Entscheidungsstichwort (Thema)
Verträgen unter nahen Angehörigen. Mißbrauch zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Das aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Diskriminierungsverbot wird nicht verletzt, wenn in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei Verträgen zwischen Eltern und Kindern allgemein zum Nachweis der Ernstlichkeit die Einhaltung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den wirksamen Abschluß von Rechtsgeschäften gefordert wird. Wenn die Finanzrechtsprechung folgert, daß der Abschluß eines unwirksamen Rechtsgeschäfts unter nahen Angehörigen der Ernsthaftigkeit des Geschäfts entgegenstehe, handelt es sich um eine typisierende und generalisierende Sachverhaltswürdigung und um die Anwendung des einfachen Steuerrechts.
2. Ob die Genehmigung des schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts nach Erwerb der Volljährigkeit rückwirkend den Steuertatbestand beeinflußt, ist eine vom Bundesverfassungsgericht nicht nachprüfbare Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Steuerrechts.
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 1; AO 1977 § 41 Abs. 1; EStG § 4
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 19.10.1984; Aktenzeichen IX B 85/84) |
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11.04.1984; Aktenzeichen 6 K 107/83) |
Gründe
Auch wenn die Gefahr des Mißbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bei Verträgen unter nahen Angehörigen nicht überbewertet werden darf (vgl. BVerfGE 13, 290 ≪317≫), ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß an den Nachweis der Ernstlichkeit des Vertragsabschlusses strenge Anforderungen gestellt werden (BVerfGE 9, 237 ≪245≫). Das aus Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Diskriminierungsverbot wird nicht verletzt, wenn in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei Verträgen zwischen Eltern und Kindern allgemein zum Nachweis der Ernstlichkeit die Einhaltung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den wirksamen Abschluß von Rechtsgeschäften gefordert wird. Wenn die Finanzrechtsprechung folgert, daß der Abschluß eines unwirksamen Rechtsgeschäfts unter nahen Angehörigen der Ernsthaftigkeit des Geschäfts entgegenstehe, handelt es sich um eine typisierende und generalisierende Sachverhaltswürdigung und um die Anwendung des einfachen Steuerrechts (vgl. BVerfGE 26, 327 ≪334≫), die nicht gegen Verfassungsrecht verstößt und insbesondere keine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen läßt. Ob nach § 41 Abs. 1 AO auch eine andere Auslegung des Steuerrechts möglich wäre, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen (vgl. BVerfGE 26, 327 ≪334≫). Auch die Frage, ob die Genehmigung des schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts nach Erwerb der Volljährigkeit rückwirkend den Steuertatbestand beeinflußt, ist eine vom Bundesverfassungsgericht nicht nachprüfbare Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Steuerrechts.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen