Leitsatz (amtlich)
Der Insolvenzverwalter kann die Auszahlung eines gesellschaftsrechtlichen Scheinauseinandersetzungsguthaben als unentgeltliche Leistung anfechten, wenn tatsächlich keine Erträge erwirtschaftet worden sind, sondern die Auszahlung aus einer im Schneeballsystem gewonnenen Einlage ermöglicht wird; das gilt auch für eine Gewinnvorauszahlung.
Die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich, auch wenn der Leistungsempfänger irrtümlich vom Bestehen der Forderung ausgegangen ist (Anschluss an BGHZ 179, 137 Rz. 6).
Normenkette
InsO § 134 Abs. 1; HGB § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3, § 169; BGB § 738 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.11.2010; Aktenzeichen 14 U 53/10) |
LG Kassel (Urteil vom 26.01.2010; Aktenzeichen 9 O 1829/08) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des OLG Frankfurt vom 2.11.2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlussrevision des Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die F. Co. KG (künftig: Schuldnerin) war als Kapitalanlageunternehmen tätig. Sie warb europaweit mit ihren Anlagen und stellte hohe Gewinne in Aussicht. Die Anleger sollten ihr als Kommanditisten beitreten, wobei die vereinbarte Pflichteinlage i.H.v. 65 vom Hundert als Hafteinlage in das Handelsregister eingetragen werden sollte. Persönlich haftende Gesellschafterin war die F AG (künftig: Komplementärin). Die Schuldnerin geriet spätestens ab 1997 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um diese zu vertuschen, manipulierten die beiden Vorstandsmitglieder ihrer Komplementärin die Geschäftsunterlagen; dabei spiegelte die Schuldnerin den Anlegern werthaltige Kapitalkonten und Gewinne vor, die tatsächlich nicht erwirtschaftet wurden. Die Einlagen der neu beitretenden Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Auszahlungen an die Altgesellschafter.
Rz. 2
Der Beklagte erbrachte im Oktober 2001 eine Einlage in die Schuldnerin i.H.v. 73.980 EUR und erhielt vom 27.11.2001 bis zum 22.12.2004 monatliche Auszahlungen i.H.v. insgesamt 19.682,59 EUR und am 12.1.2005 nach Kündigung der Beteiligung weitere 63.000 EUR.
Rz. 3
Am 6.10.2005 stellte der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellte Abwickler gem. § 37 Abs. 2 Kreditwesengesetz Insolvenzantrag, am 7.10.2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Diese focht die Auszahlungen an den Beklagten in den letzten vier Jahren vor Antragstellung nach § 134 InsO an.
Rz. 4
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vom Beklagten Zahlung von 82.682,59 EUR (63.000 EUR zzgl. 19.682,59 EUR) zzgl. Zinsen ab 7.10.2005 gefordert. Das LG hat den Beklagten zur Zahlung von 82.682,59 EUR zzgl. Zinsen ab 6.10.2008 verurteilt und die Klage auf weitergehende Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten - unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 19.682,59 EUR zzgl. Zinsen seit dem 7.10.2005 zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von weiteren 63.000 EUR zzgl. Zinsen erreichen. Mit der Anschlussrevision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision der Klägerin hat Erfolg, die Anschlussrevision des Beklagten ist dagegen unbegründet.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei aus §§ 143, 134, 129 InsO nur i.H.v. 19.682,59 EUR begründet. Die Schuldnerin habe lediglich in dieser Höhe nicht erwirtschaftete Gewinne an den Beklagten ausgezahlt. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass Gewinnausschüttungen, denen kein tatsächlicher Gewinn zugrunde liege und auf die der Anleger nach dem Vertrag keinen Anspruch habe, unentgeltliche Leistungen darstellten (BGH, Urt. v. 11.12.2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137).
Rz. 7
Bei der Zahlung der Schuldnerin an den Beklagten am 12.1.2005i.H.v. 63.000 EUR handele es sich hingegen nicht um eine unentgeltliche Leistung. Die Schuldnerin habe diesen Geldbetrag vielmehr als Auseinandersetzungsguthaben gem. § 16 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages infolge einer wirksamen Kündigung der Beteiligung durch den Beklagten geleistet; damit sei dessen Anspruch auf Rückzahlung der erbrachten Einlage nebst künftiger Gewinnerwartungen abgefunden worden. Der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters erstrecke sich mangels Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden seien (BGH, Urt. v. 22.4.2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764).
II.
Rz. 8
Diese Ausführungen halten in Bezug auf die Revision der Klägerin rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Rz. 9
1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, sind dagegen als entgeltliche Leistungen nicht nach dieser Vorschrift anfechtbar (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rz. 6; v. 2.4.2009 - IX ZR 197/07, ZInsO 2009, 1202 Rz. 6; v. 22.4.2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764 Rz. 11 ff.; v. 9.12.2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rz. 6; v. 29.3.2012 - IX ZR 207/10, NJW 2012, 2195 Rz. 8). Die Ausschüttungen erfolgen dabei in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage (BGH, Urt. v. 10.2.2011 - IX ZR 18/10, NZI 2011, 324 Rz. 10, 12).
Rz. 10
2. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht gesehen, dass die Rechtsstellung der Anleger in den vom Senat bisher entschiedenen Fällen in einem für die Frage, ob die Rückzahlung der getätigten Einlage eine unentgeltliche Leistung darstellt, wesentlichen Punkt von der Rechtsstellung des Beklagten abweicht, weil der Beklagte anders als dort eine gesellschaftliche Beteiligung an der Anlagegesellschaft erworben hatte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können deswegen die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO nicht verneint werden.
Rz. 11
a) Der Beklagte hatte der Schuldnerin die Geldmittel nicht im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages zur Verfügung gestellt, sondern war der Anlagegesellschaft als Gesellschafter beigetreten und hatte nach Kündigung seiner Beteiligung nur einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Werts seiner Beteiligung, nicht aber auf Rückerstattung seiner Einlage.
Rz. 12
aa) Der Beklagte ist der Schuldnerin entweder als Kommanditist oder aber - wenn es nicht zur Eintragung im Handelsregister gekommen ist - als atypischer stiller Gesellschafter beigetreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte der Beitritt der Kommanditisten unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister erfolgen. Ab der Annahme der Beitrittserklärung durch die Komplementärin bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister sollten sie an der Schuldnerin als atypische stille Gesellschafter beteiligt sein; sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages sollten für diese Zeit entsprechende Anwendung finden. Dieser Gesellschaftsvertrag ist mithin Grundlage der Ansprüche des Beklagten gegen die Schuldnerin. Er ist ebenso wenig unwirksam wie der Beitritt des Beklagten, der wie alle seit dem Jahr 1997 der Schuldnerin beitretenden Gesellschafter über das zumindest seit dem Jahr 1997 betriebene "Schneeballsystem" getäuscht wurde. Denn die ggf. fehlerhaft errichtete, aber jedenfalls in Vollzug gesetzte Schuldnerin ist wie der möglicherweise fehlerhafte, aber auch in Vollzug gesetzte Beitritt des Beklagten nach der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln.
Rz. 13
(1) Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wird eine Gesellschaft, deren Gründungsakt an einem Fehler leidet, die aber in Vollzug gesetzt worden ist, als wirksam behandelt. Ebenso wenig führt ein fehlerhafter, aber vollzogener Gesellschaftsbeitritt zur Unwirksamkeit des Beitritts nach allgemeinen Grundsätzen. Der Gesellschafter, der sich auf den Mangel berufen will, hat aber das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. An die Stelle des ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage tritt - auch bei einem durch arglistige Täuschung verursachten Beitritt - ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben. Dessen Höhe bemisst sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt. Denn der Anleger nimmt an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teil, weil seiner Kündigung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts keine Rückwirkung zukommt (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f.; vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rz. 6; Konzen, FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff.). Dies gilt sowohl für die Kommanditgesellschaft (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.2010, a.a.O.) als auch für die stille Gesellschaft, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urt. v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
Rz. 14
(2) Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn ausnahmsweise die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar ist. So hat der BGH Ausnahmen u.a. dann anerkannt, wenn der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Zweck der Gesellschaft mit den guten Sitten unvereinbar ist oder eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2004, a.a.O.; v. 21.3.2005 - II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1785).
Rz. 15
Diese Ausnahmen sind hier nicht gegeben. Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterbeitritt waren nicht wegen des von der Schuldnerin betriebenen Schneeballsystems gem. § 138 BGB sittenwidrig; sittenwidrig war lediglich das von ihr tatsächlich betriebene, nicht aber das mit dem gutgläubigen Beklagten und den anderen Kommanditisten und stillen Gesellschaftern vereinbarte System der Kapitalanlage (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 756; v. 9.12.2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rz. 11; v. 22.9.2011 - IX ZR 209/10, NZI 2011, 976 Rz. 12).
Rz. 16
bb) Mithin hat der Beklagte entweder als Kommanditist oder als atypischer stiller Gesellschafter nach § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 2 BGB nach Kündigung seiner Beteiligung und Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens, nicht aber einen Anspruch auf Rückerstattung der Einlage. Die erfolgte Abfindungszahlung der Schuldnerin an den Beklagten ist deswegen nur dann entgeltlich, wenn der Abfindungsanspruch in Höhe der ausgezahlten 63.000 EUR bestand.
Rz. 17
(1) Die Höhe des Abfindungsanspruchs ergibt sich aus der auf den Abfindungsstichtag zu erstellenden Abfindungsbilanz (vgl. Piehler/Schulte, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 37 Rz. 44 f m.w.N.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 738 Rz. 26 ff.). Für seine Zusammensetzung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens bei Auflösung der Gesellschaft. Allgemein sind einzubeziehen der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder ihres Wertes, der anteilige Anspruch auf den in der Abfindungsbilanz ausgewiesenen, nach dem beim Ausscheiden geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zwischen dem Ausgeschiedenen und den übrigen Gesellschaftern aufzuteilenden fiktiven Liquidationsüberschuss sowie die sonstigen in die Abfindungsbilanz als Rechnungsposten einzustellenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis (Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, a.a.O., § 738 Rz. 37). Im Gesellschaftsvertrag ist zur Höhe des Abfindungsanspruchs geregelt, dass das Auseinandersetzungsguthaben aufgrund des Jahresabschlusses auf den Bilanzstichtag, der mit dem Ausscheiden zusammenfällt, zu ermitteln ist, wobei das Auseinandersetzungsguthaben aus dem Saldo der beiden für jeden Kommanditisten und stillen Gesellschafter zu errichtenden Kapitalkonten und eines eventuellen Verlustkontos errechnet werden sollte.
Rz. 18
(2) Eine solche Abfindungsbilanz hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und haben die Parteien nicht vorgetragen. Deswegen lässt sich weder feststellen, ob dem Beklagten ein Abfindungsanspruch i.H.v. 63.000 EUR zugestanden hat, noch, ob die Abfindungszahlung unentgeltlich i.S.v. § 134 Abs. 1 InsO war. Dabei kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Schuldnerin den Abfindungsanspruch aufgrund der von ihr erstellten (manipulierten) Geschäftsunterlagen wirksam festgestellt hat. Diese manipulierten Zahlen sind für die Berechnung seines Abfindungsanspruchs ohne Belang.
Rz. 19
Die von der Schuldnerin dem Beklagten überlassenen monatlichen Kontomitteilungen begründen keinen Anspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des BGH, nach der sich die Gutschrift auf einem Girokonto als abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis einer Bank gegenüber dem Kunden darstellt. Ein zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossener Girovertrag fehlt hier. Auf andere Rechtsbeziehungen lassen sich die vorgenannten Grundsätze nicht übertragen (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2010 - XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 Rz. 18 m.w.N.; vgl. v. Falkenhausen/Schneider, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 22 Rz. 39 f.). Aber auch mit Hilfe anderer Erwägungen lässt sich ein Anspruch des Beklagten aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Schuldnerin nach §§ 780, 781 BGB nicht bejahen (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 19). Aus dem Inhalt der monatlichen Kontomitteilungen ergibt sich eindeutig, dass die Schuldnerin nicht erklären wollte, den genannten Betrag dem Beklagten auf jeden Fall auch ohne endgültige Feststellung ihrer Gewinne in der Jahresbilanz zu schulden, sondern sie den Beklagten nur über den aktuellen vorläufigen Stand seiner Gesellschafterkonten informiert hat. Sie stellen deswegen bloße Wissenserklärungen dar, mit welcher der Gesellschafter vom Stand seiner Gesellschafterkonten unterrichtet wird (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 20).
Rz. 20
Etwas anderes gilt auch nicht für die Abrechnung des Abfindungsanspruchs durch die Schuldnerin und die Feststellung der auf den manipulierten Zahlen beruhenden Jahresabschlüsse und deren Mitteilung an den Beklagten. Einem Jahresabschluss kann allerdings der Rechtscharakter eines Schuldanerkenntnisses beigemessen werden (BGH, Urt. v. 11.1.1960 - II ZR 69/59, WM 1960, 187, 188 f.; v. 29.3.1996 - II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266; v. 2.3.2009 - II ZR 264/07, WM 2009, 986 Rz. 15). Vortrag hierzu fehlt. Selbst wenn die Schuldnerin diesbezüglich Anerkenntnisse abgegeben oder sie sich mit dem Beklagten über seinen Abfindungsanspruch verglichen hätte, wären diese Rechtsgeschäfte nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar und angefochten, wenn ein Abfindungsanspruch nicht bestanden hätte (für das Schuldanerkenntnis vgl. BGH, Urt. v. 18.3.2010 - IX ZR 57/09, NZI 2010, 439 Rz. 11; für den Vergleich vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2012 - IX ZR 51/11, NJW 2012, 2099 Rz. 28 ff.). Zwar scheidet die Annahme einer unentgeltlichen Leistung aus, wenn ein Vergleich abgeschlossen wird, um die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen. Doch muss das vergleichsweise Nachgeben eines Teils dann als unentgeltliche Leistung gewertet werden, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann. Findet sich ein Gläubiger ohne Ungewissheit der Sach- oder Rechtslage infolge eines Liquiditätsengpasses oder aus sonstigen Gründen bereit, vergleichsweise einen Teil seiner Forderungen aufzugeben, so ist ein solcher Vergleich in der Regel nach § 134 InsO anfechtbar, sofern seine Vorteile das Nachgeben des Gläubigers nicht aufwiegen (BGH, Urt. v. 8.3.2012, a.a.O., Rz. 35 m.w.N.).
Rz. 21
b) Sollte die Schuldnerin objektiv keinen Gegenwert für die Zahlung im Januar 2005 erhalten haben und von einer Verbindlichkeit nicht oder jedenfalls nicht annähernd in der Höhe der Auszahlung befreit worden sein, weil kein nennenswerter Abfindungsanspruch bestand, hätte der Beklagte eine - ggf. teilweise (vgl. hierzu Kirchhof in MünchKomm/InsO, 2. Aufl., § 134 Rz. 41 ff.) - unentgeltliche Leistung erhalten (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2012 - IX ZR 146/11, NZI 2012, 562 Rz. 39; v. 9.12.2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rz. 10). Die Schuldnerin hätte in diesem Fall gewusst, dass sie auf eine nicht bestehende Verbindlichkeit - mithin ohne Rechtsgrund - geleistet hat. Ihr wäre bekannt gewesen, dass die Geschäftsunterlagen manipuliert waren und sie seit 1997 keine Gewinne mehr erwirtschaftete, sondern sie die Auszahlungen an die Altgesellschafter durch die Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. Denn jedenfalls die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich i.S.v. § 134 Abs. 1 InsO (Jaeger/Henckel, InsO, § 134 Rz. 13; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 134 Rz. 46; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 134 Rz. 19; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 134 Rz. 24, 36). Dass der Beklagte aufgrund der Täuschungshandlung der Schuldnerin irrtümlich davon ausgegangen ist, sein Abfindungsanspruch habe in Höhe der Auszahlung bestanden, ist anfechtungsrechtlich ohne Belang (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 101; v. 11.12.2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rz. 6).
Rz. 22
3. Das Urteil erweist sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
Rz. 23
a) Dem Beklagten stand zum Zeitpunkt der Zahlung im Januar 2005 gegen die Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückerstattung seiner Einlage nicht zu, obwohl er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch betrügerisches Handeln zumindest eines der Vorstandsmitglieder der Komplementärin dazu verleitet worden war, die Einlage im Jahr 2001 zu erbringen. Denn die Schuldnerin war eine Publikumsgesellschaft, weil ihr eine zahlenmäßig unbestimmte Vielzahl von Anlegern als Kommanditisten oder atypische stille Gesellschafter beitreten sollten, der Gesellschaftsvertrag von der Komplementärin vorformuliert war und vom Anleger nicht verhandelt werden konnte, die Gesellschafter europaweit eingeworben wurden, sie untereinander in keiner besonderen Beziehung standen, sie auf die Entscheidung über den Beitritt weiterer Gesellschafter keinen Einfluss hatten und sie der Schuldnerin zum Zwecke der Kapitalanlage und nicht mit dem Ziel einer aktiven unternehmerischen Betätigung beigetreten sind (vgl. hierzu Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, a.a.O., § 61 Rz. 2 m.w.N.).
Rz. 24
aa) Sofern der Beklagte durch Eintragung in das Handelsregister der Schuldnerin als Kommanditist beigetreten war, war es ihm nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft verwehrt, gegen die in Vollzug gesetzte Schuldnerin und nach vollzogenem Beitritt im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf ungeschmälerte Rückerstattung der Einlage geltend zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f.; vgl. BGH, Beschl. v. 5.5.2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rz. 11 ff., 20; v. 12.7.2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rz. 6; Konzen, FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff.).
Rz. 25
Bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen hat der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten; demgemäß treten die Gesellschafter dem am Beitritt interessierten Dritten gegenüber nicht in Erscheinung. Der (getäuschte) Beitrittswillige bringt regelmäßig nur dem die Verhandlung führenden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber diesen oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Daher ist es gerechtfertigt, nur diesen Vertreter persönlich und nicht auch die übrigen Gesellschafter haften zu lassen. Anders lässt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Gesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft oder den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (BGH, Urt. v. 21.7.2003, a.a.O., Seite 51 f.). Eine andere Sichtweise würde die Interessen der übrigen Gesellschafter vernachlässigen; gerade bei Publikumsgesellschaften findet sich die Erscheinung, dass die anderen Gesellschafter unter ähnlichen Bedingungen beigetreten und daher im Ausgangspunkt nicht weniger schutzwürdig sind als der sich auf die Täuschung berufende Gesellschafter. Sie müssten zusätzlich zu der Last des eigenen Beitritts die Lasten tragen, die sich aus der Rückabwicklung der Beteiligung und der Rückzahlung der vollen Einlage ergeben würden. Sie wären dem sog. "Windhundrennen" ausgesetzt: Die Gesellschafter, die schnell handelten, erlangten die volle Einlage zurück; die übrigen ebenso getäuschten Anleger gingen leer aus. Dies wirkt in besonderem Maße dann nachteilig, wenn die Gesellschaft aufgrund der Erfüllung der zuerst geltend gemachten Rückzahlungsverlangen in die Insolvenz getrieben wird. Derartige rechtliche und vor allem wirtschaftliche und finanzielle Folgen sind unvereinbar mit dem gesellschaftsrechtlichen Gebot einer gleichmäßigen Behandlung aller (betroffenen) Gesellschafter (BGH, Beschl. v. 5.5.2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rz. 14, 20). Dies gilt umso mehr, als in dem von der Schuldnerin praktizierten Schneeballsystem die Auszahlungen an die ausscheidenden Gesellschafter durch die Einlagen der Neugesellschafter ermöglicht worden sind.
Rz. 26
bb) Doch auch wenn der Beklagte mangels Eintragung im Handelsregister atypischer stiller Gesellschafter der Schuldnerin war, gilt nichts anderes. Auch auf eine stille Gesellschaft finden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urt. v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
Rz. 27
(1) Allerdings stehen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft in diesem Fall einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S.d. § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. Dies hat der BGH jedenfalls für die zweigliedrige stille Gesellschaft entschieden; die Frage, ob dies auch für die mehrgliedrige stille Gesellschaft gelten soll, hat er ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urt. v. 29.11.2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; vgl. zur mehrgliedrigen stillen Gesellschaft OLG München ZIP 2013, 414, 415 f, die zugelassene Revision ist beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 383/12; OLG Dresden, Urt. v. 30.1.2013 - 13 U 1683/12, nv, die zugelassene Revision beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 102/13).
Rz. 28
Denn bei der (zweigliedrigen) stillen Gesellschaft tritt der Anleger nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern bildet mit seinem Vertragspartner die stille Gesellschaft. Dabei beschränken sich seine Rechtsbeziehungen ausschließlich auf den als Inhaber des Handelsgewerbes i.S.v. § 230 HGB auftretenden Vertragspartner, mit dem allein der stille Gesellschaftsvertrag zustande kommt; dieser schuldet ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich haftet er ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluss, jeweils i.V.m. § 31 BGB und ggf. § 278 BGB, auf Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richten sich der Auseinandersetzungs- und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Dann aber kann der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebietet eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehlt (BGH, Urt. v. 19.7.2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.).
Rz. 29
(2) Doch müssen sich im vorliegenden Fall die atypischen stillen Gesellschafter - so auch ggf. der Beklagte - infolge der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, wonach auf sie bis zu ihrer Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages entsprechend Anwendung finden, auch insoweit wie Kommanditisten behandeln lassen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft finden auf sie ohne jede Einschränkung Anwendung. Diese rechtliche Gleichbehandlung von Kommanditisten und stillen Gesellschaftern infolge der vertraglichen Gleichstellungsvereinbarung findet ihre Rechtfertigung in der Rechtsprechung des BGH zu treuhandvermittelten Beteiligungen an Publikumsgesellschaften. Danach sind die Grundsätze, die im Innenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter gelten, auch auf den nur mittelbar, etwa über einen Treuhänder, Beteiligten anzuwenden, wenn diesem im Innenverhältnis die einem unmittelbaren Gesellschafter vergleichbare Stellung eingeräumt worden ist (vgl. Urt. v. 23.4.2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rz. 10; v. 24.7.2012 - II ZR 297/11, ZIP 2012, 1706 Rz. 32 ff. zVb in BGHZ 194, 180; v. 18.9.2012 - II ZR 201/10, ZIP 2012, 2291 Rz. 11; v. 5.2.2013 - II ZR 134/11, ZIP 2013, 570 Rz. 11; v. 5.2.2013 - II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rz. 14 ff.).
Rz. 30
b) Ebenso wenig kann der Beklagte gegen einen etwaigen Rückgewähranspruch mit einem Schadensersatzanspruch, wenn ein solcher gegen die Schuldnerin bestand, aufrechnen. Denn eine solche Aufrechnung mit vor-insolvenzlichen Schadensersatzansprüchen gegen den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch ist ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rz. 7 ff.; v. 22.4.2010 - IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125 Rz. 11). Der Anfechtungsanspruch ist i.S.v. §§ 96 Abs. 1 Nr. 1, 95 Abs. 1 Satz 1 InsO erst als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und somit nach dieser entstanden (MünchKomm/InsO/Kirchhof, a.a.O., § 143 Rz. 11).
Rz. 31
c) Die Geltendmachung des Rückgewähranspruchs aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nur in Extremfällen hindert § 242 BGB die Durchsetzung dieses Anspruchs (BGH, Urt. v. 11.12.2008, a.a.O., Rz. 21; Kirchhof in MünchKomm/InsO, a.a.O., § 134 Rz. 45). Im Streitfall ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Der Schutz des Beklagten als einer der getäuschten Anleger gebietet es nicht, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zurücktreten zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2008, a.a.O.).
III.
Rz. 32
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil sind in Bezug auf die Anschlussrevision im Ergebnis richtig, soweit das OLG die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil wegen des Zinsbeginns zugunsten der Klägerin abgeändert hat.
Rz. 33
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückgewähr der in der Zeit von November 2001 bis Dezember 2004 erfolgten Zahlungen i.H.v. insgesamt 19.682,59 EUR aus §§ 143 Abs. 1 Satz 1, 134 Abs. 1 InsO zu. Bei diesen Zahlungen der Schuldnerin, die innerhalb der vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgt sind, handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Denn die Schuldnerin hat nicht bestehende Forderungen des Beklagten erfüllt; dieser hatte keinen Anspruch auf die ihm gewährten Ausschüttungen, wie die Schuldnerin wusste.
Rz. 34
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Beklagte der Schuldnerin die auf dem Kapitalkonto II verbuchten 35 vom Hundert der geleisteten Einzahlung nicht als Darlehen gewährt hat und deswegen die monatlichen Auszahlungen keine Darlehensrückzahlungen darstellen. Der Beklagte leitet die Darlehensgewährung allein aus dem Gesellschaftsvertrag und der ersten Kontomitteilung ab. Folgerichtig hat das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag dahin ausgelegt, dass der Beklagte der Schuldnerin kein Darlehen gewährt, sondern lediglich die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Pflichteinlage geleistet hat.
Rz. 35
Der Gesellschaftsvertrag unterscheidet zwischen der Pflichteinlage, zu deren Erbringung sich der Kommanditist im Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis der Gesellschafter verpflichtet, und der Hafteinlage (Haftsumme), mit der ein Kommanditist nach §§ 161 Abs. 1, 172 Abs. 1 und 2 HGB gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis haftet. Die Erbringung der Pflichteinlage dient in voller Höhe der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten im Innenverhältnis, in Höhe der Hafteinlage zusätzlich der Befreiung von der persönlichen Haftung im Außenverhältnis (v. Falkenhausen/Schneider, a.a.O., § 17 Rz. 6 f.; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 167 Rz. 6). Die Haftsumme des Kommanditisten sollte auf dem Kapitalkonto I, die über die Haftsumme hinausgehende Pflichteinlage (35 vom Hundert) sowie die entnahmefähigen Gewinnanteile, sonstige Entnahmen, Zinsen und der sonstige Zahlungsverkehr zwischen der Schuldnerin und den Gesellschaftern sollten auf dem Kapitalkonto II gebucht werden. Danach sollte auf diesem nicht allein eine rein schuldrechtliche Forderung des Beklagten gegen die Schuldnerin ausgewiesen werden, sondern jedenfalls i.H.v. 35 vom Hundert der Pflichteinlage ein Teil der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung.
Rz. 36
Die Gesellschafter können vereinbaren, dass als Gesellschafterbeitrag ein Darlehen gewährt wird (v. Falkenhausen/Schneider, a.a.O., § 17 Rz. 17 ff.). Eine solche Vereinbarung findet sich im Gesellschaftsvertrag nicht. Nur in der monatlichen Kontoübersicht wird das Kapitalkonto II als "Darlehen" bezeichnet. Diese Bezeichnung des Kapitalkontos II alleine bewirkt keine rechtliche Umqualifizierung der Pflichteinlage in ein Darlehen. Vielmehr hätte es hierfür einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bedurft. Solches hat der Beklagte jedoch nicht vorgetragen.
Rz. 37
b) Im Ergebnis zutreffend ist auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter einen Anspruch auf die monatlichen Ausschüttungen hatte. Bei diesen handelte es sich entweder um die Auszahlung von Scheingewinnen oder aber um monatliche Vorauszahlungen auf künftige Gewinne. In beiden Fällen hatte der Beklagte auf die Zahlungen keinen Anspruch.
Rz. 38
aa) Einen Anspruch auf Zahlung von tatsächlich nicht erwirtschafteten Gewinnen hatte der Beklagte nicht.
Rz. 39
(1) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 HGB hat ein Kommanditist nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden, tatsächlich erwirtschafteten Gewinns. Hat er Gewinnausschüttungen bezogen, die ihm nicht zustanden, liegt ein "Scheingewinnbezug" ohne Rechtsgrund vor. Die Gesellschaft hat dann (außerhalb der Insolvenz) einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch; anders als im Falle von § 172 Abs. 5 HGB für die Außenhaftung führt die Gutgläubigkeit nicht zur Enthaftung des Kommanditisten im Innenverhältnis (Weipert, a.a.O., § 169 Rz. 16; v. Falkenhausen/Schneider, a.a.O., § 24 Rz. 21, 25). Für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Rechtsstellung ausweislich des Gesellschaftsvertrages weitmöglichst der Rechtsstellung des Kommanditisten angeglichen werden sollte, gilt - bezogen auf seine Innenhaftung - nichts anderes.
Rz. 40
(2) Allerdings kann in einem Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass an die Kommanditisten gewinnunabhängige Ausschüttungen erfolgen sollen, denn die gesetzliche Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB ist abdingbar und steht einer abweichenden Vereinbarung nicht entgegen (BGH, Urt. v. 5.4.1979 - II ZR 98/76, WM 1979, 803 f.; v. 12.3.2013 - II ZR 73/11, WM 2013, 1167 Rz. 10). Doch ist im streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag ein solches gewinnunabhängiges Entnahmerecht der Kommanditisten und stillen Gesellschafter nicht vereinbart worden. Daran ändert auch § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nichts. Danach durften die Kommanditisten und stillen Gesellschafter zwar monatlich einen Betrag i.H.v. 1 vom Hundert ihrer Pflichteinlage gewinnunabhängig entnehmen, bis der Kapitalanteil unter die Haftsumme sank. Die Entnahmen sollten nach dem Wortlaut der Regelung jedoch "im Vorgriff" auf den Gewinnanteil erfolgen, waren mithin Vorschusszahlungen auf die im laufenden Jahr erwirtschaften, festgestellten und auf den jeweiligen Gesellschafter verteilten Gewinne. Wenn nach der Feststellung des Jahresabschlusses eine Gutschrift mit einem höheren Gewinn für die Kommanditisten und stillen Gesellschafter erfolgte, als bislang durch diese entnommen worden war, durften sie nur den Überschuss zusätzlich entnehmen. Was geschehen sollte, wenn die Schuldnerin keine Gewinne oder weniger Gewinne erwirtschaftete, als die Gesellschafter im Vorgriff entnommen hatten, ist im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Zweck der Vorschusszahlung ergibt sich jedoch, dass die Kommanditisten und stillen Gesellschafter in einem Fall der Überzahlung die ausbezahlten Vorschüsse an die Schuldnerin zurückzuzahlen hatten (vgl. BGH, Urt. v. 2.3.2009 - II ZR 264/07, ZInsO 2009, 1018 Rz. 21; v. Falkenhausen/Schneider, a.a.O., § 22 Rz. 78). Keinesfalls hätte der Beklagte in einem solchen Fall die Vorschüsse behalten dürfen.
Rz. 41
bb) Nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages liegt es näher, die Schuldnerin habe an den Beklagten keine Scheingewinne ausgezahlt, sondern monatliche Vorschusszahlungen auf künftige Gewinne.
Rz. 42
(1) Allerdings konnte der Beklagte den Vorschuss nach dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages verlangen, ohne dass eine begründete Erwartung eines Ergebnisses für das laufende Geschäftsjahr vorgelegen haben musste. Ob der Gesellschaftsvertrag einschränkend auszulegen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls wird das gesetzliche wie auch das vertragliche Entnahmerecht durch die Treuepflicht der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft beschränkt (v. Falkenhausen/Schneider, a.a.O., § 24 Rz. 4). Das gilt auch für die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft. Sie mag hier mit Rücksicht darauf, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen Beziehungen stehen, einen anderen Inhalt haben und andere Wirkungen zeitigen. Das kann aber nicht dazu führen, die Treuepflicht überhaupt zu leugnen, sondern nur dazu, dass die Grenzen anders zu ziehen sind. Das Treuegebot bleibt insb. bestehen, wenn es um die Frage der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens geht (BGH, Urt. v. 19.11.1984 - II ZR 102/84, NJW 1985, 972, 973).
Rz. 43
Anerkannt ist, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen Entnahmeverboten zustimmen muss. So muss ein Gesellschafter einem Zinsverzicht zustimmen, wenn diese Änderung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen erforderlich wird, um das Unternehmen zu erhalten (BGH, Urt. v. 5.11.1984 - II ZR 111/84, NJW 1985, 974 f.; vom 19.11.1984, a.a.O.). Solange keine Auflösung der GmbH beschlossen ist, muss der geschäftsführende Gesellschafter die GmbH als werbendes Unternehmen betrachten und darauf bedacht sein, es als solches wirtschaftlich zu unterhalten und zu fördern. Es ist ihm verwehrt, das Unternehmen auszuhöhlen und so einer Liquidation unerlaubt vorzugreifen (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - IX ZR 232/01, WM 2006, 927 Rz. 16). Unter bestimmten Voraussetzungen muss ein Gesellschafter einer Kapitalerhöhung zustimmen (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2011 - II ZR 122/09, NJW 2011, 1667 Rz. 20 ff.). Ist die wirtschaftliche Lage einer Gesellschaft unhaltbar geworden und ergibt sich bei objektiver Beurteilung daraus die Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb aufzugeben, so besteht im Verhältnis unter den Gesellschaftern die Rechtspflicht, die insoweit notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Es stellt eine Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht dar, wenn sich ein Gesellschafter dieser Notwendigkeit entzieht (BGH, Urt. v. 17.12.1959 - II ZR 81/59, NJW 1960, 434 f.).
Rz. 44
(2) Nach alledem hätte der Beklagte den Vorschuss auf künftigen Gewinn nicht geltend machen dürfen. Alleiniger Gesellschaftszweck der Schuldnerin war, von ihren Kommanditisten und stillen Gesellschaftern Geld einzusammeln und dieses Geld gewinnbringend anzulegen. Seit 1997 war die Schuldnerin in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und erwirtschaftete keine Gewinne mehr. Zu Ausschüttungen an die Gesellschafter war sie im Wesentlichen nur noch dadurch in der Lage, dass sie diese aus den Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. In einer solchen Situation widerspricht es der Treuepflicht der Gesellschafter, auf einer Vorauszahlung auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne zu bestehen. Denn die Altgesellschafter würden sich zu Lasten der Neugesellschafter das betrügerische Schneeballsystem zu Nutze machen.
Rz. 45
2. Die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts ist richtig. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 BGB Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGH, Urt. v. 1.2.2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 11 f, 13 ff.; v. 24.5.2012 - IX ZR 125/11, NZI 2012, 665 Rz. 6).
IV.
Rz. 46
Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit es auf die Berufung des Beklagten zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil nicht festgestellt ist, ob und in welcher Höhe ein Abfindungsanspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages bestanden hat, mithin nicht geklärt ist, ob die Abfindungszahlung eine unentgeltliche Leistung i.S.v. § 134 Abs. 1 InsO ist. Die Sache muss deswegen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das der Klägerin Gelegenheit zu substantiiertem Vortrag zur Abfindungsbilanz zu geben und Feststellungen zu dem Abfindungsanspruch zu treffen haben wird. Die Anschlussrevision des Beklagten ist zurückzuweisen (§ 561 ZPO).
Fundstellen