Leitsatz
Zwei Doppelhaushälften auf ungeteiltem Grundstück bilden ein Objekt i.S.d. Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel.
Normenkette
§ 15 , 21 EStG , § 2 GwStG
Sachverhalt
Die Grundstückseigentümer, zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, besaßen in A ein selbst errichtetes Einfamilienhaus (Erwerb: 1980), das sie zunächst (von 1980 bis 1983) selbst bewohnten, sodann vermieteten und 1988 veräußerten.
Sie waren am selben Ort ferner Eigentümer des mit einem Doppelhaus mit je sechs Wohnungen bebauten Grundstücks. Das Doppelhaus hat eine einheitliche Fassadenfront und wird mit nur einer Heizungsanlage betrieben. Die Kläger erwarben es 1987 und veräußerten es im Streitjahr (1991) in einem einheitlichen Kaufvertrag an verschiedene Käufer. Nach der Veräußerung wurde das Grundstück auf einen im Namen und auf Kosten der Käufer von den Klägern gestellten Antrag geteilt und jedes Haus erhielt ein eigenes Grundbuchblatt.
Die Kläger veräußerten im Streitjahr ebenfalls ihr 1987 erworbenes und selbst genutztes Einfamilienhaus. Sie hatten überdies 1988 ein Mietwohngrundstück in B erworben. Das Grundstück ist bebaut mit einem Doppelhaus (je zwölf Mietwohnungen) mit gewerblich genutztem Anbau und einheitlicher Fassadenfront. Beide Haushälften waren selbstständig bewertet worden und wurden auf einem Grundbuchblatt geführt. Im Streitjahr veräußerten die Kläger das Mietwohngrundstück.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Veräußerer in Bezug auf ihren Immobilienbesitz lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das FA nahm dagegen einen gewerblichen Grundstückshandel an und erfasste im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr einen Gewinn aus der Veräußerung der beiden Grundstücke in Höhe von 467.024 DM als gewerbliche Einkünfte der Kläger. Er stellte ferner den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1991 auf 0 DM fest und erließ einen einheitlichen Gewerbesteuermessbescheid. Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt.
Entscheidung
Der BFH hat die FG-Entscheidung bestätigt. Das Mehrfamiliengrundstück in B sei lediglich als ein Objekt zu werten; ebenso sei die Würdigung des FG, das zunächst selbst genutzte Einfamilienhaus in A sei nicht mit Gewinnerzielungsabsicht erworben worden, möglich und von den Beteiligten nicht angegriffen worden.
Hinweis
1. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung wird regelmäßig ein gewerblicher Grundstückshandel verneint, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden (Drei-Objekt-Grenze als Indiz; vgl. BFH, Beschlüsse vom 10.12.2001, GrS 1/98, BStBl II 2002, 291).
2."Objekt" eines Grundstücksgeschäfts sind nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen, sondern auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten (BFH, Urteile vom 18.5.1999, I R 118/97, BStBl II 2000, 28 und vom 15.3.2000, X R 130/97, BStBl II 2001, 530; BMF, Schreiben vom 9.7.2001, BStBl I 2001, 512). Bei einem Mehrfamilienhaus liegen erst dann mehrere Objekte vor, wenn eine Teilung nach dem WEG vollzogen ist (vgl. BFH, Urteil vom 18.9.2002, X R 108/96, BFH/NV 2003, 455, m.w.N.).
Auch zwei zusammenhängende Doppelhaushälften, die als Mehrfamilienhaus genutzt werden und auch nach der Veräußerung genutzt werden sollen, bilden ein einheitliches Immobilienobjekt, wenn das Grundstück, auf dem sie errichtet wurden, noch nicht geteilt wurde. Diese auf § 903 BGB (vgl. dazu Palandt/ Bassenge, BGB, § 890 Rz. 12 ff.) beruhende Teilung begründet zwar kein Wohnungseigentum (vgl. §§ 2, 8 WEG), ist aber Voraussetzung für das Entstehen selbstständig nach § 873 BGB veräußerbarer Grundstücke (vgl. Wacke in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 890 Rz. 16 f.), über die der Eigentümer zusammen mit dem aufstehenden Doppelhaus verfügen kann.
Dies gilt unabhängig davon, ob das FA – wie hier – die jeweilige Doppelhaushälfte schon vor der Grundstücksteilung als wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 2 BewG angesehen und demgemäß bewertet hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.10.2003, IX R 56/99