Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der ausschließlich an Mitglieder gewährten Kredite einer Kreditgenossenschaft.
Normenkette
KStG § 23; KStDV § 34
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
I. Bescheid Bei Kreditgenossenschaften, die Kredite ausschließlich ihren Mitgliedern gewähren, wird die Steuer auf 1/3 ermäßigt (§ 34 KStDV 1953). Es handelt sich hier um eine Ausnahmevorschrift, die eng ausgelegt werden muß (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 39/33 vom 17. Januar 1934 - RStBl 1934 S. 616, Slg. Bd. 35 S. 196 - und Urteil des Bundesfinanzhofs I 197/58 U vom 24. Februar 1959 - BStBl 1959 III S. 201, Slg. Bd. 68 S. 529 -). Im Urteil I 197/58 U kam der Senat zu dem Ergebnis, daß bei der Umwandlung eines Einzelunternehmens, dessen Inhaber Mitglied der Genossenschaft war, in eine GmbH, eine OHG oder eine KG die Mitgliedschaft nicht auf die Personengesellschaft oder die GmbH übergeht und daß, wenn die Personengesellschaft nicht durch eine Beitrittserklärung und Eintragung in die Liste der Genossen die Mitgliedschaft erwirbt, Kredite an diese Personengesellschaften Nichtmitgliederkredite darstellen. An dieser Auffassung, die mit den Ausführungen des Finanzgerichts übereinstimmt, hält der Senat fest. Da schon ein einziges Nichtmitgliedergeschäft, wenn es nicht aus besonderen Gründen oder wegen Geringfügigkeit außer Betracht gelassen werden kann, zur Versagung der Steuervergünstigung ausreicht, bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Finanzgericht bei den Veranlagungen II/1948 bis 1952 den vollen Steuersatz anwandte.
Die Vergünstigung des § 34 KStDV 1953 hängt davon ab, daß kein Nichtmitgliedergeschäft vorliegt. Liegt objektiv eine Kreditgewährung an ein Nichtmitglied vor, so ist es nicht Sache des Finanzamts, der Genossenschaft nachzuweisen, daß sie die Eigenschaft des Kreditnehmers als Nichtmitglied kannte. Zwar ist dem Finanzgericht zuzugeben, daß zur Vermeidung unbilliger Härten, die bei einer nur den objektiven Sachverhalt berücksichtigenden formellen Auslegung des § 34 KStDV 1953 in vielen Fällen eintreten könnten, die subjektive Seite nicht ganz außer acht gelassen werden darf. Es muß aber bei Vorliegen einer Kreditgewährung an ein Nichtmitglied der Genossenschaft überlassen bleiben, einwandfrei den notwendigen Nachweis dafür zu führen, daß sie den Kreditnehmer als Mitglied ansah und im Rahmen des Zumutbaren alles tat, um Irrtümer auszuschließen. Ist der Kreditnehmer eine ins Handelsregister eingetragene Personengesellschaft, so muß die Genossenschaft in der Regel anstreben, daß die Gesellschaft als solche Genosse wird und damit der Gesellschafterwechsel keine steuerschädlichen Folgen mehr auslösen kann. Gewährt die Genossenschaft den Kredit der Personengesellschaft, obwohl nur deren Gesellschafter in die Liste der Genossen eingetragen sind, so darf sich die Genossenschaft nicht damit begnügen, der Personengesellschaft die sofortige Mitteilung eines Gesellschafterwechsels zur Pflicht zu machen. Sie muß vielmehr darüber hinaus durch weitere geeignete Maßnahmen, zum Beispiel durch laufende Einsicht ins Handelsregister, sicherstellen, daß ihr jeder Gesellschafterwechsel sofort bekannt wird.
Wenn sich die Genossenschaft der Steuerschädlichkeit des Sachverhalts nicht bewußt war, so ist dieser Rechtsirrtum für die Versagung der Steuervergünstigung ohne Bedeutung. Es kann der Auffassung der Genossenschaft nicht zugestimmt werden, daß sie zur damaligen Zeit den Tatbestand als steuerunschädlich betrachten konnte. Denn daß es zum mindesten zweifelhaft war, ob eine Kreditgewährung an eine Personengesellschaft des Handelsrechts schon dann ein Mitgliedergeschäft darstellt, wenn der frühere Einzelunternehmer und jetzige maßgebende Gesellschafter Genosse ist, lag auf der Hand.
II. Urteil Es mag sein, daß die Verwaltung und die Kreditgenossenschaften bis 1954 der Prüfung der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei der Umwandlung von Einzelunternehmen in Personengesellschaften oder beim Wechsel von Gesellschaftern einer Personengesellschaft das bisherige Mitgliedergeschäft zu einem Nichtmitgliedergeschäft wird, eine geringe Bedeutung beimaßen und daß es nahegelegen hätte, daß der Betriebsprüfer bereits bei früheren Prüfungen diese Frage erörterte. Daraus folgt aber nicht, daß die jetzt geltend gemachten Steuernachforderungen gegen Treu und Glauben verstoßen, weil es in erster Linie oder jedenfalls in nicht geringerem Masse Sache der Genossenschaft war, die sich aus den Umwandlungen ergebenden Zweifel hinsichtlich des Mitgliedergeschäfts zu erkennen und gegebenenfalls mit dem Finanzamt zu erörtern.
Die Einwendungen der Genossenschaft gegen die Steuernachforderungen können im wesentlichen nur im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen im Sinn des § 131 AO von der Verwaltung berücksichtigt werden. Ob und in welchem Umfang solche Billigkeitsmaßnahmen deshalb gerechtfertigt sind, weil auch die Verwaltung der Umwandlung von Einzelunternehmen oder dem Gesellschafterwechsel bei der Prüfung der Kreditgewährung an Mitglieder bis 1954 kaum Beachtung schenkte und deshalb zum Beispiel im Lande Hessen ganz allgemein Billigkeitsmaßnahmen verfügt worden sein sollen, kann im Rahmen dieses Verfahrens nicht geprüft werden.
Fundstellen
Haufe-Index 409508 |
BStBl III 1959, 486 |
BFHE 1960, 603 |
BFHE 69, 602 |
BB 1959, 1162 |
DB 1959, 1360 |