Leitsatz
Wird im Rahmen einer Erbauseinandersetzung wissentlich und willentlich das Vermögen disquotal übertragen, ist darin eine freigebige Zuwendung zu sehen.
Sachverhalt
Der R verstarb in 1996. Erben in gesetzlicher Erbfolge wurde seine Ehefrau mit 50 % und seine beiden Söhne mit je 25 %. Die Erbauseinandersetzung für das umfangreiche Vermögen wurde teilweise in notariellen Urkunden niedergelegt. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Erbmasse abweichend von den Erbquoten verteilt worden sei. Maßgebend dafür war eine Übertragung eines KG-Anteils, von dem das Finanzamt zunächst keine Kenntnis hatte. Wegen der insoweit nicht erfüllten Anzeigepflicht sei auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
Entscheidung
Diese Rechtsauffassung wird vom Finanzgericht geteilt. Es führt aus, dass eine wissentlich und willentlich erfolgte disquotale Erbauseinandersetzung zu einer freigebigen Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt. Indem die Ehefrau in erheblichem Umfang auf die Auskehrung des ihr erbrechtlich zustehenden Miterbenanteils von 50 % verzichtet hat, liegt jeweils eine Schenkung an die Söhne vor. Damit war der Schenkungsteuerbescheid dem Grunde nach rechtmäßig.
Allerdings sah das Finanzgericht die Berechnung der Unentgeltlichkeitsquote als fehlerhaft an. Es korrigierte die Verkehrswerte für drei Grundstücke, bezog ein Verrechnungskonto in den Bewertungsabschlag mit ein und berücksichtigte einen Nießbrauchsverzicht nicht als Vorschenkung.
Da der Steuerpflichtige die vorgeschriebene Anzeige nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG nicht erstattet hatte, trat die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ein. Zudem beginnt die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Finanzamt von der vollzogenen Schenkung positiv Kenntnis erlangt hat. Folglich war noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
Hinweis
Zudem hat das Finanzgericht entschieden, dass eine Übertragung von Grundstücken des Sonderbetriebsvermögens, ohne den Mitunternehmeranteil, keine nach §§ 13a, 13b ErbStG steuerbegünstigte Übertragung von Betriebsvermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge darstellt. Es spricht sich gegen den Ländererlass vom 29.11.1994, BStBl 1994 I S. 905 aus, hat aber die Revision auch insoweit zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 22.10.2015, 3 K 1776/12 Erb