Leitsatz (amtlich)
›1. Auf vor dem 1. Januar 1991 geschlossene Verträge der in § 1 c AbzG und § 2 VerbrKrG genannten Art sind die Vorschriften des Abzahlungsgesetzes in entsprechender Anwendung des Art. 9 Abs. 1 VerbrKr/ZPOuaÄndG weiterhin uneingeschränkt anwendbar.
2. An einer ›gesonderten Unterschrift‹ im Sinne des § 1 b Abs. 2 Satz 3 AbzG fehlt es, wenn die Unterschrift sich nicht nur auf die Widerrufsbelehrung, sondern zugleich auf die Bestätigung der Aushändigung einer Vertragsabschrift sowie die Belehrung selbst bezieht.
3. Ist die Willenserklärung des Käufers mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht widerruflich, so kann der Verkäufer aus dem schwebend unwirksamen Vertrag Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung selbst dann nicht verlangen, wenn der Widerruf noch nicht erklärt ist.‹
Tatbestand
b. ›Zwar ist das Abzahlungsgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 1991 durch das Verbraucherkreditgesetz abgelöst worden ... . Die Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes auf vor dem 1. Januar 1991 geschlossene Verträge ordnet Art. 9 Abs. 1 VerbrKr/ZPOuaÄndG ausdrücklich nur für ›Kreditverträge‹ an. Bei den in § 1 c AbzG - ebenso wie jetzt in § 2 VerbrKrG - genannten Geschäften, zu denen Bierlieferungsverträge nach der ständ. Rechtspr. des Senats gehören ..., handelt es sich nicht um Kreditverträge ..., sondern in aller Regel um Kaufverträge ... . Das hindert aber die Anwendung des Abzahlungsgesetzes auf vor dem 1. Januar 1991 abgeschlossene Bierlieferungsverträge nicht. Denn bei der Beschränkung auf ›Kreditverträge‹ in der Übergangsvorschrift des Art. 9 Abs. 1 VerbrKr/ZPOuaÄndG handelt es sich um ein offensichtliches - durch die späte Einfügung des § 2 VerbrKrG verursachtes ... - Redaktionsversehen. Die entstandene Lücke ist durch entsprechende Anwendung des Art. 9 Abs. 1 VerbrKr/ZPOuaÄndG auf die in § 2 Nr. 1-3 VerbrKrG bzw. § 1 c Nr. 1-3 AbzG genannten Vertragsarten zu schließen. Dem Vorschlag, das Widerrufsrecht dann aber in Anlehnung an die in § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG enthaltene Einjahresfrist auf die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 zu begrenzen (so Reiter, BB 1991, 2322, 2324), ist nicht zu folgen. Für eine - auch nur teilweise - Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf die vor dem 1. Januar 1991 geschlossenen Verträge besteht angesichts des eindeutigen Versehens des Gesetzgebers kein Anlaß. ...
c. Der Vertrag vom 11. Dezember 1986 enthält zwar eine Widerrrufsbelehrung. Die unter ihr stehende Unterschrift des Bekl. bezieht sich jedoch nicht nur auf die Widerrufsbelehrung, sondern zugleich auf die Bestätigung der Aushändigung einer Vertragsabschrift sowie der Belehrung selbst. Damit erfüllt sie nicht die Anforderungen an eine ›gesonderte Unterschrift‹ i.S. des § 1 b Abs. 2 Satz 3 AbzG.
Den Begriff der ›gesonderten Unterschrift‹ oder auch der ›gesonderten Erklärung‹ hat der Gesetzgeber in verschiedenen - vorwiegend jüngeren - Gesetzen verwendet (§ 1 b Abs. 2 Satz 3 AbzG; § 11 Nr. 15 Satz 2 AGBG; § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG; vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG und § 11 Nr. 14 a AGBG). Da sich die neueren Gesetze eng an die Regelung im Zweiten Gesetz zur Änderung des Abzahlungsgesetzes vom 15.Mai 1974 angelehnt haben ..., ist der Begriff in allen genannten Gesetzen einheitlich auszulegen ... und dabei von dem Gesetzeszweck auszugehen, daß durch den Zwang zur gesonderten Unterschrift der Effekt erhöhter Aufmerksamkeit des Kunden erreicht und ihm so Inhalt und Bedeutung der Belehrung klar vor Augen geführt werden soll ... . Die Aufmerksamkeit des Kunden wird indessen gemindert, je mehr andere Vertragsbedingungen und -erklärungen er neben der Widerrufsbelehrung lesen und überprüfen muß. Das spricht dafür, daß sich die ›gesonderte‹ Unterschrift allein auf die Widerrufsbelehrung zu beziehen hat und jede andere von ihr abgedeckte Erklärung des Kunden ihr den Charakter der ›Gesondertheit‹ nimmt. Nur dieses Gesetzesverständnis verhindert Aufweichungsversuche und Abgrenzungsschwierigkeiten. [Wird weiter ausgeführt]‹
d. Die Begründung entspricht dem Wortlaut des Leitsatzes zu d.
Fundstellen
BGHZ 119, 283 |
BGHZ, 283 |
BB 1992, 2241 |
DB 1993, 477 |
NJW 1993, 64 |
BGHR AGBG § 4 Schriftformklausel 1 |
BGHR AGBG § 9 Abs. 1 Schriftformklausel 2 |
BGHR AbzG § 1b Abs. 1 Widerrufsrecht 1 |
BGHR AbzG § 1b Abs. 2 Satz 3 Unterschrift, gesonderte 1 |
BGHR AbzG § 8 Handelsregistereintrag 1 |
BGHR BGB § 154 Abs. 1 Einigungsmangel 2 |
BGHR BGB § 154 Abs. 2 Schriftformklausel 1 |
BGHR GWB § 34 Gesamtnichtigkeit 1 |
BGHR GWB § 34 Getränkebezugsverpflichtung 2 |
BGHR GWB § 96 Abs. 2 Aussetzung 1 |
BGHR VerbrKr/ZPOuaÄndG Art. 9 Bierlieferungsvertrag 1 |
BGHR ZPO § 398 Abs. 1 Ermessen 14 |
DRsp I(130)350b-d |
EWiR § 34 GWB 2/92, 1101 |
GRUR 1993, 66 |
WM 1992, 2104 |
ZIP 1992, 1573 |
MDR 1992, 1123 |
ZBB 1993, 32 |