtszustandes ergeben werde. Da eine solche Klarstellung in der Gesetzesbegründung fehle, sei der Umkehrschluß begründet, daß die Auffassung der Klägerin zutreffe.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG in der ab 1. Januar 1966 geltenden Fassung beträgt die Branntweinsteuer für unvergällten Branntwein, der Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern für ärztliche, chirurgische oder pharmazeutische Zwecke zugeteilt wird, 850 DM je Hektoliter Weingeist. Der Auffassung des FG, daß diese Vergünstigung auch zu gewähren ist, soweit unter Aufsicht eines Apothekers Branntwein zu pharmazeutischen Zwecken verwendet wird, vermag der Senat nicht zu folgen. Der BFH hat in seinem Gutachten V z D 1/53 S vom 14. Januar 1954 (BFH 58, 486, BStBl III 1954, 97) ausgeführt, daß die Steuervergünstigung nach § 1 Abschn. I Nr. 2 des Gesetzes des Wirtschaftsrats zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948, der mit § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG wörtlich übereinstimmt, nur Apothekern, und zwar für den Apothekenbetrieb gewährt werde. Diese Auffassung hat der BFH in seinem Urteil V z 98/57 U vom 19. Dezember 1957 (BFH 66, 145, BStBl III 1958, 59) beibehalten. Wenn § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG als Vorschrift eines nachkonstitutionellen Gesetzes nur von Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern spricht, ist dem nicht zu entnehmen, daß der Kreis der Begünstigten weiter gezogen ist als nach den früheren Vorschriften. Ebenso kann daraus, daß neben Ärzten und Krankenhäusern „Apotheker”, nicht aber „Apotheken” genannt sind, nicht gefolgert werden, daß die Steuervergünstigung auch für Heilmittelhersteller gilt, sofern die Herstellung der Heilmittel unter Leitung oder Aufsicht eines Apothekers stattfindet. Daß das Gesetz zwischen der dem üblichen Berufsbild entsprechenden Tätigkeit eines Apothekers und der Heilmittelherstellung unterscheidet, geht im übrigen daraus hervor, daß in § 84 Abs. 2 Nr. 2 von Apothekern die Rede ist, in Nr. 3 dagegen eine andere Vergünstigung beim Bezuge von Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln gewährt wird. Ein anderes Ergebnis kann auch nicht aus dem Arzneimittelgesetz vom 16. Mai 1961 (BGBl I 1961, 533) hergeleitet werden. Dieses verlangt in § 14 Abs. 1 als Voraussetzung für die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Herstellung von Arzneimitteln den Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis des Herstellungsleiters. Dieser Nachweis wird aber nicht nur erbracht durch die Approbation als Apotheker, sondern auch durch Zeugnisse über Prüfungen als Abschluß gewisser Studien und durch zweijährige praktische Tätigkeit in der Arzneimittelherstellung. Die erforderliche Sachkenntnis kann demnach auch anderen als Apothekern eigen sein. Ob es Umstände gibt, die dafür sprechen, die Vergünstigung in der gleichen oder anderen Form außer Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern auch Heilmittelherstellern zu gewähren, und ob das geschehen soll, liegt im Bereich des gesetzgeberischen Ermessens. Der gegenwärtige Gesetzeswortlaut berechtigt nicht zur Ausdehnung der Vergünstigung auf andere als die im Gesetz genannten Berufe oder die Krankenhäuser.
Darauf, ob das Wort „Apotheker” im Sinne des Art. I Nr. 4 KRG Nr. 27 vom 10. Mai 1946 aus den fremdsprachlichen Texten richtig übersetzt worden ist, kann es nicht ankommen, wenn in späteren, von diesem außer Kraft getretenen Gesetz unabhängigen Gesetzen eindeutig nur das Wort. „Apotheker” enthalten ist. Für die Auffassung der Klägerin kann auch aus der Begründung zum HSG vom 20. Dezember 1965 zu § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG nichts entnommen werden, insbesondere nichts daraus, daß in der Begründung nicht klargestellt sei, in Rheinland-Pfalz werde sich gegenüber den anderen Bundesländern eine Änderung des bestehenden Rechtszustandes ergeben. Diese Änderung ist aus dem HSG ersichtlich, durch das die einschlägige Landesverordnung ausdrücklich aufgehoben wurde. Es besteht keine Vorschrift, wonach die Begründung zu einem Änderungsgesetz auf sämtliche etwa eintretenden Rechtsänderungen hinweisen müsse.
Wenn in der Praxis bis zum Inkrafttreten des HSG am 1. Januar 1966 entgegen dem Gesetz unvergällter Branntwein auch an Heilmittelfabriken zum medizinisch-pharmazeutischen Sonderpreis abgegeben wurde, so hat sich daraus nicht im Wege des Gewohnheitsrechts ein Rechtsanspruch der Heilmittelfabriken auf weitere Belieferung mit solchem Branntwein entwickelt. Auch eine langjährige Übung, sogar in der Überzeugung, daß sie dem gesetzten Recht entspreche, die aber ihrerseits mit dem gesetzten Recht nicht in Einklang steht, kann nicht zur Begründung von Gewohnheitsrecht auf dem Gebiet des Steuerrechts führen (vgl. Urteil des BFH II 28/58 U vom 18. Februar 1959, BFH 68, 462, BStBl III 1959, 176). Das muß um so mehr gelten, wenn ein neues Bundesgesetz den Kreis der Begünstigten eindeutig in einer der bisherigen Übung nicht entsprechenden Weise abgrenzt.
Nach Auffassung des Senats verstößt es auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn Apothekern der Bezug von unvergälltem Branntwein zu einem niedrigeren Steuersatz gewährt wird, Heilmittelherstellern aber nicht. In der begünstigenden Vorschrift sind Apotheker zusammen mit Ärzten und Krankenhäusern genannt. Aus dieser Abgrenzung des Kreises der Begünstigten geht hervor, daß damit diejenigen Personen und Anstalten erfaßt sind, die im Rahmen ihrer ärztlichen Praxis, ihres Krankenhausbetriebes oder im Rahmen des Betriebes ihrer Apotheke den Branntwein zu medizinischen oder pharmazeutischen Zwecken bei der unmittelbaren Versorgung des einzelnen Patienten verwenden. Damit stimmt es überein, wenn das Gesetz über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (BGBl I 1960, 697) in § 1 Abs. 1 besagt, daß den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung obliegt, und im Arzneimittelgesetz in § 12 eine Erlaubnis für die gewerbsmäßige Herstellung von Arzneimitteln gefordert ist, einer solchen Erlaubnis aber u. a. nicht bedürfen Inhaber von Apotheken für die Herstellung von Arzneimitteln im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes. Die gewerbsmäßige Herstellung von Arzneimitteln (bzw. Heilmitteln) im Sinne des genannten Gesetzes geht demnach über die Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hinaus. Während der Apotheker als Inhaber einer Apotheke üblicherweise Arzneimittel nur in begrenztem Rahmen zur unmittelbaren Versorgung der Bevölkerung herstellt, produziert der Arzneimittelhersteller grundsätzlich für den Absatz an den Handel. Daher kann bei einer unterschiedlichen Behandlung der genannten Berufsgruppen durch das BrMonG nicht davon die Rede sein, daß hier wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt würde.
Da die Auslegung des § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG nach seinem Wortlaut keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, bedarf es auch keiner verfassungskonformen Auslegung in dem Sinne, daß die steuerliche Vergünstigung für Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker bei Vorliegen bestimmter Umstände auf Arzneimittelhersteller auszudehnen wäre.
Wenn die Klägerin vorträgt, sie verarbeite den Branntwein nicht industriell, sondern wie in Apotheken auf jeweilige Anforderung manuell in Einzelanfertigungen, sie sei keine Heilmittelfabrik im üblichen Sinne, sondern eine homöopathische Abteilung einer Apotheke, so kann auch das nicht einen Anspruch auf die streitige Vergünstigung begründen. Als GmbH und Co. KG kann die Klägerin nicht Apotheker im Sinne der einschlägigen Vorschrift sein. Das ergibt sich auch aus § 2 Abs. 3 der Bundesapothekerordnung vom 5. Juni 1968 (BGBl I 1968, 601), wonach Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung „Apotheker” oder „Apothekerin” ist.
Da nach allem der Klägerin die Vergünstigung nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 BrMonG nicht rechtswidrig versagt worden ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 514722 |
BFHE 1971, 484 |