Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage, ob ein Dritter in den Schutzbereich des Prüfvertrages zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem Abschlußprüfer über eine Pflichtprüfung nach §§ 316 ff HGB einbezogen werden kann.
b) Zur Haftung des Abschlußprüfers einer Pflichtprüfung wegen der Ankündigung eines unrichtigen Testats gegenüber einem Dritten, das dieser als Entscheidungsgrundlage für einen Anteilserwerb verwendet.
Normenkette
HGB §§ 316 ff.; BGB § 328
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der G. I. AG. Deren Rechtsvorgängerin – die G. I. GmbH & Co. – erwarb mit notariellem Vertrag vom 12. Oktober 1992 von dem Alleingesellschafter H. der S. N. GmbH (STN) sämtliche Geschäftsanteile, nachdem dieser unmittelbar zuvor die Grundstücksgesellschaft, die Eigentümerin des an die STN verpachteten Betriebsgrundstücks nebst aufstehenden Gebäuden war, gemäß § 20 Umwandlungssteuergesetz in diese Gesellschaft eingebracht hatte, gegen eine sofort entrichtete Kaufpreisanzahlung von 2,5 Mio. DM.
Der Kläger verlangt von den beklagten Wirtschaftsprüfern Schadensersatz wegen fehlerhafter Auskunft. Die Beklagten hatten von H. den Auftrag zur Pflichtprüfung nach §§ 316 ff HGB erhalten und waren seit Juli 1992 mit der Prüfung des von dem Wirtschaftsprüfer R. erstellten Jahresabschlusses 1991 der STN befaßt. Ihre Beanstandungen führten zu einem von R. geänderten Jahresabschluß mit einer Bilanzsumme von 21.891.249,03 DM und einem gegenüber dem vorigen Abschluß erhöhten Jahresüberschuß von 2.666.467,37 DM. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1992 an die STN zu Händen von H. und einem weiteren Telefaxschreiben vom 9. Oktober 1992 an die BTG mbH zu Händen des von der G. I. GmbH & Co. hinzugezogenen Wirtschaftsprüfers St. teilten die Beklagten mit, der nunmehr vorliegende Jahresabschluß werde von ihnen nicht mehr geändert und könne von ihnen bestätigt werden.
Später stellten sich Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung der STN heraus. H. hatte zum Jahresende 1991 neun Rechnungen über insgesamt nahezu 25 Mio. DM zu Unrecht aktiviert. Der endgültige Jahresabschluß, für den die Beklagten am 30. März 1993 nach § 322 HGB einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilten, wies anstelle eines Überschusses von 2.666.467,37 DM einen Fehlbetrag von 11.049.361,15 DM auf.
Die Klage über zuletzt 2,5 Mio. DM, mit der der Kläger geltend gemacht hat, die G. I. GmbH & Co. hätte die Geschäftsanteile in Kenntnis des tatsächlichen Geschäftsergebnisses für 1991 nicht oder nur zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 DM erworben, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in NJWE-VHR 1996, 218 abgedruckt ist, nimmt an, eine Haftung der Beklagten komme in Betracht, weil die spätere Gemeinschuldnerin in den Schutzbereich des Prüfvertrages zwischen der STN und den Beklagten einbezogen worden sei. Die Revision nimmt diese Beurteilung als ihr günstig hin. Demgegenüber meint die Revisionserwiderung, der Auftrag zur Pflichtprüfung und die Mitteilung über den Stand der Prüfung und das voraussichtliche Prüfungsergebnis könnten keine Schutzwirkung zugunsten Dritter entfalten.
a) Nach § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Abschlußprüfer zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten, ist er der Kapitalgesellschaft und, wenn ein verbundenes Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 323 Abs. 1 Satz 3 HGB) In der Literatur wird hieraus gefolgert, daß Dritten nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, also für den Bereich der Pflichtprüfung, bei Pflichtverletzungen des Abschlußprüfers keine Ansprüche gegen diesen zustehen (vgl. Budde/Hense, Beck‚scher Bilanz-Kommentar, 3. Aufl. 1995, § 323 HGB Rn. 171, 191; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 5. Aufl., § 323 Rn. 77, 91; Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl. 1995, § 323 Rn. 7, 8; Marsch-Barner, GK-HGB, 5. Aufl. 1997, § 323 Rn. 6; Lang, WPg 1989, 57, 58; Ebke/Fechtrup, JZ 1986, 1112; Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 395). Soweit die Schadensersatzpflicht auf verbundene Unternehmen ausgedehnt werde, beruhe dies – als Korrelat – auf der Vorlage- und Auskunftspflicht dieser Unternehmen gemäß § 320 Abs. 3 Satz 2 HGB gegenüber dem Konzernabschlußprüfer (vgl. Budde/Hense, § 323 HGB Rn. 119; Quick, BB 1992, 1675 f); die Ersatzberechtigung des verbundenen Unternehmens setze voraus, daß der Abschlußprüfer eine ihm dem verbundenen Unternehmen gegenüber obliegende Pflicht verletze (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rn. 66; Puckler, in: Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, 3. Aufl. 1990, § 323 HGB Rn. 11). Es verbiete sich daher eine Ausdehnung der Schadensersatzpflicht gegenüber weiteren Dritten im Wege der Auslegung oder Analogie (vgl. Budde/Hense, § 323 HGB Rn. 171, 191; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rn. 77, 91; Claussen/Korth, in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 323 HGB Rn. 21). Darüber hinaus laufe eine Ausdehnung der Haftung auch gegenüber Aktionären/Gesellschaftern oder Gläubigern der Kapitalgesellschaft dem Ziel zuwider, das Haftungsrisiko des Abschlußprüfers – in Fällen fahrlässiger Pflichtverletzung – zu begrenzen (§ 323 Abs. 2 HGB), und lasse besorgen, daß die Kapitalgesellschaft ihre ohnehin beschränkten Ansprüche mit Dritten teilen müsse (vgl. Budde/Hense, § 323 HGB Rn. 171).
b) Dem schließt sich der Senat im Grundsatz an. Deshalb kommt eine Haftung der Beklagten gegenüber der Käuferin, die nicht zu dem in § 323 HGB genannten ersatzberechtigten Personenkreis gehört, unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht. Allerdings gehört die den Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung sachlich in den Bereich, der von der Regelung des § 323 HGB erfaßt wird. Es geht deshalb hier um die weitergehende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Abschlußprüfer, der mit der Pflichtprüfung betraut ist, für Begutachtungen, Testate oder andere Äußerungen, die mit dem Prüfgegenstand im Zusammenhang stehen, auch gegenüber Personen haftbar machen kann, die nicht Vertragspartner des Prüfvertrages sind und auch nicht zu den in § 323 HGB angesprochenen verbundenen Unternehmen gehören.
aa) Das Berufungsgericht zieht insoweit zu Recht die Grundsätze in Betracht, nach denen sich aus einem Vertrag Schutzpflichten für einen Dritten, der selbst keinen Anspruch auf die Hauptleistung aus dem Vertrag hat, ergeben können. Die Rechtsprechung hat solche Schutzwirkungen insbesondere bei Verträgen angenommen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt (z.B. öffentlich bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), ein Gutachten oder eine gutachtliche Äußerung bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen (vgl. BGH, Urteile vom 2. November 1983 – IVa ZR 20/82 – NJW 1984, 355; vom 23. Januar 1985 – IVa ZR 66/83 – NJW-RR 1986, 484, 486; vom 26. November 1986 – IVa ZR 86/85 – NJW 1987, 1758, 1759 f; vom 18. Oktober 1988 – XI ZR 12/88 – NJW-RR 1989, 696; Senat BGHZ 127, 378, 380; vom 13. November 1997 – X ZR 144/94 – WM 1998, 440, 441). Entsprechend dem Zweck des Gutachtens, dem Dritten gegenüber Vertrauen zu erwecken und Beweiskraft zu besitzen, steht eine Gegenläufigkeit der Interessen des Auftraggebers und des Dritten dessen Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages nicht entgegen (vgl. Senat BGHZ 127, 378, 380 m.w.N.). Es bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auch in Fällen anzuwenden, in denen ein Abschlußprüfer mit der Pflichtprüfung einer Kapitalgesellschaft betraut ist, wenn sich für ihn nur hinreichend deutlich ergibt, daß von ihm anläßlich dieser Prüfung eine besondere Leistung begehrt wird, von der gegenüber einem Dritten, der auf seine Sachkunde vertraut, Gebrauch gemacht werden soll. Wenn § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB eine gesetzliche Haftung (nur) gegenüber der Kapitalgesellschaft und dem verbundenen Unternehmen regelt, bedeutet dies nicht, daß damit eine vertragliche Haftung des Abschlußprüfers gegenüber Dritten nach Maßgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Dritthaftung Sachkundiger von vornherein ausgeschlossen wäre. Eine derartige Sperrwirkung gegenüber der Möglichkeit einer interessengerechten, auch dem Grundsatz der Privatautonomie Rechnung tragenden Gestaltung der Haftungsbedingungen ist der Vorschrift in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen. Eine Dritthaftung, die wesentlich darauf beruht, daß es Sache der Vertragsparteien ist zu bestimmen, gegenüber welchen Personen eine Schutzpflicht begründet werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1986 – IVa ZR 86/85 – NJW 1987, 1758, 1759), wird von dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 323 Abs. 1 HGB nicht berührt und bedeutet auch nicht, wie Ebke/Scheel (WM 1991, 389, 395) meinen, eine Mißachtung einer in dieser Vorschrift zum Ausdruck gekommenen Grundentscheidung des Gesetzgebers für eine begrenzte Dritthaftung von Wirtschaftsprüfern. Einen so weitgehenden Zweck verfolgt diese Bestimmung, nach deren Absatz 4 die Ersatzpflicht weder ausgeschlossen noch beschränkt werden darf, nicht.
bb) Ebensowenig entfaltet § 323 HGB eine sachliche Sperrwirkung gegenüber einer Haftung des Abschlußprüfers schon im Vorfeld der Testaterteilung. Die Vorschrift knüpft die Haftung nicht etwa an die Testaterteilung als solche an; vorausgesetzt wird vielmehr ein schuldhafter Pflichtverstoß bei Durchführung der Prüfung nach Absatz 1 Satz 1 und 2. Ob damit im Verhältnis des Abschlußprüfers zur Kapitalgesellschaft auch Fehler im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Testats erfaßt werden, kann dahinstehen. Es gibt jedenfalls keinen Grund, das schutzwürdige Vertrauen eines in den Schutzbereich des Prüfvertrages einbezogenen Dritten auf die Richtigkeit einer solchen Ankündigung schlechthin ohne haftungsrechtliche Sanktion zu lassen.
cc) Allerdings erfordert die in § 323 HGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Intention, das Haftungsrisiko des Abschlußprüfers angemessen zu begrenzen, auch im Rahmen der vertraglichen Dritthaftung des Abschlußprüfers Beachtung. Die Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich des Prüfauftrages würde dieser Tendenz zuwiderlaufen. Daß der Abschlußprüfer bereit ist, ein so weitgehendes Haftungsrisiko zu übernehmen, kann regelmäßig nicht angenommen werden. Anders liegt es indessen, wenn die Vertragsteile bei Auftragserteilung, gegebenenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt, übereinstimmend davon ausgehen, daß die Prüfung auch im Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt werde und das Ergebnis diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen soll. Jedenfalls in solchen Fällen liegt in der Übernahme des Auftrages die schlüssige Erklärung des Prüfers, auch im Interesse des Dritten gewissenhaft und unparteiisch prüfen zu wollen. Es gibt keinen Grund, bei einer derartigen Fallgestaltung dem Dritten Ansprüche gegen den seine Prüfungspflichten verletzenden Prüfer zu versagen (vgl. Kropff, in: Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 168 Rn. 32 m.w.N.).
c) Das Berufungsgericht entnimmt der Adressierung des Schreibens vom 9. Oktober 1992, daß es erkennbar zum Gebrauch eines Dritten bestimmt gewesen sei; zugleich meint es, die Beklagten hätten damit rechnen können, daß ihre Auskunft für Entscheidungen des Empfängers mit wirtschaftlichem Hintergrund von Bedeutung gewesen sei. Diese Feststellungen werden von der Revision als ihr günstig hingenommen. Sie werden auch durch die Revisionserwiderung ohne Erfolg in Frage gestellt, die hiergegen geltend macht, die Beklagten hätten nicht damit rechnen müssen, daß ein Dritter auf die Mitteilung über das voraussichtliche Ergebnis einer Abschlußprüfung eine Kaufentscheidung stützen würde, weil im Rechtsverkehr allenfalls ein Zwischenstatus eine Grundlage für eine derartige Entscheidung sein könne. Welche Bedeutung dem Schreiben vom 9. Oktober 1992 zukommt, ist eine Frage der Auslegung, die der Tatrichter unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände, zu denen auch dem Schreiben vorausgehende Gespräche gehören können, vorzunehmen hat. Das Berufungsgericht hat im weiteren Verfahren Gelegenheit, sich insoweit mit dem Einwand der Revisionserwiderung auseinanderzusetzen, das Schreiben vom 9. Oktober 1992 enthalte kein dem § 322 HGB entsprechendes Testat und könne auch deshalb keine schutzwürdige Vertrauensgrundlage bilden.
d) Die Beklagten haben auch im weiteren Verfahren Gelegenheit, ihre in der Revisionsinstanz erhobenen Einwände gegen die Annahme des Berufungsgerichts näher zu begründen, sie hätten ihre Prüfpflichten deshalb verletzt und eine falsche Bestätigung gegeben, weil sie die Einholung von Saldenbestätigungen unterlassen hätten.
2. a) Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten trotz der zugrunde gelegten Pflichtverletzung, weil der Kläger nicht bewiesen habe, daß die Gemeinschuldnerin die Geschäftsanteile der STN nicht erworben hätte, wenn ihr der Jahresfehlbetrag 1991 bekannt gewesen wäre. Die Revision rügt insoweit zu Recht, daß der Vortrag auch dahin gegangen ist, die Geschäftsanteile wären nicht zu den Bedingungen des Vertrages vom 12. Oktober 1992 erworben worden, wenn der Jahresfehlbetrag 1991 bekannt geworden wäre. Darüber hinaus würdigt das Berufungsgericht die Aussagen der von den Beklagten benannten Zeugen insbesondere in Bezug auf die Kaufpreisregelung im Kaufvertrag denk- und erfahrungswidrig und läßt Vortrag des Klägers hierzu außer Betracht. Der Umstand, daß für den Wert der STN bei der Kaufpreisbildung kein besonderer Rechnungsposten gebildet worden ist und das eingebrachte Grundstück der entscheidende wertbildende Faktor für die Bemessung des Kaufpreises gewesen ist, rechtfertigt nicht die vom Berufungsgericht ausgesprochene Folgerung, der Käuferin sei es gleichgültig gewesen, ob die STN überhaupt einen Wert gehabt habe. Auch wenn der Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin in den Kaufvertragsverhandlungen erklärt haben soll, die Firma sei sowieso nichts mehr wert und er wolle dafür nichts zahlen, folgt daraus nicht, daß die Käuferin bereit gewesen wäre, ihr Geld in ein Unternehmen zu stecken, das gut neun Monate zuvor mit mehr als 10 Mio. DM überschuldet war. Dabei mag im Revisionsverfahren offenbleiben, wie die Kaufpreisklausel in § 4b des Kaufvertrages genau zu verstehen ist. Entscheidend ist, daß der von den Beklagten im Schreiben vom 9. Oktober 1992 angesprochene Jahresabschluß 1991 einen Jahresüberschuß von rund 2,6 Mio. DM auswies, während der später mit Bestätigungsvermerk der Beklagten versehene Jahresabschluß einen Fehlbetrag von mehr als 11 Mio. DM dokumentierte. Daß eine solche Differenz ohne Einfluß auf die Kaufpreisbildung gewesen sein soll, läßt sich den Aussagen der vernommenen Zeugen nicht entnehmen. Die Revision weist auch zu Recht darauf hin, daß die Regelung in § 10 des Kaufvertrages, in der der Verkäufer zusichert, daß die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung seither gewahrt wurden und daß nach seiner Kenntnis keinerlei Verbindlichkeiten der Gesellschaft bestehen, die nicht aus der Buchhaltung ersichtlich sind, gegen die Annahme des Berufungsgerichts spricht, der operative Wert der STN sei für den Kaufpreis ohne jede Bedeutung gewesen. Angesichts dieser Regelung und des Umstandes, daß die zum Jahresende 1991 bestehende Unterdeckung der STN überhaupt nur durch die Einbringung des Betriebsgrundstücks auszugleichen war, kann die Ursächlichkeit der vom Berufungsgericht angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten für den Kaufentschluß mit der von ihm gegebenen Begründung nicht verneint werden. Vielmehr spricht für sie ein erster Anschein.
b) Das Berufungsgericht durfte auch nicht, wenn es Zweifel an der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Kaufentschluß hatte, von der Vernehmung des hierzu benannten Zeugen Dr. B. absehen. Auch wenn die Verhandlungen über den Kauf der Geschäftsanteile am 8. Oktober 1992 abgeschlossen wurden, trat eine endgültige Bindung der Kaufvertragsparteien erst mit der Beurkundung vom 12. Oktober 1992 ein. Deswegen konnten auch noch Ereignisse zwischen diesen beiden Zeitpunkten von Bedeutung sein. Dies gilt etwa für die Einbringung der Grundstücksgesellschaft durch den Verkäufer am Tage der Beurkundung des Kaufvertrages. Ferner geht das Berufungsgericht selbst – trotz des Abschlusses der Verhandlungen am 8. Oktober 1992 – entscheidend davon aus, das Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 1992 sei haftungsbegründend gewesen. Dann ist aber auch ein Beweisantritt beachtlich, der sich auf die Ursächlichkeit dieses Schreibens bezieht. Der Beweisantritt durfte nicht deshalb unbeachtet bleiben, wie die Revisionserwiderung meint, weil der Kläger nicht dargelegt habe, wieso der Zeuge einen derartigen Einblick in die Entscheidungsvorgänge gehabt haben soll. Denn immerhin lag aus der Feder dieses Zeugen, der die Käuferin vertreten hat, ein Schreiben vom 7. Oktober 1992 vor, das das Berufungsgericht in seinem Tatbestand erwähnt und aus dem sich für die Kaufpreisbildung wesentliche Umstände ergeben.
3. Die Revision beanstandet auch mit Recht, daß das Berufungsgericht einen Schaden verneint hat. Die Erwägungen des Berufungsgerichts beruhen insoweit ebenfalls auf der rechtsfehlerhaften Vorstellung, die Geschäftsanteile der STN seien, soweit sie den operativen Wert der Gesellschaft betrafen, für die Kaufpreisbildung ohne Bedeutung gewesen, und es sei allein auf den Wert des eingebrachten Betriebsgrundstücks angekommen. Ob der Käuferin, die behauptet hat, sie hätte, wenn sie über die Verhältnisse der STN zum Jahresende 1991 richtig unterrichtet worden wäre, die Geschäftsanteile nicht oder nur zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 DM erworben, ein Schaden entstanden ist, läßt sich nur unter Einbeziehung des Wertes des Unternehmens als Ganzen feststellen und weder ohne weiteres allein nach dem gezahlten Kaufpreis – wie die Antragstellung des Klägers nahezulegen scheint – noch allein nach dem Wert des eingebrachten Betriebsgrundstücks bemessen.
II.
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil zu den unter I. angesprochenen Fragen weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Das Berufungsgericht wird auch dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die Käuferin sei über die wirtschaftlichen Verhältnisse der STN unterrichtet gewesen und es sei ihr jedenfalls als Mitverschulden anzurechnen, daß sie keinen Zwischenstatus habe erstellen lassen. Es hat ferner Gelegenheit, im Rahmen seiner erneuten Würdigung nochmals darauf einzugehen, ob sich ein Anspruch des Klägers auf Auskunftsvertrag oder Delikt stützen läßt. Soweit eine Haftung lediglich aufgrund einer Schutzwirkung aus dem Prüfvertrag in Betracht kommt, wird die Haftungsbeschränkung des § 323 Abs. 2 HGB zu berücksichtigen sein. Denn die Vorschrift des § 323 HGB geht – auch insoweit – den vertragsrechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts als Spezialregelung vor (vgl. Claussen/Korth, § 323 HGB Rn. 4, 16; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rn. 74; zu § 168 AktG Kropff aaO § 168 Rn. 2, 4).
Fundstellen