Leitsatz (amtlich)
Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Wiederaufnahmeverfahren.
Normenkette
FGO § 134; ZPO § 578 ff.
Tatbestand
Durch Urteil des erkennenden Senats ... vom 1. Oktober 1964, gegen das sich der Antrag des Wiederaufnahmeklägers und Stpfl. richtet, wurde die Rb. des Stpfl. gegen das klageabweisende Urteil des FG vom 24. Juli 1961 als unbegründet zurückgewiesen. Gegenstand des damaligen Rechtsstreits war die Versagung des Erlasses und der Rückerstattung von Umsatz- und anderen Steuern für die Jahre 1950 bis 1952, deren Festsetzung - nach Rücknahme von Rechtsmitteln durch Erklärung vom 5. August 1954 gegenüber dem FA und zur Niederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 24. Oktober 1955 - unanfechtbar geworden war. Der Veranlagung des Stpfl. zu den ehedem strittigen Steuerbeträgen ging eine Betriebsprüfung voraus, die den Verdacht auf Steuerhinterziehungen begründete. Das hierwegen durchgeführte Strafverfahren führte zur Verurteilung des Stpfl. zu acht Monaten Gefängnis u. a. durch Urteil des Landgerichts (LG) ... vom 19. Oktober 1959. Die Revision des Stpfl. gegen dieses Urteil wurde vom OLG ... durch Urteil vom 23. Juni 1960 verworfen.
Mit Schreiben vom 6. August 1967 beantragt der Stpfl. die "Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens in Sachen ..." und die Aufhebung des Revisionsurteils vom 1. Oktober 1964 sowie die Aufhebung des Urteils des FG, ferner die Aufhebung des Urteils des LG und schließlich den Ersatz "sämtlicher Kosten" sowie die Folgenbeseitigung aus den vom Beklagten (FA) durchgeführten Pfändungen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Anträge sind unzulässig.
1. Soweit sie sich gegen die Entscheidung des Senats vom 1. Oktober 1964 und das dieser Entscheidung zugrunde liegende Urteil des FG vom 24. Juli 1961 richten, ist die sachliche Prüfung der Klage aus folgenden Gründen ausgeschlossen:
Die Wiederaufnahme des Verfahrens im Steuerprozeß richtet sich gemäß § 134 FGO nach den Vorschriften des vierten Buchs der ZPO (§§ 578 ff. ZPO). Hiernach kann die Wiederaufnahme durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Nach § 589 ZPO hat das Gericht von Amts wegen zunächst zu prüfen, "ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben sei". Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen.
In dem zur Entscheidung stehenden Fall kann es dahingestellt bleiben, ob die Klage innerhalb der Notfrist des § 586 ZPO erhoben wurde. Denn die nach § 589 ZPO gebotene Prüfung ergibt, daß die Klage weder statthaft noch in der gesetzlichen Form erhoben ist.
Zur Statthaftigkeit der Klage gehört nämlich - abgesehen von dem hier erfüllten Erfordernis, daß sich der Rechtsbehelf gegen ein rechtskräftiges Urteil richtet (§ 578 Abs. 1 ZPO) -, daß in der Klage mindestens einer der im Gesetz aufgeführten Nichtigkeits- (§ 579 ZPO) oder Restitutionsgründe (§ 580 ZPO) behauptet wird (vgl. Kommentare zur Zivilprozeßordnung von Wieczorek: Anm. B I a zu § 578; Stein-Jonas-Schönke: Anm. III, 1 vor § 578, und Baumbach-Lauterbach: Anm. 2 zu § 578). Der Stpfl. hat in seinem Wiederaufnahmeantrag aber lediglich folgende Gesichtspunkte geltend gemacht: Die Begründung der Revisionsentscheidung vom 1. Oktober 1964 sei rechtlich unvereinbar mit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum steuerrechtlichen Verwaltungsstrafverfahren vom 6. Juni 1967 - 2 BvB 375/60 - BVerfGE 22, 49. Ferner habe der Senat in der Revisionsentscheidung verschiedene - in der Wiederaufnahmeklage näher bezeichnete - tatsächliche Umstände unberücksichtigt gelassen und schließlich dem Stpfl. ein für die Revisionsentscheidung bestimmendes Schreiben - Näheres ist hierzu nicht angegeben - vorenthalten.
Dieses Vorbringen enthält offensichtlich keine Behauptungen, die den in den §§ 579 und 580 ZPO aufgezählten Tatbeständen entsprechen. Die Klage ist deshalb weder als Nichtigkeits- noch als Restitutionsklage statthaft.
Im übrigen ist die Wiederaufnahme auch nicht in der richtigen Form erhoben, da sie entgegen dem zwingenden Gebot des § 587 ZPO keine Erklärung darüber enthält, ob gegen das Revisionsurteil die Nichtigkeitsklage oder die Restitutionsklage erhoben wird.
Somit fehlen für die Aufhebung des Revisionsurteils die prozessualen Voraussetzungen. Es kann daher auch dem Antrag auf Aufhebung der Vorentscheidung, nämlich des Urteils des FG vom 24. Juli 1961, keine Folge gegeben werden. Die Aufhebung dieses Urteils würde nämlich in erster Linie voraussetzen, daß das Wiederaufnahmeverfahren gegen das Revisionsurteil Erfolg gehabt hätte.
Das gleiche gilt für die Anträge auf Erstattung von Kosten und auf Folgenbeseitigung aus den durchgeführten Pfändungen.
2. Soweit sich der Wiederaufnahmeantrag auf das Strafurteil des LG vom 19. Oktober 1959 bezieht, ist der BFH für die Entscheidung nicht zuständig (§ 584 ZPO, § 367 Abs. 1 der Strafprozeßordnung).
3. Die Klage war deshalb in vollem Umfang mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 und 2 FGO als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
BStBl II 1968, 180 |
BFHE 1968, 459 |