Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob der Schlachter Schuldner der Fleischbeschaugebühren ist und ihm deshalb bei Entrichtung dieser Gebühren durch einen anderen in Höhe dieser Gebühren Entgelte zuzurechnen sind.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 5/3, § 10/1/4
Tatbestand
Die Bfin. betreibt eine Schlachterei, die sie mit dem dazu gehörenden Schlachthaus von der Firma X., einer Fleischgroßhandlung und - agentur, gepachtet hat. Zwischen der Bfin. und der genannten Firma bestand in den Jahren 1953 und 1954 eine enge personelle Verbundenheit.
In den genannten Jahren haben Landwirte, welche die von ihnen aufgezogenen Schlachttiere nicht durch den Verkauf der lebenden Tiere verwerteten, sondern zu der sogenannten "Totverwertung" übergegangen waren, durch Vermittlung von Landagenten die Bfin. beauftragt, Schlachttiere für ihre Rechnung zu schlachten und bis zur Verwertung zu kühlen und zu lagern. Gleichzeitig erteilten sie der Firma X. den Auftrag, die Schlachttiere in ihrem Namen und für ihre Rechnung zu verwerten. In dem Antragsschreiben an die Bfin. wurde diese auch angewiesen, die anfallenden Unkosten und Gebühren der Einfachheit halber durch die Firma X. einzubeziehen. Bis zum 30. September 1953 erfolgte die Abrechnung über den Erlös aus dem agenturweisen Verkauf des Fleisches durch die Firma X. in der Weise, daß hierbei neben den anfallenden sonstigen Unkosten auch die Schlachtlöhne und die bei der Schlachtung zu entrichtenden Gebühren einschließlich der Fleischbeschaugebühren den Landwirten in Rechnung gestellt wurden. Die Beschaugebühren, die dem Lande Niedersachsen zustanden, waren durch die Beschauer bei der Bfin., der Lohnschlachterei, erhoben worden, die auch in den von den Beschauern zu führenden Gebührennachweisen als die Zahlungspflichtige bezeichnet wurde.
Vom 1. Oktober 1953 an sind diese Gebühren von den Beschauern nicht mehr bei der Bfin. erhoben worden. Die Beschauer übergaben vielmehr die an die Landwirte gerichteten Gebührennachweise einem bestimmten Angestellten der Firma X., der "als Beauftragter der Landwirte" die den Beschaugebühren entsprechenden Beträge aus dem Verkaufserlös des Fleisches von der Firma X. erhielt, die Beträge in gesonderte Verwahrung nahm und sie auf ein Bankkonto "Fleischbeschauer der Firma X." einzahlte. über dieses Bankkonto konnten nur zwei Fleischbeschau-Tierärzte verfügen, die über die auf dem Konto eingegangenen Gelder mit dem Lande Niedersachsen abrechneten. Der Angestellte übersandte die Gebührennachweise den Landwirten. Die Firma X. führte über die Beschaugebühren außerhalb ihrer Hauptbuchhaltung eine Anschreibekladde und stellte die Gebühren den Landwirten nicht mehr in Rechnung.
Streitig ist, ob die Beschaugebühren, die im Jahre 1953 ... DM und im Jahre 1954 ... DM betragen haben, den Entgelten, die die Bfin. für die vorgenommenen Schlachtungen erhalten hat, zuzurechnen und zur Umsatzsteuer bei der Bfin. heranzuziehen sind. Das Finanzamt hat dies bejaht und die Beträge bei der Bfin. versteuert. Das Finanzgericht ist auf die Sprungberufung hin der Auffassung des Finanzamts beigetreten. Hiergegen richtet sich die Rb.
Entscheidungsgründe
Sie kann keinen Erfolg haben.
Maßgebend für die Entscheidung des Streitfalls ist die Feststellung, wer in den Jahren 1953 und 1954 Schuldner der Beschaugebühren gewesen ist. Wenn es die Bfin. war, so ist nur sie in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu dem Gebührengläubiger getreten, und die zu entrichtenden Gebühren gleichgültig ob sie unmittelbar von der Bfin. oder durch eine dritte Person an den Gebührengläubiger gezahlt wurden, waren Unkosten der Bfin., die bei der Leistung an die Landwirte, der Schlachtung, entstanden waren. Ihr Ersatz erhöhte das umsatzsteuerpflichtige Entgelt für die Leistung.
Die Fleischbeschaugebühren sind für die hier in Betracht kommenden Jahre in der "Verordnung, betreffend die Kosten und Gebühren der Schlachttier- und Fleischbeschau sowie der Trichinenschau bei Schlachtungen im Inland außerhalb der öffentlichen Schlachthäuser für das Land Niedersachsen" vom 5. November 1951 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1951 S. 189, hier: Teil III) geregelt. Nach § 21 Abs. 2 Satz 2 a. a. O. sind die dem Lande Niedersachsen zustehenden Beschaugebühren von dem für diese Gebühren zahlungspflichtigen Besitzer der Schlachttiere und des Fleisches zu entrichten. Der Begriff "Besitzer" ist in der Verordnung zwar nicht näher erläutert. Jedoch ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift über die Erhöhung der Gebühren bei Schlachtungen außerhalb der in der Anmeldung angegebenen Zeit (§ 27 Abs. 4 Buchst. c, a. a. O.), daß als "Besitzer" des Schlachttieres und des Fleisches im Sinne dieser Verordnung derjenige anzusehen ist, der bei der vorgeschriebenen Anmeldung der Schlachtung den Zeitpunkt der Schlachtung angegeben hat. Die Schlachtung anmelden und den Zeitpunkt der Schlachtung angeben kann aber nur die Schlächterei, also die Bfin., die in ihrem Geschäftsbetrieb die Schlachtungen vornimmt, die Unternehmerin der Schlachtungen ist. In dieser Eigenschaft hat sie das amtliche Tätigwerden des Beschauers veranlaßt und ist deshalb entsprechend dem für Gebühren dieser Art maßgebenden Grundsatz, daß derjenige die Gebühren zu tragen hat, der im eigenen Interesse der Veranlasser der amtlichen Tätigkeit ist, Zahlungspflichtiger und Schuldner der Gebühren.
Es ist hiernach nicht angängig, so wie die Bfin. meint, den auch in Ausführungsbestimmungen zum Fleischbeschaugesetz verwendeten Begriff "Tierbesitzer" ohne weiteres mit dem in der Gebührenordnung als Zahlungspflichtigen angegebenen "Tierbesitzer" gleichzusetzen. Dies zeigt sich auch in Verordnungen anderer Länder über die Fleischbeschaugebühren. So ist in der "Gebührenordnung für die Schlachttier- und Fleischbeschau in Gebietsteilen der Hansestadt Hamburg, die nicht dem Schlachthauszwang unterliegen" vom 18. April 1952 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 131) in § 1 der Begriff "Tierbesitzer" im Sinne der Verordnung dahin erläutert, daß darunter derjenige zu verstehen ist, der das Tier in Gewahrsam hat. Im übrigen ergeben auch die für das Umsatzsteuergesetz in besonderem Maße entscheidenden tatsächlichen Verhältnisse zwischen Schlachter und Beschauer innerhalb des für die Bfin. zuständigen Bezirkes, daß die vorstehende Auslegung der Bestimmungen zutreffend ist. Denn einmal haben die Beschauer bis zum 1. Oktober 1953 nur die Bfin. als die Zahlungspflichtige der Gebühren angesehen, und zum anderen ergibt die vom Finanzgericht eingeholte Auskunft des für die überwachung der Erhebung der Beschaugebühren zuständigen Präsidenten des Verwaltungsbezirks, daß dort die Lohnschlachtereien als die Gebührenpflichtigen angesehen werden. Schließlich kann auch entgegen der Auffassung der Bfin. die Auskunft des Niedersächsischen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, nach der die Bfin. die Tierbesitzerin im Sinne der Gebührenordnung sei, nicht als völlig belanglos angesprochen werden. Verordnungsgeber der Gebührenordnung war der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; seine Auffassung ist deshalb für das Verständnis der Verordnung von erheblicher Bedeutung.
Nach alledem ist die Bfin. als die Unternehmerin der Schlachtungen auch die Zahlungspflichtige und Schuldnerin der Gebühren. Die Auffassung der Bfin., daß auch die Landwirte zahlungspflichtig und mit der Bfin. Gesamtschuldner der Gebühren seien, entspricht nach obigen Ausführungen nicht dem Sinne der Verordnung. Es handelt sich somit bei den Beschaugebühren um von der Bfin. bei Ausübung ihrer Tätigkeit entstandene Geschäftsspesen, die zu ihren Lasten gehen. Werden sie von den Leistungsempfängern, den Landwirten, in irgendeiner Weise beglichen, so sind sie als Teile des Entgelts für die Leistung bei der Bfin. zur Umsatzsteuer heranzuziehen.
Im Streitfalle sind die Beschaugebühren bis 1. Oktober 1953 der Bfin. durch Verrechnung seitens der Firma X. mit dem Erlös aus dem Fleischverkauf ersetzt worden. Ab 1. Oktober 1953 befreiten nach der von den Beteiligten getroffenen besonderen Gestaltung der äußeren Verhältnisse die Landwirte durch unmittelbare Bezahlung an die Beschauer die Bfin. von ihrer Schuld. In beiden Fällen ist, wie oben dargelegt, die Umsatzsteuerpflicht der streitigen Beträge bei der Bfin. gegeben.
Den Vorinstanzen war deshalb in vollem Umfang beizutreten und die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1960, 432 |
BFHE 1961, 491 |
BFHE 71, 491 |
StRK, UStG:1/1 R 137 |