Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Anwendung der Einkommensteuer-Befreiung für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Die gem. § 52 Abs. 23 EStG 1971 rückwirkende Anwendung des § 34 a Abs. 2 EStG 1971 über die Steuerbefreiung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist verfassungskonform.
Normenkette
EStG 1971 §§ 34a, 52 Abs. 23; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Annahme des Beschwerdeführers trifft nicht zu, die Änderung des § 34 a EStG durch das Steueränderungsgesetz vom 23. Oktober 1970 habe rückwirkend belastend in eine Rechtsposition eingegriffen, die er durch das zuerst ergangene, der Klage stattgebende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts erlangt hatte. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig geworden. Es wurde auf Grund der Revision des Finanzamts durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesfinanzhofs aufgehoben.
Der Bundesfinanzhof hatte bereits in dem vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen ersten Revisionsurteil – unbeanstandet durch den Beschluß vom 28. Oktober 1969 (1 BvR 490/69) – entschieden, es handele sich im Falle des Beschwerdeführers nicht um tarifliche Zuschläge, wenn nicht alle Bestimmungen des herangezogenen Tarifvertrages übernommen worden seien. Diese vom Bundesfinanzhof offenbar aufrechterhaltene, auch zu einem Ausschluß der Anwendung des § 34 a Abs. 1 EStG n. F. führende Auslegung des Begriffs der „tariflichen Zuschläge” ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Der Beschwerdeführer konnte daher nur die Begünstigung nach § 34 a Abs. 2 EStG n. F. erlangen. Die rückwirkende Anwendung dieser Norm – die auch für den Beschwerdeführer nur vorteilhaft wirkt – ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer irrt auch, soweit er annimmt, das Rückwirkungsgebot des Steueränderungsgesetzes vom 23. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1856) habe zum Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Fall nicht mehr gegolten. Die nicht mehr von einer Rückwirkung ausgehende Bestimmung des § 52 Abs. 23 EStG in der Fassung durch das Steueränderungsgesetz 1973 (BGBl. I S. 676) betrifft lediglich die durch dieses Gesetz geänderte Fassung des § 34 a EStG.
Eine vollständige Steuerentlastung konnte der Beschwerdeführer nach § 34 a Abs. 2 EStG nicht erlangen, da die Zuschläge die dort genannten Höchstbeträge übersteigen. Es ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich, zur Vermeidung von Mißbräuchen die Steuerfreiheit nicht gesetzlicher oder tarifvertraglicher Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit der Höhe nach zu beschränken. Die Festsetzung der gesetzlichen Höchstbeträge in Anlehnung an die für die Mehrheit aller tarifgebundenen Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge war auch sachgerecht.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar
Fundstellen