Leitsatz
Wird die Wohnung am Beschäftigungsort anlässlich der Beendigung einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung veräußert, ist eine dabei anfallende Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
Die Kläger, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, unterhielten im Streitjahr (2012) in A einen gemeinsamen Hausstand. Der Kläger war bis Ende des Jahres 2011 in B nichtselbstständig beschäftigt. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit wohnte er am Beschäftigungsort in einer Eigentumswohnung, welche die Kläger im Jahr 2003 erworben hatten. Zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung nahmen die Kläger u.a. ein Darlehen auf, das bis zum 30. November 2013 zurückzuzahlen war. Im November 2011 veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung am Beschäftigungsort. Im April 2012 leisteten sie für die vorzeitige Rückzahlung dieses Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, die Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit als notwendige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Das FA berücksichtigte die geltend gemachte Zahlung jedoch nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Entscheidung
Die Revision der Kläger hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen zurückgewiesen.
Hinweis
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird.
2. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer – wie im Streitfall nach den unangefochtenen und bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.2016, 2 K 1701/14, Haufe-Index 10715914, EFG 2017, 911) – außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
3. Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die wegen einer doppelten Haushaltsführung entstehen und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind, zählen u.a. die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort.
4. Wohnt der Steuerpflichtige in einer Eigentumswohnung am Beschäftigungsort, kann er als Unterkunftskosten Absetzung für Abnutzung und Finanzierungskosten geltend machen, soweit diese Aufwendungen mit der doppelten Haushaltsführung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der Veranlassungszusammenhang der Finanzierungskosten bestimmt sich dabei nach der tatsächlichen Verwendung des Darlehens. Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang reicht nicht aus. Für den Werbungskostenabzug von Schuldzinsen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist insoweit maßgeblich, dass die Darlehensvaluta zum Erwerb einer Wohnung am Beschäftigungsort verwendet wird.
5. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung. Denn die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital (BFH, Urteil vom 11.2.2014, IX R 42/13, BFH/NV 2014, 1254, Rz. 8, m.w.N.).
6. Der Veranlassungszusammenhang eines Darlehens, das zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer am Beschäftigungsort genutzten Wohnung aufgenommen worden ist, kann allerdings durch spätere Ereignisse überlagert oder ersetzt werden. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn – wie vorliegend – die Wohnung am Beschäftigungsort veräußert, im Zuge dessen ein Anschaffungsdarlehen vorzeitig zurückgezahlt und hierfür eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichtet wird. Die Veräußerung der zu "beruflichen Zwecken" genutzten Wohnung am Beschäftigungsort stellt sich dann als das auslösende Moment für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung dar. Mit der Veräußerung hat das Finanzierungsdarlehen hinsichtlich der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit seinen Nutzen verloren. Folglich handelt es sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung nicht um Mehraufwendungen des Klägers, die wegen der beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung (oder deren Beendigung) entstanden sind, sondern um das Ergebnis der auf eine vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des ursprünglichen Darlehensvertrags. Sie ist daher nicht den Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern dem – vorliegend unstreitig nicht steuerbaren – Veräußerungsgeschäft zuzuordnen (vgl. BFH, Urteil vom 11.2.2014, IX R 42/13, BFH/NV 2014, 1254, Rz. 8).
Vorfälligkeitsentschädigung bei Umschuldung
Schuldet der Steuerpflichtige die fremdfinanzierten Anschaffungskosten der Berufswohnung zinsgünstig um, kann er ...