Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Vereinbarungen über die Verrechnung einer angemessenen Pacht zwischen einer Stadtgemeinde und ihrer Marktorganisation als einem Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG sind auch steuerlich zu beachten, sofern sie vorweg eindeutig und klar getroffen worden sind. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerlich unbeachtlich.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6; EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erhebt von den Beschickern der auf öffentlichen Plätzen der Stadt unter freiem Himmel stattfindenden Wochen- und Krammärkte nach einer Gebührenordnung Standgelder, die in den Rechnungsjahren 1952 bis 1957 zwischen 18 000 und 22 000 DM betrugen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 327/56 U vom 26. Februar 1957 (BStBl 1957 III S. 146, Slg. Bd. 64 S. 391) sah das Finanzamt die Organisation des Marktwesens als einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG an und zog die Bfin. mit den Gewinnen daraus zur Körperschaftsteuer heran. Bei der Ermittlung der Gewinne lehnte es den Abzug von Pachtzinsen ab, die die Bfin. mit 13 500 DM jährlich als an die Stadt für die überlassung der Grundflächen gezahlt absetzen wollte. Im Haushaltsplan der Stadtgemeinde sind Platzmieten erst ab 1957 als Einnahmen veranschlagt.
Die Bfin. wandte sich gegen die Steuerpflicht der Markteinrichtung und gegen die Höhe der Gewinne. Der Steuerausschuß gab dem Einspruch der Bfin. statt, weil ein Betrieb gewerblicher Art nicht vorliege; die Abhaltung von Märkten sei eine öffentlich-rechtliche Betätigung der Bfin.
Auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts stellte das Finanzgericht in der angefochtenen Entscheidung die Steuerbescheide wieder her. Unter Bezugnahme auf § 1 KStDV und die Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Bundesfinanzhofs I 327/56 U (a. a. O.) sah es die Marktorganisation als einen Betrieb gewerblicher Art der Bfin. an und verneinte, daß die Abhaltung von Märkten eine hoheitliche Betätigung sei. Es führte aus, daß es sich bei den Marktveranstaltungen um eine Einrichtung handle, die der nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen diene; auf die Absicht, Gewinn zu erzielen, komme es nicht an. Die Marktorganisation hebe sich auch aus der Gesamtbetätigung der Bfin. heraus, nämlich durch das Zusammenwirken der beteiligten Dienststellen. Die Höhe der Einnahmen zeige, daß der Geschäftskreis auch von einigem Gewicht sei; der Inhaber eines gedachten privaten Unternehmens würde mit Umsätzen in dieser Höhe eine ausreichende wirtschaftliche Existenz haben. Allerdings müßten, da sich die Bfin. und ihr gewerblicher Betrieb steuerlich wie zwei selbständige Rechtsgebilde gegenüberträten, angemessene Pachtzinsen für die überlassung von Grundflächen zu den Marktzwecken als Betriebsausgabe abzugsfähig sein, sofern sie vorweg vereinbart seien. Daran fehle es im Streitfall; ein Pachtzins sei für die Vergangenheit weder vereinbart noch in dem Haushaltsplan der Stadt veranschlagt. Eine rückwirkende Vereinbarung sei steuerlich nicht zulässig; die Aufnahme der Pachtzinsen in den Haushalt 1957/1958 könne steuerlich erst für 1958 berücksichtigt werden.
Mit der Rb. erstrebt die Bfin. in erster Linie weiterhin die Freistellung von der Körperschaftsteuer. Sie führt aus, sie halte die Märkte auf Grund der ihr vor fast tausend Jahren verliehenen Marktgerechtigkeit ab, und zwar nicht zur Erzielung von Einkommen, sondern zum allgemeinen Nutzen der Bürger. Wenn man aber die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG bejahe, so müsse der Betrieb mindestens wegen Gemeinnützigkeit nach § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG steuerfrei bleiben. überdies müsse sie, wenn sie körperschaftsteuerpflichtig sei, bei der Gewinnermittlung den Pachtzins absetzen können.
Entscheidungsgründe
Die Rb. der Stadt ist nicht begründet.
Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs unterhalten die Gemeinden mit der Abhaltung von Märkten auf ihrem öffentlichen Grund Betriebe gewerblicher Art im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG (Entscheidungen I A 391/36 vom 22. Juni 1937, RStBl 1937 S. 982; I 305/38 vom 22. November 1938, RStBl 1939 S. 477; I 77/41 vom 20. Januar 1942, RStBl 1942 S. 405, Slg. Bd. 51 S. 166); die Unterhaltung derartiger Einrichtungen bedeutet nicht die Ausübung öffentlicher Gewalt. Der Senat hat sich dieser Rechtsauslegung in dem Urteil I 327/56 U a. a. O. angeschlossen. In der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 305/38 a. a. O. ist bereits ausgesprochen, daß die Unterhaltung von Märkten auf öffentlichen Straßen und Plätzen auch dann ein Betrieb gewerblicher Art ist, wenn den Marktbeschickern die Standplätze ohne weitere Einrichtung zur Verfügung gestellt werden. Die Vorentscheidung entspricht diesen Grundsätzen, an denen der Senat festhält. Zum Begriff "Betrieb gewerblicher Art" gehört nicht die Absicht der Gewinnerzielung, sondern nur die Entfaltung einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, wie sich aus § 1 Abs. 1 KStDV ergibt. Die Standgelder sind solche Einnahmen. In der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 77/41 a. a. O. ist dargelegt, daß die Abhaltung von Märkten auch Gegenstand eines privaten Unternehmens sein kann und daß es sich auch, wenn nur Plätze ohne weitere Einrichtungen überlassen werden, nicht um die Vermietung von Grundstücken, sondern die Unterhaltung eines gewerblichen Betriebs handelt; nur durch die Marktveranstaltung werde die Platzausnutzung in der geübten Form - durch die Einteilung von Standplätzen - möglich. Die Einwendungen der Bfin., sie trete nicht in Wettbewerb mit privaten Unternehmen und erziele nur Einkünfte aus Vermietung, greifen demgegenüber nicht durch. Nach allem ist dem Finanzgericht darin beizupflichten, daß die Bfin. in den Marktveranstaltungen einen Betrieb gewerblicher Art unterhält, der nach § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG körperschaftsteuerpflichtig ist.
Dieser Betrieb kann auch nicht, wie die Bfin. will, wegen Gemeinnützigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG steuerfrei bleiben. Wenn auch die Veranstaltung von Märkten den Interessen der Bürger dient, so werden durch die Märkte doch in erster Linie die gewerblichen Zwecke der Marktbeschicker gefördert. Es fehlt daher das in § 17 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) vorausgesetzte Merkmal der ausschließlichen Förderung der Allgemeinheit.
Mit Recht hat das Finanzgericht auch den Abzug von Pachtzinsen abgelehnt. Grundsätzlich sind zwar, wie das Finanzgericht zutreffend dargelegt hat, angemessene Pachtzinsen als Betriebsausgaben abzugsfähig. Vereinbarungen zwischen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und einem gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG (als selbständigem Steuersubjekt) zu behandelnden Betrieb gewerblicher Art sind steuerlich ebenso anzuerkennen, wie Vereinbarungen zwischen selbständigen Personen. Solche Vereinbarungen müssen aber klar und eindeutig sein und können nur für die Zukunft, nicht aber mit Rückwirkung für die Vergangenheit getroffen werden, wie in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 198/35 vom 7. April 1936 (RStBl 1936 S. 769) ausgeführt ist. Die Gemeinden haben also ein Gestaltungsrecht, ob sie - bis zur Höhe des Angemessenen - eine Pacht erheben wollen, die dann bei dem Betrieb gewerblicher Art als Betriebsausgabe den Gewinn mindert. Aber wie der Senat in ständiger Rechtsprechung betont, muß ein Steuerpflichtiger, dem ein Gestaltungsrecht zusteht, vorweg und eindeutig klarstellen, wie er von seinem Recht Gebrauch macht. Bestehen zwischen den Beteiligten enge wirtschaftliche Beziehungen, wie z. B. zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und Kindern oder zwischen dem Gesellschafter und seiner Kapitalgesellschaft, so muß auf die vorweg klar getroffene Entscheidung besonderes Gewicht gelegt werden, um nachträgliche willkürliche Gewinnmanipulationen auszuschließen (vgl. z. B. die Entscheidung des Senats I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 288, Slg. Bd. 63 S. 237). Diese Erwägungen gelten auch für das Verhältnis von Stadtgemeinden zu ihren Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG; derselbe Gedanke liegt auch der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 198/35 a. a. O. zugrunde. Der Senat tritt darum dieser Entscheidung bei.
Für die Streitjahre fehlt es, wie das Finanzgericht festgestellt hat, an einer Vereinbarung. Der Ansatz einer Pacht in dem städtischen Haushaltsplan 1957/1958 ist keine solche Vereinbarung und kann auch nicht für die Vergangenheit beachtet werden; vgl. auch die Entscheidung des Senats I 74/54 U vom 3. Juli 1956 (BStBl 1956 III S. 238, Slg. Bd. 63 S. 106) betreffend die Behandlung von Darlehenszinsen eines Eigenbetriebs an seine Stadtgemeinde.
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409879 |
BStBl III 1961, 67 |
BFHE 1961, 179 |
BFHE 72, 179 |