Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluß, durch den das Verwaltungsgericht das Verfahren über eine einstweilige Anordnung an das FG verweist, begründet allenfalls die Rechtshängigkeit dieses Verfahrens bei dem Adressatgericht; eine "erweiterte Bindungswirkung" für ein später beim FG anhängig werdendes Klageverfahren in der Hauptsache tritt nicht ein.
2. Für Streitigkeiten über finanzbehördliche Maßnahmen betreffend Verbote und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr ist der Finanzrechtsweg nur gegeben, soweit die Maßnahmen im Zusammenhang mit einer "Zollbehandlung" stehen.
3. Maßnahmen, die die Versandzollstelle bei auszuführendem Freigut nach Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts trifft, sind selbst keine "Zollbehandlung" und stehen auch nicht im Zusammenhang mit einer solchen Behandlung.
Orientierungssatz
NV: In einem Fall der Verweisung im Revisionsverfahren hielt es der Senat nicht für angebracht, eine ihm mögliche Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 6.10.1982 II R 90/79).
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2 S. 1, § 34 Abs. 2-3; ZG § 1 Abs. 1, 4, § 56 Abs. 1; AWG § 46 Abs. 3-4; AWV § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 11 Abs. 1, § 15; FGO § 143 Abs. 1; GKG § 9 Fassung: 1975-12-15
Verfahrensgang
Hessisches FG (Entscheidung vom 14.12.1984; Aktenzeichen 7 K 427/84) |
Tatbestand
I. Mit Bescheid vom 30.August 1984 wies das Hauptzollamt --HZA-- als Versandzollstelle - § 10 Abs.1, § 11 Abs.1 und 2 der Außenwirtschaftsverordnung --AWV-- i.d.F. der Bekanntmachung vom 3.August 1981 (BGBl I 1981, 853) - den mit Ausfuhrerklärung/Ausfuhranmeldung der Klägerin gestellten Antrag auf Abfertigung von Teilen für Maschinen und Apparate für die chemische Industrie - Waren aus dem zoll- und verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr - zur Ausfuhr nach ... zurück. Zur Begründung führte das HZA an, die Zulässigkeit der Ausfuhr könne nicht bestätigt werden, weil sie nach § 5a AWV i.V.m. Teil I Abschn.D der Ausfuhrliste genehmigungspflichtig sei und die Klägerin weder eine Ausfuhrgenehmigung noch eine Negativbescheinigung des Bundesamts für gewerbliche Wirtschaft beigebracht habe. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zugleich beantragte sie beim Verwaltungsgericht (VG) X den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, durch die die Bescheinigung der Zulässigkeit der Ausfuhr erreicht werden sollte. Mit Beschluß vom 25.September 1984 sprach das VG X aus, es halte den zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben; zugleich verwies es den Rechtsstreit auf den von der Klägerin gestellten Hilfsantrag an das Finanzgericht (FG). Dieser Beschluß ist rechtskräftig geworden. Nachdem das FG den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hatte, weil die begehrte Anordnung durch § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gedeckt sei, erhob die Klägerin vor dem FG Klage mit dem Antrag, das HZA zu verpflichten, die mit Ausfuhrerklärung gestellten Waren zur Ausfuhr abzufertigen. Dieser Klage gab das FG durch das angefochtene Urteil vom 14.Dezember 1984 7 K 427/84 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 194) mit der Begründung statt, die Ausfuhr der Waren nach ... sei nicht genehmigungspflichtig. Zwar fielen sie unter den dem Teil I der Ausfuhrliste durch die 53.Verordnung zur Änderung dieser Liste vom 6.August 1984 (BGBl I 1984, 1080) angefügten Abschnitt D --Anlagen, Anlagenteile und sonstige Ausrüstungsgegenstände, geeignet für die Untersuchung, Herstellung, Verarbeitung oder Erprobung von phosphororganischen Verbindungen, Lost oder anderen hochtoxischen Verbindungen-- und damit unter die Ausfuhrbeschränkung nach § 5a AWV, eingefügt durch die 56.Verordnung zur Änderung der AWV vom 6.August 1984 (BGBl I 1984, 1079). Die beiden im sog. Umlaufverfahren ergangenen Änderungsverordnungen seien indessen unwirksam, weil die für ihren Erlaß erforderliche Beschlußfassung der Bundesregierung fehle und weil die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (§ 7 des Außenwirtschaftsgesetzes --AWG-- vom 28.April 1961, BGBl I 1961, 481) überschritten sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das zuständige VG zu verweisen. Zur Frage der Zulässigkeit des Finanzrechtswegs hat die Klägerin ausgeführt, dieser sei nach § 33 Abs.2 Satz 1 FGO, wie dessen Entstehungsgeschichte belege, auch bei Streitigkeiten über Maßnahmen zur Beachtung solcher Verbote und Beschränkungen gegeben, deren Überwachung den Zollstellen bei der Zollbehandlung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs übertragen sei.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, Feststellung der Unzulässigkeit des Finanzrechtswegs und, entsprechend dem von der Klägerin gestellten Hilfsantrag, zur Verweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges der Gerichtsbarkeit, zu der der Rechtsweg eröffnet ist (§ 34 Abs.3 Satz 1 FGO), im Streitfall das VG X.
1. An der Feststellung, daß der Finanzrechtsweg nicht eröffnet ist, ist der Senat nicht dadurch gehindert, daß das VG X durch rechtskräftig gewordenen Beschluß den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten im Verfahren wegen einstweiliger Anordnung für unzulässig erklärt und "den Rechtsstreit" --wegen der beantragten einstweiligen Anordnung-- an das FG verwiesen hat.
Nach § 34 Abs.2 FGO sind, wenn ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor rechtskräftig für unzulässig erklärt hat, die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit an diese Entscheidung gebunden. Diese Bindung schließt indessen nicht aus, daß die FG sich selbst für unzuständig halten (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 34 Anm.4). Auch die "analog" § 41 Abs.2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ausgesprochene Verweisung an das FG enthebt den Senat im Streitfalle nicht der Prüfung, ob die Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit des Finanzrechtsweges gegeben ist.
Ob eine Verweisung außerhalb eines Urteilsverfahrens, hier im Verfahren über die einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO), überhaupt zulässig ist, ist umstritten (verneinend Eyermann-Fröhler, VwGO, 8.Aufl. 1980, § 41 Rdnr.8; Redeker-von Oertzen, VwGO, 8.Aufl. 1985, § 41 Anm.5, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen; ebenso --zu § 34 Abs.3 FGO-- Senat, Beschluß vom 29.Mai 1969 VII B 199/67, BFHE 95, 526, 528; Gräber, a.a.O., Anm.6; bejahend Kopp, VwGO, 6.Aufl. 1984, § 41 Tz.2 mit Nachweisen; Franzke, Juristische Rundschau 1976, 53; Tipke/Kruse,Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11.Aufl., § 34 FGO Tz.3; vgl. auch Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 4611/1). Einer Entscheidung dieser Streitfrage bedarf es nicht. Denn auch bei Annahme der Zulässigkeit der Verweisung im Verfahren über die einstweilige Anordnung würde der Verweisungsbeschluß die Rechtshängigkeit nur der "Sache" selbst --des Verfahrens über die einstweilige Anordnung, das trotz der Übereinstimmung zwischen Antrags- und Klagebegehren nicht mit dem erst später anhängig gewordenen Klageverfahren der Hauptsache identisch ist-- bei dem Adressatgericht begründen (§ 41 Abs.3 Satz 3 VwGO). Eine "erweiterte Bindungswirkung", wie sie für die Verweisung im Verfahren wegen Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit Bezug auf das nachfolgende Klageverfahren vertreten wird (Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom 29.September 1981 5 AR 141/81, BAGE 36, 89, 91 f; v.Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 34 FGO Anm.7; ablehnend Oberlandesgericht Hamburg, Beschluß vom 20.November 1972 5 W Lw 4/72, Neue Juristische Wochenschrift 1973, 812 mit Nachweisen), kann eine Verweisung im Anordnungsverfahren nicht äußern. Denn in einem solchen Verfahren brauchen wegen dessen Eilbedürftigkeit die Prozeßvoraussetzungen nur überschlägig und nicht derart umfassend geprüft zu werden, daß die Annahme einer erweiterten Bindungswirkung einer in diesem Verfahren ergehenden Verweisungsentscheidung --mit Wirkung für das erst nach der Verweisung beim Adressatgericht anhängig gewordene Hauptverfahren-- gerechtfertigt wäre (so zutreffend Stein, Monatsschrift für Deutsches Recht 1972, 733, 735).
2. Der Finanzrechtsweg ist nicht zulässig, weil keiner der in § 33 FGO aufgeführten Fälle vorliegt.
a) Die Voraussetzungen von § 33 Abs.1 Nr.1 FGO sind nicht erfüllt. Im Streitfalle geht es nicht um Abgabenangelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift.
aa) Abgabenangelegenheiten im Sinne der FGO sind alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden ... zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze (§ 33 Abs.2 Satz 1 FGO). Zwar gehören zu diesen Verboten und Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr (VuB) im materiell-rechtlichen Sinne außer solchen nichtwirtschaftlicher Art, z.B. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, des Schutzes der menschlichen Gesundheit, des Tier- und Pflanzenschutzes, auch sog. wirtschaftliche VuB, zu denen die des Außenwirtschaftsrechts zu rechnen sein werden, deren Einhaltung gemäß § 46 Abs.4 Satz 1 AWG durch die Zollbehörden zu überwachen ist (vgl. Bail-Schädel-Hutter, Zollrecht, B/1 Rz.16; Schwarz-Wockenfoth-Rahn, Zollgesetz, 2.Aufl., Lieferung November 1984, § 1 Anm.70; siehe ferner Begründung des Regierungsentwurfs eines Zollgesetzes, BTDrucks 3.Wahlperiode/2201, S.27, 34 = BZBl 1962, 36, die wirtschaftspolitische Ein- und Ausfuhrverbote oder -beschränkungen wie Embargo-Anordnungen zu den VuB zählt). Damit ist jedoch noch nicht entschieden, daß Streitigkeiten über Maßnahmen der Finanzbehörden zur Beachtung der VuB ausnahmslos von der Rechtswegzuweisung durch § 33 Abs.1 Nr.1, Abs.2 Satz 1 FGO erfaßt werden. Vielmehr legt schon der Wortlaut von § 33 Abs.2 Satz 1 FGO die Annahme nahe, daß der Finanzrechtsweg für Streitigkeiten dieser Art nur eröffnet sein soll --Entsprechendes gilt nach dem insoweit gleichlautenden § 347 Abs.2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Zulässigkeit der abgabenrechtlichen Rechtsbehelfe--, soweit die im Streit befindlichen finanzbehördlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Zollbehandlung bei der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr stehen. Das Wort "einschließlich" gibt sprachgebräuchlich an, daß etwas "dazugehört", was als Zubehör, wenn auch nicht als selbstverständliches, empfunden wird, was infolge seiner Zugehörigkeit in ein Ganzes einbezogen wird. Die Entstehung der Vorschrift (§ 33 Abs.2 Satz 1 FGO) belegt, daß der Gesetzgeber sie in diesem Sinne, als Rechtswegzuweisung für Streitigkeiten über VuB-Maßnahmen, die mit der "Verwaltung der Abgaben ..." zusammenhängen, die somit "zu" einer Zollbehandlung gehören, verstanden wissen wollte. In der Entwurfsfassung enthielt sie (als § 31) noch nicht den Zusatz "einschließlich der Maßnahmen ...". Erst der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages hatte die Ergänzung, die sodann Gesetz wurde, vorgeschlagen und zur Begründung ausgeführt (zu BTDrucks IV/3523, S.5):
"Ferner soll durch eine Einfügung in Absatz 2 sichergestellt werden, daß
Abgabenangelegenheiten im Sinne der Finanzgerichtsordnung auch Maßnahmen
der Zollbehörden bei der Überwachung des grenzüberschreitenden
Warenverkehrs sind. Der Wortlaut der Einfügung ist den §§ 1 und 15 des
Zollgesetzes entnommen, weil ihre Anwendung auf die mit der Bearbeitung
eines Zollantrages zusammenhängenden Verwaltungsakte und sonstigen
Maßnahmen einer Zollbehörde begrenzt sein soll. Nach Auffassung des
Rechtsausschusses handelt es sich in diesen Fällen um
Finanzverwaltungsakte, die sich gemäß § 1 Abs.1 Satz 3 des Zollgesetzes
als Ausübung der Steueraufsicht im Sinne der §§ 190 bis 201 der
Reichsabgabenordnung darstellen und für die daher der Finanzrechtsweg
zulässig sein muß."
Die von der Klägerin angeführten Materialien besagen dasselbe, wenn auch zum Teil mit anderen Worten.
Veranlaßt worden war der Zusatz durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 21.Mai 1965 VII C 50.64, BVerwGE 21, 159, BZBl 1965, 622 (vgl. Naumann, Deutsches Verwaltungsblatt 1966, 1, 5; Rümelin, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1965, 326, 330 Anm.8; Karl Friedrich Vogel, Zur Zulässigkeit des Finanzrechtsweges in Abgrenzung zu den anderen Verwaltungsrechtswegen, 1969, S.156, 158). Darin hatte das BVerwG entschieden, gegen den Zurückweisungsbescheid einer Zollstelle gemäß § 15 Abs.1 des Zollgesetzes (ZG) sei der Finanzrechtsweg auch gegeben, wenn die Zurückweisung des für eingeführte Waren gestellten Zollantrags auf einer VuB-Vorschrift --§ 9 des Getreidegesetzes-- beruhe, weil zu den der Verwaltung der Abgaben dienenden Maßnahmen auch solche gehörten, die von den Finanzbehörden im Rahmen der ihnen durch § 1 Abs.1 Satz 3 ZG a.F. originär übertragenen Steueraufsicht getroffen würden (BVerwGE 21, 159, 161, 163). Der Gesetzgeber wollte mit dem Zusatz in § 33 Abs.2 Satz 1 FGO ersichtlich die in diesem Urteil zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung auf eine klare gesetzliche Grundlage stützen und für alle Streitigkeiten über Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden und der Finanzbehörden des Landes Berlin zur Beachtung der VuB im Zusammenhang mit einer Zollbehandlung --ausgenommen öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über die Zurückweisung von Wein von der Einfuhr (§ 182 FGO)-- den Finanzrechtsweg eröffnen, bei gegebenem Zusammenhang mit einer Zollbehandlung selbst dann, wenn dabei nur über die Vorfrage gestritten wird, ob eine Ein- oder Ausfuhrbeschränkung besteht (kritisch zu der gesetzgeberischen Entscheidung, auch insoweit den Finanzrechtsweg zu eröffnen, Naumann, a.a.O.; Karl Friedrich Vogel, a.a.O., S.158). Jedoch setzt die Zulässigkeit des Finanzrechtsweges einen Zusammenhang der Streitigkeit über Maßnahmen zur Beachtung der VuB mit einer Zollbehandlung voraus. Daß der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags und --ihm folgend-- der Gesetzgeber diesen Zusammenhang für die Rechtswegzuständigkeit der Finanzgerichte für notwendig hielten, ergibt sich aus der vom Rechtsausschuß gewählten Begründung, die unter ausdrücklicher Bezugnahme auf §§ 1 und 15 ZG, deren Fassung die der Einfügung ("einschließlich ...") bestimmt hat, ausführt, die Rechtswegzuständigkeit solle auf die mit der Bearbeitung eines Zollantrags zusammenhängenden Maßnahmen "begrenzt" sein. Der Zusatz, dabei handele es sich um Finanzverwaltungsakte, die sich gemäß § 1 Abs.1 Satz 3 ZG a.F. als Ausübung der Steueraufsicht im Sinne der (Reichs-)Abgabenordnung darstellten, bezieht sich nur auf "diese Fälle" --Zusammenhang mit einer Zollbehandlung-- und besagt nicht, daß ohne einen solchen Zusammenhang Streitigkeiten über Maßnahmen der Zollbehörden zur Beachtung der VuB --Steueraufsicht i.S. von § 209 Abs.1 AO 1977, der insoweit den durch Art.33 Nr.1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) vom 14.Dezember 1976 (BGBl I 1976, 3341; BStBl I 1976, 694) als entbehrlich gestrichenen § 1 Abs.1 Satz 3 ZG ersetzen sollte (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs des EGAO, BTDrucks 7/261, S.46), oder zollamtliche Überwachung im Sinne des Zollrechts (Tipke/Kruse, a.a.O., § 209 AO Tz.2)-- der Finanzgerichtsbarkeit zugewiesen werden sollten.
Die so zu verstehende Entstehungsgeschichte des § 33 Abs.2 Satz 1 FGO bestätigt damit die Richtigkeit der sich aus dem Wortlaut der Vorschrift --"einschließlich"-- ergebenden Auslegung (zur Zulässigkeit der Heranziehung der die Wortauslegung bestätigenden Motive Senat, Urteil vom 5.Mai 1982 VII R 96/78, BFHE 136, 319, 326, mit Rechtsprechungsnachweisen). Diese Auslegung entspricht auch der Rechtslage, die sich aus den Zollvorschriften ergibt. Zwar soll die zollamtliche Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs auch --allgemein-- sichern, daß die VuB, darunter solche, die das Verbringen über die Hoheitsgrenze einschränken, beachtet werden (§ 1 Abs.1 und 4 ZG). Alle Maßnahmen indessen, die insoweit zollrechtlich in Betracht kommen, stehen jeweils, unmittelbar oder mittelbar, insbesondere über das Vorfeld der Erfassung, im Zusammenhang mit einer Zollbehandlung (vgl. insbesondere § 6 Abs.5 Satz 1, § 9 Abs.4, § 14 Satz 2, § 15 Abs.1 Nr.1, § 16 Abs.4, § 20 Abs.3 Satz 1 ZG; § 6 Abs.4 Satz 2, § 7 Abs.3, § 15 Abs.6 der Allgemeinen Zollordnung). In Übereinstimmung damit wird im Schrifttum --soweit ersichtlich, unangefochten-- die Auffassung vertreten, für Streitigkeiten über Maßnahmen zur Beachtung der VuB sei wegen des engen Zusammenhangs mit der Zollbehandlung der Finanzrechtsweg gegeben (v. Wallis, a.a.O., § 33 FGO Anm.67; Tipke/Kruse, a.a.O., § 33 FGO Tz.19; Ziemer-Birkholz, FGO, 3.Aufl., 1978, § 33 Tz.53 --Finanzrechtsweg insoweit "akzessorisch"--; vgl. --für Anträge nach dem Außenwirtschaftsrecht-- auch Schwarz-Wockenfoth-Rahn, a.a.O., mit dem Hinweis, diese Anträge würden im Rahmen der Zollbehandlung gestellt).
bb) Der Begriff der Zollbehandlung, mit der die zollamtliche Maßnahme zur Beachtung der VuB im Zusammenhang stehen muß, wenn der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben sein soll, darf nach Ansicht des Senats allerdings nicht eng verstanden werden. Er umfaßt, schon nach Zollrecht (vgl. § 9, § 10 Abs.1 und 2 ZG), nicht nur die (Einfuhr-)Zollbehandlung von Zollgut (§ 5 Abs.1, 2 und 5, § 56 Abs.2 Satz 1 ZG), insbesondere die Zollabfertigung, bei der hauptsächlich auf die Beachtung der VuB zu sehen ist, sondern auch die Zollbehandlung auszuführenden Zollguts. Auch Freigut in einem Freigutverkehr (§ 9 Abs.1 Nr.2 ZG) kann Gegenstand einer --neuen-- Zollbehandlung sein (vgl. z.B. § 39 Abs.6 Satz 1 ZG; siehe dazu Bail-Schädel-Hutter, a.a.O., B/9 Rz.1 a.E.); soweit dabei --was hier freilich noch weniger als bei auszuführenden Waren vorkommen dürfte-- Maßnahmen zur Beachtung der VuB ergriffen werden, wäre für Streitigkeiten darüber wegen Zusammenhangs mit einer Zollbehandlung der Finanzrechtsweg eröffnet. Einer zollrechtlichen Behandlung, damit einer "Zollbehandlung" im weiteren Sinne, unterliegen schließlich auszuführende Waren, die im Rahmen eines Zollverfahrens (z.B. passive Veredelung) wieder eingeführt werden sollen (zollamtliche Behandlung von Freigut aus zollrechtlichen Gründen, § 56 Abs.1 ZG; vgl. dazu Bericht des Finanzausschusses zu § 55 ZG i.d.F. des Regierungsentwurfs --jetzt § 56 ZG--, BTDrucks 3.Wahlperiode/2672, Nr.79 i.V.m. Nrn.74 und 77 = S.10), sowie endgültig auszuführende Waren, für die Ausfuhrabgaben vorgesehen sind (§ 17 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen vom 31.August 1972, BGBl I 1972, 1617, BZBl 1972, 1048; vgl. auch Schneider in Bail-Schädel-Hutter, a.a.O., G Rz.20 --Abschöpfungen bei der Ausfuhr--), ferner Waren, bei deren Ausfuhr Ausgleichsbeträge Währung (WAB) zu gewähren sind (Abgabenangelegenheit i.S. von § 33 Abs.2 Satz 1 FGO; Urteil des erkennenden Senats vom 23.November 1976 VII R 90/73, BFHE 121, 234, 237 f). Nicht Zollbehandlung sind dagegen zollamtliche Maßnahmen, die sich auf anderes Freigut beziehen, so Maßnahmen, die die Versandzollstelle bei auszuführendem Freigut nach den Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts trifft (Entgegennahme der Gestellung oder Anmeldung, § 9 Abs.1 Nr.1, Abs.2 AWV; Behandlung gemäß § 11 Abs.1 AWV). Solche Waren unterliegen nur der außenwirtschaftsrechtlichen Ausfuhrabfertigung (vgl. § 46 Abs.3 Satz 1 AWG), die sich als bloße "zollamtliche Behandlung" der Ausfuhrsendung darstellt (§ 9 Abs.1, § 11 Abs.1 Satz 3, Abs.2 AWV). Diese Behandlung richtet sich nicht, wie die Zollbehandlung, nach abgabenrechtlichen Vorschriften, sondern ausschließlich nach Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts, die eigens geschaffen worden sind, weil die Zollvorschriften für eine wirksame außenwirtschaftsrechtliche Überwachung der Ausfuhr von Freigut, das keiner Zollbehandlung bedarf, durch die Zollbehörden --§ 46 Abs.4 Satz 1 AWG, § 1 Abs.1 und 4 ZG-- nicht ausreichen (vgl. Nr.4 der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 46 AWG --§ 43 des Entwurfs--, BTDrucks 3.Wahlperiode/1285, S.261; Contag bei Schulz, Außenwirtschaftsrecht, Kommentar, 1965/1966, § 46 AWG Rz.6).
Ist der Gegenstand der zollamtlichen Behandlung abgabenrechtlicher Art - eigentliche Zollbehandlung; zollamtliche Behandlung von auszuführendem Freigut im Rahmen eines Zollverfahrens, zur Erhebung von Ausfuhrabgaben oder im Zusammenhang mit der Gewährung von WAB -, so handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit; ist er nicht abgabenrechtlicher Art, so wird die Behandlung nicht dadurch zur Abgabenangelegenheit, daß sie durch eine Zollstelle erfolgt. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die besondere Rechtswegzuweisung nach § 33 Abs.1 Nr.2 FGO, die nicht erforderlich wäre - für die Vollziehung von Verwaltungsakten der Zollstellen in nichtabgabenrechtlichen Angelegenheiten -, wenn sich bereits aus der Qualifikation der vollziehenden Behörde (als Finanzbehörde) ergäbe, daß es sich um den Vollzug in einer Abgabenangelegenheit handelte. Daß Waren zollamtlich zu behandeln sind, besagt noch nichts über die Rechtsnatur der zu behandelnden Angelegenheit. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, wie diese Angelegenheit rechtlich zu bewerten ist.
cc) Der Streitfall betrifft die außenwirtschaftsrechtliche Abfertigung auszuführenden Freiguts. Diese steht nicht im Zusammenhang mit einer Zollbehandlung im eigentlichen oder weiteren Sinne (Abgabenangelegenheit), wie er für Maßnahmen zur Beachtung der VuB bei der Einfuhr stets, bei der Ausfuhr nur in Sonderfällen (Ausfuhr von Zollgut, von Waren im Rahmen eines Zollverfahrens, von ausfuhrabgabenpflichtigen Waren sowie von Waren, für die WAB zu gewähren sind) gegeben ist. Im Streit befindlich ist vielmehr die außenwirtschaftsrechtliche Ausfuhrabfertigung selbst, eine Maßnahme zur Beachtung wirtschaftlicher VuB, und die Verpflichtung des HZA, die Waren --Freigut-- außenwirtschaftsrechtlich zur Ausfuhr abzufertigen. Eine Streitigkeit über solche isolierten, mit einer Zollbehandlung nicht zusammenhängenden Maßnahmen einer Zollbehörde wird von der Rechtswegzuweisung in § 33 Abs.1 Nr.1, Abs.2 Satz 1 FGO nicht erfaßt.
b) Der Finanzrechtsweg ist auch nicht nach § 33 Abs.1 Nr.2 bis 4 FGO gegeben.
Die Voraussetzungen der Rechtswegzuständigkeit nach § 33 Abs.1 Nr.2 FGO sind nicht erfüllt, weil Verwaltungsakte der Zollbehörde zur Beachtung der außenwirtschaftsrechtlichen VuB bei der Ausfuhr von Freigut mangels einer entsprechenden Bestimmung im Außenwirtschaftsrecht nicht nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind. Eine Rechtswegzuweisung nach § 33 Abs.1 Nr.4 FGO ist für Fälle der vorliegenden Art nicht erfolgt.
++/ 3. Ist in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten der Finanzrechtsweg --wie hier-- nicht eröffnet, so ist für sie, wenn sie nichtverfassungsrechtlicher Art sind und keine anderweitige Rechtswegzuweisung erfolgt ist, der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten gegeben (§ 40 Abs.1 Satz 1 VwGO). Örtlich zuständiges Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges ist im Streitfall das VG X (§§ 45, 52 Nr.2 VwGO).
Eine Entscheidung über die Kosten des Klageverfahrens vor dem FG war nicht zu treffen (vgl. § 136 Abs.4 FGO). Eine --mögliche-- Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens hält der Senat nicht für angebracht (vgl. zur Abstandnahme von dieser Kostenentscheidung Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.*Oktober 1982 II R 90/79, BFHE 137, 192, 194 f., BStBl II 1983, 180, 182). /++
Fundstellen
Haufe-Index 61150 |
BStBl II 1986, 410 |
BFHE 146, 7 |
BFHE 1986, 7 |
HFR 1986, 370-372 (ST) |