Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Teile einer Tankstelle Betriebsvorrichtungen oder Gebäude sind.
Normenkette
GrEStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat ein Grundstück mit einem Raststättengebäude, einer Tankstelle nebst Tankwartraum, einer Wagenwaschhalle nebst Hebebühne und mit beweglichem Inventar und Ersatzteillager gekauft. Er begehrt in der Rechtsbeschwerde (Rb.) nur noch, daß aus dem Kaufpreis als der Berechnungsgrundlage der Grunderwerbsteuer der Teil ausgeschieden wird, der sich auf die Tankstelle nebst dem Tankwartraum bezieht.
Die Tankstelle besteht aus einem Wärterhaus (Wärterhäuschen) mit 19,1 qm Grundfläche und der überdachung von 19,1 qm + 90,5 qm 109,6 qm. Das Wärterhaus dient zum Tagesaufenthalt für den Tankstellenwärter. Die überdachung ist ein Walmdach mit Ziegeldeckung, ruht auf Säulen und bedeckt das Wärterhaus und die betonierte Fahrbahn mit Zapfsäulen, Kompressor usw.
Entscheidungsgründe
Die Rb., mit der der Bf. wie bisher die ganzen Tankstellenaufbauten als Betriebsvorrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ansieht, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.
Nach § 2 Abs. 1 GrEStG sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Jedoch werden Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, nicht zu den Grundstücken gerechnet, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind.
Der Begriff der Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, ist auch in § 11 Abs. 2 Satz 3 und § 50 Abs. 1 Satz 2 des Bewertungsgesetzes - BewG - (zugleich für § 57 Abs. 3) enthalten; auch dort werden diese Vorrichtungen außer Betracht gelassen. § 11 BewG ist zwar eine Bewertungsvorschrift und § 50 BewG gilt nach § 18 Abs. 2 BewG nicht für die Grunderwerbsteuer des Streitfalls; es ist aber nicht zu beanstanden, daß das Finanzgericht (durch seine Bezugnahme auf den Kommentar von Boruttau-Klein) für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen und der Gebäude von den Grundsätzen des Bewertungsrechts und damit von den Richtlinien des früheren Reichsministers der Finanzen in dem Erlaß vom 4. Mai 1940 (Reichssteuerblatt - RStBl - S. 498) ausgegangen ist, zumal der Begriff der Betriebsvorrichtungen dem bürgerlichen Recht fremd ist. Wenn der Erlaß vom 4. Mai 1940 auch nur eine Verwaltungsanweisung ist, so stimmen die Richtlinien des Erlasses doch mit den Erkenntnissen der Praxis und der Rechtsprechung überein. Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil III 143/41 vom 16. Oktober 1941 (Slg. Bd. 51 S. 47, RStBl 1942 S. 62) auch ausgesprochen, daß der Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Mai 1940 der von ihm angebahnten Rechtsprechung entspricht. Zu den Betriebsvorrichtungen gehören demnach alle Vorrichtungen, die dem Betrieb dienen, mit Ausnahme der Gebäude. Ein Gebäude ist nach Rechtsprechung und Schrifttum ein Bauwerk, das Personen, Tieren oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet, mit dem Grund und Boden fest verbunden und auch von einiger Beständigkeit ist. Ob ein Bauwerk im Einzelfall als Gebäude anzusehen ist, ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen.
Hiernach kann kein Zweifel obwalten, daß die dem Tankstellenbetrieb eigentümlichen Vorrichtungen, nämlich der Tank, die Zapfsäulen, der Kompressor und dergleichen Betriebsvorrichtungen im Sinne der genannten Vorschrift sind. Das Finanzgericht hat dem entgegen auch die auf diese Gegenstände entfallende Steuerforderung gebilligt. Die Vorentscheidung war deshalb schon aus diesem Grunde aufzuheben.
Andererseits bedarf es keiner weiteren Ausführung, daß das Tankwärterhaus ein Gebäude darstellt, auch wenn es nicht zum dauernden Aufenthalt des Wärters eingerichtet ist; denn es genügt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 110/50 S vom 24. Januar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 209, Bundessteuerblatt - BStBl - 1952 III S. 84), daß es zu längerem Aufenthalt geeignet ist.
Was die überdachung betrifft, so kann dem Finanzgericht nicht darin beigetreten werden, daß es den Streitfall mit der 109,6 qm (einschließlich der Wärterhausbedachung) bzw. 90,5 qm (ohne diese) großen überdachung dem Falle des Urteils des Reichsfinanzhofs III 143/41 vom 16. Oktober 1941 (Slg. Bd. 51 S. 47, RStBl 1942 S. 62) gleichsetzt, in dem es sich um ein Tankwärterhaus mit einem 1 m vorspringenden Dachüberhang handelte. Das Finanzgericht, an das die nicht spruchreife Sache zurückgeht, wird deshalb näher zu prüfen haben, ob die Gebäudeeigenschaft des Wärterhauses auf die ganze überdachung erstreckt werden kann, und verneinendenfalls, ob die Zapfstellenüberdachung für sich allein als Gebäude beurteilt werden kann, auch wenn der Raum darunter an drei Seiten offen ist, wobei zu beachten ist, daß die allgemeine Gleichstellung der offenen Hallen mit Gebäuden in Abschn. 2 Buchst. a des Erlasses des früheren Reichsministers der Finanzen vom 4. Mai 1940 mit Rücksicht auf das Erfordernis der räumlichen Umschließung Bedenken begegnet. Für die Gebäudeeigenschaft würde es sprechen, wenn die Gestaltung des Daches als Walmdach für Lagerzwecke oder dergl. benutzbaren Raum geschaffen hat. Bei der ganzen Betrachtung wird das Finanzgericht der Verkehrsauffassung Rechnung zu tragen haben.
Außerdem wird das Finanzgericht von dem Kaufpreis den Teil für die Steuerberechnung auszuscheiden haben, der auf die unter Ziff. 1 bezeichneten Betriebsvorrichtungen entfällt.
Fundstellen
Haufe-Index 408345 |
BStBl III 1956, 21 |
BFHE 1956, 55 |
BFHE 62, 55 |