Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuer
Leitsatz (amtlich)
Grundbesitz von Trägern der Sozialversicherung ist, wenn er von diesen für die besonderen Zwecke der Sozialversicherung benutzt wird, von der Grundsteuer befreit.
Normenkette
GrStG § 4 Ziff. 1, § 4/3
Tatbestand
Der Einheitswert des Verwaltungsgebäudes der Landesversicherungsanstalt N. beträgt ..... DM, der Grundsteuermeßbetrag ..... DM. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) benutzt das Grundstück hauptsächlich für die Zwecke der Sozialversicherung: kleinere Teile des Grundstücks sind zur Zeit noch zu Wohnzwecken und zu fremden gewerblichen Zwecken vermietet.
Die Bfin. hat beantragt, den Teil des Grundstücks, den sie für die Zwecke der Sozialversicherung benutzt, ab 1. April 1951 von der Grundsteuer zu befreien. Sie ist der Auffassung, daß sich die Befreiung aus der Vorschrift des § 4 Ziff. 3 Buchstabe b des Grundsteuergesetzes (GrStG), die durch das Grundsteuer- änderungsgesetz vom 10. August 1951 eingefügt worden sei, ergebe. Nach dieser Vorschrift sei ab 1. April 1951 der Grundbesitz inländischer Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienten, von der Grundsteuer befreit, wenn der Grundbesitz von dem Eigentümer unmittelbar für gemeinnützige Zwecke benutzt werde. Die Landesversicherungsanstalt sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und falle ohne Zweifel unter die gemeinnützigen inländischen Körperschaften.
Das Finanzamt hat den Antrag der Bfin. abgelehnt. Es hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, daß aus der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts sich nicht ohne weiteres die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ergebe. Es werde nicht verkannt, daß die Bfin. öffentliche Aufgaben erfülle und damit in einem gewissen Umfange eine hoheitliche Tätigkeit ausübe. Es dürfe aber nicht übersehen werden, daß auch bei den Sozialversicherungsträgern die Versicherung im wesentlichen auf Leistung und Gegenleistung beruhe und sich daher nicht grundsätzlich von den privaten Versicherungen unterscheide. Dem für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit geforderten Merkmal der "Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit" widerspreche es, daß auch Nichtversicherungspflichtige ihren Eintritt in die Versicherung erklären könnten. Damit trete die Bfin. schon rein äußerlich und tatsächlich in Wettbewerb mit anderen Versicherungsunternehmen und verliere den Charakter der ausschließlichen Gemeinnützigkeit.
Die Sprungberufung der Bfin. hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte in seiner Entscheidung im wesentlichen die Auffassung des Finanzamts.
Demgegenüber bestreitet die Bfin., daß eine Konkurrenz zwischen den Sozialversicherungsträgern und den privaten Versicherungsunternehmen bestehe. Außerdem sei die Zahl der echten Selbstversicherer sehr gering. Im übrigen sei die Selbstversicherung in Wirklichkeit keine Versicherung mehr, sondern eine freiwillige Hingabe in die Fürsorge des Staates, die von versicherungsmathematischen Voraussetzungen gänzlich gelöst sei.
Das Finanzamt hat im Laufe des Verfahrens zur Sache noch ergänzend vorgetragen: Die Bfin. sei zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die einen Teil der öffentlichen Verwaltung darstelle; ihre Tätigkeit diene daher überwiegend öffentlichen Zwecken. Im Grundsteuerrecht werde aber ausdrücklich zwischen öffentlichen und gemeinnützigen Zwecken unterschieden. Die öffentlichen Zwecke seien im Steuerrecht den gemeinnützigen Zwecken nicht gleichzusetzen. Aus diesem Grunde könne die Bfin. mit ihrem Grundstück nicht unter die Befreiungsvorschrift fallen, die nur für die ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Körperschaften usw. gelte. Das Grundsteuergesetz biete eben keine Möglichkeit, daß strittige Grundstück der Bfin. in dem begehrten Umfang von der Grundsteuer zu befreien.
Der Bundesminister der Finanzen, der im Verfahren über die Rechtsbeschwerde wegen der Bedeutung der streitigen Frage um Beteiligung ersucht worden ist, ist zwar dem Verfahren nicht förmlich beigetreten, hat jedoch ausführlich zur Sache Stellung genommen. In seinen Ausführungen hebt er hervor, daß der Gesetzgeber trotz der Einfügung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund durch das Grundsteuer-änderungsgesetz die anderen Befreiungsvorschriften, die teilweise ebenfalls den Tatbestand der Gemeinnützigkeit umfaßten (z. B. § 4 Ziff. 4 GrStG, sportliche Zwecke), nicht umgestaltet, sondern in ihrem Aufbau bestehen gelassen habe. Er habe insbesondere auch die Befreiungsvorschriften für den Grundbesitz, der für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt werde, aufrechterhalten. Das GrStG unterscheide somit bei den Befreiungsgründen nach wie vor zwischen "öffentlichem Dienst oder Gebrauch" und den "gemeinnützigen Zwecken". Grundbesitz, der für einen "öffentlichen Dienst oder Gebrauch" benutzt werde, sei nur befreit, wenn der begünstigte Zweck durch eine Gebietskörperschaft ausgeübt werde. Grundbesitz, der für "gemeinnützige Zwecke" benutzt werde, sei bei Gebietskörperschaften befreit, ohne daß es besonderer Bindungen und Sicherungen, wie es die Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) für Körperschaften im Sinne von § 4 Ziff. 3 Buchstabe b GrStG vorschreibe, bedürfe. Bei den anderen Körperschaften sei in subjektiver Beziehung Voraussetzung für die Steuerbefreiung des Grundbesitzes wegen Benutzung für gemeinnützige Zwecke, daß es sich um Körperschaften handle, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienten; in objektiver Hinsicht müsse der Grundbesitz unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt werden.
Die Sozialversicherungsträger übten ihre Tätigkeit kraft besonderen Gesetzes (Reichsversicherungsordnung) aus. Sie seien Körperschaften des öffentlichen Rechts und erfüllten in der Hauptsache öffentliche Aufgaben; ihre Betriebe gehörten zu den Hoheitsbetrieben, wenn in ihnen überwiegend Mitglieder und Angehörige des betreffenden Versicherungsträgers behandelt würden (Abschnitt 12 der Körperschaftsteuer-Richtlinien - KStR - 1951). öffentliche Zwecke seien zwar in tatsächlicher Hinsicht den gemeinnützigen Zwecken gleichzustellen oder gar voranzustellen. Trotzdem habe der Gesetzgeber diese Tatsache nicht zum Anlaß genommen, bei der Einführung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund gleichzeitig die Befreiungsvorschriften des § 4 Ziff. 1 Buchstabe a und § 4 Ziff. 3 Buchstabe a GrStG auf die Sozialversicherungsträger auszudehnen. Er habe die Sozialversicherungsträger nicht denjenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften gleichgestellt, deren Grundbesitz bei der Benutzung für öffentliche Zwecke steuerbefreit sei. Da das GrStG zwischen "öffentlichen Zwecken" und "gemeinnützigen Zwecken" unterscheide, setze es bei Anwendung der Befreiungsvorschriften die "öffentlichen Zwecke" den "gemeinnützigen Zwecken" nicht gleich. Die Sozialversicherungsträger seien in ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Träger der Sozialversicherung somit nicht Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der GemV dienten. Man werde daher den Grundbesitz der Sozialversicherungsträger, den sie für ihre besonderen Zwecke benutzten, nach dem Wortlaut des Gesetzes und der objektiven Auslegungstheorie (siehe z. B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Mai 1952, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. I S. 299) nicht von der Grundsteuer freistellen können.
In seinen weiteren Ausführungen teilt der Bundesminister der Finanzen mit, daß bei den Beratungen über den Entwurf zum Grundsteuer-änderungsgesetz das Problem der grundsteuerlichen Behandlung des Grundbesitzes der Sozialversicherungsträger nicht aufgeworfen worden sei. Bei den Besprechungen mit den Verbänden sei zwar beantragt worden, für die verschiedenen Vertretungen der Wirtschaft (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern) eine Befreiung des für ihre besonderen Zwecke benutzten Grundbesitzes von der Grundsteuer einzuführen und den § 4 Ziff. 1 Buchstabe a GrStG entsprechend zu erweitern. Diese Erweiterung sei bewußt nicht eingeführt worden. Die Erörterungen hätten sich aber - ebenso wie der Antrag - nur auf eine Befreiung des Grundbesitzes der Kammern der gewerblichen Wirtschaft, nicht dagegen der Sozialversicherungsträger bezogen. Das Problem der grundsteuerlichen Behandlung des Grundbesitzes der Sozialversicherungsträger sei erst nach Erlaß des Grundsteuer- änderungsgesetzes angeschnitten worden. Aus der Tatsache, daß eine Grundsteuerbefreiung des Grundbesitzes der berufsständischen Vertretungen bewußt nicht eingeführt worden sei, könne deshalb nicht geschlossen werden, daß hinsichtlich des Grundbesitzes der Sozialversicherungsträger in gleicher Weise verfahren worden wäre, wenn die Frage vor Erlaß des änderungsgesetzes aufgeworfen worden wäre; denn die Träger der Sozialversicherung könnten grundsteuerrechtlich mit den berufsständischen Vertretungen nicht gleichgestellt werden. Bei den berufsständischen Vertretungen handle es sich um Vertretungen bestimmter Wirtschaftskreise; die Sozialversicherungsträger dagegen erfüllten Aufgaben, die der Allgemeinheit zugute kämen.
Weiter hebt der Bundesminister der Finanzen hervor, daß man bei der Vielzahl von Einrichtungen, für die eine Steuerbefreiung wegen Benutzung für gemeinnützige Zwecke in Betracht komme, bei Erlaß des änderungsgesetzes die Auswirkungen und Weiterungen, die sich aus der Einführung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund in der Praxis ergeben mußten, im einzelnen nicht in vollem Umfange habe übersehen können. Daraus sei es wohl zu erklären, daß die Folge, die sich aus dem Wortlaut des GrStG für die Sozialversicherungsträger ergeben habe, seinerzeit nicht klar erkennbar und daher die grundsteuerliche Behandlung ihres Grundbesitzes nicht Gegenstand von Erörterungen gewesen sei. Wenn der Gesetzgeber die Grundsteuerbefreiung auf die gemeinnützigen Zwecke ausgedehnt habe, dürfte es nach dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschriften kaum anzunehmen sein, daß der Gesetzgeber die entsprechenden öffentlichen Zwecke, soweit sich aus den Beratungen nichts anderes ergebe, habe schlechter behandeln wollen, als die gemeinnützigen Zwecke.
Zum Schluß seiner Ausführungen weist der Bundesminister der Finanzen noch darauf hin, daß bei Auslegung der Befreiungsvorschriften nach der objektiven Theorie die Hoheitsbetriebe von Sozialversicherungsträgern grundsteuerlich schlechter gestellt würden als ihre unter dem Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit steuerbefreiten Betriebe gewerblicher Art. Auch dieses Ergebnis entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschriften.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde führt zur Befreiung des streitigen Grundstücks von der Grundsteuer in dem von der Bfin. beantragten Umfang.
Die Frage der Heranziehung des Grundbesitzes, der zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch oder für gemeinnützige Zwecke benutzt wird, zur Grundsteuer hat verschiedene Wandlungen mitgemacht.
Die meisten früheren Landesgesetze hatten die Grundsteuerbefreiung wegen Benutzung des Grundbesitzes zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch oder für gemeinnützige Zwecke sehr eng gehalten. So waren z. B. nach § 15 des Preußischen Grundvermögensteuergesetzes vom 14. Februar 1923 (Gesetzsammlung - GS - S. 29) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 b bis k und Abs. 3 des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (GS S. 152) nur die den Gebietskörperschaften gehörigen Grundstücke und Gebäude, sofern diese zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch bestimmt waren, von der Grundsteuer befreit. Die sonstigen inländischen Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts waren mit ihrem Grundbesitz, auch wenn dieser von ihnen für öffentliche Zwecke benutzt wurde, nicht in die Steuerbefreiung einbezogen. Auch der Begriff der Gemeinnützigkeit galt nicht allgemein als Befreiungsgrund; statt dessen wurden typische Fälle, wie Universitäts- und andere zum öffentlichen Unterricht bestimmten Gebäude, Armen-, Waisen- und öffentliche Krankenhäuser, Gefängnis-, Besserungs-, Bewahrungsanstalten usw. von der Grundsteuer befreit.
Nach der Regelung des Grundsteuerrahmengesetzes - GrStRG - (Dritter Teil Kap. II der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930, Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 517, 531) war nicht nur Grundbesitz, der von Gebietskörperschaften für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, steuerfrei, sondern auch Grundbesitz, der von allen sonstigen inländischen Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts für solche Zwecke benutzt wird. Außerdem gewährte das GrStRG unter bestimmten Voraussetzungen auch Befreiung wegen Benutzung des Grundbesitzes für gemeinnützige Zwecke.
Für die Ausgestaltung der Befreiungsvorschriften des GrStG vom 1. Dezember 1936 war, wie sich aus der amtlichen Begründung (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1937 S. 717) ergibt, der Gedanke maßgebend, die Befreiungen möglichst eng zu halten. Demgemäß wurde in diesem Gesetz die Befreiung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften von der Grundsteuer abweichend von der Regelung im GrStRG und in übereinstimmung mit der Mehrzahl der früheren Landesgesetze erheblich eingeschränkt. Im Zuge dieser Einschränkung wurde aus dem Kreis der öffentlich-rechtlichen Körperschaften nurmehr den Gebietskörperschaften die Grundsteuerbefreiung für den Grundbesitz zugebilligt, der von ihnen für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird. Gleichzeitig wurde aber auch die Gemeinnützigkeit nicht mehr allgemein als Befreiungsgrund anerkannt; statt dessen wurden nach dem Vorbild der früheren Landesgesetze einzelne Zwecke, die an sich unter den Begriff der Gemeinnützigkeit fallen, in die Befreiungsvorschriften aufgenommen (z. B. sportliche Zwecke in § 4 Ziff. 4 GrStG, Zwecke der Wissenschaft, der Erziehung und des Unterrichts in § 4 Ziff. 7 GrStG).
Aus dem Vorstehenden ist die Tendenz zu erkennen, die Befreiungen von der Grundsteuer aufeinander abzustimmen. War die Befreiung des Grundbesitzes von öffentlich-rechtlichen Körperschaften eng gehalten, wurden auch die Befreiungen für andere, insbesondere aber gemeinnützige Zwecke eingeschränkt; umgekehrt wurden bei Erweiterung der Befreiungsvorschriften für öffentlich-rechtliche Körperschaften auch die übrigen Befreiungsvorschriften erweitert. Diese Abstimmung der Befreiungsvorschriften war notwendig, um Berufungen nicht begünstigter Körperschaften usw. zu vermeiden, die nach ihren Zwecken mit demselben Recht Anspruch auf Befreiung hätten erheben können wie andere begünstigte Körperschaften. Bei Erlaß des Grundsteuer-änderungsgesetzes vom 10. August 1951 wurden neuerdings die Befreiungsvorschriften des geltenden GrStG dadurch erheblich erweitert, daß die Gemeinnützigkeit wieder als allgemeiner Befreiungsgrund in das GrStG (§ 4 Ziff. 3) eingefügt wurde. Trotzdem wurden, worauf der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme besonders hinweist, die anderen Befreiungsvorschriften des GrStG nicht umgestaltet, sondern in ihrem bisherigen Aufbau aufrechterhalten. Insbesondere wurde also trotz der Einfügung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund die sonstigen Tatbestände, die teilweise ebenfalls den Begriff der Gemeinnützigkeit erfüllen (z. B. die sportlichen Zwecke nach § 4 Ziff. 4 GrStG) nicht umgestaltet, sondern in ihrem Aufbau beibehalten. Auch die Vorschrift des § 4 Ziff. 1 Buchstabe a GrStG über die Befreiung des von Gebietskörperschaften für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendeten Grundbesitzes blieb unverändert; vor allem wurde diese Befreiungsvorschrift nicht - entsprechend der Regelung im GrStRG - auf sonstige inländische Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts ausgedehnt.
Die Bfin. ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Hierüber besteht unter den Beteiligten kein Streit. Die Bfin. ist aber keine Gebietskörperschaft. Die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 1 Buchstabe a GrStG bezieht sich nach ihrem klaren Wortlaut nur auf Gebietskörperschaften. Die Bfin. kann demnach aus dieser Gesetzesvorschrift heraus nicht mit ihrem Verwaltungsgebäude von der Grundsteuer befreit werden.
Das Finanzamt hat auch mit Recht darauf hingewiesen, daß im Grundsteuerrecht ausdrücklich zwischen öffentlichen und gemeinnützigen Zwecken unterschieden werde und daß überhaupt im Steuerrecht die öffentlichen Zwecke den gemeinnützigen Zwecken nicht gleichzusetzen seien. Dieser Auffassung, die auch der Bundesminister der Finanzen teilt, ist beizutreten. Hieraus ergibt sich aber dann, daß die Träger der Sozialversicherung nicht Körperschaften sind, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinn der GemV dienen, so daß auch eine Befreiung des Verwaltungsgebäudes der Bfin. aus § 4 Ziff. 3 Buchstabe b GrStG nicht möglich ist. Auch im Körperschaftsteuerrecht werden die "öffentlichen Zwecke" von den "gemeinnützigen Zwecken" unterschieden. Bei der Körperschaftsteuer unterliegen zwar nicht die Körperschaften des öffentlichen Rechts, wohl aber Betriebe gewerblicher Art von solchen Körperschaften der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG -). Jedoch werden Betriebe von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe) nicht zu den Betrieben gewerblicher Art gerechnet; diese Betriebe sind von der Körperschaftsteuer freigestellt. Unabhängig von dieser Vorschrift können andere Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die keine Hoheitsbetriebe sind, wegen "Gemeinnützigkeit" von der Körperschaftsteuer befreit werden (§ 2 Abs. 2 GemV). Die Betriebe der öffentlich-rechtlichen Träger der Reichsversicherung (Sozialversicherung) gelten nach Abschnitt 12 KStR 1951 dann als Hoheitsbetriebe, wenn in ihnen überwiegend Mitglieder und Angehörige des betreffenden Sozialversicherungsträger behandelt werden. Andere Betriebe gewerblicher Art von Sozialversicherungsträgern können dann von der Körperschaftsteuer freigestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen der GemV erfüllen. Hieraus ergibt sich somit, daß auch im Körperschaftsteuerrecht zwischen "öffentlichen Zwecken" und "gemeinnützigen Zwecken" unterschieden wird.
Die Entschließung des Gesetzgebers (trotz der erheblichen Erweiterung der Befreiungsvorschriften durch Einfügung der Gemeinnützigkeit in das GrStG als Befreiungsgrund) von der Umgestaltung der übrigen Befreiungsvorschriften dieses Gesetzes abzusehen, diese vielmehr in ihrem bisherigen Aufbau beizubehalten, führt tatsächlich zu einer steuerlichen Schlechterstellung der Sozialversicherungsträger gegenüber gemeinnützigen Körperschaften, weil im Steuerrecht eben eine Unterscheidung zwischen öffentlichen Zwecken und gemeinnützigen Zwecken gemacht wird. Dabei müssen aber die öffentlichen Zwecke, die von den Trägern der Sozialversicherung erfüllt werden, den gemeinnützigen Zwecken tatsächlich mindestens gleichgestellt oder sogar vorangestellt werden. Aus diesem Grund hat wohl auch das Lastenausgleichsgesetz (LAG) in seinen Befreiungsvorschriften die Träger der Sozialversicherung ausdrücklich aufgeführt. Der erkennende Senat muß annehmen, daß der Gesetzgeber, wenn er bei den Beratungen zum Entwurf des Grundsteuer-änderungsgesetzes das Problem der grundsteuerrechtlichen Behandlung des Grundbesitzes der Sozialversicherungsträger geprüft hätte, diese in irgend einer Form in die erweiterten Befreiungsvorschriften einbezogen hätte. Der Umstand, daß auf Grund der Beratungen der Grundsteuerbefreiung des für die besonderen Zwecke der berufsständischen Vertretungen (Handelskammern, Handwerkskammern und Landwirtschaftskammern) benutzten Grundbesitzes versagt worden ist, spricht nicht gegen diese Annahme. Die letztere Entschließung des Gesetzgebers ist ohne weiteres verständlich, wenn man bedenkt, daß die berufsständischen Vertretungen einmal nicht in allen Ländern die Eigenschaft von Körperschaften des öffentlichen Rechts besitzen. Zum anderen können - was entscheidend ist und worin dem Bundesminister der Finanzen beizutreten ist - die Träger der Sozialversicherung grundsteuerrechtlich den berufsständischen Vertretungen nicht gleichgestellt werden (im übrigen steht auch hier nicht die Grundsteuerpflicht der berufsständischen Vertretungen zur Entscheidung).
Auf Grund der vorstehenden Erwägungen kommt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, daß bei Erlaß des Grundsteuer-änderungsgesetzes die Auswirkungen und Weiterungen, die sich aus der Einführung der Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund in der Praxis ergeben mußten, im einzelnen - hierauf hat auch der Bundesminister der Finanzen hingewiesen - nicht in vollem Umfange übersehen werden konnten und daß bei der Formulierung der Befreiungsvorschriften im Grundsteuer-änderungsgesetz eine offensichtliche Lücke entstanden ist. Derartige offensichtliche Lücken in den gesetzlichen Vorschriften auszufüllen, ist Recht und Pflicht des obersten Steuergerichts. Grundbesitz der Sozialversicherungsträger ist daher, wenn der Grundbesitz von diesen für die besonderen Zwecke der Sozialversicherung benutzt wird, von der Grundsteuer zu befreien.
Im Streitfall ist die Vorentscheidung sowie der Bescheid des Finanzamts vom 3. Januar 1952 aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den Feststellungen des Finanzamts, denen die Bfin. nicht widersprochen hat, entfällt auf den steuerpflichtigen Teil des strittigen Grundstücks ein Grundsteuermeßbetrag von ..... DM.
Die Entscheidung im Kostenpunkt beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 408012 |
BStBl III 1954, 333 |
BFHE 1955, 318 |
BFHE 59, 318 |