Leitsatz (amtlich)
a) Ein an einer GmbH beteiligter stiller Gesellschafter ist in Bezug auf die Kapitalerhaltungsregeln wie ein GmbH-Gesellschafter zu behandeln, wenn er aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichsteht (Bestätigung von: BGH v. 7.11.1988 - II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 = GmbHR 1989, 152 = MDR 1989, 332). Ob diese Voraussetzung im Einzelfall erfüllt ist, kann das Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfen.
b) Besteht in einer Gesellschaft dauerhaft eine Unterbilanz, ohne dass auch eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt, können die Gesellschafter aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten sein, Maßnahmen zu ergreifen, um stille Reserven aufzulösen, wenn nur so der Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters ohne Verletzung des § 30 GmbHG erfüllt werden kann.
Normenkette
ZPO § 531 Abs. 2, § 592; HGB § 230; GmbHG § 30
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 12.02.2004; Aktenzeichen 2 U 16/03) |
LG Berlin (Urteil vom 12.12.2002; Aktenzeichen 90 O 148/02) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenats des KG vom 12.2.2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben worden ist.
Die Berufungen der Kläger gegen die Urteile der Kammer für Handelssachen 90 des LG Berlin vom 12.12.2002 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen als zur Zeit unbegründet abgewiesen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Rechtsstreit zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die 32 Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger waren als stille Gesellschafter an der beklagten GmbH beteiligt. Sie bildeten untereinander eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck in der gemeinsamen Ausübung ihrer Rechte ggü. der Geschäftsinhaberin bestand. Die Beklagte hatte einen Beirat, in dem die stillen Gesellschafter vertreten waren und von dessen Zustimmung bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen abhängig waren. Die stillen Gesellschaftsverträge konnten von der Beklagten nach Ablauf einer Frist von etwa acht Jahren gekündigt werden. Das jeweilige Auseinandersetzungsguthaben sollte binnen zwei Jahren nach dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters in vier Raten ausgezahlt werden. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit sollte ein Schiedsgutachter die Höhe des Guthabens feststellen.
Die Beklagte kündigte sämtliche stillen Gesellschaftsverträge zum 31.12.1995. Auf Antrag von 35 - bei ursprünglich 49 - stillen Gesellschaftern stellte ein Schiedsgutachter den Wert des zu verteilenden Vermögens auf 330.843,76 EUR und das Abfindungsguthaben der Antragsteller auf insgesamt 258.271,58 EUR fest. Die Kläger - die Kläger zu 31) und 32) als Erbengemeinschaft - haben daraus auf sie entfallende Einzelbeträge errechnet und mit der Klage im Urkundenprozess geltend gemacht. Die Beklagte hat sich u.a. darauf berufen, nach § 30 GmbHG wegen einer Unterbilanz nicht zur Auszahlung verpflichtet zu sein.
Nach Klageabweisung durch das LG - in den beiden später zusammengefassten Verfahren 90 O 148/02 und 90 O 172/02 - hat das KG die Beklagte zur Zahlung jeweils der ersten der vier Raten verurteilt. Bezüglich der übrigen drei Raten hat es die Klage als zurzeit unbegründet abgewiesen. Dagegen richten sich die von dem Berufungsgericht zugelassenen Revisionen der Kläger und der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufungen der Kläger, allerdings mit der Maßgabe, dass die Klagen nicht als unzulässig, sondern als zurzeit unbegründet abgewiesen werden. Die Revision der Kläger hat dagegen keinen Erfolg.
Die Kläger haben jeweils einen Anspruch auf Zahlung des auf ihren Gesellschaftsvertrag entfallenden Auseinandersetzungsguthabens gem. Nr. 11.1 und 11.10 der Verträge über die stillen Gesellschaften (dazu im Folgenden I-III). Diese Ansprüche sind derzeit aber nicht durchsetzbar, weil eine Zahlung gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen würde (dazu IV). Das führt zu einer Abweisung der Klage als zurzeit unbegründet. Ob die Beklagte verpflichtet ist, die einer Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens an die Kläger entgegen stehende Unterbilanz durch eine Realisierung stiller Reserven zu beseitigen, ist derzeit nicht zu entscheiden (V).
I. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger - und nicht die von ihnen und weiteren stillen Gesellschaftern gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Innengesellschaft der atypischen stillen Gesellschafter der F. GmbH" (im Folgenden: GbR) - jeweils Inhaber des auf sie entfallenden Anspruchs auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens aus den gekündigten stillen Gesellschaftsverträgen sind.
1. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Zwar hätten die Kläger des Verfahrens 90 O 148/02 schriftsätzlich vorgetragen, sie seien nach ihrem Ausscheiden als stille Gesellschafter in der GbR verblieben, "deren einziger Zweck die gemeinsame Durchsetzung ihrer Ansprüche auf vertragsgerechte Abfindung" sei. Von diesem Vortrag seien sie aber abgerückt. Es bestünden auch keine zureichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass nur die Gesellschaft klagebefugt sei.
2. Diese Auffassung hält den Angriffen der Revision der Beklagten im Ergebnis stand.
Dabei kommt es nicht auf die Frage an, ob die GbR tatsächlich als Innengesellschaft ausgestaltet ist, also kein Gesellschaftsvermögen gebildet worden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kläger ihre Ansprüche auf Zahlung des jeweiligen Auseinandersetzungsguthabens an die GbR abgetreten haben. Nur dann wäre die GbR Inhaberin der Forderungen, und die Klage wäre schon mangels Aktivlegitimation der Kläger abzuweisen.
Derartige Abtretungen hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg. Nach dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag war Zweck der GbR die "gemeinsame Ausübung" der Rechte der stillen Gesellschafter ggü. der Beklagten. Die Zahlungsansprüche der Gesellschafter gegen die Beklagte sollten dafür nicht in die GbR eingebracht werden. Die Gesellschaft sollte enden, wenn weniger als zwei Personen als stille Gesellschafter am Vermögen der Beklagten beteiligt waren. Wenn dann nach der Kündigung aller stillen Gesellschaftsverhältnisse durch die Beklagte in der GbR ein Fortsetzungsbeschluss gefasst worden sein sollte oder - wie die Revision zuletzt vermutet hat - eine neue GbR gegründet worden ist, spricht nichts dafür, dass die Gesellschafter den ursprünglichen Zuschnitt der Gesellschaft geändert und ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die GbR abgetreten haben könnten.
II. Unbegründet ist auch der Einwand der Revision der Beklagten, das Berufungsgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass alle Kläger zum Kündigungszeitpunkt stille Gesellschafter gewesen seien und die Einlagen jeweils die in dem Berufungsurteil genannte Höhe gehabt hätten.
1. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Die Gesellschafterstellung der Kläger ergebe sich schon aus der Aufzählung in dem Schiedsgutachten. Etwaige verbliebene Zweifel in Bezug auf die Kläger zu 13), 15) und 24) seien durch im zweiten Rechtszug überreichte Urkunden ausgeräumt worden. Die Höhe der jeweiligen Beteiligung sei den Kündigungsschreiben der Beklagten zu entnehmen, die im ersten Rechtszug, teilweise im Berufungsverfahren vorgelegt worden seien. Lediglich für den Kläger zu 29) sei kein Kündigungsschreiben übermittelt worden. Dafür habe er sein Beitrittsangebot vorgelegt, aus dem sich die Höhe seiner Einlage ergebe. Im Übrigen könnten die Gesellschafterstellung und die Höhe der jeweiligen Einlage auch der im Berufungsverfahren vorgelegten Gesellschafterliste der Beklagten betreffend die Gesellschafterversammlung vom 17.7.1991 entnommen werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich in der Folgezeit insoweit etwas geändert habe, bestünden nicht.
2. a) Die Revision der Beklagten meint, das Berufungsgericht habe die erst im zweiten Rechtszug vorgelegten Urkunden gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zulassen dürfen. Dem ist nicht zu folgen.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine gegen § 531 Abs. 2 ZPO verstoßende Zulassung neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit der Revision nicht gerügt werden (BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - V ZR 187/03, BGHReport 2004, 614 m. Anm. Kramer = MDR 2004, 700 = WM 2004, 1499 [1500 f.]; Urt. v. 2.4.2004 - V ZR 107/03, MDR 2004, 866 = BGHReport 2004, 997 = WM 2005, 141 [142]; ebenso für eine unter Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfolgte neue Tatsachenfeststellung: BGH, Urt. v. 9.3.2005 - VIII ZR 266/03, MDR 2005, 945 m. Anm. Fellner = BGHReport 2005, 864 m. Anm. Heßler = WM 2005, 1625 [1627], z.V.b. in BGHZ 162, 313). Von dieser Ansicht abzuweichen, besteht auch unter Berücksichtigung der im Schrifttum erhobenen Kritik (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 531 Rz. 24 f.) kein Anlass. Hat das Berufungsgericht neuen Tatsachenvortrag bei seiner Entscheidung berücksichtigt, kann das Ziel des § 531 ZPO, das Berufungsverfahren auf eine Fehlerkontrolle und -beseitigung in Bezug auf das erstinstanzliche Urteil zu beschränken und deshalb neuen Tatsachenvortrag nur in besonderen Ausnahmefällen zu berücksichtigen (Begr.RegE, BT-Drucks. 14/4722, 101), nicht mehr erreicht werden. Andererseits entspricht ein Urteil, das auf der Grundlage des gesamten Tatsachenvortrags der Parteien ergangen ist, der wahren Sach- und Rechtslage besser als eine Entscheidung, die einen Teil des Tatsachenvortrags aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt. Deshalb erscheint es unangemessen, den neuen Tatsachenvortrag, ist er einmal zugelassen und verwertet, nachträglich wieder aus der Beurteilung auszuscheiden.
b) Erfolglos bleibt auch die Rüge der Revision der Beklagten, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Einlage der Kläger zu 31) und 32) - Erbengemeinschaft S. - habe 700.000 DM betragen, angesichts der von dem LG aufgezeigten Zweifel könne das nicht als bewiesen angesehen werden, und insb. reiche dafür die Kündigungserklärung der Beklagten mit dem darin angegebenen Einlagebetrag nicht aus.
Im Urkundenprozess muss der geltend gemachte Anspruch nicht in einer Urkunde verbrieft sein. Die Voraussetzungen des § 592 ZPO sind vielmehr bereits dann erfüllt, wenn der Inhalt der vorgelegten Urkunden für das Gericht ausreicht, um im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO den von dem Kläger behaupteten Sachverhalt feststellen zu können (BGH, Urt. v. 27.10.1982 - V ZR 31/82, WM 1983, 22). So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der vorgelegten Urkunden die Überzeugung gewonnen, dass die Kläger zu 31) und 32) mit einer Einlage von 700.000 DM beteiligt waren. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Auch die Revision zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.
III. Damit haben die Kläger gem. Nr. 11.1 und 11.10 der stillen Gesellschaftsverträge jeweils einen Anspruch auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens, das "dem in Anlehnung an das Stuttgarter Verfahren ermittelten Wert ihrer Anteile zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens entspricht".
Die Höhe dieser Ansprüche ergibt sich gem. Nr. 11.8 der Gesellschaftsverträge aus dem für beide Seiten verbindlichen Schiedsgutachten des Rechtsanwalts Dr. R. vom 24.6.2002.
1. Danach beträgt das Auseinandersetzungsguthaben für die Kläger insgesamt 258.271,58 EUR. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten nicht darauf an, ob die Kläger nach Nr. 11.9 der Gesellschaftsverträge verpflichtet sind, einen etwaigen Fehlbetrag auszugleichen - so der Text des von der Beklagten vorgelegten Vertragsformulars - oder ob eine derartige Nachschusspflicht ausdrücklich ausgeschlossen ist - so die Fassungen der von den Klägern vorgelegten Vertragsformulare. Denn auch nach dem Vortrag der Beklagten sollte sich die Verlustbeteiligung nur auf einen Fehlbetrag in der Auseinandersetzungsbilanz beziehen. Einen derartigen Fehlbetrag hat der Schiedsgutachter indes nicht festgestellt. Dass der Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.1995 einen Fehlbetrag aufweist, wie die Beklagte geltend macht, ist dagegen insoweit unerheblich.
2. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht den von dem Schiedsgutachter unangegriffen festgestellten Gesamtbetrag der Abfindung auf die einzelnen Kläger entsprechend deren jeweiliger Beteiligungsquote umgelegt und so die den einzelnen Klägern jeweils zustehenden Beträge errechnet. Die Revision der Beklagten, die auch das beanstandet, verkennt, dass das Berufungsgericht - anders als das LG - die Höhe der Einlagen aller Kläger festgestellt hat. Damit konnte es die in dem Schiedsgutachten fehlende Aufteilung der Gesamtabfindung auf die einzelnen Kläger selbst nachholen. Dass ihm dabei ein Fehler unterlaufen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
IV. Begründet ist die Revision der Beklagten dagegen, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, die Auszahlung der ersten Rate der Auseinandersetzungsguthaben verstoße nicht gegen § 30 GmbHG. Dementsprechend ist die Revision der Kläger, die § 30 GmbHG grundsätzlich für nicht anwendbar hält und deshalb die von dem Berufungsgericht angenommene Bindung der zweiten bis vierten Rate der Abfindungszahlungen als fehlerhaft rügt, unbegründet.
1. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Das Verbot des § 30 GmbHG, Zahlungen an die GmbH-Gesellschafter zu Lasten des Stammkapitals zu leisten, sei entsprechend anwendbar, weil die Kläger nach der Ausgestaltung der stillen Gesellschaftsverträge die Geschicke der Beklagten in einem Maße hätten mitbestimmen können, das es rechtfertige, sie in Bezug auf die Kapitalerhaltungsregeln wie GmbH-Gesellschafter zu behandeln. Die Voraussetzungen des § 30 GmbHG seien jedoch nur für die zweite, dritte und vierte, nicht dagegen auch für die erste, Mitte 1996 fällig gewordene Rate der Abfindungszahlungen erfüllt. Der Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.1995 weise keine Unterbilanz auf. Zwar sei darin ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag i.H.v. 962.556,39 DM aufgeführt. Dennoch habe keine Unterbilanz bestanden. Es seien nämlich drei von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten gewährte Darlehen passiviert worden, obwohl für zwei dieser Darlehen keine Pflicht zur Passivierung bestanden habe. Insoweit seien nämlich qualifizierte Rangrücktritte erklärt worden. Dabei handele es sich um einen Betrag i.H.v. insgesamt 1.596.720 DM. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass die Beklagte Mitte 1996 überschuldet oder kreditunwürdig gewesen sei. Der Jahresabschluss zum 31.12.1996 habe demgegenüber einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H.v. 1.780.175,99 DM aufgewiesen. Dass die damit bestehende Unterbilanz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung beseitigt worden sei, könne nicht angenommen werden.
2. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Kontrolle nicht in allen Punkten stand.
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Kläger allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, auf die Kläger als stille Gesellschafter sei § 30 GmbHG analog anwendbar.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein an einer GmbH beteiligter stiller Gesellschafter im Hinblick auf die Kapitalerhaltungsregeln wie ein GmbH-Gesellschafter zu behandeln, wenn er aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichsteht (BGH v. 7.11.1988 - II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 [9 ff.] = GmbHR 1989, 152 = MDR 1989, 332; ebenso für die KG: BGH, Urt. v. 17.12.1984 - II ZR 36/84, GmbHR 1985, 213 = MDR 1985, 386 = ZIP 1985, 347). Wird der stille Gesellschafter in dieser Weise in den mitgliedschaftlichen Verband der GmbH einbezogen, so ist seine Einlage Teil der Eigenkapitalgrundlage der GmbH. Der im Innenverhältnis den GmbH-Gesellschaftern gleichgestellte stille Gesellschafter trägt in gleicher Weise wie jene die Verantwortung für die Erhaltung des den Gläubigern dienenden Haftungsfonds. Seine Einlage ist damit - ebenso wie es die Einlagen der GmbH-Gesellschafter sind - durch § 30 GmbHG gebunden. Bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft darf das Auseinandersetzungsguthaben deshalb nicht ausgezahlt werden, wenn und soweit dadurch das Vermögen der GmbH unter den Betrag der Stammkapitalziffer sinken würde.
Ob die Voraussetzungen einer solchen Gleichstellung der stillen Einlage mit der Einlage eines GmbH-Gesellschafters im Einzelfall erfüllt sind, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Tatrichter den Sachvortrag der Parteien umfassend berücksichtigt und die Grenzen seines Beurteilungsspielraums eingehalten hat. Dieser Überprüfung hält das angefochtene Urteil stand.
Nach dem Inhalt der Satzung der Beklagten und den stillen Gesellschaftsverträgen sind die stillen Gesellschafter über einen - mehrheitlich von ihnen beherrschten - Beirat an der Geschäftsführung der Beklagten beteiligt. Der Beirat hat den Jahresabschluss zu genehmigen. Seiner Zustimmung bedürfen im Einzelnen aufgeführte, den Rahmen der laufenden Verwaltung überschreitende Geschäfte, wie etwa Grundstücksgeschäfte, Bürgschaften über 500.000 DM und Bestellungen und Abberufungen von Geschäftsführern. Zudem kann der Beirat weitere Rechtsgeschäfte seiner Zustimmung unterwerfen. Die von der Geschäftsführung der Beklagten jährlich zu erstellenden Investitions-, Absatz-, Ertrags- und Finanzplanungen müssen dem Beirat zur Genehmigung vorgelegt werden. Von diesen Plänen darf nur mit Genehmigung des Beirats abgewichen werden. Vermögensmäßig sind die stillen Gesellschafter anteilmäßig an dem gesamten Vermögen der Beklagten beteiligt. Von dem bilanzierten Jahresüberschuss steht ihnen die Hälfte zu. Einen Fehlbetrag haben sie nach dem Verhältnis von Stammkapital (200.000 DM) zu stillem Kapital (4,45 Mio. DM) zu tragen. Dass die stillen Gesellschaftsverträge von der Beklagten ohne Angabe von Gründen gekündigt werden können, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zum einen war eine solche Kündigung erstmals nach Ablauf von etwa acht Jahren möglich. Zum anderen gibt es auch innerhalb einer GmbH Fallgestaltungen, in denen ein Gesellschafter "hinausgekündigt" werden kann (s. etwa: BGH, Urt. v. 19.9.2005 - II ZR 342/03, MDR 2006, 100 = BGHReport 2005, 1541 m. Anm. Terlau = GmbHR 2005, 1561 m. Anm. Hinderer u. Sinewe = ZIP 2005, 1920, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 19.9.2005 - II ZR 173/04, MDR 2006, 99 = BGHReport 2005, 1538 = GmbHR 2005, 1558 = ZIP 2005, 1917, z.V.b. in BGHZ), ohne dass sich dadurch an seiner Verantwortung für die Erhaltung des Haftungsfonds der Gesellschaft etwas ändern würde.
b) Unzutreffend ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, die erste Rate der Abfindungszahlungen könne ausgezahlt werden, ohne dass dadurch eine Unterbilanz entstehe oder vertieft werde.
Nach der Feststellung des Berufungsgerichts weisen die Jahresabschlüsse der Beklagten bezüglich der Jahre 1995 bis 2001 und die Zwischenbilanz zum 31.10.2002 - weitere Abschlüsse waren zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht erstellt - sämtlich einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag auf. Damit liegt jeweils eine Unterbilanz i.S.d. § 30 GmbHG vor. Die Revision der Beklagten macht zu Recht geltend, dass die Passivseite der Bilanzen - anders als es das Berufungsgericht gesehen hat - nicht um zwei mit einem Rangrücktritt versehene Gesellschafterdarlehen zu bereinigen ist.
Ob eine Auszahlung an einen Gesellschafter gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstößt, ist anhand einer nach § 42 GmbHG, §§ 242 ff. HGB zu fortgeführten Buchwerten erstellten Bilanz zu beurteilen (BGH v. 7.11.1988 - II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 [12] = GmbHR 1989, 152 = MDR 1989, 332; Urt. v. 19.9.2005 - II ZR 229/03, BGHReport 2006, 38 = MDR 2006, 276 = GmbHR 2005, 1570 = ZIP 2005, 2016 [2017]; v. 8.11.2004 - II ZR 300/02, BGHReport 2005, 511 = GmbHR 2005, 232 m. Anm. Blöse = MDR 2005, 284 = ZIP 2005, 82 [84]). In dieser Bilanz sind Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern mit eigenkapitalersetzendem Charakter i.S.d. § 32a GmbHG zu passivieren (BGH v. 6.12.1993 - II ZR 102/93, BGHZ 124, 282 [284] = AG 1994, 225 = GmbHR 1994, 176 = MDR 1994, 357; BFH, Urt. v. 5.2.1992 - I R 127/90, FR 1992, 525 = GmbHR 1992, 382 = ZIP 1992, 620 [622]). Das Gleiche gilt für Verbindlichkeiten ggü. Gesellschaftern, die einen Rangrücktritt erklärt haben. Lediglich in der nach § 64 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, § 19 Abs. 2 InsO zu erstellenden Überschuldungsbilanz ist eine mit einem - qualifizierten (BGH, Urt. v. 2.7.2001 - II ZR 264/99, MDR 2001, 1067 = GmbHR 2001, 725 = BGHReport 2001, 642 = ZIP 2001, 1366 [1367]) - Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit nicht zu passivieren (BGH v. 8.1.2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 [271 f.] = MDR 2001, 401 = BGHReport 2001, 197 m. Anm. Bormann = AG 2001, 303 = GmbHR 2001, 190 m. Anm. Felleisen).
Ob das anders ist - und die Forderung etwa als Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB auszuweisen ist (Priester, DB 1991, 1917 [1923]) , wenn der Gesellschafter-Gläubiger in der Rücktrittserklärung klarstellt, dass er mit seiner Forderung nicht nur nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger, sondern - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt werden wolle (s. dazu: BGH v. 8.1.2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 [271] = MDR 2001, 401 = BGHReport 2001, 197 m. Anm. Bormann = AG 2001, 303 = GmbHR 2001, 190 m. Anm. Felleisen), kann offen bleiben. Denn eine solche Erklärung hat der geschäftsführende Alleingesellschafter der Beklagten, K., nicht abgegeben. Die Formulierung in seiner Erklärung vom 14.12.1992, "dass seine Darlehensforderungen hinter die Rechte der übrigen Gläubiger zurücktreten und nur aus Bilanzgewinn oder einem Liquidationsüberschuss beglichen werden sollen", reicht dafür nicht aus. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass er seine Forderungen damit auf eine Stufe mit den Abfindungsansprüchen der stillen Gesellschafter stellen wollte. Dagegen spricht schon der Umstand, dass in dem Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.1994 die Einlagen der stillen Gesellschafter unter "Eigenkapital", die Forderungen des Gesellschafters K. dagegen unter "Verbindlichkeiten" verbucht worden sind.
c) Dem damit aus § 30 Abs. 1 GmbHG folgenden Auszahlungsverbot steht § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG nicht entgegen.
Danach gelten die Regeln über den Eigenkapitalersatz nicht für einen nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit 10 % oder weniger am Stammkapital der GmbH beteiligt ist. Das betrifft nicht nur die Anwendung der §§ 32a, b GmbHG, sondern bezieht sich auch auf die sog. Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz (Habersack, ZHR 162, 201 [210 f.]), und begünstigt auch einen stillen Gesellschafter, der aufgrund der Ausgestaltung seines Gesellschaftsverhältnisses einem GmbH-Gesellschafter gleichgestellt ist. Dennoch greift § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG hier nicht ein. Zum einen geht es bei den Einlagen der Kläger nicht um Eigenkapitalersatz - die Einlagen sind vielmehr schon aufgrund des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses Eigenkapital. Zum anderen gilt die Regelung, die durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz vom 20.4.1998 (BGBl. I, 707) mit Wirkung zum 24.4.1998 in das Gesetz eingefügt worden ist, nicht für Altfälle (BGH, Urt. v. 27.11.2000 - II ZR 179/99, MDR 2001, 340 = BGHReport 2001, 170 = GmbHR 2001, 106 = ZIP 2001, 115 [116]; v. 11.7.2005 - II ZR 285/03, GmbHR 2005, 1351 m. Anm. Blöse = MDR 2006, 36 = BGHReport 2005, 1544 = ZIP 2005, 1638). Damit fallen die Kläger, deren stille Gesellschaftsverhältnisse schon zum 31.12.1995 beendet worden sind, nicht in den Anwendungsbereich der Norm.
d) Das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG hat zur Folge, dass die Klage als zurzeit unbegründet abzuweisen ist.
Die Revision der Kläger meint dagegen, der Klage sei dennoch stattzugeben und die Einrede aus § 30 GmbHG sei von der Gesellschaft im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend zu machen. Dem ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt.
Mit der Vollstreckungsgegenklage können gem. § 767 Abs. 2 ZPO nur solche Einwendungen geltend gemacht werden, die auf Gründen beruhen, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der die Einwendung spätestens hätte geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können (BGH v. 16.10.1995 - II ZR 298/94, BGHZ 131, 82 [83] = MDR 1996, 247). Damit wäre die Einwendung des Zahlungsverbots aus § 30 GmbHG im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage nicht zu berücksichtigen. Es ist vielmehr Sache der Kläger, sich von der Beklagten über die weitere bilanzielle Entwicklung Auskunft erteilen zu lassen und die Abfindungsansprüche erneut geltend zu machen, sobald dadurch keine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird.
V. Vorsorglich weist der Senat auf Folgendes hin:
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Aufgrund ihrer nachwirkenden gesellschafterlichen Treuepflicht aus den stillen Gesellschaftsverhältnissen ist die Beklagte verpflichtet, alles ihr Zumutbare zu tun, um die Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben an die Kläger zu ermöglichen. Dazu kann auch gehören, Maßnahmen zu ergreifen, um die - in der Handelsbilanz nicht, wohl aber in der Überschuldungsbilanz auszuweisenden - stillen Reserven zu realisieren. Das kann etwa durch eine Teilliquidation des Geschäftsbetriebs erfolgen.
Sollte sich abzeichnen, dass es der Beklagten auf Dauer nicht gelingen wird, ihren Fehlbetrag in der Handelsbilanz im Rahmen ihrer laufenden Geschäftstätigkeit abzubauen, während sie aufgrund der - u.a. in dem letzten vorgelegten Jahresabschluss zum 31.12.2001 vermerkten - Rangrücktritte der Gläubiger A. & Co. GmbH und Bank von E. AG i.H.v. 3.925.704,01 EUR und 2.000.000 EUR sowie der stillen Reserven nicht überschuldet und damit insolvenzreif ist, kann auch ein Anspruch der Kläger auf die Durchführung einer Teilliquidation mit dem Ziel der Realisierung stiller Reserven bestehen. Das setzt allerdings voraus, dass die so entstehenden Bilanzwertzugänge unabhängig von den mit Rangrücktritt versehenen Gläubigerforderungen die Unterbilanz beseitigen. Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung entsprechender Auskünfte.
Fundstellen