Leitsatz
Die Dreimonatsfrist für den Abzug der Verpflegungspauschalen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG) findet auch dann Anwendung, wenn ein Seemann auf einem Hochseeschiff auswärts eingesetzt wird.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5, § 9 Abs. 5 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war als Schiffselektriker bei einer Reederei beschäftigt. Nach einem Urlaub von rd. 4 Monaten setzte ihn die Reederei vom 20.4.2002 bis 19.8.2002 – wie schon Ende des Vorjahrs – auf dem Schiff X ein. Nach einem anschließenden Urlaub war der Kläger vom 1.11.2002 bis 18.12.2002 auf einem anderen Schiff auf See. An Bord der X erhielt der Kläger Unterkunft und Verpflegung. Für Letztere zahlte er ein Entgelt von bis zu 11,80 € täglich.
Das FA lehnte es ab, den vom Kläger geltend gemachten Verpflegungsmehraufwand für die Dauer des Einsatzes auf dem Schiff X als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Klage war erfolgreich.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Auch einem Seemann stünden die Verpflegungspauschalen nur für die ersten drei Monate des Einsatzes zu. Das FG habe dem Kläger zwar die Verpflegungspauschalen für vier Monate zugestanden; rechnerisch jedoch nur für drei Monate. Die Vorentscheidung erweise sich daher im Ergebnis als zutreffend.
Hinweis
1. Ergänzend zu dem Urteil vom 16.11.2005, VI R 12/04, BFH 2006, 184 betont der VI. Senat nochmals, dass einem Seemann während des auswärtigen Einsatzes auf einem seegehenden Schiff die gesetzlichen Verpflegungspauschalen als Werbungskosten zustehen.
2. Entgegen der Auffassung der Verwaltung stellt ein seegehendes Schiff während des Einsatzes des Seemanns keinen (weiteren) Tätigkeitsmittelpunkt (bzw. keine – weitere – regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG dar (zur Übereinstimmung der Begriffe: siehe BFH-Urteile, beide vom 11.5.2005, VI R 16/04, BFH-PR 2005, 406; VI R 70/03, BFH-PR 2005, 399).
3. Der BFH betont im Streitfall ausdrücklich, dass – wohl auch entgegen neueren Verwaltungsanweisungen – eine auswärtige Tätigkeitsstätte durch bloßen Zeitablauf von drei Monaten nicht zum Tätigkeitsmittelpunkt bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte wird.
4. Letztlich kommt der Besprechungsentscheidung auch deshalb große Bedeutung zu, weil hier unmissverständlich angeführt wird, dass auch einem Seemann die Verpflegungspauschalen nur für die ersten drei Monate des Einsatzes zustehen.
Bereits mit Urteil vom 27.7.2004, VI R 43/03 BFH-PR 2005, 7 hatte der VI. Senat ausführlich dargelegt, dass die Dreimonatsfrist für alle Formen einer Auswärtstätigkeit gilt. Er folgte (und folgt) damit nicht der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung. Nach Ansicht des VI. Senats liegen keine hinreichenden Gründe dafür vor, bei bestimmten Formen von Auswärtstätigkeiten von der typisierenden Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG Ausnahmen zuzulassen. Das vom Gesetzgeber mit der Neuregelung des Verpflegungsmehraufwands durch das JStG 1996 verfolgte Ziel, allen Arbeitnehmern mit Auswärtstätigkeiten die gleichen Pauschalen zuzumessen, dient der steuerlichen Gleichbehandlung und der Vereinfachung, indem Abgrenzungsprobleme zwischen den einzelnen Formen der Auswärtstätigkeit beseitigt werden.
5. Die (strikte) Anwendung der Dreimonatsfrist scheint in manchen Fällen (u.a. Fahrtätigkeit, Tätigkeit an ständig wechselnden Einsatzstellen) ungünstig zu sein. Es ist jedoch andererseits zu beachten, dass der BFH (z.B. im Urteil vom 16.11.2005, VI R 12/04, BFH-PR 2006, 184) zur Frage des jeweiligen auswärtigen Einsatzes offenbar eine großzügige Linie verfolgt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.12.2005, VI R 30/05