Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung. Entgeltfortzahlungsanspruch bei Insolvenz des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Der Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, § 130a Abs. 1 HGB erstreckt sich nicht auf den Schaden, der einem Arbeitnehmer in Gestalt der Uneinbringlichkeit eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung für die Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (§ 3 EFZG) entsteht.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; EFZG § 3; GmbHG § 64 Abs. 1; HGB § 130a Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des OLG Hamburg vom 31.7.2007 durch Beschluss gem. § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
[1] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO).
[2] Für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist die von dem Berufungsgericht (ZIP 2007, 2318) für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage, ob der Arbeitnehmer einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG i.S.d. § 130a Abs. 1 Satz 1 HGB, der nach Eintritt ihrer Insolvenzreife Einzelansprüche aus dem vor deren Eintritt begründeten Arbeitsverhältnis erwirbt, als Alt- oder als Neugläubiger i.S.d. Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG, 130a Abs. 1 HGB zu qualifizieren ist (vgl. dazu BGHZ 126, 181; 164, 50, 60; 171, 46, 51 f. Tz. 13; Senat, Urt. v. 12.3.2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060, 1062 Tz. 16). Denn der von dem Kläger geltend gemachte Schaden in Gestalt der ihm durch Insolvenz seiner Arbeitgeberin entgangenen Entgeltfortzahlung für die Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird jedenfalls vom Schutzzweck der genannten Haftungsnormen nicht erfasst, wie das Berufungsgericht in seiner Alternativbegründung im Ergebnis zutreffend ausführt.
[3] Wie der Senat in seiner neueren Rechtsprechung klargestellt hat, erfasst der Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GmbHG ebenso wie derjenige des § 130a Abs. 1 HGB - neben dem Quotenschaden der Altgläubiger - lediglich den Vertrauensschaden, der einem (Neu-)Gläubiger dadurch entsteht, dass er der (unerkannt) insolvenzreifen Gesellschaft Kredit gewährt oder eine sonstige Vorleistung an sie erbringt, der kein werthaltiger Gegenanspruch gegenübersteht (BGHZ 164, 50, 60; 171, 46, 51 f. Tz. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn bei der Entgeltfortzahlung gem. §§ 3, 4 EFZG handelt es sich um einen gesetzlichen, aus sozialen Gründen gewährten Anspruch, der gem. § 3 Abs. 3 EFZG bereits nach vierwöchiger Dauer eines Arbeitsverhältnisses für die Zeit von bis zu sechs Wochen gewährt wird und keinen Bezug zu auf diesen Zeitraum entfallenden Vorleistungen des Arbeitnehmers hat. Lediglich die Höhe der Entgeltfortzahlung orientiert sich gem. § 4 Abs. 1 EFZG an dem regelmäßigen Arbeitsentgelt des betreffenden Arbeitnehmers. Die steuer- und abgabenrechtliche Behandlung der Entgeltfortzahlung spielt im Zusammenhang mit dem Schutzzweck des § 130a Abs. 1 HGB keine Rolle.
[4] Gegenüber dem dargelegten beschränkten Schutzzweck der genannten Haftungsnormen sind die hypothetischen Kausalitätserwägungen des Klägers unerheblich.
Fundstellen
Haufe-Index 2116193 |
BB 2009, 337 |
BB 2009, 577 |
DB 2009, 388 |
DStR 2009, 442 |