Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftslenkende Gesetze und die Eigentumsgarantie. Verfassungsbeschwerdebefugnis von Personengesellschaften. telegrafische Einlegung der Verfassungsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 74 Nr. 11 GG begründet die Zuständigkeit des Bundes auch für Gesetze, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen.
2. Wirtschaftslenkende Gesetze verstoßen nicht schon deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil sie die Wettbewerbslage verändern. Sie können auch im Interesse einzelner Gruppen erlassen werden, jedoch nur, wenn dies durch das öffentliche Wohl geboten ist und schutzwürdige Interessen anderer nicht willkürlich vernachlässigt werden.
3. Ein gesetzlicher Eingriff in die Freiheit der Disposition über Betriebsmittel ist mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar, sofern ein angemessener Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative verbleibt.
4. Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches.
5. Die Liquidität des Betriebes ist kein der Eigentumsgarantie unterliegendes Recht.
6. Ein bestimmtes Wirtschaftssystem ist durch das Grundgesetz nicht gewährleistet.
7. Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften können unter ihrer Firma Verfassungsbeschwerde erheben.
8. Verfassungsbeschwerden können auch telegrafisch eingelegt werden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Investitionshilfe wird nicht etwa dadurch zu einer Steuer, daß Finanzbehörden bei ihrer Aufbringung mitwirken. Diese können auch zu anderen als finanzhoheitlichen Zwecken tätig werden. Dem Gesetzgeber konnte es sachgerecht erscheinen, die Finanzbehörden einzuschalten, weil sich die Mitwirkung der Industrie- und Handelskammern im Aufbringungsverfahren als undurchführbar erwies. Daß damit durch ein Bundesgesetz bestimmte, fachlich geeignete Landesbehörden zur Durchführung des Gesetzes herangezogen werden, ist angesichts der Zustimmung des Bundesrats verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Das Investitionshilfegesetz ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 74 Nr. 11; IHG
Gründe
A.
Der wirtschaftliche Aufschwung, der in der Bundesrepublik nach der Währungsreform einsetzte, wirkte sich nicht sofort in allen Wirtschaftszweigen gleichmäßig aus. Während Teile der gewerblichen Wirtschaft mit Hilfe steuerlicher Vergünstigungen oder durch Freigabe der Preise in erheblichem Umfange Investitionen vornehmen konnten, fehlten dem Kohlenbergbau und der eisenschaffenden Industrie, die beide noch an Höchstpreise gebunden waren, die notwendigen Investitionsmittel. Darin lag die Gefahr eines Sinkens der Produktion. Überlegungen, wie den sog. Engpaßindustrien geholfen werden könne, beschäftigten auch den Gemeinschaftsausschuß der gewerblichen Wirtschaft, in dem die Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft vertreten sind. Er beschloß am 27. April 1951, die gewerbliche Wirtschaft solle einen Betrag von 1 Milliarde DM als Investitionshilfe freiwillig zur Verfügung stellen. Dieser Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen. Nach eingehenden Verhandlungen kam es daher schließlich zu einer gesetzlichen Regelung durch das Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 (BGBl. I S. 7) – IHG, abgeändert durch Gesetze vom 22. August 1952 (BGBl. I S. 585) und vom 30. März 1953 (BGBl. I S. 107).
Nach diesem Gesetz hat die gewerbliche Wirtschaft zur Deckung des vordringlichen Investitionsbedarfs des Kohlenbergbaues, der eisenschaffenden Industrie und der Energiewirtschaft einen einmaligen Beitrag in Höhe von 1 Milliarde DM aufzubringen. Bemessungsgrundlage ist ein Betrag, der für jeden Betrieb aus Gewinn und Umsatz der Jahre 1950 und 1951 errechnet wird. Der Aufbringungssatz beträgt 3,5 v. H. der Bemessungsgrundlage.
Bei der Aufbringung wirken die Finanzbehörden der Länder, vor allem die Finanzämter mit. Der Aufbringungsschuldner hat gegenüber dem zuständigen Finanzamt Erklärungen über die Berechnungsgrundlage und den Aufbringungsbetrag abzugeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nicht ordnungsgemäß nach, so kann das Finanzamt von sich aus den Aufbringungsbetrag festsetzen. Hiergegen steht dem Aufbringungsschuldner die Berufung an das Finanzgericht offen.
Das Aufkommen aus der Investitionshilfe bildet ein mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattetes Sondervermögen, dessen Vorstand die Industriekreditbank (das „Kreditinstitut”) ist. Aus dem Sondervermögen werden den begünstigten Betrieben Darlehen zu Investitionszwecken gewährt; als Ausgleich müssen die Betriebe dem Sondervermögen Aktien oder Schuldverschreibungen im Nennbetrag des Darlehens zur Zeichnung anbieten. Diese Wertpapiere können von den Aufbringungsschuldnern mittels einer Erwerbsberechtigung übernommen werden, die sie durch Zahlung ihres Aufbringungsbetrages erlangen. Die Aufbringungsbeträge sind bis zur Zuteilung der Wertpapiere mit 4 %, nach Ablauf von 18 Monaten mit 5 % verzinslich. Machen die Aufbringungsschuldner von ihrem mit der Erwerbsberechtigung verbundenen Wahlrecht nicht fristgemäß Gebrauch, so werden ihnen die zum Ausgleich gedachten Wertpapiere durch das Kreditinstitut zugeteilt.
Über die Verwendung der Investitionshilfemittel sowie über die Bedingungen, unter denen sie den Begünstigten zu gewähren sind, beschließt ein Kuratorium aus neunzehn Mitgliedern, dessen Beschlüsse hinsichtlich der Auswahl der Begünstigten und der Höhe der bewilligten Mittel der Bestätigung des Bundesministers der Wirtschaft bedürfen. Durch den bestätigten Beschluß wird das begünstigte Unternehmen verpflichtet, über die bewilligten Investitionsmittel hinaus für das begünstigte Vorhaben eigene Mittel in Höhe der dann entfallenden Aufbringungspflicht zu verwenden.
B.
Die Beschwerdeführer unterliegen der Aufbringungspflicht nach dem Investitionshilfegesetz. Die Beschwerdeführer zu 8, 47, 76, 77 und 78 haben Aufbringungsbescheide der zuständigen Finanzämter erhalten, gegen die sie Rechtsmittel eingelegt haben. In den Berufungsverfahren der Beschwerdeführer zu 8 und zu 76 haben die Finanzgerichte Münster und Kiel das Verfahren gemäß § 264 Abs. 1 AO bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerden ausgesetzt.
Die Beschwerdeführer zu 1-76 haben mit z. T. voneinander abweichenden Anträgen Verfassungsbeschwerde gegen das Investitionshilfegesetz, teilweise auch gegen die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen, die Beschwerdeführer zu 77 und 78 gegen die ihnen gegenüber ergangenen Aufbringungsbescheide erhoben. Das Ziel aller Beschwerdeführer ist die Nichtigerklärung des Investitionshilfegesetzes oder einzelner seiner Vorschriften wegen Verletzung der Art. 1, 2, 3, 9, 14, 15, 20, 70, 110 und 115 GG, sowie ungeschriebener Verfassungsgrundsätze.
Die Verfassungsbeschwerden sind dem Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet worden. Der Bundestag und der Bundesrat haben sich zur Sache nicht geäußert. Die Bundesregierung hält die Einwände der Beschwerdeführer gegen die Verfassungsmäßigkeit des Investitionshilfegesetzes für unbegründet.
In der mündlichen Verhandlung, in der die Verfassungsbeschwerden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, waren die Beschwerdeführer zu 1-51 und 73-78 und die Bundesregierung vertreten.
C.
1. Das Investitionshilfegesetz kann unmittelbar mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, weil es in die Rechtsstellung der Betroffenen eingreift, ohne daß es eines Vollzugsaktes bedarf (BVerfGE 3, 34 [36]). Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz steht nicht entgegen, daß gegen die Beschwerdeführer zu 8, 47 und 76 Aufbringungsbescheide ergangen sind. In diesem Falle haben sie die Möglichkeit, sowohl das Gesetz unmittelbar als auch den Vollzugsakt mit der Verfassungsbeschwerde anzugreifen.
2. Auch die gegen den Aufbringungsbescheid gerichteten Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 77 und 78 sind demgemäß zulässig, obwohl sie die Jahresfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Investitionshilfegesetz versäumt haben.
Der Rechtsweg gegen die Aufbringungsbescheide ist allerdings nicht erschöpft, aber den Beschwerdeführern erwüchse ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, wenn sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würden; in den bereits anhängigen Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit des Investitionshilfegesetzes würde mit Wirkung für und gegen alle entschieden werden, ohne daß sie Gelegenheit gehabt hätten, ihre Argumente vorzutragen. Im Hinblick auf die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen, die das Investitionshilfegesetz aufwirft, sind die Verfassungsbeschwerden auch von allgemeiner Bedeutung. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen daher vor.
3. Sämtliche Beschwerdeführer sind antragsberechtigt.
a) Soweit sie juristische Personen sind, können sie jedenfalls die von ihnen behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen, weil dieser seinem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar ist (vgl. BVerfGE 3, 383; auch BVerfGE 3, 359 [363]).
b) Soweit Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften Verfassungsbeschwerden eingelegt haben, sind diese ebenfalls zulässig. Diese Gesellschaften können unter ihrer Firma Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und vor Gericht als Partei auftreten (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Dann handeln die unter einer gemeinschaftlichen Firma zusammengeschlossenen Gesellschafter. Ein solches Handeln kommt auch bei der Verteidigung von Grundrechten in Frage, wenn sich der staatliche Eingriff auf das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen oder das von der Gesellschaft betriebene Handelsgewerbe bezieht. Ein solcher Eingriff in das Gesellschaftsvermögen erfolgt durch das Investitionshilfegesetz, denn für den Aufbringungsbetrag haftet bei Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften neben dem Vermögen der Gesellschafter auch das der Gesellschaft.
Welche Grundrechtsverletzungen diese Gesellschaften rügen können, ist aus dem Grundgedanken des Art. 19 Abs. 3 GG zu beantworten. Jedenfalls steht ihnen das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, auf das sie sich berufen, in dem oben bezeichneten Rahmen zu.
4. Der Beschwerdeführer zu 76 hat die Verfassungsbeschwerde telegrafisch eingelegt. Damit ist die Schriftform des § 23 Abs. 1 BVerfGG gewahrt.
D.
Die Angriffe der Beschwerdeführer richten sich zunächst gegen das Gesetz im ganzen.
1. Ein Teil von ihnen macht geltend, der Bund sei zum Erlaß des Gesetzes nicht zuständig gewesen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage von Amts wegen geprüft (BVerfGE 1, 264 [271]).
Die Bundesregierung leitet das Gesetzgebungsrecht des Bundes zutreffend aus Art. 74 Nr. 11 GG her. Wortlaut und Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung bieten keinen Anhalt, die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes auf Gesetze zu beschränken, die lediglich organisatorischen Inhalt haben oder nur die Rechtsbeziehungen der in Art. 74 Nr. 11 GG einzeln aufgeführten Wirtschaftszweige regeln. Nach Art. 74 Nr. 11 GG können auch Bundesgesetze erlassen werden, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen. Das Investitionshilfegesetz ist ein solches Gesetz; es bezweckt, Kapital zu Investitionszwecken aus einem bestimmten Bereich der Wirtschaft in einen anderen zu leiten.
Es bleibt aber zu prüfen, ob das gewählte Mittel, die Auferlegung einer Geldleistung, der Investitionshilfe den Charakter einer Steuer im Sinne des Abschnitts X des Grundgesetzes verleiht. Dann würde die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ausschließlich nach Art. 105 GG zu beurteilen sein, der insoweit Art. 74 Nr. 11 GG vorgeht (vgl. Gutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954 – 1 P BvV 2/52, BVerfGE 3, 407).
Die Investitionshilfe weist allerdings einige einer Steuer verwandte Züge auf. Ihr wahrer Rechtscharakter kann aber nur aus der Gesamtheit der wirtschaftlichen Vorgänge entnommen werden, die das Investitionshilfegesetz bewirkt. Es bezweckt die Umlenkung von Investitionsmitteln, um einen Investitionsbedarf zu befriedigen, der vom Gesetzgeber für vordringlich erachtet wurde. Dieser erwartete, daß durch die aufgebrachten Mittel Investitionsvorhaben in mehrfacher Höhe der Investitionshilfe ausgelöst werden würden. Deshalb haben die begünstigten Betriebe auch eigene Mittel einzusetzen (§ 29 Abs. 5 Satz 2 IHG). Soweit das Investitionshilfegesetz lenkend in den Wirtschaftsablauf eingreift, knüpft es an den marktwirtschaftlichen Vorgang der Zeichnung von Wertpapieren an. Obwohl die Aufbringungsschuldner zunächst die öffentlich-rechtliche Pflicht haben, den auf sie entfallenden Betrag zu zahlen, münden ihre Leistungen doch schließlich in privatrechtliche Beziehungen in Form aktienrechtlicher Beteiligungen oder verbriefter Gläubiger-Schuldnerbeziehungen ein; letztlich stehen dabei Leistungen der Aufbringungsschuldner und Gegenleistungen der begünstigten Unternehmen einander gegenüber. Die Aufbringungsbeträge gelangen nur als durchlaufende Mittel in das Sondervermögen Investitionshilfe, das nicht staatliche Einkünfte verwaltet, sondern der staatlichen Kreditlenkung dient, indem es die Herstellung der Rechtsbeziehungen zwischen den Aufbringungsschuldnern und den begünstigten Unternehmen vermittelt. Dies alles zeigt, daß die Investitionshilfe sich ihrem Wesen nach von einer Steuer unterscheidet.
Die Investitionshilfe wird auch nicht etwa dadurch zu einer Steuer, daß Finanzbehörden bei ihrer Aufbringung mitwirken. Diese können auch zu anderen als finanzhoheitlichen Zwecken tätig werden. Dem Gesetzgeber konnte es sachgerecht erscheinen, die Finanzbehörden einzuschalten, weil sich die Mitwirkung der Industrie- und Handelskammern im Aufbringungsverfahren als undurchführbar erwies. Daß damit durch ein Bundesgesetz bestimmte, fachlich geeignete Landesbehörden zur Durchführung des Gesetzes herangezogen werden, ist angesichts der Zustimmung des Bundesrats verfassungsrechtlich unbedenklich (Art. 84 Abs. 1 GG).
Bedenken gegen die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes würden sich auch dann nicht ergeben, wenn man die Investitionshilfe als Zwangsanleihe ansehen wollte. Nach herrschender Meinung werden Zwangsanleihen wegen der Rückzahlung und Verzinsung des Anleihebetrages nicht zu den Steuern gerechnet. Entgegen der Auffassung einiger Beschwerdeführer ist die Auferlegung von Zwangsanleihen auch nicht durch Art. 115 GG verboten. Diese Vorschrift bezieht sich überhaupt nur auf Anleihen, die – anders als die Investitionshilfe – eine Verschuldung des Bundes zur Folge haben.
2. Zum Erlaß des Investitionshilfegesetzes bedurfte es auch nicht, wie einige Beschwerdeführer behaupten, wegen besonderer Intensität des Eingriffs einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Ermächtigung. Die Grenzen für die Ausnutzung einer durch das Grundgesetz gewährten Gesetzgebungskompetenz werden ausschließlich durch die Grundrechte und sonstigen Verfassungsgrundsätze bestimmt.
3. Die Beschwerdeführer meinen, das Investitionshilfegesetz verstoße gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, weil es sie in ihrer freien Unternehmerinitiative beschränke.
Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Dabei ist gleichgültig, von welcher grundsätzlichen Auffassung über die Bedeutung dieser Verfassungsbestimmung man ausgeht.
Sieht man in Art. 2 Abs. 1 GG nur den Schutz eines Mindestmaßes menschlicher Handlungsfreiheit, ohne das der Mensch seine Wesensanlage als geistig-sittliche Person überhaupt nicht entfalten kann, so ragt das Investitionshilfegesetz in diesen Bereich nicht hinein, denn die eigenverantwortliche freie Unternehmerpersönlichkeit wird durch das Investitionshilfegesetz nicht berührt.
Erblickt man weitergehend in diesem Grundrecht eine umfassende Gewährleistung der Handlungsfreiheit, so besteht diese von vornherein nur, soweit sie nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isolierten souveränen Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum – Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten. Das ergibt sich insbesondere aus einer Gesamtsicht der Art. 1, 2, 12, 14, 15, 19 und 20 GG. Dies heißt aber: der Einzelne muß sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, daß dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt. In diesem Rahmen hält sich das Investitionshilfegesetz. Kein Aufbringungsschuldner ist an der so verstandenen Entfaltung seiner Persönlichkeit gehindert, wenn das Gesetz zeitweilig seine Dispositionsbefugnis über Betriebsmittel beschränkt und durch hoheitlichen Zwang Rechtsbeziehungen zwischen ihm und den begünstigten Unternehmen herbeiführt. Trotz dieser Beschränkung bleibt noch den Betroffenen weiter Spielraum, um sich als verantwortliche Unternehmer wirtschaftlich frei zu entfalten.
Verfassungsrechtlich unbedenklich ist das Investitionshilfegesetz erst recht, wenn man in Art. 2 Abs. 1 GG zwar eine umfassende Gewährleistung der Handlungsfreiheit erblickt, dann aber zur verfassungsmäßigen Ordnung, die die Handlungsfreiheit einschränkt, alle formell und materiell verfassungsmäßigen Rechtsnormen rechnet. Vom Standpunkt dieser Auffassung genügt der in diesem Urteil geführte Nachweis, daß das Investitionshilfegesetz mit den sonstigen Bestimmungen des Grundgesetzes im Einklang steht.
Da Art. 2 Abs. 1 GG keinesfalls verletzt ist, kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit auch juristische Personen, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sich auf diese Bestimmung berufen können.
4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Investitionshilfegesetz verletze die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie. Einige qualifizieren die Investitionshilfe als verfassungsrechtlich unzulässige Enteignung, weil sie nicht im öffentlichen Interesse liege und keine oder nur unzulängliche Entschädigung gewähre; andere verneinen den Enteignungscharakter der Investitionshilfe, erblicken aber in ihr einen im Grundgesetz nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Eingriff in das Eigentum.
Auf das Grundrecht aus Art. 14 GG können sich seinem Wesen nach auch juristische Personen berufen. Ein gleiches gilt für Handelsgesellschaften, soweit die Eingriffe sich auf gesamthänderisch gebundenes Eigentum beziehen.
Die Rügen sind jedoch unbegründet, denn das Investitionshilfegesetz ordnet keinen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum der Beschwerdeführer an. Wenngleich der Umfang der durch Art. 14 GG geschützten Objekte in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten ist, besteht doch Einmütigkeit darüber, daß Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt. Solche Geldleistungspflichten, wie sie das Investitionshilfegesetz vorsieht, berühren nicht die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
Daran kann auch die Überlegung nichts ändern, daß durch die Erfüllung einer Zahlungspflicht die Liquidität des Betriebsvermögens vermindert wird. Das gehört zum Wesen jeder Geldleistungspflicht. Die Liquidität eines Betriebes ist zwar eine „wirtschaftliche Position”, aber kein selbständiges Recht; die Frage der Eigentumsgarantie kann daher überhaupt nicht aufgeworfen werden.
5. Die Beschwerdeführer wenden ferner ein, die Aufteilung der Wirtschaft in gebende und nehmende Betriebe verstoße gegen den Gleichheitssatz, den Grundsatz der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes und die bisherige Wirtschafts- und Sozialordnung; die Investitionshilfe sei kein marktkonformes Mittel.
Das Grundgesetz garantiert weder die wirtschaftspolitische Neutralität der Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde „soziale Marktwirtschaft”.
Die „wirtschaftspolitische Neutralität” des Grundgesetzes besteht lediglich darin, daß sich der Verfassungsgeber nicht ausdrücklich für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden hat. Dies ermöglicht dem Gesetzgeber die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, sofern er dabei das Grundgesetz beachtet.
Die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach dem Grundgesetz mögliche Ordnung, keineswegs aber die allein mögliche. Sie beruht auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden kann. Daher ist es verfassungsrechtlich ohne Bedeutung, ob das Investitionshilfegesetz im Einklang mit der bisherigen Wirtschafts- und Sozialordnung steht und ob das zur Wirtschaftslenkung verwandte Mittel „marktkonform” ist.
Der Gleichheitssatz ist nicht verletzt. Er darf nicht dazu benutzt werden, den weiten Ermessensspielraum einzuengen, den das Grundgesetz dem Gesetzgeber einräumt. Nur die Überschreitung oder der Mißbrauch des gesetzgeberischen Ermessens verstoßen gegen den Gleichheitssatz (vgl. BVerfGE 2, 266 [280]; 3, 19 [24 f.]; 3, 58 [135 f.]; 3, 288 [337]).
Das Bundesverfassungsgericht ist nicht befugt, Gesetze daraufhin zu prüfen, ob sie im ganzen oder in einzelnen Bestimmungen zweckmäßig sind. Das gilt auch für Gesetze, die konkrete Maßnahmen verwirklichen wollen und gegenstandslos werden, nachdem diese durchgeführt sind. Auch sie sind vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin zu prüfen, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seines Ermessens innegehalten und dieses nicht mißbraucht hat. Allerdings kann bei Gesetzen der eben erwähnten Art leichter als bei anderen Gesetzen erkennbar sein, ob die gesetzliche Regelung der Eigenart des Sachverhalts noch entspricht, durch sie gerechtfertigt wird und am Gedanken der Gerechtigkeit orientiert ist. Insofern mag dem Gleichheitssatz hier eine erhöhte praktische Bedeutung zukommen. Die Prüfungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts wird dadurch jedoch nicht erweitert, der Prüfungsmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG bleibt stets derselbe. Prüft man das Investitionshilfegesetz an diesem Maßstab, dann ergibt sich, daß der Gesetzgeber die äußersten Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat. Dabei ist zu berücksichtigen, daß jede Wirtschaftslenkungsmaßnahme, indem sie gestaltend in den Ablauf des sozialen Lebens eingreift, das freie Spiel der Kräfte mehr oder weniger korrigiert. Das schließt grundsätzlich auch die Möglichkeit ein, Gesetze im Interesse einzelner Gruppen zu erlassen. Allerdings müssen solche Gesetze durch das öffentliche Interesse geboten sein und dürfen nicht willkürlich die schutzwürdigen Interessen anderer vernachlässigen.
Dem trägt das Investitionshilfegesetz Rechnung. Die Aufbringungsschuldner erhalten in Höhe ihres Aufbringungsbetrages Wertpapiere, die Zinsen, ggf. Dividende abwerfen und von denen nach der Sachlage angenommen werden kann, daß sie einen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung entsprechenden Realwert behalten. Bis zum Erwerb der Wertpapiere wird der Aufbringungsbetrag steuerfrei verzinst. Die wirtschaftlichen Interessen der Aufbringungsschuldner werden also nicht willkürlich benachteiligt, selbst wenn der eigene Investitionsbedarf zurückgestellt werden muß.
E.
1. Die Angriffe der Beschwerdeführer gegen einzelne Vorschriften des Investitionshilfegesetzes werden vornehmlich mit angeblichen Verletzungen des Gleichheitssatzes begründet. Der Gesetzgeber hat jedoch auch insoweit die seinem Ermessen gezogenen Schranken nicht überschritten.
a) Das gilt zunächst für die Beschränkung der Aufbringungspflicht auf die Betriebe der gewerblichen Wirtschaft (§ 2 IHG). Diese ist von jeher als besonderes Objekt öffentlicher Lasten anerkannt (Gewerbesteuer, Industriebelastung, Osthilfe). In der Rechtsprechung sind sogar Sondersteuern für einzelne Berufsstände und Gewerbezweige als mit dem Gleichheitssatz vereinbar angesehen worden (vgl. RFH 27, 321 [322]; Württ.-Bad. StGH, VerwRspr. 4, 1 [10 f.]), wenn sie mit der Eigenart des Sachverhalts begründet werden können. Das gilt auch für das Investitionshilfegesetz. Im Hinblick auf die besondere Verbundenheit der begünstigten Industrie mit der übrigen gewerblichen Wirtschaft hält sich die Entscheidung des Gesetzgebers, nur diese zur Investitionshilfe heranzuziehen, im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens.
b) Das gleiche gilt für die in § 3 IHG angeordneten Freistellungen von der Aufbringungspflicht. Sie entsprechen größtenteils dem Gewerbesteuerrecht, an das das Investitionshilfegesetz auch bei der Abgrenzung des Kreises der Aufbringungspflichtigen anknüpft. Die in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen sind freigestellt, weil sie in erster Linie der Erfüllung eines öffentlichen Zweckes und nicht der Erzielung von Gewinnen dienen und ihre Heranziehung zur Investitionshilfe sich möglicherweise – entgegen der Absicht des Gesetzgebers als Belastung des Steuerzahlers ausgewirkt hätte. Auch die nicht in öffentlicher Hand befindlichen öffentlichen Verkehrsbetriebe dienen in besonderem Maße öffentlichen Zwecken, was in dem ihnen auferlegten Kontrahierungszwang verbunden mit der sozialen Staffelung ihrer Tarife zum Ausdruck kommt. Die Sonderbehandlung der land- und forstwirtschaftlichen Genossenschaften stimmt mit dem Gewerbesteuerrecht überein und entspricht ihrer besonderen Struktur. Sie leisten grundsätzlich Gemeinschaftshilfe für ihre Mitglieder. Erstreckt sich aber ihr Geschäftsbetrieb auch auf Nichtmitglieder, ohne daß ihnen dies durch Gesetz oder behördliche Anordnung vorgeschrieben wäre, so sind sie voll aufbringungspflichtig (§ 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft [Erste IHDV] vom 5. April 1952 [BGBl. I S. 232]).
c) Zu Unrecht wenden sich die Beschwerdeführer auch gegen die Bemessungsgrundlage. Daß sie an das Wirtschaftsergebnis der Jahre 1950 und 1951 anknüpft, macht das Investitionshilfegesetz nicht zu einem rückwirkenden. Diese Anknüpfung an in der Vergangenheit liegende Tatbestände folgt aus der Natur der Investitionshilfe als einer Sofortmaßnahme. Ob Gewinn und Umsatz in der gewählten Verknüpfung die bestmögliche Bemessungsgrundlage darstellen, hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Jedenfalls ist sie nicht schlechthin ungeeignet und daher mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Das gilt auch für die Regelung, daß die gemäß § 7 bis 7e EStG vorgenommenen Investitionen bei Berechnung der Bemessungsgrundlage dem Gewinn zugeschlagen werden. Da diese Investitionen geeignet waren, die wirtschaftliche Kraft der betreffenden Unternehmen zu stärken, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die bereits bei der Einkommensteuer begünstigten Vorgänge abermals durch Nichtberücksichtigung der dafür gemachten Aufwendungen bei der Investitionshilfe zu begünstigen.
d) Die Beschwerdeführer wenden sich auch gegen die Sonderregelung in §§ 14, 23, 24 der Ersten IHDV, in der sie eine unzulässige Begünstigung der Rundfunkgesellschaften, des Großhandels und der Organgesellschaften erblicken. Einige verneinen auch die Gültigkeit der in §§ 10, 38 IHG erteilten Ermächtigung zur Änderung der Bemessungsgrundlage und des Aufbringungssatzes im Wege einer Durchführungsverordnung. Dies ist als Vorfrage zu prüfen.
Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG schließt Ermächtigungen aus, die so unbestimmt sind, daß nicht vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihnen Gebrauch gemacht wird und welchen Inhalt die auf Grund solcher Ermächtigungen erlassenen Verordnungen haben können (BVerfGE 1, 14 [60]). Ermächtigungsinhalt, -zweck und -ausmaß müssen sich, wenn sie nicht ausdrücklich im Gesetz bestimmt sind, jedenfalls mit Deutlichkeit aus ihm ergeben (vgl. BVerfGE 2, 307 [334 f.]).
Der Inhalt der Ermächtigung ist in §§ 10, 38 IHG ausdrücklich bestimmt: die Bundesregierung wird ermächtigt, die Bemessungsgrundlage oder den Aufbringungssatz abweichend von der allgemeinen Regelung der §§ 6, 7 festzustellen. Auch der Zweck der Ermächtigung kommt deutlich im Gesetz zum Ausdruck: es soll in den Fällen, in denen die allgemeine Bemessungsgrundlage oder der allgemeine Aufbringungssatz nicht anwendbar sind oder zu einer übermäßigen und unangemessenen Belastung führen würden, eine Regelung getroffen werden, die die betreffenden Wirtschaftszweige unter Berücksichtigung ihrer besonderen Eigenart etwa ebenso belastet wie die übrigen.
Zweifelhaft kann sein, ob das Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt ist. Das Ausmaß kann jedoch hier mit hinreichender Deutlichkeit aus ihrem begrenzten Zweck erschlossen werden: soweit die Ermächtigung dazu dienen soll, eine übermäßige und unangemessene Belastung zu beseitigen, liegt darin zugleich eine Bestimmung ihres Ausmaßes. Eine nach §§ 10, 38 IHG ergehende Rechtsverordnung darf die Lage der Aufbringungsschuldner im Vergleich zur Regelung in §§ 6, 7 IHG keinesfalls verschlechtern; sie darf sie aber auch nur insoweit verbessern, als dies erforderlich ist, um das Übermaß und die Unangemessenheit der Belastung zu beseitigen. Aus § 10 IHG geht hervor, daß Entsprechendes auch für die Fälle gelten soll, in denen der allgemeine Aufbringungssatz überhaupt nicht anwendbar ist. Auch hier soll im Ergebnis eine Belastung erreicht werden, die der der übrigen Wirtschaftszweige entspricht. Nur bei dieser Auslegung kann die Ermächtigung noch mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbart werden (vgl. BVerfGE 2, 266 [282]).
So gesehen dient § 10 IHG geradezu der Verwirklichung des Gleichheitssatzes.
Auch die §§ 14, 23, 24 der Ersten IHDV verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz, da sie von sachlichen Erwägungen getragen sind. Bei den Rundfunkgesellschaften konnte die normale Bemessungsgrundlage nicht gewählt werden, da sie unterschiedlich organisiert sind und steuerlich verschieden behandelt werden. Für die Abweichung beim Großhandel war seine besonders hohe Umsatz-Intensität maßgebend. Die Behandlung der Organgesellschaften folgt den Grundsätzen des Gewerbesteuerrechts. Die Umsatzsteuerpflicht der sog. Innenumsätze zwischen beherrschtem und beherrschendem Unternehmen beruht auf Besatzungsrecht (Art. II KRG Nr. 15), das vom früheren deutschen Recht abweicht. Wenn der Bundesgesetzgeber diese Regelung nicht übernahm, handelte er nicht willkürlich.
e) Die Beschwerdeführer beanstanden weiter, daß die aufbringungspflichtige Wirtschaft in manchen Fällen gezwungen sei, Bankkredite zu hohen Zinsen aufzunehmen oder Teile ihres Umlaufvermögens zu veräußern. Sie erblicken auch hierin eine Verletzung des Gleichheitssatzes, weil ein Gleiches den begünstigten Industriezweigen nicht zugemutet werde.
Die Notwendigkeit der von den Beschwerdeführern erwähnten Maßnahmen kann sich in der Tat daraus ergeben, daß ihnen Stundung und Erlaß nicht gewährt werden, wenn sie sich die Mittel zur Aufbringung der Investitionshilfe durch Aufnahme eines Bankkredits im Rahmen ihres üblichen Kreditvolumens oder durch Veräußerung von Gegenständen des Umlaufvermögens beschaffen können (§§ 20, 21 IHG in Verbindung mit Abschnitt 3 der Vorläufigen Verwaltungsrichtlinien über Stundung und Erlaß bei der Investitionshilfe vom 15. Juli 1952 [BAnz. Nr. 136 vom 17. Juli 1952; BStBl. I S. 559] und Abschnitt 1 und 4 der Endgültigen Verwaltungsrichtlinien über Stundung und Erlaß bei der Investitionshilfe vom 11. August 1953 [BAnz. Nr. 155 vom 14. August 1953; BStBl. I S. 341]).
Das verstößt jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die Aufnahme von Krediten ist in der gewerblichen Wirtschaft nichts Ungewöhnliches, und es wird den Aufbringungsschuldnern nicht zugemutet, über ihr übliches Kreditvolumen hinauszugehen. Bei der Veräußerung von Gegenständen des Umlaufvermögens soll die Substanz des Betriebes unberührt bleiben, und die Aufbringungsschuldner sind nicht gezwungen, Gegenstände unter den Wiederbeschaffungspreisen zu veräußern.
Gemäß § 29 Abs. 5 Satz 2 IHG müssen auch die begünstigten Unternehmen über die bewilligten Investitionsmittel hinaus eigene Mittel in Höhe der dann entfallenden Aufbringungspflicht für das begünstigte Vorhaben aufwenden. Das bedeutet, daß auch sie gegebenenfalls Kredite aufnehmen und Gegenstände ihres Umlaufvermögens veräußern müssen, um in den Genuß der Investitionshilfemittel zu kommen.
f) Unbegründet ist auch die Rüge der Beschwerdeführer, die Menschenwürde, der Gleichheitssatz und das Rechtsstaatsprinzip seien verletzt, weil das Investitionshilfegesetz die Aufbringungsschuldner zwinge, Betriebe zu unterstützen, mit denen sie im Wettbewerb stehen. Sie rügen also eine durch das Investitionshilfegesetz zu ihren Ungunsten verursachte Verschiebung der Wettbewerbslage.
Jede Wirtschaftslenkungsmaßnahme stellt aber einen Eingriff in das freie Spiel der Wirtschaft und die sich daraus ergebende Wettbewerbslage dar. Sind Wirtschaftslenkungsmaßnahmen verfassungsrechtlich zulässig, so können sie nicht schon dadurch unzulässig werden, daß sie die Wettbewerbslage verändern. Ihre Unzulässigkeit könnte sich nur aus besonderen Umständen ergeben, die den Schluß auf ein willkürliches Handeln des Gesetzgebers rechtfertigen würden.
Solche besonderen Umstände liegen beim Investitionshilfegesetz nicht vor. Eine unmittelbare Unterstützung von Wettbewerbern durch die Aufbringungsschuldner ist nach der Struktur des Gesetzes ausgeschlossen. Allenfalls könnte in Ausnahmefällen eine mittelbare Unterstützung in Betracht kommen, indem Investitionshilfemittel an Betriebe zugeteilt werden, die mit einzelnen Betriebsabteilungen im Wettbewerb zu aufbringungspflichtigen Betrieben stehen. Der Gesetzgeber ist jedoch auch insoweit bemüht gewesen, jede mögliche über den Rahmen der Aufbringungspflicht hinausgehende Belastung der Aufbringungsschuldner auszuschließen. Er hat deshalb sogar die Vorschriften des § 29 Abs. 6 IHG – mit Wirkung auf bereits abgeschlossene Verträge (Art. 3 des 1. ÄndIHG) – geändert, als sich herausstellte, daß das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung dem Kuratorium nur unzulängliche Einflußmöglichkeiten auf die Verwendung der Investitionshilfemittel bei den begünstigten Unternehmen gab.
g) Wenn die Beschwerdeführer schließlich meinen, der Gesetzgeber habe den Gleichheitssatz verletzt, weil er die Vorschläge des Gemeinschaftsausschusses der gewerblichen Wirtschaft ohne hinreichende sachliche Nachprüfung übernommen und keine fundierten Ermessenserwägungen angestellt habe, so kommt diesem Gesichtspunkt keine selbständige Bedeutung zu.
Ob ein Gesetz den Gleichheitssatz verletzt, richtet sich nicht danach, wie es zustandegekommen ist, sondern ausschließlich nach seinem sachlichen Inhalt. Da gegen den Inhalt des Investitionshilfegesetzes keine durchgreifenden im Verfahren der Verfassungsbeschwerde prüfbaren verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, können aus der Art seiner parlamentarischen Behandlung, insbesondere aus dem Aufgreifen des Vorschlages des Gemeinschaftsausschusses der gewerblichen Wirtschaft durch die Bundesregierung, keine Einwände aus dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG hergeleitet werden.
h) Die Rüge, Investitionshilfemittel seien zum Teil auch nichtbedürftigen Betrieben zugutegekommen, richtet sich nicht gegen das Investitionshilfegesetz, sondern gegen seine Durchführung. Die Möglichkeit, daß beim Vollzug des Gesetzes einzelne unsachgemäße Maßnahmen getroffen werden, läßt aber die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes unberührt (BVerfGE 1, 144 [149]; 3, 19 [33]).
2. Die Beschwerdeführer rügen weiter, ihnen werde, soweit Aktien zwangsweise zugeteilt würden, eine Zwangsmitgliedschaft als Aktionär der Gesellschaft auferlegt. Das verstoße gegen das Grundrecht einer aus Art. 2 und 9 GG abzuleitenden „negativen Vereinsfreiheit”.
Bisher steht noch nicht fest, ob überhaupt Aktien zwangsweise zugeteilt werden. Die Zuteilung bedurfte jedenfalls eines besonderen Vollzugsaktes. Die Beschwerdeführer sind also nicht im üblichen Sinne aktuell und unmittelbar betroffen. Dennoch soll die Rüge geprüft werden, weil immerhin der Entschluß der Beschwerdeführer, ein Übernahmeangebot des Kreditinstituts anzunehmen, von der Zulässigkeit der Aktienzuweisung abhängen könnte.
Auch wenn man mit der herrschenden Meinung annimmt, daß Art. 2 Abs. 1 oder Art. 9 Abs. 1 GG einen verfassungsrechtlichen Schutz vor Zwangsinkorporierungen in bestimmte Vereine oder Gesellschaften gewähren, würde dieses Grundrecht der „negativen Vereinsfreiheit” durch die Zwangszuteilung von Aktien nicht verletzt werden. Die Aufbringungsschuldner würden zwar durch die Zuteilung von Aktien formell Mitglieder der betreffenden Aktiengesellschaft. Im Wirtschaftsleben wird die Aktie jedoch überwiegend als bloßes Vermögensrecht angesehen. Das ist um so mehr gerechtfertigt, als sich aus dem Erwerb voll eingezahlter Aktien bestehender Aktiengesellschaften für den Aktionär mitgliedschaftliche Pflichten in aller Regel nicht ergeben.
3. Gegen die Einschaltung des „Sondervermögens Investitionshilfe” wird geltend gemacht, das Investitionshilfegesetz schaffe so eine verfassungswidrige berufsständische Ordnung, bewirke eine unzulässige Sozialisierung von Geldmitteln und verletze die aus Art. 110 GG herzuleitende Etatisierungspflicht.
Daß die Einschaltung des Sondervermögens eine berufsständische Ordnung begründe, kann ernstlich nicht geltend gemacht werden. Ebensowenig ist einzusehen, wie dadurch eine Sozialisierungsmaßnahme bewirkt worden sein soll. Das Sondervermögen verwandelt die Einzahlungen der Aufbringungsschuldner nicht in Gemeineigentum, sondern es ist lediglich Durchgangsstelle.
Die Rüge, Art. 110 GG sei durch das Investitionshilfegesetz verletzt worden, ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde an sich nicht zu prüfen. Eine Prüfung von Amts wegen würde im übrigen ergeben, daß die Investitionshilfemittel, da sie keine Bundeseinnahmen sind (vgl. oben D 1), nicht in den Bundeshaushalt aufgenommen werden müssen.
F.
Da die Prüfung keine Verfassungswidrigkeiten ergeben hat, sind die Verfassungsbeschwerden als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BVerfGE 4, 7 |
BVerfGE, 7 |
JZ 1954, 758 |