Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei Lieferung eines Ehegatten an die Ehegattengemeinschaft; Rechnungsbesitz im Veranlagungszeitraum als Voraussetzung für einen Vorsteuerabzug
Leitsatz (NV)
1. Aus der Rechnung über Lieferungen von Gegenständen an eine Ehegattengemeinschaft kann ein Ehegatte keine Vorsteuerbeträge absetzen.
2. Der Unternehmer muß spätestens am Ende des Veranlagungszeitraums, für den er den Vorsteuerabzug geltend macht, im Besitz der Rechnung über die Lieferung oder über die sonstige Leistung für sein Unternehmen sein.
Normenkette
UStG 1973 § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Voraussetzungen für die Absetzung von Vorsteuerbeträgen aus dem Erwerb der N. Bar - jedenfalls im Streitjahr 1974 - nicht vorliegen.
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 kann ein Unternehmer unter weiteren für die Entscheidung unerheblichen Voraussetzungen die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Es kann dahinstehen, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt werden durfte, der Erklärungsinhalt der von ihm vorgelegten Rechnung widerspreche dem schriftlich vereinbarten Entgelt für den berechneten Umsatz. Die Vorentscheidung erweist sich schon aus anderen Gründen als zutreffend.
a) Die im Zusammenhang mit der Veräußerung der N. Bar von dem Veräußerer A erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen sind nicht an den Kläger für dessen Unternehmen ausgeführt worden. Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird grundsätzlich an diejenige Person i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 ausgeführt, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, welches dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. September 1984 V B 10/84, BFHE 142, 164, BStBl II 1985, 21; BFH-Urteil vom 26. Januar 1984 V R 65/76, BFHE 140, 121, BStBl II 1984, 231).
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) war nicht der Kläger, sondern die aus ihm und seiner Ehefrau bestehende Ehegattengemeinschaft aus dem Kaufvertrag vom 3. Dezember 1973 über den Verkauf der N. Bar berechtigt und verpflichtet. Das FG hat auch keine Anzeichen für eine Vertragsumstellung auf den Kläger festgestellt (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 1. August 1985 V S 2/85, BFH/NV 1986, 121). Die Rechnung mit dem Datum des 1. April 1974 gibt dafür nichts her. Sie nimmt ausdrücklich auf den Kaufvertrag vom 3. Dezember 1973, den die Eheleute geschlossen haben, Bezug. Im übrigen kann die Rechnung keine verbindlichen Angaben darüber enthalten, wer Empfänger der in Rechnung gestellten Leistungen war. Dafür ist die wirkliche Rechtslage, die sich aus den vertraglichen Beziehungen der Beteiligten erschließt, maßgebend (vgl. Weiß, Betriebs-Berater 1980, 1433, 1436). Damit nicht übereinstimmende Erklärungen des Rechnungsausstellers über den Leistungsempfänger (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UStG 1973) können, solange sie nicht berichtigt worden sind, den Vorsteuerabzug nicht beeinflussen.
b) Dem Begehren des Klägers steht außerdem entgegen, daß die vorhandenen Feststellungen nicht die Annahme erlauben, daß er im Veranlagungszeitraum 1974, in dem er den Vorsteuerabzug geltend macht, schon im Besitz der Rechnung über die Veräußerung der N.Bar war, aus der er seinen Anspruch ableitet.
Die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsunterlagen müssen in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem der Unternehmer den Abzug geltend macht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG 1973), also spätestens am Ende des Veranlagungszeitraums (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1976 V R 107/73, BFHE 121, 106, BStBl II 1977, 273 unter 2.).
Der leistende Unternehmer stellt dem Empfänger einer Leistung Steuer i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 gesondert in Rechnung, wenn er ein Abrechnungspapier mit diesen Angaben erstellt und an den Leistungsempfänger (oder einen beauftragten Dritten) aushändigt (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283). Erst mit der körperlichen Übergabe des Abrechnungspapiers wird der Wille des leistenden Unternehmers mit Wirkung für die Umsatzsteuer verwirklicht, dem Leistungsempfänger Steuer für eine Leistung gesondert in Rechnung zu stellen. Die vorhandenen Feststellungen lassen nicht den Schluß zu, daß der Verkäufer dem Kläger die Rechnung mit dem Datum des 1. April 1974 schon im Veranlagungszeitraum 1974 überlassen hat. Selbst wenn angenommen wird, daß der Verkäufer der die Rechnung schon an diesem Tag ausgestellt hätte, ist kein Hinweis dafür vorhanden, daß er sie dem Kläger schon 1974 überlassen hat. Da der Kläger die Rechnung trotz Aufforderung bis zur Bekanntgabe des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids vom 6. April 1976 nicht vorgelegt hat und auch nicht behauptet hat, daß er im Besitz dieser Rechnung gewesen sei, ist davon auszugehen, daß er sie erst während des Einspruchsverfahrens hat beschaffen können. Er hat sie dem FA nach den finanzgerichtlichen Feststellungen erst mit einem Schreiben vom 9. Juli 1976 vorgelegt. Damit waren jedenfalls im Streitjahr die Voraussetzungen für den von ihm geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht vorhanden.
Fundstellen
Haufe-Index 61658 |
BFH/NV 1987, 404 |