Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Genehmigungserklärung eines vollmachtlos Vertretenen
Leitsatz (NV)
Die Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB bedarf gemäß § 182 Abs. 2 BGB nicht der für das Rechtsgeschäft (hier: Grundstückskaufvertrag) bestimmten (notariellen) Form, d.h. sie kann wirksam auch formlos erklärt werden. Die Frage der materiellen Wirksamkeit einer Willenserklärung richtet sich nicht nach den Formvorschriften des BeurkG, sondern nach materiellem Recht.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 177 Abs. 1, § 182 Abs. 2; BeurkG §§ 9, 13a, 39
Verfahrensgang
Sächsisches FG (EFG 2002, 486) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GbR, bestehend aus den Gesellschaftern A, B und C, kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 17. August 1994 ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 2 610 270 DM. Bei der Beurkundung trat der Gesellschafter A im eigenen Namen sowie als vollmachtsloser Vertreter für den Gesellschafter B auf. Dieser genehmigte die von A abgegebenen Erklärungen durch schriftliche Erklärung vom 18. August 1994. Die Unterschrift unter dieser Erklärung wurde von dem Notar, der auch den Grundstückskaufvertrag beurkundet hatte, beglaubigt. Dieser wurde von B ermächtigt, die Genehmigung auch den übrigen Beteiligten mitzuteilen.
Wegen dieses Grunderwerbs setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) durch Bescheid vom 13. August 1996 Grunderwerbsteuer in Höhe von 52 205 DM gegen die Klägerin fest. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Bescheid wurde dem Gesellschafter A für die Klägerin bekannt gegeben.
Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, der Bescheid habe allen Gesellschaftern bekannt gegeben werden müssen und der Kaufvertrag vom 17. August 1994 sei nicht wirksam zustande gekommen, weil die Gesellschafter der Klägerin diesen wegen arglistiger Täuschung angefochten hätten, wurde vom FA mit Bescheid vom 12. November 1998 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin darüber hinaus geltend, dass der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht worden sei. Hierzu verwies sie auf eine Aufhebungsvereinbarung vom 26. Mai 1998 und trug vor, der Kaufpreis habe wegen fehlender Finanzierungsmöglichkeiten nicht gezahlt werden können.
Das FA hat den Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides nach § 16 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) abgelehnt und auch den Einspruch hiergegen als unbegründet zurückgewiesen. Über die Klage, die den Antrag nach § 16 GrEStG 1983 zum Gegenstand hat, hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.
Das FG hat der Klage stattgegeben und die angefochtene Steuerfestsetzung aufgehoben. In dem ―in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 486 veröffentlichten― Urteil führt das FG aus, dass der Kaufvertrag vom 17. August 1994 nicht wirksam zustande gekommen sei. Der Notar habe die Formvorschrift des § 13a des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) nicht beachtet, weil er "bei der Genehmigung" durch B den Kaufvertrag vom 17. August 1994 nicht verlesen habe. Wegen der sich daraus ergebenden Formnichtigkeit sei der Kaufvertrag nicht steuerbar.
Mit der ―vom FG zugelassenen― Revision rügt das FA fehlerhafte Rechtsanwendung von § 125 und § 182 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie § 13a BeurkG. Die Genehmigungserklärung unterliege nicht dem Beurkundungszwang nach § 313 BGB (heute: § 311b Abs. 1 BGB).
Das FA beantragt, das Urteil des Sächsischen FG vom 26. April 2001 4 K 2078/98 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG ist zu Unrecht von der Unwirksamkeit der Genehmigungserklärung des B wegen Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 13a BeurkG ausgegangen. Es hat verkannt, dass die Genehmigungserklärung des Gesellschafters B nicht notariell beurkundet, sondern lediglich die Unterschrift des B notariell beglaubigt wurde.
Nach § 8 BeurkG ist bei der Beurkundung von Willenserklärungen eine Niederschrift aufzunehmen, die die in § 9 BeurkG im Einzelnen aufgezählten Merkmale enthalten und ―für den Fall der Verweisung auf andere Urkunden― nach § 13a BeurkG weiteren Formerfordernissen (Beifügungs- und Verlesungspflichten) genügen muss. Diese weitgehenden Regularien gelten jedoch nicht für "sonstige Beurkundungen" i.S. des Dritten Abschnittes des Gesetzes, zu denen auch die bloße Beglaubigung einer Unterschrift gehört (§ 40 BeurkG). Hier bedarf es nach § 39 BeurkG keiner Niederschrift i.S. von § 8 BeurkG, die den Formerfordernissen des Zweiten Abschnittes dieses Gesetzes ("Beurkundung von Willenserklärungen") entspricht. Vielmehr genügt hier lediglich das Zeugnis, die Unterschrift, das Siegel und der Ausstellungsvermerk. Einer Verlesung irgendwelcher Urkunden bedarf es hier nicht.
Das FG hat darüber hinaus auch nicht beachtet, dass der von ihm fälschlicherweise angenommene Formfehler allenfalls zur formellen Nichtigkeit der "Urkunde" hätte führen können, nicht jedoch die Genehmigungserklärung als solche ungültig gemacht hätte. Denn die Frage der materiellen Wirksamkeit einer Willenserklärung richtet sich nicht nach den Formvorschriften des BeurkG, sondern nach materiellem Recht (vgl. hierzu Keidel/Winkler, Beurkundungsgesetz, 14. Aufl., § 9 Rdnr. 66 ff.). Schreibt dieses für eine Willenserklärung keine besondere Form vor, behält diese ihre Wirksamkeit auch dann, wenn sie unter Verstoß gegen Formvorschriften zustande gekommen ist. So liegen die Dinge im Streitfall, weil die Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB gemäß § 182 Abs. 2 BGB nicht der für das Rechtsgeschäft (hier: Grundstückskaufvertrag) bestimmten (notariellen) Form bedarf, d.h. formlos erklärt werden durfte (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 25. Februar 1994 V ZR 63/93, BGHZ 125, 218, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1344; Schramm in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 177 Rdnr. 39, m.w.N.).
2. Die Sache ist nicht spruchreif.
Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend prüfen zu können, ob die Klägerin durch den Kaufvertrag vom 17. August 1994 einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung an einem inländischen Grundstück erworben hat. Dies ist nicht der Fall, wenn die von ihren Gesellschaftern abgegebenen Willenserklärungen ―wie die Klägerin behauptet― wirksam angefochten worden sind. Denn eine wirksame Anfechtung führt zur ―von Anfang an bestehenden― Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts (§ 142 BGB) und ist über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 als Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen (vgl. wegen der Einzelheiten: Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rdnr. 331).
Fundstellen
Haufe-Index 985337 |
BFH/NV 2003, 1449 |