Entscheidungsstichwort (Thema)
sogenannte Ökosteuer ist verfassungsgemäß: keine Benachteiligung von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Differenzierung zwischen produzierendem Gewerbe und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft bei der Steuervergüngstigung nach § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 1 und 2 StromStG sowie nach den §§ 25, 25a MinöStG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; MinöStG § 25a; StromStG § 10
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verfassungsmäßigkeit der so genannten Ökosteuer.
Die Beschwerdeführer, die unterschiedlich große land- und forstwirtschaftliche Betriebe führen und vornehmlich Ferkelaufzucht und Schweinemast betreiben, wenden sich unmittelbar gegen § 10 StromStG und § 25a MinöStG jeweils in der Fassung des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999 (BGBl I S. 378) sowie der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform vom 23. Dezember 2002 (BGBl I S. 4602).
Sie rügen die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie als Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft von dem in § 10 StromStG normierten Spitzenausgleich ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber habe bei der Stromsteuer das Produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft weitgehend gleich behandelt. Lediglich der Spitzenausgleich sei ausschließlich Unternehmen des Produzierenden Gewerbes vorbehalten. Sachliche Gründe für eine solche Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus beanstandet der Beschwerdeführer zu 3), dass auch der Spitzenausgleich nach § 25a MinöStG auf Unternehmen des Produzierenden Gewerbes beschränkt ist. Von Verfassungs wegen seien Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft nicht nur in den stromsteuerlichen, sondern auch in den mineralölsteuerlichen Spitzenausgleich einzubeziehen. Ferner wird geltend gemacht, dass die erhöhte Mineralölsteuer auf Diesel – als Kraftstoff verwendet – nicht in die Berechnung des Spitzenausgleichs nach § 25a MinöStG einbezogen werde. Dieser Umstand verstoße ebenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dieselkraftstoff sei das Hauptproduktionsmittel in der Land- und Forstwirtschaft und müsse nach der Konzeption des Gesetzgebers, der eine zu hohe Belastung mit der so genannten Ökosteuer zu vermeiden suche, in die Normen über die Härtefallregelung nach § 25a MinöStG (Spitzenausgleich) einbezogen werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
Mit der Steuerverschonung der § 10 StromStG und § 25a MinöStG gewährt der Gesetzgeber dem Produzierenden Gewerbe eine steuerrechtlich überbrachte Subvention. Die Beschränkung dieses strom- und mineralölsteuerlichen Spitzenausgleichs auf Unternehmen des Produzierenden Gewerbes ist als Subventionierung dieses Wirtschaftszweiges im Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 – 1 BvR 1748/99 und 1 BvR 905/00 –).
a) Der Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei liegt es grundsätzlich in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Der Gleichheitssatz verlangt, dass eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung sich – sachbereichsbezogen – auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 319 ≪348 f.≫; stRspr).
Bei der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen wirtschaftlich gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Subventionen müssen aus Gleichheitsgründen stets gemeinwohlbezogen sein (vgl. BVerfGE 78, 249 ≪277 f.≫). Darüber hinaus stehen dem Gesetzgeber jedoch sachbezogene Differenzierungsgesichtspunkte in weitem Umfang zu Gebote. Solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (vgl. BVerfGE 17, 210 ≪216≫; 93, 319 ≪350≫).
b) Die Beschränkung des strom- und mineralölsteuerlichen Spitzenausgleichs auf Unternehmen des Produzierenden Gewerbes begegnet danach keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber hat den Kreis der Begünstigten in § 10 StromStG und § 25a MinöStG sachgerecht bestimmt.
Der Gesetzgeber sucht mit den angegriffenen Vorschriften nicht nur internationale Wettbewerbsnachteile des Produzierenden Gewerbes auszugleichen. Vielmehr sollen die angegriffenen Vorschriften gewährleisten, dass energieintensive Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges, die durch die Einführung der Stromsteuer und der Erhöhung der Mineralölsteuer auf Heizstoffe erheblich betroffen sind, über einen tragbaren Selbstbehalt hinaus nicht weiter belastet werden (vgl. BTDrucks 14/440, S. 16 f.).
Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 10 StromStG und § 25a MinöStG lediglich das Produzierende Gewerbe wegen dessen Positionierung im internationalen Wettbewerb und einem – typisierend betrachtet – generell hohen Energiebedarf als besonders subventionsbedürftig bewertet, stützt sich nicht auf eine der Lebenserfahrung widersprechenden Würdigung der ökonomischen Ausgangslage dieses Wirtschaftszweiges. Produzierendes Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft mögen zwar in vergleichbarem Maße im internationalen Wettbewerb stehen. Begünstigte und nicht begünstigte Branchen unterscheiden sich jedoch nach Art, Struktur und Wertschöpfungsprozess erheblich. Land- und Forstwirtschaft sind auf die Gewinnung organischer Stoffe aus dem Wachstum der Pflanzen und auf deren biologische oder technische Umwandlung in höherwertige Güter gerichtet. Charakterisierender Produktionsfaktor ist der Boden. Im Gegensatz zu den eher technischen Produktionsprozessen in Industrie- und Handwerksbetrieben dominieren in der Land- und Forstwirtschaft Wachstums- und Reifeprozesse. Die wirtschaftliche Nutzung der Bodenfruchtbarkeit ist damit – typisierend betrachtet – weniger energieintensiv als die gewerbliche Gütererzeugung. Dass die Beschwerdeführer, die vornehmlich bodenunabhängige Viehwirtschaft betreiben, ähnlich energieintensiv produzieren wie Teile der Industrie und des Handwerks, durfte der Gesetzgeber unberücksichtigt lassen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 – 1 BvR 1748/99 und 1 BvR 905/00 –).
Soweit der Beschwerdeführer zu 3) weiter gehend rügt, dass Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, auch die Mineralölsteuererhöhung auf Dieselkraftstoff, in den – der Land- und Forstwirtschaft von Verfassungs wegen zu gewährenden – Spitzenausgleich nach § 25a MinöStG einzubeziehen, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unbegründet.
Aus einer Steuervergünstigung für eine Gruppe erwächst aus Art. 3 Abs. 1 GG kein Anspruch einer anderen Gruppe auf eine andere Steuervergünstigung, die wirtschaftlich zu einer vergleichbaren Entlastung führt. Ob hiervon Ausnahmen denkbar sind, kann dahinstehen. Denn jedenfalls hier sind Anhaltspunkte, die eine Ausnahme begründen könnten, nicht gegeben (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 – 1 BvR 1748/99 und 1 BvR 905/00 –).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Haas, Hoffmann-Riem
Fundstellen
Haufe-Index 1144073 |
BFH/NV Beilage 2004, 312 |
HFR 2004, 696 |
NVwZ 2004, 708 |
BFH/NV-Beilage 2004, 312 |