Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen des genehmigten Kapitals kann die Hauptversammlung das Bezugsrecht der Aktionäre dann ausschließen oder den Vorstand zu dem Bezugsrechtsausschluß ermächtigen, wenn die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt werden soll, im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben wird (Aufgabe BGH, 1982-04-19, II ZR 55/81, BGHZ 83, 319).
2. Der Vorstand darf von der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung und zum Bezugsrechtsausschluß nur dann Gebrauch machen, wenn das konkrete Vorhaben seiner abstrakten Umschreibung entspricht und auch im Zeitpunkt seiner Realisierung noch im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Er hat diesen Umstand im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen.
Orientierungssatz
Zitierung: Aufgabe BGH, 1982-04-19, II ZR 55/81, BGHZ 83, 319.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. März 1993 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 2. April 1992 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Verfahrenskosten einschließlich der vor dem Europäischen Gerichtshof entstandenen Kosten trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Hauptversammlung der verklagten Aktiengesellschaft hat den Vorstand mit Beschluß vom 28. März 1991 ermächtigt, das Grundkapital bis zum 1. März 1996 zu erhöhen, u.z. gegen Geldeinlagen um bis zu nominal 500 Mio. DM durch Ausgabe von Stammaktien und Vorzugsaktien oder von Stammaktien allein (genehmigtes Kapital I), und um bis zu nominal 300 Mio. DM durch Ausgabe von Stammaktien gegen Geld- oder Sacheinlagen (genehmigtes Kapital II). Für das genehmigte Kapital II schloß sie das Bezugsrecht der Aktionäre aus. Die Stamm- und Vorzugsaktionäre stimmten beiden Beschlüssen durch getrennt gefaßte Sonderbeschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit zu.
In dem der Hauptversammlung erstatteten Bericht führte der Vorstand zu dem genehmigten Kapital II folgendes aus:
„Die beantragte Ermächtigung zur Ausgabe des genehmigten Kapitals II – Punkt 7 der Tagesordnung – soll den Vorstand erneut in die Lage versetzen, ohne Beanspruchung der Börse eigene Aktien der Gesellschaft zur Verfügung zu haben. Die Ausnutzung des erbetenen genehmigten Kapitals II soll auf zwei Fälle beschränkt werden. Zunächst sollen Aktien den Arbeitnehmern wie in den vergangenen Jahren angeboten werden können. Ferner soll die Gesellschaft die Möglichkeit haben, in geeigneten Einzelfällen Beteiligungen gegen Überlassung von Stammaktien der S. AG erwerben zu können. Ihm trägt der vorgeschlagene Ausschluß des Bezugsrechtes der Aktionäre Rechnung.”
Der Kläger, Aktionär der Beklagten, hat gegen beide Beschlüsse Anfechtungsklage erhoben.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen insoweit stattgegeben, als sie sich gegen den Beschluß über das genehmigte Kapital II richtet. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil bestätigt. Der Senat hat nur die Revision der Beklagten angenommen, mit der sie die Abweisung der Klage auch im Hinblick auf den Beschluß über das genehmigte Kapital II erstrebt.
Der Senat hat eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes eingeholt. Auf dessen Urteil vom 19. November 1996 (C-42/95) wird Bezug genommen.
Nach Ablauf der Ermächtigungsfrist per 1. März 1996 hat der Kläger beantragt festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Die Klage ist auch insoweit abzuweisen, als sie den Beschluß der Hauptversammlung über das genehmigte Kapital II betrifft. Entgegen der Ansicht des Klägers ist durch den Ablauf des Ermächtigungszeitraumes per 1. März 1996 keine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingetreten. Vielmehr war die Klage von vornherein unbegründet.
I. Der von der Hauptversammlung gefaßte Beschluß, mit dem im Zuge der Schaffung eines genehmigten Kapitals von 300 Mio. DM zugleich das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen worden ist (§§ 202 Abs. 2, 203 Abs. 1, 186 Abs. 3 AktG), verstößt nicht gegen das Gesetz.
1. Schließt die Hauptversammlung – wie im vorliegenden Falle – in dem Beschluß, mit dem sie ein genehmigtes Kapital schafft, das Recht der Aktionäre auf den Bezug von Aktien aus, sind nach der bisherigen Senatsrechtsprechung, gegen die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. November 1996 keine Bedenken bestehen, an den Bezugsrechtsausschluß die gleichen materiellen Anforderungen zu stellen wie bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen im Sinne der §§ 182 ff. AktG (BGHZ 125, 239, 241; BGH, Beschl. v. 30 Januar 1995 – II ZR 132/93, ZIP 1995, 372, 373). Danach ist eine solche Maßnahme nur dann gerechtfertigt, wenn sie unter gebührender Berücksichtigung der Folgen, die für die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre eintreten, durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist. Die Prüfung dieser sachlichen Wirksamkeitsvoraussetzung schließt eine Abwägung der Gesellschafts- und Aktionärsinteressen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck ein (BGHZ 71, 40, 44 ff.; BGHZ 83, 319, 321; BGHZ 125, 239, 241; vgl. auch BGHZ 120, 141, 145 f. (Genußrecht)). Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluß im Beschlußzeitpunkt so konkret feststehen und offengelegt werden, daß die Hauptversammlung sie endgültig beurteilen kann (BGH, Beschl. v. 30. Januar 1995 – II ZR 132/93, ZIP 1995, 372, 373 m.w.N.).
a) Soweit Ermächtigung und Bezugsrechtsausschluß der Beklagten die Ausgabe von Belegschaftsaktien an ihre Arbeitnehmer ermöglichen sollten, genügt der Hauptversammlungsbeschluß den Anforderungen der bisherigen Rechtsprechung. Im Beschluß vom 30. Januar 1995 (aaO S. 373) ist im einzelnen ausgeführt worden, daß die erforderliche sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung gegeben und für die Beurteilung durch die Hauptversammlung hinreichend offengelegt worden ist.
b) Der Hauptversammlungsbeschluß entspricht jedoch insoweit nicht den Anforderungen dieser Rechtsprechung, als der Bezugsrechtsausschluß den Erwerb von Beteiligungen in geeigneten Fällen ermöglichen sollte. Der Senat hat diesen Teil des Hauptversammlungsbeschlusses in seinem Vorlagebeschluß als gesetzwidrig bezeichnet, weil die darin genannten Erwerbsmöglichkeiten lediglich in Aussicht genommen seien, ohne daß sie bereits konkret feststünden, offengelegt werden könnten und der Hauptversammlung eine endgültige Abwägung der Gesellschafts- und Aktionärsinteressen sowie der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck erlaubten (BGH, Beschl. v. 30. Januar 1995 aaO S. 373). Daran hält der Senat nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.
2. Die Anforderungen, die der Senat im Rahmen des genehmigten Kapitals an den Bezugsrechtsausschluß bei der Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlagen stellt, sind, wie sich in der Praxis der Unternehmen und der Rechtsprechung der Tatsachengerichte gezeigt hat, zu streng und nicht praktikabel. Sie nehmen dem Institut des genehmigten Kapitals die Flexibilität, die den Gesellschaften zur Verfügung stehen muß, um auf dem nationalen oder internationalen Markt rasch und erfolgreich auf vorteilhafte Angebote oder sich ansonsten bietende Gelegenheiten reagieren und Möglichkeiten zur Unternehmenserweiterung – insbesondere wie im vorliegenden Falle durch den Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen gegen Ausgabe von Aktien – im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre ausnutzen zu können (vgl. dazu Heinsius, FS Kellermann, 1991, S. 115, 120 ff.; derselbe in WuB II A, § 186 AktG 4.93, S. 1171 f.; Martens, ZIP 1992, 1677). Das gilt sowohl für den Bezugsrechtsausschluß durch die Hauptversammlung selbst als auch für die Ermächtigung des Vorstandes, über den Ausschluß des Bezugsrechtes zu entscheiden.
a) Der Senat hat bereits im Urteil vom 19. April 1982 (BGHZ 83, 319, 322) ausgeführt, das Institut des genehmigten Kapitals solle der Aktiengesellschaft die erforderliche Bewegungsfreiheit u.a. bei der Verbindung mit anderen Unternehmen geben, um die sich auf dem Kapitalmarkt bietenden Gelegenheiten rasch und flexibel ausnutzen zu können. Die Notwendigkeit, schnell und flexibel zu handeln, besteht in erhöhtem Maße im heutigen Wirtschaftsleben. Insbesondere Unternehmenserweiterungen, die durch einen Unternehmens- oder Beteiligungserwerb erfolgen und nur gegen Ausgabe von Aktien vorgenommen werden können, weil die Übertragung von dem Aktienerwerb abhängig gemacht wird, erfordern in der Regel rasche Entscheidungen. Entgegen der Annahme des Urteils vom 19. April 1982 (aaO S. 322 f.) sind die Unternehmen in den Grenzen, die ihnen durch die gegenwärtige Rechtsprechung gezogen werden, dazu nicht in der Lage.
aa) Die Forderung, bei einem Ausschluß des Bezugsrechtes durch die Hauptversammlung müsse bereits im Beschlußzeitpunkt feststehen, daß der Ausschluß durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist, und die sich daran knüpfende Notwendigkeit, die für die Prüfung dieser Frage maßgebenden Einzelheiten den Aktionären offenzulegen, lassen den Ausschluß des Bezugsrechtes vor dem Zeitpunkt, in dem die Verhandlungen in ein konkretes Stadium getreten sind, nicht zu. Kurzfristige Entscheidungen sind hier stets ausgeschlossen.
bb) Auch die Ausweichmöglichkeit, den Vorstand zur Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluß zu ermächtigen (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), gewährt dem Unternehmen nicht die Flexibilität, die erforderlich ist, um auf Entwicklungen des Marktes rasch reagieren und so im heutigen Wirtschaftsleben erfolgreich bestehen zu können. Denn auch eine solche Entscheidung setzt nach dem Urteil des Senats vom 19. April 1982 voraus, daß die Ermächtigung von sachlichen Gründen getragen wird. Sie werden nur dann als gegeben angesehen, wenn bereits bei der Beschlußfassung der Hauptversammlung bestimmte tatsächliche Anzeichen dafür vorliegen, daß der Vorstand während der Dauer seiner Ermächtigung im Interesse der Gesellschaft genötigt sein könnte, eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluß durchzuführen. Dadurch wird einmal der Rahmen, in dem von dem genehmigten Kapital mit Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluß Gebrauch gemacht werden darf, sachlich und zeitlich erheblich eingeschränkt, weil Vorgänge, für die sich noch keine konkrete Entwicklung abzeichnet, von der Ermächtigung ausgeschlossen werden (Urt. v. 19. April 1982 aaO S. 325). Zum anderen ist die Grenzziehung zwischen zulässigen Ermächtigungsbeschlüssen mit Bezugsrechtsausschluß und sog. Vorratsermächtigungen, die als unzulässig angesehen werden (Urt. v. 19. April 1982 aaO S. 322, 325), nicht praktikabel. Wegen der Unbestimmtheit dieser Vorgaben ist ihre Erfüllung mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden. Die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit ist erheblich. Überdies beziehen sie sich auf Handlungsbereiche, die großenteils dem unternehmerischen Beurteilungsspielraum zuzuordnen sind. Diese Umstände führen dazu, daß nicht nur große Unsicherheiten darüber bestehen, welchen Umfang und welche Gestaltung der Inhalt des Vorstandsberichtes (§§ 203 Abs. 2 Satz 2, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) aufzuweisen hat, sondern auch darüber, ob im Einzelfall eine Maßnahme des genehmigten Kapitals mit Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluß zulässig ist (vgl. Heinsius, WuB II A, § 186 AktG 4.93, S. 1171 f.; Martens, ZIP 1992, 1677, 1682 f.). Das hat sich insbesondere auch in der Rechtsprechung der Tatsachengerichte niedergeschlagen (vgl. dazu die Nachweise bei Martens, ZIP 1992, 1677 ff.). Zudem hat sich gezeigt, daß es – entgegen den Ausführungen im Senatsurteil vom 19. April 1982 (aaO S. 324 f.) – nicht möglich ist, der Hauptversammlung Einzelheiten aus Vorgängen, die im Interesse der Gesellschaft insgesamt noch geheimhaltungsbedürftig sind, bekanntzugeben, ohne dadurch zumindest die für Konkurrenzunternehmen bedeutsamen Unternehmensstrategien vorzeitig durchschaubar zu machen (Heinsius, WuB aaO S. 1172).
b) Der Senat hält es unter den vorstehend dargelegten Umständen für erforderlich, die Voraussetzungen, unter denen von dem genehmigten Kapital mit Bezugsrechtsausschluß oder der Ermächtigung des Vorstandes dazu für die Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen Gebrauch gemacht werden darf, im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaften und ihrer Aktionäre neu zu bestimmen.
aa) Die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt werden soll, muß allgemein umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung bekanntgegeben werden. Sie muß ferner im Interesse der Gesellschaft liegen.
Hat die Hauptversammlung das Bezugsrecht selbst ausgeschlossen und waren ihr bestimmte Einzelumstände des geplanten Vorhabens bekannt, hat sie die Frage, ob der Bezugsrechtsausschluß im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist, anhand der ihr bekanntgemachten Tatsachen geprüft und bejaht. Sind ihr – wie im vorliegenden Falle – außer dem abstrakt umschriebenen Vorhaben bei der Beschlußfassung keine weiteren Tatsachen bekannt gewesen, hat sie diese Prüfung an den abstrakt umschriebenen Umständen ausgerichtet. In beiden Fällen ist es Pflicht des Vorstandes, im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen, ob der allein ihm bekannte vollständige Sachverhalt die Durchführung des Hauptversammlungsbeschlusses, der den Ausschluß des Bezugsrechts der Aktionäre umfaßt, im Gesellschaftsinteresse rechtfertigt. Ist das der Fall, kann der Vorstand dem Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung folgend von dem genehmigten Kapital unter Ausschluß des Bezugsrechts der Aktionäre Gebrauch zu machen. Anderenfalls hat er die Durchführung des geplanten Vorhabens zu unterlassen.
In gleicher Weise ist zu entscheiden, wenn die Hauptversammlung den Vorstand zum Ausschluß des Bezugsrechtes ermächtigt hat. In diesem Falle hat der Vorstand in eigener Verantwortung zu prüfen, ob aus unternehmerischer Sicht der Ausschluß des Bezugsrechtes der Aktionäre im Interesse der Gesellschaft liegt. Ist diese Frage aufgrund sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung der gesamten Umstände zu bejahen, kann der Vorstand in Erfüllung seiner Geschäftsführungspflichten von der Ermächtigung Gebrauch machen.
bb) Auf diese Weise wird die Hauptversammlung in die Lage versetzt, allein anhand der abstrakt umschriebenen Voraussetzungen des von dem Vorstand dargelegten Vorhabens zu prüfen, ob bei der Schaffung genehmigten Kapitals der Ausschluß des Bezugsrechtes gerechtfertigt ist oder der Vorstand zu einer solchen Maßnahme ermächtigt werden soll. Dieses Verfahren entspricht dem Zweck der Vorschriften über das genehmigte Kapital, die Gesellschaft in die Lage zu versetzen, unter Einsatz von Gesellschaftsanteilen Marktchancen zum Vorteil der Gesellschaft rasch und flexibel auszunutzen. Das Zustandekommen des Hauptversammlungsbeschlusses hängt in diesem Falle keineswegs allein davon ab, daß die nach Gesetz oder Satzung vorgeschriebene qualifizierte Mehrheit (§ 202 Abs. 2 AktG) erreicht wird. Vielmehr ist der Vorstand auch unter dieser Voraussetzung an konkrete Vorgaben gebunden, die bei der Umsetzung der Ermächtigung beachtet werden müssen: Die Realisierung des Vorhabens muß in Übereinstimmung mit dem nach der Satzung vorgeschriebenen Unternehmensgegenstand stehen. Sie darf nur erfolgen, wenn die zugrundeliegenden konkreten Tatsachen der abstrakten Umschreibung des Vorhabens entsprechen. Ferner darf der Vorstand von der Ermächtigung nur dann Gebrauch machen, wenn die Durchführung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Der Vorstand hat die Erfüllung dieser Voraussetzungen im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen.
Die Einhaltung dieser Bindungen unterliegt der Kontrolle des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung. Nach § 204 Satz 2 AktG bedarf die Entscheidung des Vorstandes über den Bezugsrechtsausschluß der Zustimmung des Aufsichtsrates. Soweit er von der ihm erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, ist er gehalten, über die Einzelheiten seines Vorgehens auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft zu berichten und Rede und Antwort zu stehen. Ihm kann bei Verletzung der ihm obliegenden Pflichten die Entlastung verweigert werden. Hat er sich unter Verletzung seiner Amtspflichten nicht an die Vorgaben des Ermächtigungsbeschlusses gehalten, kann er ferner gemäß § 93 Abs. 2 AktG zur Leistung von Schadensersatz herangezogen werden. Ferner muß er damit rechnen, daß die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens zum Gegenstand einer Feststellungs- oder – soweit noch möglich – einer Unterlassungsklage, die beide gegen die Gesellschaft zu richten sind, gemacht wird (vgl. BGHZ 83, 122, 125, 133 ff.).
II. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Hauptversammlung berechtigt, den Vorstand zur Festsetzung des Ausgabebetrages der Aktien zu ermächtigen.
Nach § 204 Satz 1 AktG entscheidet der Vorstand u.a. über die Bedingungen der Aktienausgabe, soweit die Ermächtigung keine Bestimmungen enthält. Zu den dem Vorstand eingeräumten Befugnissen gehört auch die – unter Beachtung der Untergrenze des § 9 Abs. 1 AktG vorzunehmende – Festlegung der Höhe des Ausgabebetrages (BGHZ 21, 354, 357). Da der Zeitpunkt der Aktienemission bei der Beschlußfassung der Hauptversammlung nicht feststeht, kann die Hauptversammlung die für die Festlegung des Ausgabebetrages maßgebenden, insbesondere auf den jeweiligen Markt- und Börsenverhältnissen beruhenden Umstände nicht berücksichtigen. Schon aus diesem Grunde ist es konsequent, daß der Hauptversammlung im Gesetz die Möglichkeit eingeräumt wird, den Vorstand zur Festlegung des Ausgabebetrages zu ermächtigen. Das gilt unabhängig davon, ob den Aktionären das Bezugsrecht erhalten bleibt, ob es von der Hauptversammlung ausgeschlossen oder ob der Vorstand von ihr zu seinem Ausschluß ermächtigt wird. Wird das Bezugsrecht ausgeschlossen oder erteilt die Hauptversammlung dem Vorstand eine entsprechende Ermächtigung, muß der Vorstand bei der Bemessung des Ausgabebetrages neben § 9 Abs. 1 AktG auch die in § 255 Abs. 2 AktG gezogenen Grenzen beachten. Mit dieser Regelung trägt das Gesetz dem Schutz der Aktionäre vor einer Verwässerung des inneren Wertes ihrer Aktien Rechnung (vgl. Hüffer, AktG, 2. Aufl., § 204 Rdn. 5; KK/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 204 Rdn. 10 f.; Krieger in Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, AktG, § 58 Rdn. 27; Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl., § 204 Rdn. 2). Unter Berücksichtigung dieser Einzelheiten schreibt das Gesetz auch nicht vor, daß die Vorschriften über die Kapitalerhöhung gegen Einlagen strikt anzuwenden sind, sondern es verlangt nach § 203 Abs. 1 AktG nur die sinngemäße Anwendung der §§ 185 bis 191 AktG bzw. nach § 203 Abs. 2 AktG diejenige des § 186 Abs. 4 AktG. Das kann aber dann nur heißen, daß in dem Hauptversammlungsbeschluß der Ausgabebetrag nicht festgesetzt zu werden braucht und der Vorstand auch nicht verpflichtet ist, im Vorstandsbericht (§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) einen Ausgabebetrag vorzuschlagen und zu erläutern.
III. Da die für die Entscheidung maßgebenden Tatsachen feststehen, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden. Danach war die Anfechtungsklage von vornherein unbegründet. Dem in der Revisionsinstanz gestellten Antrag des Klägers festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, konnte daher nicht entsprochen werden. Die Klage war abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 647937 |
BGHZ, 133 |
HFR 1998, 224 |
NJW 1997, 2815 |
ZIP 1997, 1499 |
DNotZ 1998, 958 |
EuZW 1997, 736 |
JZ 1998, 47 |