Leitsatz
Die Einbringung eines Grundstücks in eine Kapitalgesellschaft durch ihren Alleingesellschafter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme von grundstücksbezogenen Verbindlichkeiten kann eine Grundstücksveräußerung im Sinn der Rechtsgrundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel sein.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger gründete 1991 die T-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. 1992 brachte der Kläger das von ihm 1988/1989 erworbene Grundstück A zum Verkehrswert gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme von Verbindlichkeiten in die T-GmbH ein. Ebenso verfuhr er 1991 mit zwei weiteren Grundstücken B und C, die er 1989 und 1991 erworben hatte (Übertragung zu ursprünglichen Anschaffungskosten, die aber den Verkehrswerten im Zeitpunkt der Einbringung entsprachen). Darüber hinaus veräußerte er 1990 und 1991 zwei weitere Immobilien (D und E), die er 1988 und 1990 angeschafft hatte, an Dritte.
Das FA nahm hinsichtlich aller 5 Objekte einen gewerblichen Grundstückshandel an. Klage (vgl. EFG 1998, 1462) und Revision des Klägers blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH nahm an, dass neben den Objekten D und E auch die Einbringungen der drei Grundstücke A, B und C in die T-GmbH als Grundstücksveräußerungen i.S.d. Drei-Objekte-Grenze zu werten seien. Diese Einbringungen seien (voll-) entgeltlich erfolgt. Entgelte stellten in diesem Kontext nicht nur die Übernahme von Verbindlichkeiten durch die T-GmbH, sondern auch die Gewährung von Gesellschaftsrechten dar.
Mit den Einbringungen der Grundstücke in seine GmbH habe der Kläger auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. An die Erfüllung dieses Merkmals seien keine strengen Maßstäbe anzulegen. Das Merkmal diene dazu, solche Betätigungen aus dem unternehmerischen Bereich auszugrenzen, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet seien. Demnach seien in einen gewerblichen Grundstückshandel auch solche Verkäufe einzubeziehen, die von vorneherein nur mit einem bestimmten Erwerber abgewickelt werden sollten.
Hinweis
Im vorliegenden Fall beschäftigt sich der BFH mit der – soweit ersichtlich – noch nicht entschiedenen Frage, ob die Übertragung von Immobilien durch den Steuerpflichtigen auf eine von ihm beherrschte GmbH gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme von Schulden als Veräußerungen i.S. eines gewerblichen Grundstückshandels in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang waren vor allem die folgenden zwei Fragen zu beantworten:
1. Liegt eine (entgeltliche) Veräußerung i.S.d. gewerblichen Grundstückshandels auch dann vor, wenn die Gegenleistung in der Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht?
2. Kann in einem solchen Einbringungsfall von einer Beteiligung des Steuerpflichtigen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausgegangen werden?
Beide Fragen hat das Besprechungsurteil m.E. zutreffend bejaht.
Zu Frage 1: Schon die bisherige ständige Rechtsprechung des BFH und Verwaltungspraxis qualifiziert die "offene Sacheinlage" in eine Kapital- oder Personengesellschaft – im Gegensatz zur verdeckten Einlage – als tauschähnlichen und damit entgeltlichen Vorgang (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11.9. 1991, XI R 15/90, BStBl II 1992, 404, und vom 19.10.1998, VIII R 69/95, BStBl II 2000, 230). Dem ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, als man auf die – m.E. im Streitfall maßgebliche – Sicht aus der Perspektive des einbringenden Gesellschafters abstellt.
Aus dem Blickwinkel der empfangenden Gesellschaft lässt sich hingegen ein entgeltlicher Erwerb m.E. entgegen dem BFH-Urteil in BStBl II 2002, 420 mit guten Gründen verneinen, weil die Gesellschaft für den Erwerb des eingebrachten Wirtschaftsguts keine Aufwendungen in Form eines Vermögensopfers tätigt. Die Gewährung von Gesellschaftsrechten (= Erhöhung des Eigenkapitals der Gesellschaft) stellt im Unterschied zur Erhöhung des Fremdkapitals kein solches Vermögensopfer dar.
Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH im Streitfall, ob auch eine verdeckte Einlage, die lediglich zu einer reflexartigen Werterhöhung der Gesellschaftsanteile führt, ebenfalls als entgeltliche Veräußerung anzusehen wäre. Die Übernahme von Schulden unter Anrechnung auf den Kaufpreis stellt zweifellos eine Gegenleistung für die Grundstücksübertragung dar.
Zu Frage 2: Hier zeigt sich einmal mehr, dass der BFH an das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nur minimale Anforderungen stellt. Wird dem übertragenden Steuerpflichtigen eine vollwertige, dem Verkehrswert des übertragenen Vermögens entsprechende Gegenleistung gewährt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige den Vermögensgegenstand (hier: Grundstück) von vorneherein nur an seine Gesellschaft oder nur an ganz bestimmte Personen (z.B. nahe Angehörige; vgl. z.B. BFH, Urteil vom 13.8.2002, VIII R 14/99, BFH-PR 2002, 421) veräußern wollte und sodann veräußert hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19....