Leitsatz (amtlich)
a) Der sog. „Finanzplankredit” ist keine eigenständige Kategorie des Eigenkapitalersatzrechts und begründet erst recht keine Haftung wegen „materieller Unterkapitalisierung”. Inwieweit ein Gesellschafter verpflichtet ist, ein derartiges Darlehen zur Verfügung zu stellen, richtet sich nach Inhalt und Fortbestand der zwischen den Gesellschaftern untereinander oder mit der Gesellschaft – sei es auf satzungsrechtlicher Grundlage, sei es in Form einer schuldrechtlichen Nebenabrede – getroffenen Vereinbarungen. Im übrigen gelten für die Umqualifizierung der Darlehen, die aufgrund einer solchen Vereinbarung gewährt worden sind, die allgemeinen Grundsätze über eigenkapitalersetzende Leistungen.
b) Nach Eintritt der Krise hat der Gesellschafter das wie eine Einlageverpflichtung zu behandelnde Versprechen zu erfüllen, ohne sich auf die inzwischen eingetretene Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft (vgl. §§ 610, 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB) berufen zu können. Mit Rücksicht auf die einlageähnlich wirkende Bindung kann der Gesellschafter von der Erfüllung seines Versprechens nur außerhalb der Krise befreit werden, indem die Satzung geändert oder die Nebenabrede einvernehmlich aufgehoben wird.
Normenkette
BGB §§ 607, 610, 775 Abs. 1 Nr. 1; GmbHG §§ 19, 30-31, 32a a.F., §§ 32b, 58
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. Juni 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte hat zusammen mit drei Gesellschaften mbH im März 1993 die mit einem Stammkapital von 200.000,– DM ausgestattete U. F. GmbH gegründet. Er hält eine Stammeinlage von 60.000,– DM. Gegenstand des Unternehmens sollte die Altlasten-Entsorgung jeder Art sein, wobei die Gesellschafter vordringlich die Planung und den Betrieb einer mechanisch-physikalischen Bodenwaschanlage in F. ins Auge gefaßt hatten. Da schon bei der Gründung der Gesellschaft absehbar war, daß das Stammkapital der GmbH hierfür nicht ausreichen würde, ist in § 4 a der Satzung folgende Bestimmung aufgenommen worden:
- Die Gesellschafter sind verpflichtet, der Gesellschaft einmalig ein Darlehen in Höhe von DM 800.000,– anteilig entsprechend der Höhe ihrer Stammeinlagen zur Verfügung zu stellen, und zwar auf erste Anforderung durch die Gesellschaft innerhalb einer Frist von drei Wochen.
- Das Darlehen ist in Teilbeträgen von DM 100.000,– anteilig auf Anforderung der Geschäftsführung der Gesellschaft zur Zahlung innerhalb einer Frist von drei Wochen fällig. Die Gesellschafterversammlung kann eine davon abweichende Regelung beschließen.
Am 2. November 1993 wurde zwischen dem Beklagten als Darlehensgeber und der GmbH als Darlehensnehmerin folgender Vertrag geschlossen.
„Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehensnehmer gemäß Gesellschaftsvertrag vom 11.3.93 ein Darlehen in Höhe von DM 240.000,–.
Dieses Darlehen ist in Raten von je DM 30.000,– auf Anforderung des Darlehensnehmers und Gesellschafterbeschluß innerhalb von drei Wochen zu zahlen.
Das Darlehen wird mit 3 % über Diskontsatz verzinst, wobei der Zinssatz halbjährlich festgestellt wird.
Das Darlehen hat kapitalersetzenden Charakter und kann nur nach einem Gesellschafterbeschluss aus künftigen Erträgen oder einem Liquidationsüberschuss der Gesellschaft zurückgezahlt werden.”
Der Beklagte hat in der Folgezeit insgesamt 140.000,– DM aufgrund dieses Vertrages an die GmbH gezahlt; ähnlich sind auch die Mitgesellschafterinnen verfahren. In einer Gesellschafterversammlung am 6. Oktober 1994, an der die zu 25 % beteiligte Mitgesellschafterin b. GmbH nicht teilgenommen hat, haben die anwesenden Gesellschafter erklärt, sie wollten der GmbH über die gezahlten Beträge hinaus keine weiteren Darlehensmittel zur Verfügung stellen. Der Geschäftsführer hat daraufhin alsbald Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt.
Der Kläger, der zunächst zum Sequester, nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens zum Verwalter bestellt worden ist, hat von dem Beklagten vergeblich Zahlung der offenen Darlehenssumme von 100.000,– DM gefordert. Mit der Teilklage auf Zahlung von 50.000,– DM verfolgt er dieses Begehren weiter. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr entsprochen. Mit der – zugelassenen – Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten im wesentlichen damit begründet, die von den Gesellschaftern eingegangenen Darlehensverpflichtungen hätten einlageähnlichen Charakter gehabt und seien auch nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu erfüllen. Dabei komme es auf die subjektiven Vorstellungen, die die Gesellschafter geleitet hätten, nicht an. Die Gesellschafter hätten bewußt eine materiell unterkapitalisierte Gesellschaft gegründet, die nur mit Hilfe der gleichzeitig versprochenen Gesellschafterdarlehen lebensfähig gewesen sei; ähnlich wie die Fortführung einer nicht lebensfähigen GmbH mit Gesellschafterhilfen zur Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln führe, dürfe auch eine schon bei der Gründung unterkapitalisierte Gesellschaft nicht am Rechtsverkehr teilnehmen, ohne daß die Gesellschafter ihr Darlehensversprechen erfüllten. Insofern trete der von dem Berufungsgericht so bezeichnete „Finanzplankredit” als eine eigenständige Fallgruppe von eigenkapitalersetzenden Finanzleistungen der Gesellschafter neben die bisher entwickelten Gestaltungen.
II.
Dies hält – wie die Revision mit Recht geltend macht – in entscheidenden Punkten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Schon im Ausgangspunkt verkennt das Berufungsgericht Bedeutung und Tragweite der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und in Teilbereichen durch die §§ 32 a und 32 b GmbHG kodifizierten Regelungen über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterhilfen. Raum für die Anwendung dieser Regeln ist nur, soweit der Gesellschafter die Leistung tatsächlich erbracht hat. Nur dann kann sich die Frage stellen, ob die Hilfe, die der Gesellschafter der GmbH als Drittgläubiger gewährt hat, ungeachtet ihrer formalen Einordnung etwa als Darlehen, als entgeltliche Gebrauchsüberlassung oder als Kreditsicherheit funktionales Eigenkapital darstellt und aus diesem Grunde der Auszahlungssperre des § 30 GmbHG unterliegt. Die Rechtsfolgen der Umqualifizierung beschränken sich demgemäß auf ein Abzugsverbot, eine Pflicht zur Zuführung neuer Eigenmittel ist mit den Eigenkapitalersatzgrundsätzen nicht zu rechtfertigen (BGHZ 127, 17, 23 m.Nw.).
Nicht zutreffend erfaßt hat das Berufungsgericht ferner den Grundgedanken des Eigenkapitalersatzrechts, wenn es die Fortführung einer aus eigener Kraft nicht mehr lebensfähigen, aber tatsächlich mit Gesellschafterdrittmitteln versehenen GmbH der Fallgestaltung gleichstellen will, daß eine Gesellschaft ohne ausreichendes Eigenkapital, aber mit dem noch nicht erfüllten Versprechen finanzieller Hilfe gegründet wird. Die Gleichstellung der in der Krise gewährten oder belassenen Gesellschafterleistungen mit dem Eigenkapital der Gesellschaft rechtfertigt sich nicht aus einer entsprechenden Planung der Gesellschafter oder einer Finanzierungsabrede (BGHZ 121, 31, 41; Sen.Urt. v. 16. Juni 1997 - II ZR 154/96, ZIP 1997, 1375). Sie tritt vielmehr kraft Gesetzes deswegen ein, weil die Gesellschafter keine der beiden für einen ordentlichen Kaufmann eröffneten Möglichkeiten der Reaktion auf die Krise der Gesellschaft ergriffen haben, nämlich die GmbH weder in die Liquidation geführt noch sie mit neuem haftenden Kapital versehen, vielmehr versucht haben, die Krise dadurch abzuwenden und den Fortbestand der Gesellschaft in der Weise zu sichern, daß sie ihr als Drittgläubiger Hilfen gewähren oder belassen. Gleichgestellt ist der Fall, daß der Gesellschafter die ihm an sich erst in der Krise abverlangte Entscheidung schon im vorhinein trifft und bestimmt, daß seine außerhalb einer Notsituation gewährte Leistung auch bei Eintritt der in § 32 a Abs. 1 GmbHG umschriebenen Lage nicht abgezogen werden, sondern – mit der notwendigen Folge der automatisch eintretenden Umqualifizierung – der Gesellschaft verbleiben soll (Sen.Urt. v. 9. März 1992 - II ZR 168/91, ZIP 1992, 616). Nach alledem können die Eigenkapitalersatzregeln nur die tatsächlich gewährte Leistung erfassen, anders als das Berufungsgericht meint, aber eine Pflicht zur Gewährung weiterer Leistungen des Gesellschafters nicht begründen.
2. Allerdings hat der Senat bereits mehrfach entschieden, daß nicht nur die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft, sondern auch die einer GmbH & Co. KG oder einer GmbH sich verpflichten können, neben ihrer Einlage der Gesellschaft ein Darlehen zu gewähren, das je nach Ausgestaltung der Abreden einlageähnlichen Charakter haben und ggfs. die Pflicht begründen kann, auch bei einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft das Darlehensversprechen zu erfüllen (BGHZ 93, 159 ff.; BGHZ 104, 33 ff.; Sen.Urt. v. 9. Dezember 1996 - II ZR 341/95, WM 1997, 576). Aufgehoben werden kann eine derartige, einlageähnlich wirkende Darlehenszusage ohne Einschränkungen nur vor Eintritt der Krise (Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. §§ 32 a/b Rdn. 18 f.; Habersack, ZHR 161 [1997], 457 ff., 479; Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht 1995, S. 162 ff.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 32 a, b Rdn. 61). Im Insolvenzfall hat der Gesellschafter dagegen vereinbarungsgemäß zu leisten und kann sich vor allem nicht auf § 610 BGB berufen (vgl. zum „Sanierungsdarlehen” Sen.Urt. v. 9. Dezember 1996 aaO). Diese Sperrwirkung beruht indessen nicht auf einer Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz, sondern ergibt sich, ohne daß der vorliegende Fall eine abschließende Stellungnahme des Senats erforderte, aus einer sinnentsprechenden Heranziehung der gesetzlichen Regeln, die das GmbHG für die Befreiung von eingegangenen, aber nicht vollständig erfüllten Einlagepflichten aufgestellt hat (ähnlich v. Gerkan, ZGR 1997, 171 ff., 194; ferner Flume, Juristische Person § 3 III 2. S. 85; für analoge Anwendung des § 30 Abs. 2 GmbHG wohl Habersack in Symposion für Stimpel, ZHR 162 [1998], 233; Fleischer aaO S. 162 ff.). Wie sich aus § 19 Abs. 2 und 3 GmbHG ergibt, bedarf es für den Erlaß der Einlagepflicht, dem materiell die Aufhebung einer einlageähnlichen Darlehenszusage entspricht, einer Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG, die jedenfalls gegen den Willen der Gläubiger der Gesellschaft nicht durchgeführt werden kann.
Diese zu den sog. „gesplitteten Einlageverpflichtungen” ergangene Rechtsprechung hat im Schrifttum verschiedentlich Anlaß zu der Erörterung gegeben, ob es sog. „Finanzplankredite” gibt, wie ihre tatbestandlichen Voraussetzungen zu umschreiben und welchen Regeln sie ggfs. zu unterwerfen sind (eingehend Fleischer aaO, dort S. 9 mit Recht auf die terminologische Unschärfe dieses Begriffs hinweisend; Habersack, ZHR 161 [1997], 457 ff.; v. Gerkan, ZGR 1997, 173, 192 ff.; Hommelhoff/Kleindiek, FS. 100 Jahre GmbHG 1992, S. 421, 438 ff.; Wiedemann, FS Beusch 1993, S. 893 ff.; Lutter/Hommelhoff aaO Rdn. 14 ff.; Hachenburg/Ulmer aaO § 32 a, b Rdn. 61; K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2. Aufl. Rdn. 85).
Soweit man dabei wie das Berufungsgericht (terminologisch mißverständlich z.B. auch Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 32 a Rdn. 28 f.; ähnlich Baumbach/Hueck, GmbHG 16. Aufl. § 32 a Rdn. 46 a f.; Hachenburg/Ulmer aaO § 32 a, b Rdn. 61) diese Finanzplankredite als eine eigenständige Fallgruppe des Eigenkapitalersatzrechts verstanden wissen will, ist damit nichts gewonnen, im Gegenteil ist diese Kategorisierung nur geeignet, Mißverständnissen Vorschub zu leisten. Denn soweit das Darlehensversprechen erfüllt, die Gesellschafterhilfe aber bei Eintritt der Krise „stehengelassen” und die Gesellschaft auch nicht in die Liquidation geführt worden ist, finden die Eigenkapitalersatzregeln ohne weiteres Anwendung (so auch Roth/Altmeppen aaO § 32 a Rdn. 29); entsprechend hat der Beklagte hier den von ihm bereits vor Konkurseröffnung geleisteten Teilbetrag von 140.000,– DM seines Gesellschafterdarlehens von dem Kläger nicht zurückgefordert. Soweit dagegen das Darlehensversprechen noch nicht erfüllt ist, kann – wie oben [unter 1.] ausgeführt – die Einordnung des „Finanzplankredits” als Unterfall des Eigenkapitalersatzes die Pflicht des Gesellschafters nicht begründen, der GmbH weiteres Kapital zuzuführen. Grundlage hierfür kann vielmehr allein eine unter den Gesellschaftern selbst oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft getroffene Abrede sein (in diesem Sinne Habersack, ZHR 161 [1997], 457 ff., 478 f. m.w.Nw.; Fleischer aaO S. 72 f., 93 ff. m.w.N.; ferner K. Schmidt aaO Rdn. 85; Roth/Altmeppen aaO § 32 a Rdn. 28; a.A. wohl Wiedemann aaO S. 900 ff.), nach der das genannte Versprechen so behandelt werden soll wie Einlagepflichten, so daß die Berufung auf § 610 BGB ausgeschlossen und der Gesellschafter verpflichtet ist, sein Versprechen – nicht anders als die im Übernahmevertrag eingegangenen Verpflichtungen – auch nach Eintritt der Krise zu erfüllen.
3. a) Wenn danach die Pflicht des Beklagten, sein der Gesellschaft gegebenes Darlehensversprechen trotz Eintritts des Konkurses zu erfüllen, weder, wie das Berufungsgericht gemeint hat, auf einer als Unterfall des Systems des Eigenkapitalersatzes verstandenen Unterkapitalisierungshaftung noch auf der objektiven Erforderlichkeit der Kapitalzuführung, sondern allein auf den auf gesellschaftsrechtlicher Ebene getroffenen Abreden beruht, kann das Berufungsurteil, nach dem diese Vereinbarungen unerheblich sein sollen, nicht bestehen bleiben. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, welchen Inhalt die Absprachen über die Pflicht, die GmbH mit Gesellschafterdarlehen zu versehen, haben. In diesem Zusammenhang ist ferner zu klären, ob die in die Satzung aufgenommenen Vereinbarungen materieller Satzungsbestandteil oder nur zufällig dort niedergelegt worden sind, was nicht allein Folgen für die heranzuziehenden Auslegungsmaßstäbe, sondern auch für die Frage hat, welche formellen Voraussetzungen erfüllt sein müßten, um die Abrede wieder aufzuheben.
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht – nach dem bisherigen Sach- und Streitstand – allerdings angenommen, daß jene Vereinbarung vor Eröffnung des Konkursverfahrens nicht wirksam aufgehoben worden ist. Dafür fehlt es schon an den formellen Voraussetzungen.
aa) Handelt es sich bei der Pflicht zur Gewährung eines Darlehens um eine Nebenleistungspflicht, die nach § 3 Abs. 2 GmbHG deswegen beurkundungspflichtig ist, weil sie nicht nur für die an der Gründung beteiligten Gesellschafter gelten, sondern an den Geschäftsanteil gebunden und auch künftige Gesellschafter treffen soll (Sen.Urt. v. 8. Februar 1993 - II ZR 24/92, ZIP 1993, 432 = WM 1993, 641), so hätte es zur Aufhebung der übernommenen Verpflichtungen eines satzungsändernden Beschlusses bedurft. An ihm fehlt es hier schon mit Rücksicht auf die unterbliebene notarielle Beurkundung, abgesehen davon, daß die Gesellschafterversammlung wegen Ausbleibens der mit 25 % beteiligten Mitgesellschafterin b. GmbH nicht beschlußfähig gewesen ist, weil § 10 Abs. 3 der Satzung verlangt, daß für eine wirksame Beschlußfassung 85 % des Kapitals vertreten sein müssen. Für die Einstufung der Verpflichtung als materieller Satzungsbestandteil kann hier jedenfalls sprechen, daß sie in einem eigenen Paragraphen in die Satzung aufgenommen worden ist, daß dieser ausdrücklich die Überschrift „Nebenleistungspflichten der Gesellschafter” enthält, daß die Darlehensgewährungspflicht nach der Formulierung von § 4 a Abs. 1 „die Gesellschafter” und zwar beteiligungsproportional (dazu Priester, DB 1991, 1917, 1921; ihm folgend Fleischer aaO S. 6) trifft und daß – ähnlich wie in § 46 Nr. 2 GmbHG für Einlagen bestimmt – die Gelder auf Anforderung durch die Gesellschaft einzuzahlen sind.
bb) Sollte demgegenüber die in § 4 a der Satzung niedergelegte Regelung entgegen dem äußeren Bild lediglich schuldrechtlichen Charakter gehabt und nur die seinerzeitigen Gründungsgesellschafter als solche gebunden haben, so bedürfte es zur Aufhebung – mangels Vorhandenseins abweichender Absprachen zwischen den Gründern – der Zustimmung aller Beteiligten. Daß hiermit auch die b. GmbH einverstanden gewesen ist, hat der Beklagte, der sich allein auf die Gesellschafterversammlung vom 6.Oktober 1994 bezogen hat, an der diese Mitgesellschafterin nicht teilgenommen hat, bisher nicht vorgetragen.
c) Für den Ausgang des Rechtsstreits ist daher nach dem bisherigen Sach- und Streitstand entscheidend, welchen Inhalt die Verpflichtung der Gesellschafter gehabt hat, die GmbH beteiligungsproportional mit Darlehensmitteln auszustatten. Dies kann nicht losgelöst von der Frage beurteilt werden, ob es sich bei der eingegangenen Verpflichtung um eine mitgliedschaftsrechtlich oder um eine nur schuldrechtlich begründete Verpflichtung gehandelt hat.
aa) Im letztgenannten Fall käme es allein auf die individuelle Sicht der beteiligten Gründungsgesellschafter an. Nach dem für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vortrag des Beklagten waren sich die Beteiligten darüber einig, daß das vollständig eingezahlte Stammkapital und die Darlehensmittel, soweit sie bereits der GmbH zur Verfügung gestellt worden waren, dazu dienen sollten, die erforderliche behördliche Genehmigung für die sog. Bodenwaschanlage zu erlangen. Dagegen sollten die weiteren Mittel von der Gesellschaft nur dann eingefordert werden können, wenn das genehmigte Projekt tatsächlich durchgeführt und die – mit einer Rangrücktrittserklärung versehenen und demgemäß im Falle der bei der Auszahlung bereits bestehenden oder später eintretenden Krise automatisch zu funktionalem Eigenkapital umqualifizierten – Gelder für die Realisierung des Bauvorhabens benötigt würden. Sollte dies zutreffen, wäre das Darlehensversprechen von Anfang an unter eine Bedingung gestellt worden, die – nachdem sie nicht eingetreten ist – dem Zahlungsbegehren des Klägers entgegensteht. Erfolg hätte die Klage dagegen, wenn die genannte – als schuldrechtliche Nebenabrede eingeordnete – Verpflichtung des Beklagten dahin verstanden werden müßte, daß sie auch für den Fall des Scheiterns des Projekts Geltung haben, also sämtliche Kosten, einschließlich der durch die Abwicklung der Gesellschaft entstehenden mit abdecken sollte (vgl. für ein Sanierungsdarlehen Sen.Urt. v. 9. Dezember 1996 - II ZR 341/95, WM 1997, 576).
bb) War dagegen die in § 4 a der Satzung niedergelegte Verpflichtung, wie dies nach dem äußeren Bild naheliegt, mitgliedschaftlicher Natur, kommt es nach den von dem Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen über die Auslegung der Satzung nach objektiven Gesichtspunkten auf das individuelle Verständnis der Gesellschafter nicht an (BGHZ 116, 359, 364 m.w.N.). Gleichwohl haben die Parteien das Recht, ihre Ansichten über die nach objektiven Maßstäben vorzunehmende Auslegung der Satzung vorzutragen.
Für eine einlageähnlich wirkende Nebenleistungspflicht, die auch für den Fall des Scheiterns des Projekts Geltung haben sollte, spricht zwar, daß die Gesellschafter beiteiligungsproportional zur Aufbringung des Gesamtdarlehens von 800.000,– DM verpflichtet worden sind. Unklar ist jedoch, ob vor der nur in Teilbeträgen geschuldeten Erfüllung des Darlehensversprechens zunächst die Gesellschafterversammlung darüber zu befinden hat, ob die Gesellschaft dieser Mittel überhaupt bedarf, wofür § 4 a Abs. 2 Satz 2 der Satzung immerhin einen Anhaltspunkt bietet und was gegen den einlageähnlichen Charakter der Verpflichtung sprechen kann. Jedenfalls kann diese Qualifizierung der Abrede, wird ihr Satzungscharakter beigelegt, nicht – wie das Berufungsgericht verfahren ist – daraus hergeleitet werden, daß nach dem am 2. November 1993 zwischen der Gesellschaft und dem Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag der Kredit eigenkapitalersetzenden Charakter haben und nur aus künftigen Erträgen oder einem Liquidationsüberschuß zurückgezahlt werden sollte. Der zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft geschlossene Darlehensvertrag ist schon als solcher ungeeignet, zur Auslegung der Satzung herangezogen zu werden, die gerade keine Regelungen über Kreditkonditionen, über die Pflicht zur langfristigen Belassung der Mittel sowie über die Pflicht zur Mittelzuführung auch im Falle des Scheiterns des Projekts enthält. Auch inhaltlich geht das Berufungsgericht fehl. Denn jene Qualifizierung bezieht sich allein auf die tatsächlich gezahlte Valuta, erstreckt sich aber nicht auf die noch zu gewährenden Teilbeträge der von dem Beklagten zu erbringenden Gesamtdarlehenssumme von 240.000,– DM.
4. Damit die Parteien die Gelegenheit erhalten, ihren Vortrag unter den vorstehend erörterten Gesichtspunkten ggfs. zu ergänzen, und das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Henze, Goette, Kurzwelly
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.06.1999 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BGHZ, 116 |
BB 1999, 1672 |
DB 1999, 1647 |
DStR 1999, 1198 |
HFR 2000, 445 |
NJW 1999, 2809 |
SteuerBriefe 2000, 334 |
GmbH-StB 1999, 249 |
EWiR 1999, 843 |
KTS 1999, 495 |
NZG 1999, 880 |
NZG 1999, 999 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1568 |
WuB 2001, 1287 |
WuB 2001, 1317 |
ZIP 1999, 1263 |
InVo 1999, 307 |
JZ 2000, 309 |
ZInsO 1999, 529 |
GmbHR 1999, 911 |
ZBB 1999, 309 |
ZNotP 1999, 366 |
www.judicialis.de 1999 |